63| Erkenntnisse

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Lee

„Was zur Hölle, ist mit eurem Wandschrank passiert?", fragte Ezra, als er sich neben mich auf die Couch fallen ließ. Ich zog ihn an seiner Hüfte ein Stück näher, während sich alle Anwesenden einen bedeutungsvollen Blick zu warfen. Bis auf Reid, der gedankenverloren aus dem Fenster starrte. „Poltergeist.", meinte Sadie und nippte an ihrem Tee. „Waschbären.", warf Liz ein.

Ezra verzog die Stirn, fragte aber nicht weiter nach. Niemand hinterfragte, was vor ein paar Tagen hier los war. Jeder wusste es bereits. Ich wollte mir am liebsten eine Schmieren, dass ich es nicht früher bemerkt hatte. Jetzt wo es mir klar war, schien alles so offensichtlich.

„Kommt Moe auch?", fragte Silas hoffnungsvoll, als er die DVD in den Spieler schob. Niemand antwortete ihm, und Silas rümpfte die Nase. „Aber Moe verpasst doch nie einen Filmabend?" Reid rutschte unruhig auf seinem Platz und mein Blick flog zu ihm. Seine Hände krallten sich in die Couch.

Er sah nicht zu uns. Er war schon seit ein paar Tagen so. Abwesend. Um genau zu sein, seit dem Abend, ab dem wir keinen Wandschrank mehr hatten. Als ich an jenem Morgen nach Hause kam, wusste ich, dass sich etwas verändert hatte. Etwas Grundlegendes.

Und das lag nicht nur an dem demolierten Mobiliar.

Ich hatte in der letzten Woche versucht ihn mehrmals darauf anzusprechen. Aber er blockte vehement ab. Tat so als wäre nichts. Leider verstand ich dieses Verhalten wohl besser, als manch anderer. Auch Moe war abwesend. Er hatte mir vor paar Tagen eine Nachricht geschickt. Meinte, er sei krank. Wollte damit erklären, warum wir ihn seit Tagen nicht sahen. Warum er auf keine Anrufe reagierte.

Natürlich glaubte ich ihm kein Wort. Aber mir war klar, dass das seine Art war, zu sagen, dass er Abstand brauchte. Zeit.

Dennoch fühlte ich mich schrecklich hilflos. Ich wollte meinem Bruder helfen, genauso wie meinem besten Freund. Doch ich war mir nicht sicher, ob ich die Situation überhaupt verstand. Ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt helfen konnte.

Silas sah uns immer noch abwartend an. „Er kommt nicht." brummte Reid, und sah zu unserem Bruder. „Mach dir keine Hoffnungen."

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Romeo

„Jedes mal das Selbe, Moe!", schrie er und stapfte in die Küche.  „Ich habe doch nichts getan!", verteidigte ich mich und folgte Alex. Wir stritten. Etwas, dass in letzter Zeit immer öfter passierte. „Ich will dir nur helfen und du tust so, als wäre es das Schlimmste der Welt!", meinte er und riss seine Hände in die Luft. Fassungslos betrat ich hinter ihm die Küche. „Helfen? Helfen? Du willst, dass ich kündige!" Er stützte sich an die Theke, auf dessen Oberfläche unzählige Dokumente und sein Laptop standen. Er hatte hier vor kurzem noch an etwas Wichtigem gearbeitet, bevor diese ganze sinnlose Diskussion angefangen hatte.

„Ja, weil ich etwas besseres-"
„Besser? Ich hab keinen Bock, für den Rest meines Lebens Dokumente zu stapeln!" Es war ein Bürojob. Ein Ort, an dem ich jeden Morgen mit Anzug und Krawatte erscheinen müsste.

„Das ist ein ehrbarer Beruf! Sogar mehr als-" Mehr als was?

„Du weißt dass ich das Tätowieren nicht aufgeben werde, Alex! Das ist mein Traum!", brüllte ich und seine Augen wurden zu Schlitzen. „Ein Traum ohne Aufstiegsmöglichkeiten! Ein sinnloser Traum!" Ich fuhr mir aufgebracht über die Stirn. Manchmal wollte ich einfach-
„Was weißt du schon!", brach es aus mir heraus.

Bad Choices [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt