Romeo
Ich weiß nicht, was schlimmer war, der Schmerz in meinem Körper, oder die Erinnerungen von letzter Nacht. Ich fühlte mich wie gekaut und wieder ausgespuckt, während ich vor Scham am liebsten im Erdboden versinken wollte. Ich hatte blinzelnd festgestellt, dass es nicht meine Zimmerdecke war, gegen die ich starrte. Und ein weiterer Blick durch den Raum, hatte mir gezeigt, dass es Reid's war.
Das kleinste Zimmer im Haus, mit nicht viel mehr gefüllt, als einem Schrank, einem Schreibtisch und einem Bett. Eine Uhr an der Wand, verriet mir, dass es gerade mal halb sieben war. Das einzige, was zeigte das dieser Raum jemanden gehörte, waren die unzähligen Fotos, die an den Wänden hingen. Ich hatte sie schon oft betrachtet, bis mich ein griesgrämiger Reid aus seinem Zimmer schmiss. Die meisten zeigten die Greens, aber ich erkannte auch ein paar von Landschaften, oder Momenten die er eingefangen hatte. Einen wirklich putziger Hund, oder die Stadt, während die untergehende Sonne zwischen den Gebäuden hindurch schien.
Mein Blick huschte von einem Bild von Lee, wie er stolz an seinem Impala lehnte, zu einem Kinderbild von Sadie und Reid mit ihrer Mutter. Und dann entdeckte ich mich selbst. Ich grinste schief in die Kamera, während ich auf dem Tresen in der Küche saß. Meine Haare waren ein Stück länger, als sie es jetzt sind und mein Gesicht war noch ein wenig kindlicher. Ich trug ein Shirt, das mir Jahre als Glücksbringer gedient hatte, bevor ich es vor zwei Jahren mit ein paar Ölflecken ruinierte. Das war ein altes Foto, es entstand an meinen ersten Taco Abend. Da kannte ich die Greens gerade mal ein paar Wochen.
„Bist du wach?", fragte mich eine zögerliche Stimme und ich sah zur Tür, die sich unbemerkt geöffnet hatte. Lizzy lehnte am Eingang und sah zu mir. Ich nickte und sie betrat den Raum, schloss die Tür hinter sich. Sie blieb bei der Tür stehen, sah mich an. Schien zu zögern.
„Bist du süchtig?", fragte sie dann schließlich und ich erstarrte. „Was?"
„Ich hab Lee und Reid belauscht, als sie über dich geredet haben. Ich... Ich hab ein wenig recherchiert und es gibt gute Programme, die dir helfen können, die auch in der Nähe-"
„Ich bin nicht süchtig, Liz." unterbrach ich und fuhr mir müde über die Stirn. „Ich hab nur einen wirklich, wirklich dummen Fehler gemacht.", gestand ich und merkte, wie sie nervös auf ihrer Unterlippe kaute. „Einen einmaligen Fehler, versprochen."Sie schien immer noch zu Zögern und ich rutschte bis zur Wand. Klopfte auf die Matratze neben mich. Im nächsten Moment saß sie neben mir und wir starrten auf unsere Füße, die am anderen Ende aus der Decke hervor wackelten. „Reid meinte auch, du hättest mit Alex Schluss gemacht?" Ich atmete tief aus und sah zu ihr hinüber. „Das stimmt.", meinte ich. Sie sah ebenfalls zu mir hinüber. „Was ist passiert?"
Ich erzählte ihr die ganze schreckliche Story und sie verzog angeekelt das Gesicht, „Was ein Arsch!" Ich lachte in mich hinein. „Das kannst du wohl laut sagen." Ich stupste sie in die Seite. „Wie läufts so mit Simon?" Liz hatte schon längerer Zeit diese Gefühle für diesen Jungen aus ihrem Bio Kurs, und sie waren tatsächlich letztens auf ein Date gegangen. Ezra und ich mussten damals große Überzeugungsarbeit leisten, damit die Greens ihre Macho-Beschützer-Phase stecken ließen. Liz lehnte ihren Kopf gegen das Bettgestell. „Auch ein Arsch.", murmelte sie und ich sah sie fragend an. Sie seufzte schwermütig. „Hab gesehen, wie er mit Lory Millers rum geknutscht hat." Ich schnaubte verächtlich. „Wichser."
„Aber erzähl das nicht Lee sonst-" Ich winkte ab. „Ich weiß. Ich weiß. Der gute Simon wird seine Weichteile für später noch brauchen." Liz kicherte und ich sah zu ihr hinauf. Sie war so schnell groß geworden. Ich konnte mich noch gut an die nervige 11 jährige erinnern und jetzt hatte sie einfach schon Jungs-Probleme. Kein Zwerg mehr. „Aber falls du jemals Hilfe brauchst, oder-"
„Ich weiß.", sie legte ihren Kopf auf meine Schulter, wackelte mit ihren Zehen.Eine Weile saßen wir einfach nur schweigend da. Liz stieß die Luft raus, „Männer sind scheiße." Ich lachte. „Da könntest du recht haben."
Sie hob ihren Kopf und sah zu mir. „Ich mach bei dir keine Ausnahme."
„Ich bitte darum!" Sie sah mich mahnend an. „Du hast Scheiße gebaut, Moe." Ich nickte, lehnte mich gegen sie. „Ich weiß."
„Große Scheiße."
„Ich weiß."„Du hast uns sitzen lassen. Mein Spiel verpasst, bist nicht mehr zu Filmabenden gekommen-selbst der Taco-Abend!", schnaubte sie und verschränkte beleidigt die Arme. Naja, vielleicht doch nicht ganz so erwachsen. Ich verzog gequält das Gesicht. „Es tut mir leid, Zwerg." Ich wollte nie, dass es so endet. Ich dachte nur... ich habe gemerkt, wie es sie belastet hat, die ganze Sache mit Alex. Ich dachte, wenn ich ein wenig auf Abstand gehe... Aber das hat alles nur noch schlimmer gemacht. „Mit einem Sorry ist das nicht alles wieder gut, dass weißt du, oder?", murmelte sie nach einer Weile und ich begann zu lächeln, als ich realisierte auf was sie hinaus wollte.
„Ich spendier dir ne Pizza.", meinte ich versöhnlich. „Pfff!"
„Ne Pizza und ich geh mit dir in den neuen Horrorfilm, den du so unbedingt sehen willst." Sie rümpfte die Nase. „Ich hab mir Sorgen um dich gemacht! Und du hast uns für einen Typen sitzen lassen, dass-"
„Ich kauf dir die neuen Sneaker." Sie zog mich freudestrahlend an sich. „Du bist der Beste Moe!" Ich schüttelte schnaubend den Kopf. „Du kleines, käufliches Biest!" Gespielt erzürnt sah sie mich an. „Hey! Ich habe nur einen guten Geschäftssinn, dass ist alles!"Im nächsten Moment, hatte ich sie im Schwitzkasten, während sie quietschend versuchte, sich von mir zu lösen. „Geschäftssinn, hm? Ausbeuten, tust du mich! Mich und meine Schuldgefühle!" Ich begann sie durch zu kitzeln. „Gnade!", winselte sie, während ihr Tränen in die Augen stiegen. „Ich gebe auf!"
„Keine Gnade!", lachte ich und dachte gar nicht daran, sie zu verschonen.Ich ließ sie los als sie begann um sich zu treten und mir das Ganze zu gefährlich wurde. Völlig außer Atem, strich sie sich ihre Haare hinter die Ohren. „Musste das sein?", schnaubte sie und ich grinste sie breit an. „Natürlich! Da ist meine Art- Woah hey! Nicht weinen!", brabbelte ich panisch, als ihr Tränen in die Augen steigen. Ich richtete mich auf und wischte ihr überfordert über die Wangen. „Das war doch nur ein Spaß! Ich wollte doch nicht wirklich-"
„Halt die Klappe!", schnauzte sie, als sie mir um den Hals fiel und mich fest umarmte. Ah.Ich umarmte sie zurück und zog sie an mich. Strich ihr beruhigend über den Rücken. „I-Ich dachte, du würdest uns verlassen.", schniefte sie und schloss die Augen. Hielt sie ein Stück fester. „Niemals, okay? Nicht für eine Millionen Dollar."
„Versprochen?", murmelte sie und löste sich von mir. Ich strich ihr die Tränen von der Wange. „Großes Moretti-Ehrenwort." Sie nickte und drehte beschämt ihr Gesicht weg. „Wenn du jemanden erzählst, dass ich geheult habe-"
„Bin ich ein toter Mann.", bestätigte ich nickend und legte mich wieder zurück auf die Matratze.Die Attacke hatte mich ein wenig schwummrig werden lassen. Liz sah besorgt zu mir. „Alles ok?" Ich nickte und schloss die Augen. „Ja, war nur eine harte Nacht." ich spürte wie sie sich neben mich legte. „Es tut mir leid. Wirklich leid, Zwerg." murmelte ich und hörte sie schniefen. „Ich weiß. Mach das bloß nie wieder." Ich grinste und schüttelte den Kopf. „Bestimmt nicht."
„Moe?", fragte sie, nach dem wir eine Weile einfach nur so da lagen. „Hm?"
„Ich hab was für dich." Blinzelnd öffnete ich die Augen und beobachtete wie sie neben das Bett griff und einen kleinen Karton zum Vorschein holte. „Ist das..?", fragte ich leise und griff nach dem Karton. Sie zuckte mit den Schultern. „Ich dachte, vielleicht willst du deine Farbe zurück haben." Ich starrte auf die Haarfarbe in meiner Hand. Blau.Nervös rutschte sie hin und her. „Wir können dir auch rot besorgen? Oder pink? Oder-"
„Perfekt.", hauchte ich und sah zu ihr. „Blau ist perfekt." Sie lächelte erleichtert und wehrte sich nicht, als ich sie erneut in eine feste Umarmung zog. Ich stützte mein Kinn auf ihre Schulter und sah erneut zu dem unscheinbaren Karton.„Danke, Liz. Dankeschön."
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Bad Choices [BxB]
Romance[2. Teil der BAD-Reihe] Schlechte Entscheidung stehen für Moe auf der Tagesordnung. Sei es die falsche Party. Die falsche Person, oder die falsche Nacht. Sein Ruf war dementsprechend. Er war ein Playboy, ein Dealer, der eine Typ in den man sich nur...