Romeo
Angespannt starrte ich aus dem Fenster von Alex Wagen. „Jetzt sei doch nicht so.", meinte mein Freund und nahm für einen kurzen Moment seinen Blick von der Fahrbahn, um mich knapp zu mustern. „Du benimmst dich wie ein Kind."
„Na und?", schnaubte ich.
„Romeo-"Mit verschränkten Armen, wandte ich den Kopf ab, betrachtete die Bäume, an denen wir vorbei rasten. Heute sollte ein guter Tag werden. Reid war wieder da und wir würden feiern, aber... „Ich hab doch nur gesagt, dass ein wenig Abstand vielleicht gut wäre." Ich runzelte die Stirn, so wie immer, wenn er dieses Thema anschnitt. Ich wusste nicht, was schlimmer war, die Tatsache dass die Greens es gänzlich vermeiden über Alex zu reden. oder das Alex sie ständig zu kritisieren schien.
Ich wollte doch nur einen ruhigen Abend.
„Ist es wegen Reid?", zischte ich gereizt, und sah zu ihm hinüber. „Bist du deswegen so dermaßen verkniffen?" Sein Blick wurde düster und ich verfluchte mich erneut für meine Ehrlichkeit. Ich wusste nicht, wieso ich auf diese absolut bescheuerte Idee kam, aber ich erzählte ihm von meiner Vergangenheit mit dem ältesten Green. Von dieser einen Nacht, von meinen ehemaligen Gefühlen und dass er der Typ war, denn ich an Sylvester ausführen wollte und den Grund, warum ich es schlussendlich nicht tat.
Ich dachte, es wäre die richtige Entscheidung ehrlich zu sein. Alles auf den Tisch zu legen. Aber als ich nun seine Reaktion sah, wünschte ich, ich hätte einfach meine bescheuerte Klappe gehalten. Ich hatte ihm tausendmal versichert, das es nichts mehr zwischen uns gab, dass es ein einmaliges Ereigniss geblieben ist und es nie mehr war, als ein jugendliches Schwärmen. Dennoch schien er seitdem die Greens immer öfter ins Visier zu nehmen.
„Es hat absolut nichts mit ihm zu tun. Du hast gemeint, zwischen euch läuft nichts, und ich vertraue dir voll und ganz.", er lächelte wie um seine Worte nochmals zu unterstreichen. „Dennoch denke ich, dass es gut wäre, wenn du ... mal deinen eigenen Weg gehst."
„Meinen eigenen Weg?", fragte ich verwirrt. Ich hatte das Gefühl, ich würde meinen eignen Weg bereits gehen, seitdem ich 14 war und auf dem Wohnzimmerboden von praktisch fremden Personen verbrachte.„Findest du nicht auch, dass du dich viel zu sehr an diese Familie klammerst? Ich weiß, dass es zwischen dir und deinen Eltern nicht so gut läuft, aber du bist kein Kind mehr, Romeo. Du brauchst diese Ersatz-Familie jetzt nicht mehr." Mein Magen zog sich seltsam zusammen. Er legte seine Hand auf meinen Oberschenkel und die Wärme seiner Berührung war fast schon zuversichtlich. „Außerdem hast du jetzt mich."
„Sie sind meine besten Freunde, Alex.", zischte ich dennoch genervt. Mich störte dieses ganze Gerede, von wegen, ich müsse sie loslassen. Wenn ich eins in meinem Leben gelernt habe, dann dass es nur wenige Menschen gab, denen man vertrauen konnte. Und ich hatte nicht vor, die wenigen die ich hatte zu verlieren.
„Freunde, bei denen du fast täglich rumhängst, ihr Essen ist, und dich ausbreitest, als wäre es dein Haus. Hast du nie dran gedacht, dass es ihnen vielleicht auch zu viel wird? Deine Ständige Anwesenheit? Versteh mich nicht falsch, du bist wundervoll. Aber wenn ich praktisch bei meinen Freunden wohnen würde, hätten sie mich schon längst wieder vor die Tür gesetzt!"
Ich fuhr mir unruhig über den Nacken, zupfte an ein paar Haarsträhnen. Seine Freunde. Ein Haufen Studenten, die sich für was besseres hielten, weil sich sie in den Autos ihrer Eltern unwiderstehlich fanden. Ich hatte sie letzte Woche kennenlernen dürfen. Alex hatte mich ihnen, nach fast drei Monaten Beziehungen, endlich vorgestellt. Es hatte anscheinend ewig gedauert, bis alle mal Zeit hatten.
Und um ehrlich zu sein, ich hatte schlimmeres erwartet. Als ich hörte, dass seine Freunde alle ehemalige Schüler der Harrington waren, fühlte ich mich zurück versetzt an meinen ersten Tag als Stipendiat. Am Ende dieses Tages musste ich mein weniges Geld, dass ich nicht für essen ausgab, in einen neuen Rucksack investieren.
Aber sie waren alle freundlich, auch wenn ihre Blicke mich definitiv ausgehend musterten. Sie waren freundlich, aber sie konnten mich nicht ausstehen. Wie auch immer. Es gab schlimmeres. Solche Blicke war ich bereits gewöhnt, deswegen machte ich mir nichts daraus. Zudem hatte ich nicht erwartet, mich sofort mit ihnen zu verstehen, dennoch war es nicht gerade angenehm, einen ganzen Abend am Rand zu stehen und über vergangene Geschehnisse zu lachen, von denen ich nicht mal Teil war.
Normalerweise wäre ich direkt in die Menge gestürmt, hätte nicht über meine Worte nachgedacht. Mich einfach dem Rausch der Aufmerksamkeit hingegeben. Aber das waren Alex Freunde. Leute, die ihm wichtig waren. Also hielt ich mich zurück. Lachte höflich bei jedem flachen Witz und ließ die Bemerkungen über die Eastside gerade Wegs über meinen Kopf hinweg gehen.
Ich merkte auch, wie sie mich provoziert hatten. Mich immer wieder auf Themen ansprachen, und gespannt auf meine Reaktion warteten. Darauf, dass ich einen Fehler machte und sie mich endgültig abstempeln könnten. Verurteilen und getrost übe mich herziehen konnten, wie Aasgeier. Aber ein paar Jahre auf einer gewissen Schule, waren besser als jede Fortbildung im Bereich ‚stur Lächeln'.
Ich verstand, dass sie nur schauen wollten, ob ich ihrem Freund gerecht wurde. Schließlich war Alex sowas wie der Mittelpunkt ihrer Truppe. Der Anführer. Das hatte ich beobachtet, als ich abseits an meinem Drink nippte und er umringt von seinen Freunden lachte. Sah die anerkennenden Blick, gefühlt mit einem Hauch von Neid.
Sie alle wollten so sein wie er. Gut aussehend, Intelligent und Charismatisch. Ich konnte froh sein, dass er mein Freund war.
„Deine Freunde sind anders.", grummelte ich und fühlte mich noch mehr wie ein kleines Kind. Er verstand einfach nicht, dass die Greens nicht nur irgendwelche Leute waren. Sie waren meine Leute. „Sie sind meine Famil-"
„Verdammte Scheiße, Moe! Deine Eltern leben gerade Mal 10 Minuten von hier und heißen Moretti! Nicht fucking Green!", schrie er und ich zuckte zusammen.Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er laut wurde und schämte mich für den Moment von Panik, der mein Herz immer noch hämmern lies . Entschuldigend sah er mit großen Augen zu mir rüber, als er merkte, was er getan hatte. „Fuck, sorry, Moe. Ich wollte nicht-"
„Ist schon gut.", winkte ich ab und fuhr mir über die Stirn. Ich wollte nicht streiten. Ich war zu müde dafür.„Ich will dich doch nur beschützen, okay? Ich seh dass dir diese Leute nicht gut tun. Du bist zu nah dran, du merkst nicht mehr, dass sie dir praktisch das Leben entziehen. Dich von deinem eignen Leben zurückhalten! Du könntest mittlerweile so viel mehr sein, als ein Verkäufer in einer Bäckerei, Moe! Du könntest- Was weiß ich?- Bekannter Musiker oder so was sein!" , sagte er und sah immer wieder zu mir. Wartete auf meine Reaktion. „Du hast so viel ungenutztes Potential."
Ich lehnte schweigend meine dröhnende Stirn gegen das kühle Glas und Alex redete weiter. „Du hast endlich deine Vergangenheit hinter dir gelassen. All deine Fehler. Und das macht mich so unfassbar stolz, aber ... Die Greens sind das letzte, was dich mit deiner kriminellen Geschichte verbindet! Willst du wirklich, dass sie dich für den Rest deines Lebens daran erinnern, dich praktisch daran festketten?"
Ich schloss die Augen. Wollte das nicht wirklich hören. Wollte gar nichts hören. Ich war müde. Ich schaltete das Radio aus- das bis dahin im Hintergrund leise gedüdelt hatte- denn ich ertrug das ständige quietschen des Sängers nicht mehr. „Ich will immer nur das Beste für dich, das weißt du oder?"
Ich schwieg sah wieder zu den Bäumen. Sein Griff auf meinem Oberschenkel wurde stärker, als er den Blinker setzte. „Ich liebe dich, das weißt du oder?"
„Ich weiß."
DU LIEST GERADE
Bad Choices [BxB]
Romance[2. Teil der BAD-Reihe] Schlechte Entscheidung stehen für Moe auf der Tagesordnung. Sei es die falsche Party. Die falsche Person, oder die falsche Nacht. Sein Ruf war dementsprechend. Er war ein Playboy, ein Dealer, der eine Typ in den man sich nur...