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Reid

Ich beobachtete, wie Moe meine Uniform glatt strich. „Du siehst gut aus, Officer.", raunte er bevor einen weiteren Schluck aus der Kaffeetasse nahm, die er mir vor ein paar Jahren Mal geschenkt hatte. Sie hatte einen Schriftzug mit den Worten, World's Best Dad. Er fuhr über meinen Gürtel und zog mich näher. „Am liebsten würde ich-"
„Mein Gott, nehmt euch ein Zimmer!", erklang es hinter uns und ich und Moe drehten uns gleichzeitig zu Liz, die am Tisch saß und auf ihren Cornflakes mampfte, während sie uns angewidert ansah.

„Musst du nicht in der Schule sein, oder so?", meinte Moe und Lizzy verdrehte die Augen. „Es sind Sommerferien, du Genie."
„Musst du nicht bei Freunden sein, oder so?", entgegnete er daraufhin, bevor er sich wieder zu mir umdrehte. „Wir sehen uns heute Abend?", fragte er und ich küsste ihn lächelnd auf die Wange. „Kann es kaum erwarten.", gestand ich.

Heute Abend würde ich Moe zum ersten Mal ausführen. Unser erstes offizielles Date.

„Ich versuche hier zu essen, Leute!" Moe ignorierte das Geschimpfe meiner Schwester, während er mich, wie zum Trotz, zu sich hinab zerrte und mir einen extra langen Kuss gab. Atemlos löste mich von ihm und debattierte, ob ich vielleicht noch einen Tag Krank machen konnte. Aber da schob Romeo mich bereits Richtung Tür.

„Hab einen schönen Tag auf der Arbeit!"

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Ich arbeitete gerade an ein paar Akten, als ich merkte wie Unruhe im Revier einkehrte. Es war keine Panik, mehr wie ein allgemeines Aufgewühlt sein und ich wusste, etwas stimmte nicht. Es war die Art, wie die Detectives tuschelten und der Sekretär gestresst von einem Büro zum anderen huschte. Nervös, sah ich zur Uhr. Es war zwei Stunden vor Feierabend. Wenn jetzt etwas Großes rein kam, würde ich für unser Date definitiv zu spät kommen.

Ein paar Minuten beobachtete ich wie Henry aufgebracht telefonierte. Als er den Hörer wütend auflegte und sich durch die Haare fuhr, erhob ich mich und bahnte meinen Weg zu seinem Büro. In seiner Tür blieb ich stehen, klopfte, bis er zu mir aufsah. Seine Augen waren gezeichnet von Müdigkeit, als er mich mit seltsamen Blick musterte. „Green.", meinte er mit seinem autoritären Ton, den er bei jedem Taco-Abend abzulegen schien. „Schließen Sie bitte die Tür hinter sich.", wies er mich an, als er mit besorgten Blick auf die Unruhe draußen sah. Das Brummen der Gespräche und das Klingeln des Telefons verstummte, als ich Folge leistete und in die Mitte seines Büros stiefelte.

„Was ist passiert?", fragte ich gerade heraus und Graham ließ sich in seinen Stuhl zurück sinken. „Du bist ein aufmerksamer junger Mann, dass muss man dir lassen." Ich sah ihn unentwegt an, wollte, dass er mit der Sprache rausrückte. Ich war zwar bisher nur ein Offizier auf Probe, aber ich konnte helfen bei dem Problem, welches ihm anscheinend schwer auf dem Magen lag. „Henry-", begann ich, als sich die Tür erneut öffnete. Lukas Donavan streckte seinen Kopf herein, einer der führenden Detectives im Revier. Er warf mir einen knappen Blick zu, bevor er zu Henry sah. „Wir können los legen.", meinte er und Graham erhob sich. Ging an mir vorbei, bevor er mir zu nickte, mich aufforderte ihm und Donavan zu folgen. „Komm, wir wollten es gerade bekannt geben."

Mein Mund war seltsam trocken, als ich mich zu der Menge der Polizisten stellte, die sich in der Mitte des Reviers versammelte hatte. Ein paar der wichtigen Leute hatten sich bereits in der Mitte zusammen gefunden, schienen aufgebracht zu tuscheln, bis Henry zu ihnen stieß. Ich hörte wie meine Kollegen um mich herum tuschelten. Irgendwas von unerwarteten Entwicklungen.

Henry klatschte zweimal in die Hände und sofort verstummten die Gespräche, eine erwartende Stille hatte sich um uns alle gelegt. Henry schien die richtigen Worte zu suchen. Dann begann er: „Wie ihr alle wisst, gab es im letzten Jahr einen großen Durchbruch in unserer Abteilung für organisiertes Verbrechen. Die Festnahme von einem Drogenring führte dazu, dass wir viele neue Hinweise erhielten. Die Verhandlungen der verhafteten Verbrecher ist momentan im vollen Gange. Einer dieser Verbrecher", er drehte sich zu einer der Magnettafeln hinter sich um und hing ein Foto auf. Mein Atem stockte. „Ist Charles McCoy. Auch bekannt unter dem Namen ‚Cash'"

Ich starrte auf das Bild. Auf den Mann darauf. Auf die dunklen Augen, die direkt auf mich gerichtet zu sein schienen. „Sein Urteil wurde letzte Woche ausgesprochen. Lebenslänglich." Ich atmete stockend aus. Ich wusste das bereits. Wir hatten es in den Nachrichten gehört und erst mal eine fette Party geschmissen. Doch irgendwas stimmte nicht. Sein Gesicht würde mich nicht anstarren, wenn alles gut wäre. Irgendwas...

„Einer seiner Männer ist Nick Coleman." Ein weiteres Foto. Ein weiteres Gesicht, dass mich bereits in meinen Träumen nicht in Ruhe ließ. „Wir gehen davon aus, das er einer von Cash engsten Vertrauten ist. Sein Prozess sollte heute beginnen. Dafür sollte er heute Mittag vom County Gefängnis zum Gerichtsgebäude außerhalb der Stadt verfrachtet werden. Er kam nie dort an." Der Raum wurde ein Stück kleiner. Das auftosende Getuschel der Polizisten war nur ein entferntes Rauschen in meinen Ohren.

„Coleman hat seine Werter übermannt und hat es geschafft zu fliehen. Es wurde sofort eine Sondereinheit los geschickt und da man annahm, dass er sich auf den Landstraßen außerhalb der Stadt aufhielt, vermeid man es - um eine unnötige Panik zu vermeiden- die Medien hinzuziehen." Die Worte wiederholten sich wie ein Echo in meinem Kopf. Das stimmte nicht. Das konnte nicht wahr sein. Nick war sicher hinter irgendwelchen Gittern und das alles war ein Irrtum.

Henry seufzte tief, ließ für einen Moment den Kopf hängen. „Dennoch bekamen wir gerade die Mitteilung rein, nun alle Reviere an der Fahndung beteiligen zu lassen. Da er sich definitiv innerhalb der Stadt befindet." ein weiteres Kling eines Magneten. Rot. Es war Rot auf der weißen Tafel.

„Das waren Steve und Colin Langton. Brüder. Sie wurden vor zwei Stunden tot in ihrer Wohnung gefunden. Zusammen mit ein paar Kilogramm Kokain, die auf Cash zurück zu führen sind." Tot? Diese Männer waren nicht nur tot! Man hatte sie abgeschlachtet. Ich starrte auf die leblosen Körper, auf das Blut, das den Teppichboden durch tränkt hatte. Über all Blut. Es war deutlich, dass dies eindeutig aus purer Wut verübt wurde.

Nick war schon immer Cash Schlächter gewesen. Die blutige Hand, die seine Befehle ausführte. Aber normalerweise, war er immer kalt und kalkuliert gewesen. Das hier war purer Hass. Meine Hände verkrampften.

„Wir gehen davon aus, dass Coleman nun auf einem Rachefeldzug ist, um den Informanten ausfindig zu machen, der diese entscheidenen Informationen, über die Drogenübergabe, an die Polizei weiter gegebenen hat. Er ist auf der Jagd. Nach einem Verräter. Und wir müssen ihm aufhalten." Die Fotos verschwammen vor meinem inneren Auge.

Er sucht nach einem Verräter. Einem Verräter, den er nie finden wird, weil es ihn nicht gab. Er wusste nicht, dass es ein purer Zufall war, das Ezra damals das Rennen anschwärzte, an dem auch der Drogendeal von statten ging.

Henry redete noch irgendwas, von wegen das wir in Patrouillen aufgeteilt werden, während manche weitere Verdächtige aufsuchen würden, bei denen die Beweise nicht für eine Anklage gereicht hatten. Wir sollten sie warnen. Sie beschützen.

Ich stand immer noch wie erstarrt da, starrte auf die blutigen Opfer, als sich die Traube aus Menschen auflöste. Nick war auf freiem Fuß. Er tötete. Er-
Moe. Meine Knie zitterten, als mich die Realität tief in meiner Brust traf. Killian war nie Teil von Cash Leuten. Ihm wurden nie irgendwelche Informationen anvertraut. Aber Moe schon.

Romeo war ein Ziel. Er war... Fuck! „Green.", Henry packte mich am Arm, sah mich eindringlich an. „Es wäre vielleicht besser, wenn du und deine Familie die Stadt verlasst. Ich wart nie direkt involviert, aber wir wissen nicht wo Coleman die Grenze zieht." Ich nickte stumpf, nicht in der Lage, ein Wort hervor zu stottern. Henry wusste nicht, dass Moe Teil von dem Ganzen gewesen ist.

Es war vorbei gewesen und wir fanden es als nicht notwendig an, es zu erwähnen. Allein schon, weil wir nicht wussten, wie weit Grahams Hilfe gehen würde. Deswegen wusste er auch, verstand, er auch nicht, in welcher Gefahr sich mein Freund gerade befand.

Zwei Stunden, waren die letzten Morde her, dachte ich als ich zu meinem Wagen rannte, den Motor startete und mein Handy aus der Tasche zog. Zwei Stunden, das wäre bereits genug Zeit um...

Ich raste vom Parkplatz des Reviers, während ich mit zitternden Fingern die Nummer wählte...

Bad Choices [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt