Romeo
„Also sag mir, was könnte Gerechter sein, als wenn ich genauso Ende wie sie?", flüsterte ich in die Nacht. Reid wirkte nun mehr wie ein Schatten als zuvor. Leblos, erstarrt, dunkel. Ich strich mir zitternd über das Gesicht. Ich spürte wie die Schwere langsam wieder in meinen Körper zurück kehrte. Die Realität, mit all ihrer erbitterten Härte und Kälte, wieder in mein Innerstes fand. Ich presste die Lippen fest zusammen, sah ihn eindringlich an.
Ein seltsam hysterisches Glucksen entkam mir. „Und das waren nur die Namen, von denen ich weiß! Was ist mit all den anderen Menschen, die das Pech hatten, mir zu begegnen?"
„Moe-!"
„Was ist mit all den andern Leben?"
„Romeo!" Ich raufte mir die Haare. „Vielleicht wäre es für alle besser, wenn ich einfach-" Seine Hände packten meinen Kopf. Namen mein Gesicht zwischen seine Handflächen. Seine Nähe verschlug mir die Worte, genauso wie der Ausdruck in seinen Augen. „Wage es ja nicht, diesen Satz überhaupt auch nur auszusprechen!"Seine Hände waren angenehm kühl, aber alles andere schien zu brennen. Sein Blick war, wie ein offenes Feuer. Wütende Flammen, die alles zerstören könnten. „Du darfst sowas nicht mal denken! Nie wieder, verstanden?", es war ein Befehl. „Ich meine doch nur, dass-"
„Nie wieder."Erst jetzt merkte ich, dass er zitterte. „Du redest ja viel Scheiße, aber das, war der größte Bullshit den ich je gehört habe.", murmelte er, die Wut immer noch deutlich in seiner Stimme. „Denkst du, diese Menschen wären einfach wieder nach Hause gegangen, würde es dich nicht geben? Denkst du, sie würden jetzt ein Bilderbuch-Leben führen, mit Gartenzwergen und so n' Schwachsinn?" Sein Daumen fuhr sachte über meine Haut. Fast schon vorsichtig.
„Ihre Leben hätten sich nicht schlagartig verbessert, wärst du nicht geborgen worden, Moe. Sie wären immer noch die selben Menschen, mit den selben beschissenen Entscheidung!" Ich schloss gequält die Augen, lehnte mich in seine Berührung. „Ich h-habe ihnen praktisch eine geladene Waffe in die Hand gedrückt! Ich bin ein Monster.", das letze Wort, brach nur so aus mir heraus.
Ich hörte, wie er etwas unter seinem Atemzug wisperte. Konnte die Worte nicht entziffern. „Shit.", seine Hände krallten sich in meine Haare an meinem Hinterkopf, schüttelten mich erneut. „Sieh mich an. Sieh mich an, verdammt nochmal!" Zögernd öffnete ich die Augen, sah sein Gesicht nur Zentimeter vor meinem schweben. „Wenn du ein Monster bist, dann bin ich praktisch die Ausgeburt der Hölle."
„Reid, dass-"
„Nein, jetzt rede ich, okay?", fluchte er uns ich spürte seinen Atem über die kalte Nachtluft hinweg.„Wenn dich sowas zu einem Monster macht, dann wäre ich etwas viel schlimmeres. Und weißt du auch warum? Weil es mir völlig egal ist! Mir ist egal, was du getan hast. Welche Fehler, welche Sünden, oder wie auch immer du es nennen willst! Es ist mir scheiß egal! Du könntest mir ne verfickte Knarre an den Kopf halten und ich würde dich immer noch-", er brach abrupt ab, atmete schwer.
„Ich weiß, du glaubst mir kein Wort, egal wie oft ich sage, aber du bist kein schlechter Mensch. Und selbst wenn, würde das nichts ändern, okay!", sagte er eindringlich und sah mich unentwegt an. „Egal was passiert, oder was du denkst, was du getan hast, wir werden immer... ich werde immer für dich da sein." Er lehnte seine Stirn gegen meine und seine Worte verhalten in der Nacht, ringten in meinen Ohren, wie ein Echo.
Ich schloss ebenfalls die Augen, konzentrierte mich auf das Gefühl, seiner Fingerspitzen, die nun an meinem Hals lagen. War das hier überhaupt real?
„Ich wünschte, ich müsste dich dass jetzt nicht fragen.", flüsterte er. „Aber wie viele Pillen hast du geschluckt, Moe? Hast du versucht-"
„Nein", unterbrach ich heißer. „Es waren nicht genug." Er nickte, ohne sich von mir zu lösen und ich wusste nicht, wie lange wir so da standen.Meine Augen brannten. „Es tut mir so leid.", wisperte ich und löste mich von ihm. Trat einen Schritt zurück. „Das du mich immer so sehen musst, so-" Er zog mich wieder zu sich, schlang seine Arme um meinen Hals und umarmte mich. „Schnauze, Moretti." Ich schniefte in seine Schulter, war auf einmal schrecklich müde. „Ay, Captain."
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Ich konnte mich nicht erinnern, wie ich auf die Rückbank seines Wagens gelangt war. Meine Wange presste gegen den Sitz und ich blinzelte langsam gegen die Dunkelheit. Ich lag quer auf den Polstern und spähte somit durch den Schlitz zwischen den Sitzen. Ich sah das Radio und Reid's Hand, die auf der Schaltung lag.
„Sag, wenn du kotzen musst.", hörte ich seine Stimme, über das leise Summen des Songs, der im Hintergrund lief. Ich nickte nur, da mir nicht wirklich schlecht war. Ich schloss gerade wieder die Augen, als er eine Hand zu mir hinter streckte und über meine Haare strich. „Moe, kannst du mich hören?", fragte er. „Mhm." Seine Hand blieb für einen Moment, bevor er wieder in einen anderen Gang schaltete. „Kannst du... Kannst du wach bleiben, bitte? Nur bis wir Zuhause sind." Ich starrte auf das Armaturenbrett. „Okay."
Erst jetzt realisierte ich, was er gesagt hatte. Ich lächelte schwach. Zuhause.„Reid?", murmelte ich und war mir nicht sicher, ob ich es überhaupt laut ausgesprochen habe. „Ja?", hörte ich seine Stimme, als wäre sie weit weg. „Ich schulde dir was.", hauchte ich in die Stille. Ich schuldete ihm mittlerweile so viel, dass ich ein zweites Leben bräuchte, um ihm alles zurückzuzahlen. Ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn er heute Abend nicht aufgetaucht wäre.
„Du schuldest mir gar nichts.", entgegnete er ohne zu zögern und beinahe hätte ich aufgelacht. Das war so typisch Reid. Nur er sah es als selbstverständlich, sich um jeden und alles zu kümmern, ohne jemals eine Gegenleistung zu wollen. „Reid Green. Mein Ritter in weißer Rüstung. Sofort zur Stelle um die holde Maid zu retten." , lachte ich und wollte wieder die Augen schließen, bis mir seine Bitte wieder einfiel. „Maid? Ich glaube, du bist sehr gut in der Lage, dich selbst zu retten." Da hatte er nicht ganz unrecht. Nur...
„Du bist der einzige, der mich vor mir selbst rettet.", gestand ich und dachte an seine Worte. Es waren immer seine Worte.
„Ich hasse es, dass es immer du sein musst.", gestand ich und merkte wie der Wagen kurz ruckelte. „Was meinst du?" Ich seufzte in den Stoff des Sitzes. Reid hatte schon so viel auf seinem Teller und dann kam ich, mit meinen bescheuerten Problemen und.. „Ich hasse es, dass immer du es sein musst, der meinen Arsch wieder Richtung Vernunft zerrt. Es ist mitten in der Nacht, und du? Du bist hier irgendwo im nirgendwo, mit einem Typen, der sich benimmt wie ein emotionales Kleinkind und im Selbsthass versinkt-"
„Es gibt keinen Ort, an dem ich jetzt lieber wäre.", brummte er und ich hob den Kopf starrte auf seinen Hinterkopf.Er sah in den Rückspiegel. „Ich meine es ernst. Ich werde nicht aufhören mich um dich zu sorgen, dich zu beschützen, nur weil du mich darum bittest. So schnell wirst du mich nicht los." Meine Sicht begann zu verschwimmen und ich sah beschämt nach draußen in die Nacht. „Selbst wenn meine Haare nicht blau sind?" Reid lachte, es war tief und schallend und in dem Moment merkte ich, wie sehr ich sein Lachen vermisst hatte. „Selbst mit Glatze, Moretti." Ich grinste verschlagen, bevor ich meinen Kopf wieder auf den Sitz legte. „Softie."
Er lachte erneut und ich war so fasziniert, dass ich die Worte, die er danach zu sich selbst murmelte, fast nicht hörte.
Aber ich tat es.
„Nur für dich, Moe."
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✍🏻: Heyo!
Kurzer Fun-Fact: da jedes Kapitel so gerundet auf 1.000 Wörter kommt, umfasst die komplette Green-Saga mittlerweile 167 000 Wörter!!
Hat mich sehr überrascht als ich das realisiert habe.
Schönes Wochenende.
-Nini
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Bad Choices [BxB]
Romance[2. Teil der BAD-Reihe] Schlechte Entscheidung stehen für Moe auf der Tagesordnung. Sei es die falsche Party. Die falsche Person, oder die falsche Nacht. Sein Ruf war dementsprechend. Er war ein Playboy, ein Dealer, der eine Typ in den man sich nur...