Reid
Sie haben ihm die Maske abgenommen. Ich konnte sein Gesicht wieder vollständig sehen. Konnte das Flattern seiner Augenliedern beobachten, das Heben und Senken seiner Brust.
Ich atmete tief durch, sah mich in dem nun leeren Zimmer um. Sadie war mit den Kindern nach Hause gefahren. Wollte Silas nicht zu lang den Keimen eines Krankenhauses ausgesetzt lassen. Lee und Ezra holten sich gerade was zu essen. Deswegen war es nur ich. Ich und Moe. Es war nun 4 Tage her. Ganze 4 Tage, in denen ich nicht seine Stimme gehört habe. Nicht das Blau seiner Augen gesehen habe.
Ich nahm seine Hand in meine, sprühtet seinen Puls unter meinen Fingerspitzen. Manchmal, wenn ich die Augen schloss, sah ich wieder das Bild vor mir... Das Bild durch diese geöffnete Tür. Planen, Schläuche und diese Linie. Eine einzige gerade Linie, die sich durch meine Albträume zog.
Ich küsste ihn auf den Handrücken, sah zu ihm hoch. „Ich bereue viele Sachen, weißt du? Aber die Tatsache, dass ich dir nicht früher gestanden habe, was du für mich bist...", murmelte ich an seine Haut. Ich lehnte meine Stirn gegen seinen Handrücken, lauschte einfach dem rhythmischen Piepsen. „Kannst du dich an unsere erste Begegnung erinnern?" fragte ich, nach einer Weile, so als würde er antworten können.
Ich seufzte, als ich an jenen Tag dachte. Es fühlte sich an, als wäre es bereits eine Ewigkeit her. Es war, als würden wir uns schon ein ganzes Leben kennen. „Es hat so viel geregnet an dem Tag.", erinnerte ich mich mit einem kleinen Lächeln. „Es war zu der Zeit, wo Lee gerade erst mit den Rennen begonnen hat und ich... ich hatte eine solche Angst um ihn. Und an diesem Abend..." Ich erinnerte mich wie ich an dem Abend für meine Abschlussprüfungen gelernt habe. Ich war so vertieft gewesen, dass ich das Klopfen an der Tür fast nicht gehört habe.
„Du standest da, triefend vom Regen, Lee hing verprügelt über deiner Schulter." Das war das erste Mal, dass Nick Lee dazu bringen wollte, den Deal anzunehmen. Das erste Mal, als er ablehnte. „Du hattest noch keinen Führerschein und hast ihn deswegen praktisch durch die halbe Stadt nach Hause geschleppt. Und als ich dich da so stehen sah, klitschnass, und mit diesem lebendigen Blick in den Augen, ich dachte... Ich war so beeindruckt von dir und deinem enormen Willen. Ich fand dich bemerkenswert. Und dann... ja dann hast du denn Mund aufgemacht und du wurdest absolut unausstehlich nervtötend.", lachte ich leise.
„Ab da, warst du einfach immer da. Laut und schnell, hast du mein Leben infiltriert, bevor ich gar nicht mehr wusste, wie es ohne dich jemals Normal sein konnte.", mein Blick huschte aus dem Fenster. Es regnete, so wie an jenem Tag.
Ich atmete tief durch. „Ich hab mich nicht in dich verliebt, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe. Es war nicht dieses Typische Liebe auf den ersten Blick Zeugs, das Sadie in Filmen so liebt. Gott, du warst so unausstehlich am Anfang. Aber dann...", ich lehnte mich vor, stütze meinen Kopf auf meine Hände, sah zu ihm.
„Ich hab mich auch nicht in dich verliebet, weil ich dich gebraucht habe, oder weil ich jemand wollte, der mich glücklich macht. Nein, ich denke ich wäre auch allein glücklich geworden. Aber, dann warst du so... bunt, so laut, so unbeschreiblich du selbst.Es war auch kein Schicksal oder vorherbestimmt, oder so was. Es war ganz allein meine Entscheidung, dich zu lieben. Ich bin dir nicht verfallen. Ich glaube, ich bin mit offenen Augen in diese Gefühle marschiert, in dem Wissen, dass du vielleicht niemals dasselbe fühlen wirst. Es war egal, weil ich dich gewählt habe, und weil du es Wert warst.", raunte ich lächelnd.
„Ich glaube, zuerst war es nur dein Lächeln. Und als ich merkte, wie sehr ich es liebe, wenn dein Gesicht sich erhellt, entschied ich mich deine Scherze auch noch zu lieben. Und dann die Art wie deine Augen aufleuchten, wenn du zeichnest, und dann die Art wie du redest. Und bevor ich, wusste was ich tat, war es alles, Moe. Selbst deine beschissnen Fehler. Und weißt du was? Es war das Einfachste, das Beste, was ich jemals getan habe. Du würdest es jetzt leugnen, aber es war so unglaublich einfach dich zu lieben, Moe. So verdammt einfach."
Ich fuhr mir über das Kinn, spürte die Bartstoppel. „Aber weißt du, was nicht einfach war? Es zu leugnen. So zu tun, als wärst du nicht, alles für mich. Aber ich wusste, dass du für sowas nicht bereit warst. Und das war auch ok. Ich habe nie irgendwas erwartet. Du hast mir nie irgendwas geschuldet. Ich wollte einfach immer nur, dass du den Frieden findest, denn du dir so sehnlichst gewünscht hast. Und innerlich habe ich immer irgendwie gehofft, dass ich das vielleicht irgendwann für dich sein kann. Dein Frieden."
Ich umklammerte seine Hand. „Und dann, habe ich von Alex erfahren, dass du mich auf ein Date einladen wolltest und ich habe mich noch nie so sehr gehasst, wie in diesem Moment. Du hättest mich gefragt! Ist das zu fassen? Aber ich habe es kaputt gemacht. Ich habe dich von mir gestoßen und praktisch direkt in Alex Arme. Etwas, dass ich mir nie verzeihen werde. Aber dann nach all den Umwegen..." Nach all den Sachen, die zwischen uns Standen, hatten wir trotzdem ein paar Tage, die nur uns gehört haben.
„Ich habe gemerkt, dass du auch mein Frieden warst. Und selbst, wenn die paar Tage alles waren, was uns vergönnt war, würde ich nochmal genauso lang auf dich warten, Moe. Gott ich würde Jahrhunderte auf dich warten, wenn ich dich dadurch nur noch einmal lachen hören könnte. Ich würde...", meine Stimm brach und ich presste meine Lippen zusammen.
„Ich liebe dich. Ich liebe dich und es tut mir leid, dass ich es dir erst jetzt sagen kann. Jetzt, wo du mich wahrscheinlich nicht mal hören kannst. Gott, ich hoffe du kannst mich hören. Also, wenn ... wenn du das hier hörst.... Was ich eigentlich damit sagen will ist, komm zu mir zurück, okay? Wach auf und sag mir, dass ich die Klappe halten soll. Beleidige mich! Beschimpf mich für meine Dummheit, nur ... bitte, bleib bei mir. Ich brauche dich."
Ich schloss die Augen, presste seine Hand gegen meine Stirn, lauschte einfach nur dem Regen der gegen die Scheiben prasselte. „Er braucht dich auch."
Erschrocken fuhr ich herum und sah zu dem Mann im Rollstuhl, der unbemerkt den Raum betreten haben muss. Wie lange war er schon hier, und wie viel hatte er gehört? Seinem Blick nach zu Urteilen, so ziemlich alles. Er sah mich eine Weile lang an, bevor er zu seinem Sohl rollte, sie neben ihn stellte und vorsichtig seine Hand nahm, sie sanft tätschelte.
Die Morettis waren oft hier gewesen die letzten Tage. Aber meistens hatten sie geschwiegen, so getan, als wären wir nicht im Raum. Was verständlich war, wenn man bedachte, dass ich sie praktisch im Gang eines Krankenhauses zusammen gebrüllt hatte. Moe's Vater sah seufzend zu seinem Sohn hinab, bis sein Blick mich fand.
„Ich war ein beschissener Vater." begann er das Gespräch und sah mich unverwandt an. Ich habe noch nie zuvor mit ihm geredet, und habe ihm eigentlich nichts zu sagen. Ich schwieg. „Schon als er klein war... Ich habe so viele Fehler gemacht. War immer ein wenig zu streng zu ihm, zu kalt. Ich wollte immer nur das er stark wird." Meine Hände ballten sich zu Fäusten.
Er presste die Lippen fest zusammen, sah zu Moe. „Ich und seine Mutter, wir hatten schon immer unsere Probleme und er ... irgendwie landete er immer zwischen den Fronton. I-Ich habe ihn angeschrien, ihm die Schuld gegeben.", er seufzte tief, als könne er selbst es kaum fassen. „Und dann mach dem Unfall. Als ich erfuhr, dass wir durch Romeo die Rechnungen bezahlen konnten. Ich habe nie nach gefragt, nie Danke gesagt. Ich.. Ich denke, ich wusste es bereits irgendwie, und wenn ich gefragt hätte... wenn ich ihn beschützt hätte, dann-"
„Was wird das?", unterbrach ich scharf und sah ihn wartend an. Ich wollte seine Entschuldigungen nicht hören. Seine Rechtfertigungen waren mir sowas von egal.„Er ist meine größte Reue.", gestand er und fuhr seinem Sohn durch die Haare. „Ich habe bei ihm versagt. So oft, so lange. Ich wollte ihn so oft vergessen. Meinen eigenen Sohn. Ich habe mir so oft gewünscht, er würde nicht existieren, um mein eigenes Gewissen zu beruhigen. Ich... Ich konnte ihn nie aus vollem Herzen lieben, so wie er es verdient hat. Deswegen bin ich euch so dankbar, dass ihr ihn gefunden habt. Dass ihr... ich wollte mich nur bedanken.", flüsterte er und sah mich eindringlich an.
„Danke. Danke, dass du meinen Sohn liebst."
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Bad Choices [BxB]
Romance[2. Teil der BAD-Reihe] Schlechte Entscheidung stehen für Moe auf der Tagesordnung. Sei es die falsche Party. Die falsche Person, oder die falsche Nacht. Sein Ruf war dementsprechend. Er war ein Playboy, ein Dealer, der eine Typ in den man sich nur...