32| Ein Ende und ein Anfang

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[einige Wochen später]

Romeo

„Jetzt alle mal lächeln!", rief Liz vom Rasen unseres Vorgartens, während ich meine Arme um Lily und Sadie schwang, die bereits grinsend auf unserer Veranda posierten. Ich hielt zwei Finger hinter Annies Kopf und lächelte breit in die Kamera.

„Warum darf ich nicht mit aufs Foto?", maulte Silas, der sich neben Liz in den Rasen gesetzt hatte. Reid kam gerade hinter uns aus dem Haus und schloss ab. „Weil du keinen Abschluss hast. In ein paar Jahren machen wir mit dir dasselbe Foto." Der Knirps rümpfte die Nase, während Lee ihn grinsend auf die Beine zog. „In ein paar Jahren? Das dauert noch ein gutes Jahrzehnt, bis er auch so eine dämliche Robe anziehen muss."

„Dämlich?", erklang es entsetzt, von dem Mädchen vor mir.

„Ach, du bist doch nur eifersüchtig, dass du nicht so ein schickes Ding tragen darfst!", zog Sadie ihn auf und sprang die Stufen der Veranda hinab, sah ihn herausfordernd an. Lee klaute ihr darauf hin den Doktorhut und setzte ihn sich schief auf. „Eifersüchtig? Ich finde allein diesen Anzug schon grässlich!", wie um es zu beweisen, zerrte er an seinem Jackett. „Ich bin nicht wirklich scharf darauf unter diesem Stoff zu schwitzen wie ein Schwein!"

Tatsächlich war es ein überaus heißer Tag und ich konnte es nicht erwarten, bis ich wieder in ein luftiges T-Shirt schlüpfen durfte. Es war der Tag unseres Abschlusses und wir hatten uns alle rausgeputzt. Ich hatte mich selbst kaum erkannt, mit der schwarzen Robe und diesem sämtlichen Hut. Es sah viel zu akademisch für mich aus.

Lee zerrte an seiner Krawatte, als wäre sie ein Biest, das ihm die Kehle zerfetzten will. Meine Brust wurde ein Stück enger als ich auf das Stück Stoff starrte.

Jene Nacht fühlte sich immer noch an wie ein Albtraum. Doch die Folgen ließen mich auch am Tag nicht zur Ruhe kommen.

Gott sei Dank, erholte sich Silas von seiner Lungenentzündung ohne weitere Probleme und er stand heute munter, wie eh und je, vor uns. Dennoch hatte uns seine Krankheit gezeichnet. Bei jedem Huster wurde das Haus augenblicklich still, horchte und hoffte.

Die Sache mit den Rechnungen hatte sich auch erledigt. Sie wurden übernommen. Komplett. Und das von keinem anderen als von unserem ganz persönlichen Cinderella, auch bekannt als Ezra Coldwell.

Von einem auf den anderen Tag war er wie vom Erdbogen verschluckt. Keiner hatte ihn gesehen. Keiner wusste, wo er war. Es war, als hätte er nie existiert.

Lee kam damals erst sehr spät am darauffolgenden Tag wieder, nach dem er uns alle auf diesem Polizeirevier hatte sitzen lassen. Die Wahrheit, die er uns darauf hin offenbart hatte, zog uns allen den Boden unter unseren Füßen weg.

Ezra war kein Verräter.

Im Gegenteil. Er hatte alles für uns geopfert. Sein Vater hatte Sadie Drogen untergejubelt und gedroht, das gegen sie zu verwenden, wenn Ezra nicht genau das tat, was er verlangte.

Und dann, an jenem Abend, brach er seinen Deal mit seinem Vater, um Lee das Leben zu retten. Wäre er gefahren, würde er jetzt nicht mehr vor uns stehen. Das war der Grund, warum er die Polizei gerufen hatte.

Und wir? Wir konnten es nicht sehen. Nicht verstehen. Wir haben ihn ausgegrenzt, ja sogar verachtet, während er in Stille litt.

Bad Choices [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt