12| Freundschaftsdienste

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Romeo

„Ouh, das würde ich lassen."
Ich wusste, dass er ein Junkie war, aber dass Tyler Porter auch noch lebensmüde war, hatte ich nicht geahnt. Die Menschen tanzten um uns weiter, als ich ihm den Weg abschnitt und auf ihn hinab sah. Frustriert sah er zu mir auf, „Verzieh dich Moe!  Wenn ich was kaufen will, sag ich dir Bescheid."

Er wollte sich an mir vorbei schieben, aber ich packte seine Hand, sorgte mit einem einzigen Griff, das er wimmernd stehen blieb. „Na na", säuselte ich und lehnte mich zu ihm hinab, damit er mich besser hören konnte, unter dem Lärm des Clubs. „Das Mädchen, auf das du es gerade abgesehen hast... lass es einfach.", warnte ich ihn gefährlich kalt.

Ich hatte das Funkeln in seinen Augen erkannt, als er durch die Tanzfläche auf Sadie zugegangen war. Ekelhaft. Ich drückte seine Hand bis er zischte, während ich über die Schulter sah und sicherstellte, dass Sadie noch unbeschwert tanzte. „Was soll der Scheiß! Ich wollte nur mit ihr reden!", zischte er und ich ließ ihn los. „Oh, ich weiß, was reden bei Leuten wie euch heißt. Und jetzt verzieh dich!"

Seine Gesicht wurde eine wütende Fratze. „Was? Was willst du schon machen? Du weißt, wer ich bin." Ein Wichser. Aber leider ein Wichser, mit einem sehr sehr reichem Vater. Ich presste die Lippen zusammen. „Oder hetzt du dann die Greens auf mich? Wer soll's sein, hm? Der kriminelle Schulabbrecher? Oder der Loser, der in einer Tankstelle arbeitet." Im nächsten Moment packte ich ihn am Kragen. Meine Finger krallten sich in den Stoff seines viel zu teuren Shirts, während sein arroganter Ausdruck sich langsam in einen panischen verwandelte.

„Weißt du wie es sich anfühlt, wenn ein Knochen deine Haut durchbricht, Tyler?", säuselte ich und lächelte ihn an. Er wurde bleich. „Vor allem, bist du nicht Quarterback? Es wäre wahrscheinlich fatal für deine Karriere, wenn eines Tages plötzlich deine Kniescheiben zertrümmert werden, meinst du nicht auch?" Seine Augen wurden groß und ich löste meinen Griff. „Wenn du dich diesem Mädchen auch nur näherst, oder auch nur in ihre Richtung blickst, ist das Letzte, was du siehst ein dunkles bekanntes Blau, verstehen wir uns?", ich richtete seinen Kragen und wischte ihm imaginären Staub von der Schulter. Er nickte und ich tätschelte ihm stolz auf die Wange. „Gut. Und jetzt verpiss dich."

Mit einem kurzen Nicken verschwand er in der tanzenden Menge. Ich atmete durch, was hier so viel hieß, wie einen Schwall Schweiß einzuatmen. Mit einem angeekeltem Laut, wischte ich mir die Tyler-Bakterien an meiner Hose ab, bevor ich mich erneut umsah. Sadie tanzte immer noch unbeschwert, aber mir war die Lust zum tanzen vergangen.

Ich quetschte mich gerade zur Bar durch, als mich plötzlich jemand am Handgelenk packte und mich wegzog. Halb stolperte ich gegen Reid, der sich vor mir aufgebaut hatte. „Was war das gerade?", zischte er und sah mit blitzenden Augen zu mir. „Was?", fragte ich völlig verwirrt. „Hast du gerade was verkauft? Mitten auf der Tanzfläche? Bist du völlig bescheuert?" Ich starrte ihn an. Was? Was ging eigentlich gerade ab? Ich riss meine Hand aus seinem Griff. Dachte er etwa, ich hätte Tyler etwas verkauft, während Sadie nur ein paar Meter von uns entfernt war?

„Ich habe gar nichts getan!", zischte ich zurück und unterdrückte das verletzte Gefühl, das mir in meiner Galle aufstieg. Natürlich dachte er das. Es war ja nicht mal so abwegig. „Ich hab doch gesehen, wie ihr ... geflüstert habt!", entgegnete er und ein Muskel an seinem Kiefer zuckte. Himmel, er war ja mal so richtig sauer. Ich verschränkte trotzig die Arme. Selbst wenn, wäre das nichts, was ihn was angehen würde. „Nah, ich hab ihn nur gefragt ob er auf dem Herrenklo ein wenig Spaß haben will.", säuselte ich und Reid wurde zu Eis.

Ah, da war es wieder. Das hatte ich schon oft beobachtet. Während Lees Wut brannte, züngelte, als würde er jeden Moment explodieren, war es bei Reid genau das Gegenteil. Wenn er richtig wütend wurde, schien er zu Eis zu werden. Sein Gesicht wurde undurchdringlich und sein Blick war, als würde die Raumtemperatur spürbar fallen. Er schrie nicht, verlor nicht die Beherrschung. Stattdessen drückte er den Rücken durch und die Luft verließ den Raum. Er brauche keine Worte oder einen rechten Harken um jemanden erzittern zu lassen. Es war echt furchterregend.

„Mein Gott, das war ein Witz!", ich wollte mich an ihm vorbei drücken, hatte keine Lust mehr auf seine Vorwürfe, als er erneut mein Handgelenk packte. „Moe-" Ich wirbelte zu ihm herum. „Verdammt, Reid! Ich bin nicht so bescheuert, wie du annimmst. Ich weiß, wie ich meinen Job mache und wenn du nicht plötzlich meine kompletten Schulden bezahlen kannst, werde ich ihn Zukunft weiter verdammt gut machen. Ich habe ihm nichts verkauft. Und Sadie geht es gut. Das ist alles, was du wissen musst.", platzte es aus mir heraus und ich sah ihn wütend an.

Ich wollte doch nur einen verfickten Abend. Ich riss mich von ihm los und stampfte davon.

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Die Rückfahrt war still. Sadie hatte sich nicht an Reid's Warnung gehalten und schlief nun ihren Rausch auf der Rückbank aus. Der Rest starrte einfach schweigend aus dem Fenster.

Sobald der Wagen in der Einfahrt zum stehen gekommen ist, stieg Lee aus und brachte Sadie ins Haus. Ich beobachtete, wie er mit ihr die Stufen der Veranda nach oben stieg und im Inneren verschwand. Ich schnallte mich ab. „Gute Nacht. Ich werde dann mal-" Das Klacken des Schlosses ließ mich in meiner Bewegung verharren. Ich versuchte trotzdem die Tür zu öffnen. Als sich die Autotür kein Stück bewegte, drehte ich mich langsam zu Reid.

Er saß da und starrte gedankenverloren aus der Windschutzscheibe. Das war wie der Anfang eines schlechten Horrorfilms. „Du bringst mich jetzt aber nicht um, oder?", lachte ich und versuchte erneut die Tür zu öffnen. Er antwortete nicht. „Reid?"

„Ich fahr dich nach Hause.", meinte er und ich starrte ihn an. Das Summen des Motors riss mich aus meinem Schock. Ich rüttelte an der Tür. „Das ist echt nicht nötig, ich nehme einfach den Bus und..." Er fuhr aus der Einfahrt. Fuck. Fuck. Fuck!

Meine Panik versteckend lehnte ich mich zurück in den Sitz. „Lass mich einfach bei der nächsten Kreuzung raus. Es ist nicht weit von hier.", lachte ich und sah verzweifelt auf die dunkle Fahrbahn vor uns. Warum war er denn jetzt auf einmal so?„Du musst das echt nicht machen. Ist es wegen der Sache von vorhin? Ist schon okay! Ich kann einfach-" „Es ist kalt." Ich blinzelte. „Hm?"
„Es ist kalt.", brummte er erneut. Deswegen fuhr er mich? Ich würde lieber erfrieren!

Er sah nicht zu mir. Fuhr seelenruhig, als wäre ich gar nicht hier. „Deine Adresse." Meine Hände krallten sich in den Sitz. „Was?" Sein Kiefer zuckte genervt und er drehte endlich seinen Kopf zu mir.

„Deine Adresse. Ich will wissen wo du wohnst."
Oh, ich war ja soo geliefert.

Bad Choices [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt