Sadie
„Liz! Wasch dir die Hände und komm essen!", rief ich meine kleine Schwester und setzte mich an den Esstisch. Reid war gerade dabei, einige Töpfe vor uns zu stellen, als ich schwere Schritte auf der Treppe hörte. „Bin schon da. Bin schon da.", brabbelte sie und schwang sich auf den Stuhl neben Silas, der sich schon fleißig seinen Teller voll schaufelte.
Es war nun 2 Wochen her seit dem Nick bei uns zu Hause aufgetaucht war, aber die Stimmung war immer noch ein wenig angespannt. Wir alle warteten nur darauf, dass es wieder an die Tür klopfte. Und ich sah, anhand der brennenden Wut, die in Lee flammte, wie sehr in das mitnahm. Sein Bruder und sein bester Freund wurden zusammen geschlagen und er war nicht da gewesen.
Ich wusste, dass die drei vor ein paar Monaten diesen seltsamen Pakt abgeschlossen haben. Lee hat darauf bestanden, dass sie versprachen, sich nicht einzumischen, falls Nick ihn wieder aufsuchte. Das beschütze sie aber nicht davor, wenn Nick sie direkt aufsuchte.
Auch ich hatte ein schlechtes Gewissen. Schließlich hatte ich Moe gebeten, Silas zu babysitten. Wäre es anders gewesen, wäre er an diesem Abend nicht hier gewesen...
Jedenfalls verhielt er sich seit dem irgendwie seltsam.
„Ach Reid", meinte ich und mein Bruder sah von seinem Essen auf. „Kennst du noch Cara? Aus der Bücherei?" Sie war ein hübsches Mädchen, ungefähr in seinem Alter. Reid legte den Kopf schief und schien nachzudenken. „Die mit der Brille?" Ich lächelte, weil er sich tatsächlich an sie erinnern konnte. „Genau! Sie hat heute nach deiner Nummer gefragt."
Reid verzog das Gesicht und brachte Lee damit zu lachen. Ich schnaubte genervt. „Jedenfalls ist sie echt nett. Ich hab gesagt, ich gebe dir ihre Nummer, also ... ruf sie doch mal an?", fragte ich, aber ich konnte mir seine Antwort schon denken.
Für meine Brüder war Liebe oder Dates echt ein Fremdwort! Lee beschränkte sich lediglich auf One-Night-Stands. Für ihn wäre eine Beziehung wahrscheinlich das schlimmste und ehrlich gesagt, konnte ich mir auch nicht vorstellen, dass er sich jemals wirklich verliebt.
Reid hingegen ... Seine große Liebe bestand aus Kochen und bezahlten Rechnungen. Natürlich hatte ich ihn schon ein paar mal erst am nächsten Morgen mit vereinzelten Knutschflecken nach Hause kommen sehen, aber das war so selten, dass es eigentlich nicht wirklich zählte. Er sprach auch nie über so etwas.
Zudem schien er jeglichen Körperkontakt nicht ausstehen zu können. Er stand immer ein wenig abseits ... wahrte Abstand. Eine Umarmung von ihm wäre ein Weltwunder. Das galt jedenfalls für ausstehende.
„Du könntest theoretisch die Nummer gleich in den Müll werfen.", lachte Lee und Reid aß unberührt weiter. Verneinte die Aussage nicht. Unzufrieden stieß ich die Luft aus meinen Lungen. Ich liebte es zu kuppeln, aber meine Brüder waren einfach zwei unerreichbare Eisbrocken ohne romantische Gefühle. Sprich, ich hatte einfach niemanden zum Verkuppeln!
Manchmal denke ich, sie sind mehr Aromantisch als ich.
Ich schob ihm das Stück Papier mit der Nummer über den Tisch zu ihm rüber. „Falls du es dir doch anders überlegen solltest." Er sah sie nicht mal an.
Wir aßen weiter zu Abend, erzählten uns von unseren Tagen und genossen die Ruhe, die diese Momente mit sich brachten. Im Hintergrund lief der Fernseher. Gerade wurde das Wetter für morgen angesagt, als ich Lee den nächsten Teller reichte. Es würde regnen.
Reid, Lee und ich machten gerade den Abwasch während sich die andern für das Bett fertig machten. Ich spülte, Lee trocknete und Reid räumte ein. So arbeiteten wir schweigend, bevor mir eine Frage kam, die ich mir im Verlauf der letzten Wochen öfter gestellt habe.
„Weiß eigentlich jemand von euch, wo Moe wohnt?" Lee wischte gerade einen Teller und hob den Kopf. Es schien, als wolle er antworten, aber er klappte den Mund wieder zu. „Ich kenne Moe jetzt schon ewig, aber ich hab keinen Plan.", gestand er und ich runzelte die Stirn.
Wenn selbst Lee, dass nicht wusste...
Seltsam. Jetzt, wo ich darüber nachdenke, redete er nie über sein Zuhause. Oder seine Eltern. Oder sich selbst. Besorgt rieb ich mir über die Stirn. Er wusste praktisch alles über uns, also wieso...
„Wieso fragst du?", meinte Reid und ich sah zu ihm. Er hatte sich gegen die Theke gelehnt und die Arme verschränkt. Ich zuckte mit den Schultern. „Früher ist er immer mit dem Bus zur Schule gekommen, und das viel zu spät, aber seit kurzem scheint er immer früher da zu sein und ich sehe ihn nie wie er in den Bus steigt." Ich seufzte tief. „Ich hab gedacht, vielleicht wohnt er in der Nähe und läuft, oder so?"
Ich wusste nicht, warum ich so viel darüber nach dachte. Vielleicht lag es an den dunklen Augenringen, die sein Gesicht in letzter Zeit zierten oder dass er ständig dieselben Klamotten trägt. „Aber dann würde er auf der Westside wohnen, und das kann man schon mal ausschließen."
„Vielleicht übernachtet er bei nem Freund.", warf Lee ein und ich nickte. Das könnte sein. „Moe ist nie wirklich gerne Zuhause.", erinnerte er uns an die vielen Male, die er bei uns auf dem Sofa geschlafen hat.
Moe verbrachte oft die Nächte in fremden Betten. Ich hatte nie ganz verstanden wieso.
Ich kniff müde die Augen zusammen. „Weißt du was über seine Familie?", fragte ich Lee und dieser legte sich den Lappen über seine Schulter und schien zu überlegen. „Nicht viel. Er redet nicht gerne darüber. Nur wenn er wirklich dicht ist, dann..." Reid richtete sich auf. „Dann was?"
„Sein Vater ist anscheinend ein fremdgehender Wichser und seine Mutter... Naja, sagen wir ihr Verhältnis ist nicht wirklich gut.", erklärte Lee und ich fuhr mir mit meiner Hand über mein Gesicht. Oh Mann, kein Wunder das er nicht gerne während der mittags Pause darüber plaudert.
„Ich mach mir Sorgen um ihn.", gestand ich und die beiden sahen mich an. Ich sah in die Runde. Ich kannte Moe nun lang genug, um zu wissen, dass er ein beschissener Lügner ist. Er könnte eine Schusswunde haben und mit einem Lächeln sagen, ihm ginge es gut. „Irgendwas stimmt da nicht. Er verhält sich merkwürdig."
Lee nickte zustimmend, „Ist mir auch schon aufgefallen."„Fragt ihn doch einfach.", schlug Reid vor und ich runzelte die Stirn. „Falls was wäre, würde er es doch sagen, oder nicht?" Ich und Killian wechselten einen wissenden Blick.
Moe redete viel und gern. Aber nie über sich selbst, und schon gar nicht über seine Probleme. Ich ließ den Kopf sinken.
„Einen Versuch ist es Wert."
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Bad Choices [BxB]
Romance[2. Teil der BAD-Reihe] Schlechte Entscheidung stehen für Moe auf der Tagesordnung. Sei es die falsche Party. Die falsche Person, oder die falsche Nacht. Sein Ruf war dementsprechend. Er war ein Playboy, ein Dealer, der eine Typ in den man sich nur...