90| Vergebung

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Reid

Sadie war die Erste, die von meiner Familie in das Zimmer platzte. Der Arzt war gerade erst wieder gegangen, meinte er würde später erneut nach Moe sehen, denn dieser bräuchte nun etwas Ruhe, aber das konnte Moe nun vergessen. Meine Schwester stand im Türrahmen und hatte ihre Hände über den Mund geschlagen, starrte auf den Patienten. Hinter ihr platzen Lee und Ezra, sowie Silas ins Zimmer. Sadie kam Tritten und mit einem fetten Grinsen hinter her. Lee war der Erste, der auf ihn zu trat, seine Erleichterung deutlich in sein Gesicht geschrieben. „Meine Güte, es ist so-"

Wer sind Sie?", fragte Moe und sah verwirrt zwischen meinen Geschwistern hin und her. Das große  Fragezeichen in seinem Blick, sorgte dafür, dass sofort jegliche Luft aus dem Raum wich. Geschockt sah ich zu Moe. Was...?

„Moe, was meinst du...?", begann Sadie und trat ebenfalls näher. Ihre Gesichter waren schrecklich bleich. „Tut mir leid, kennen wir uns?", fragte er irritiert und kratzte sich am Hinterkopf. Schock füllte meine Lungen, bis ich das Zucken seiner Mundwinkel sah, das sich schnell in ein großes Lächeln verwandelte. „Leute, ich mach nur Spaß!", rief er lachend, während die anderen ihn weiter entsetzt anstarrten.

„Du beschissener Bastard!", rief Sadie und stiefelte, mit erhobenem Finger, auf ihn zu. „Du kannst froh sein, dass ich einen Schwur geleistet habe, sonst wärst du ganz schnell wieder im Koma!", trotz ihrer Drohung, fiel sie ihm erleichtert um den Hals. „Wichser.", murmelte sie und rieb sich verstohlen über die Augen. „Sorry.", murmelte Romeo in ihre Schulter. „Aber den musste ich einfach bringen."

„Du schuldest uns was.", meinte Lee seufzend, als er Sadie ablöstet und ihn fest umarmte. „Du hast uns alle, die wohl schlimmste Woche unseres Lebens bereitet. Du kannst doch nicht einfach sterben." Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück und beobachtete die Beiden. Moe verdrehte in seinen Armen die Augen. „Mh, ja wenn ich das nächste Mal sterbe, werde ich dran denken."
„Das nächste Mal!?", quietschte Sadie. „Kannst du damit bitte so um die 70 Jahre warten?"
„Ich versuche es."
Ja, besser ist es."

Der Raum war voll mit Gelächter und geteilter Erleichterung, wegen Moe's Erwachen, als es an der Tür klopfte. Moe's Augen weiteten sich, als er zu der Frau im Türrahmen sah. „Mom?", fragte er mit brüchiger Stimme. „Hallo, Romeo."

Ich erhob mich und sah meine Familie kurz an. Signalisierte ihnen stumm, den Raum zu verlassen. Ich sah hinab zu Moe, der immer noch zur Tür sah. „Willst du mit ihnen reden?" Ich hatte ihm erzählt, dass sie hier gewesen waren. Die komplette Woche lang. Ich hatte seinen Blick nicht deuten können. Wusste nicht, ob er sie überhaupt sehen wollte. Er zögerte und nickte kurz. Hätte er verneint, hätte Mrs Moretti dieses Zimmer nie wieder betreten. Aber nun verließ ich den Raum, während seine Eltern es betraten.

Sie alle hatten viel zu bereden.

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Sadie lehnte sich gegen die Wand im Flur. „Mir gefällt das nicht.", raunte sie und sah hinab auf ihre Uhr. Die Drei waren nun schon seit einer Stunde da drinnen. „Sie haben viel zu bereden.", seufzte ich und lehnte meinen Kopf an die Wand hinter mir. Sadie kaute auf ihrer Unterlippe. „Ja, aber Moe ist gerade erst aufgewacht und sollte sich schonen. Was, wenn sie was falsches sagen und ihn aufregen? Was wenn..."
„Auch sie haben sich sorgen gemacht.", unterbrach ich Sadie. „Außerdem ist es Moe's Sache. Er hätte sie bestimmt schon längst weg geschickt, würde er sich nicht wohl fühlen. Es ist einfach schon lange her, seitdem sie sich gesehen haben."

Ich wusste nicht, warum ich sie verteidige. Ich glaube, es ging weniger um seine Eltern, als um Moe selbst. Es war seine Entscheidung, wie er mit ihnen umgehen will. „Genau das meine ich. Sie haben ihn nie wirklich gut behandelt, was wenn sie ihn wieder manipulieren? Ihm weh tun?" Ich verschränkte die Arme. „Das werden wir nicht zu lassen.", grummelt ich und sah zu Tür, als diese sich im selben Moment öffnete.

Seine Eltern verließen sein Zimmer und nickten uns kurz zu. Ich zögerte, bevor ich mich von der Wand abstieß und das Zimmer wieder betrat. Die anderen gewährten uns einen Moment Privatsphäre und warteten noch einen Moment draußen. Moe lag schläfrig in seinem Bett, die Augen nur halb geöffnet. Es schien, als hätte er alle Energie in dieses Gespräch gesteckt. Ich setzte mich neben ihn, nahm  seine Hand, so wie ich es die gesamte letzte Woche getan hatte.

„Moe.", meinte ich und er sah zu mir, lächelte. „Alles ok?" Er nickte und sah seufzend an die Decke. „Sie haben sich entschuldigt.", murmelte er und ich sah ihn weiter abwartend an. „Ich habe ihnen gesagt, dass ich sie nicht hasse, für das, was sie mir angetan haben. Dass ich es sogar zu einem gewissen grad verstehen kann.", hauchte er und als er wieder zu mir sah, hatte er Tränen in den Augen. „Aber ich habe gesagt, dass ich ihnen nicht verzeihen kann."

Ein Kloß bildete sich in meinem Hals.

Er seufzte tief. „War das falsch? Ich meine, es sind immer noch meine Eltern? Vielleicht sollte ich einfach-"
Nein.", ich schüttelte meinen Kopf. „Es ist deine Entscheidung, wem du vergibst und wem nicht. Sie haben dir weh getan. Du solltest nur das tun, bei dem du dich wohl fühlst, was du für richtig hältst. Gib deine Gefühle, deine Wut, nicht auf, nur weil sie mit dir verwandt sind, Moe. Du bist derjenige, der die Kontrolle hat. Der entscheidet, was Gut für ihn ist. Kein Blut und kein schlechtes Gewissen sollte das ändern."

Moe lächelte mich an, so wie er es immer tat und mein Herz setzte aus. Gott, ob ich mich jemals an diesen Anblick gewöhnen würde? An das Flattern in meiner Brust? „Sie meinten, wenn ich jemals Lust hätte sie zu besuchen, nach Hause zu kommen, kann ich vorbei kommen.", raunte er und fuhr sich über die Stirn. Ich legte den Kopf schief. „Und? Wirst du?" Er schüttelte sachte den Kopf. „Ich denke eher nicht." Er griff nach meiner Hand, sah versonnen auf unsere verschränkten Finger, bis er wieder zu mir aufsah.

„Ich hab schon ein Zuhause. Eine Familie."

Bad Choices [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt