POV Inéz
Der Idiot hat mich alleine gelassen und jetzt folge ich einfach einem der unzähligen Gänge, mitten ins Herz des Bordells. Besonders wohl fühle ich mich nicht, hier so herumzuschnüffeln, aber wäre ich an der Bar geblieben, hätte ich keine Sekunde Ruhe gehabt. Dieser eigenartige Mann wäre wieder zu mir gekommen und er sieht nicht wie der Typ Mann aus, der ein <<nein>> akzeptiert. Ich kann gar nicht verstehen, wie die Frauen hier sowas aushalten. Ich habe mich bereits bei Jacks Berührungen und die des Mannes auf der Straße so dreckig und benutzt gefühlt. Sie haben jeden Tag gleich mehrere schmierige Typen zu bedienen.
Wie kann man so eine Berufung freiwillig machen? Ich kann es vielleicht noch verstehen, bei den Frauen, die wirklich nichts und niemanden haben und schnell zu Geld kommen müssen....alles andere bleibt mir ein Rätsel.
Ich laufe nun einen der Hauptgänge entlang, der durch rote Lampen und LED-Lichter beleuchtet wird. Ein Mischgeruch aus Alkohol, Zigaretten und billigem Parfüm steigt mir in die Nase. Rechts und links befinden sich Zimmertüren, eine nach der anderen. Manche sind geschlossen und alle möglichen Stöhngeräusche, Peitschenhiebe und bizarren Töne sind zu vernehmen. Ich verschränke unsicher die Arme und schreite weiter, bis sich eine Türe auf der linken Seite öffnet und ein Mann herauskommt. Er knöpft seine Hose lächelnd zu und schreitet an mir vorbei, in Richtung Ausgang.
Inéz, was hast du erwartet? Es ist ein Bordell, natürlich gehen hier wahrhaftige Kunden ein und aus. Ebenso, wie es hier echte Prostituierte gibt. Es ist alles so eigenartig und neu für mich. Mit dieser Szene habe ich ja überhaupt nichts am Hut, geschweige denn habe ich mal eine Sexarbeiterin kennengelernt.
„Du bist also die Neue?" Eine Frau läuft aus der Türe, wo eben noch der Mann herausgekommen war. Sie trägt so gut wie gar nichts und ihr Körper ist übersät mit violetten und dunkelroten Hämatomen. So rot wie die Hämatome, so rot ist das Licht, das aus ihrem Zimmer strahlt und ihre glatten Haare.
„Neue?" Frage ich verwirrt, während sie meinen Körper, wie eine Neuware begutachtet und meine dunklen, welligen Haare analysiert.
„Wie alt bist du? Mr Soarez sucht ja wirklich nur noch junge Dingerchen aus...", seufzt sie.
„Ähm 18 und du?"
Sie verdreht die Augen. „Er spinnt, du bist noch minderjährig. Bald wird er mich auch ersetzen, durch so ein junges Mauerblümchen wie dich."
„Ich bin keine Prostituierte."
„Das habe ich auch anfangs gesagt Schätzen. Jetzt bin ich über 40 und kann mit erhobenem Haupt sagen, dass das meine einzige Berufung im Leben ist. Aber du? Du bist noch so jung, mache etwas anderes aus deinem Leben. Wenn du hier anfängst, kommst du nie mehr raus. Ein reiner Teufelskreis sag' ich dir." Sie nimmt mein Kinn zwischen ihre Finger und schaut mir tief in die Augen.
„Ich bin wirklich keine von euch..."
„Von uns? VON UNS? Ja, ich verstehe schon....du bist keine Nutte ohne Selbstwertgefühl und Stolz, ist es das was du meinst?"
„Nein, nein. So meine ich das nicht. Ich arbeite nur nicht hier, so wie du. Ich schaue mich lediglich ein bisschen um, denn ich wurde von Mr Soarez hierher mitgenommen."
Tränen bilden sich in ihren Augen. „Eins muss ich dich wissen lassen Mädchen. Mr Soarez macht nichts ohne Hintergedanken. Er wollte, dass du diesen Ort kennenlernst. Ich spreche aus Jahrzehnten langer Erfahrung in diesem Milieu."
„Wieso wollte er, dass ich diesen Ort kennenlerne?"
„Wieso fragst du? Es ist ein Bordell Mäuschen, du wirst irgendwann in naher Zukunft 19. Er will einen Nutzen aus allem und jedem ziehen. Er manipuliert dich in diese Szene hinein. Du gewöhnst dich an alles und bist dann am Ende sogar überzeugt davon, es freiwillig getan zu haben. Es wird kein Zurück geben!"
„Seth hat mich vor gleich zwei Perversen gerettet. Er meint, er braucht mich nur als seine Begleitung für Meetings...."
„Naiv, sehr naiv von dir. Jetzt bist du noch unter 18, als Begleitung perfekt geeignet. Doch sobald du erwachsen bist, wird ihm das nicht mehr ausreichen. Seinen Gewinn schlägt er dann aus deinem Körper. Und weißt du was? Du wirst bis dahin so emotional anhängig von ihm sein, dass du alles tun wirst, um ihn zufrieden zu stellen."
Ohne weiter darüber nachzudenken, strecke ich meine Arme nach ihr aus und umarme sie innig. „Du sprichst aus Erfahrung? Wurdest du in diese Szene rein manipuliert?"
Sie beginnt zu schluchzen und das nehme ich als <<ja>> .....
„Ich war damals so alt wie du, verliebte mich in einen gut aussehenden, älteren, reichen Kerl. Mr Soarez, den Vater von Seth. Ehe ich mich versah, landete ich hier und seit mehr als zwanzig Jahren bin ich eine Nutte. Er hatte eine Frau, er liebte mich nie. Er sah das Geld in mir..."
Ich muss erstmal schlucken. Seth's Vater?
„Wo ist Seth's Vater jetzt? Damit ich ihn umbringen kann...", ich presse die Lippen zusammen.
„Er und seine Frau, wurden von einem anderen hochrangigen Mafioso umgebracht. Einen gewissen Miguel Padre. Seit dem Tage, leitet sein Sohn das Geschäft."
Scheiße. Was, wenn Seth genau dasselbe mit mir vorhat, wie sein Vater mit dieser Frau?
„Darf ich deinen Namen erfahren?" Frage ich sie vorsichtig.
„Natalia." Ihre glatten Haare, strahlen gefährlich rot.
„Wunderschöner Name, ich bin Inéz Rosé." Gebe ich ihr die Hand und betrachte die kleinen Falten, um ihre Augen, sowie die roten Flecken.
„Hat dieser Mann von gerade eben, dir diese Hämatome verursacht?!"„Mach' dir darüber mal keine Sorgen, körperlicher Schmerz ist das kleinste Problem in diesem Geschäft. Die Seele ist es, die blutet."
„Wieso haust du nicht ab, Natalia?"
„Ich erwähnte doch bereits, ein verdammter Teufelskreis...."
„Was für ein <<verdammter Teufelskreis>>? Natalia, du und deine Geistergeschichten."
Ein starker Arm legt sich um meine Taille und ich betrachte Seth, der mich immer näher an sich ranzieht. Wo hat er eigentlich gesteckt?
Was macht er auf einmal hier?
Und viel wichtiger, bin ich sicher vor ihm? Natalia klang sehr glaubhaft.„Mr Soarez, ich habe Inéz lediglich einen kleinen Überblick verschafft, über mein alltägliches Arbeitsleben."
„So so, da hast du auch sicherlich keine Details ausgelassen oder? Wie zum Beispiel, dass du in letzter Zeit kaum Kohle anschaffst." Er klingt so ernst, so drohend, es überzieht meinen Körper mit einer kalten Gänsehaut. Auch seine vielen Ringe, pulsieren eiskalt auf meiner Haut.
„Seth, du wirst doch nicht etwa Natalia, einfach durch eine jüngere ersetzen oder?" Frage ich ihn mit einem unschuldigen Blick.
„Nein, ich habe Frauen in allen Altersgruppen. Sie muss nur mehr Kunden an Land ziehen, ansonsten werde ich mich gezwungen fühlen, einzugreifen."
„Es ist Sonntag Sir. Heute Abend werden viele Kunden kommen, ich hole alles nach. Versprochen." Natalia wirft mir einen vertrauten Blick zu und verschwindet in ihr Zimmer. Ich will ihr unbedingt helfen, nur glaube ich nicht, dass sie das will.
„Ich meinte doch, umsehen und nicht die Zimmer der Frauen besuchen...", Seth wirft mir einen prüfenden Blick zu und ich betrachte sein weißes Hemd, das aufgeknöpft ist. Vorhin war es noch glatt und zugeknöpft gewesen....
„Natalia ist echt super lieb, eine tiefgründige Seele."
„Was du nicht sagst...", er nimmt mich bei der Hand und wir fahren zurück zu seinem Anwesen. Mittlerweile ist es schon Sonntagmittag und ich kann es kaum abwarten, die Mohnsamen einzupflanzen.
Allerdings drehen sich meine Gedanken nur noch um Natalias warnende Worte.
Was, wenn sie Recht hat?(Danke für's Lesen <3 Es gibt wirklich nichts, das Inéz nicht erlebt oder ;)
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Bring mich nicht in Versuchung
ChickLit✔️|BEENDET| „Jetzt gehört dir all' meine Aufmerksamkeit. Macht dich das feucht, Kleines?" Fragt er mit solch einer Ernsthaftigkeit, dass mein Mund staubtrocken wird. Seine langen Finger brennen auf meiner Haut. Sie sind eiskalt, aber hinterlassen ei...