Keine Option ist eine Option

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POV Inéz:

Ich versteckte mich hier im Badezimmer vor meinem ehemaligen besten Freund... aber jetzt verstecke ich mich vor diesen Typen, die Jack foltern und sein Geld wollen.

Ja, ich habe alles mitbekommen. Jeden Schrei von ihm, jedes Wort dieses Mannes und seines vermeintlichen Bodyguards. Wie hätte ich es auch überhören können? Ihre tiefen, kalten Stimmen erfüllen den Raum und drängen mich in die Ecke. Seit gefühlten Stunden muss ich dem allen ungewollt zuhören, während ich mich noch immer nicht von Jack's Berührungen erholen konnte.

Das ist mir alles zu viel. Viel zu viel.

Ich habe das alles doch nicht verdient oder?
Alles was ich wollte, war etwas Sicherheit... wie konnte mir Jack nur sowas antun?
Lag es an dem „weißen Stoffetzen"? Hatte Vater recht, dass ich damit einladend wirke und wie eine Schl*mpe aussehe?

Nein, ich darf mir sowas nicht einreden.
Ich trage keinerlei Schuld.
Es ist nur ein Nachtkleid.
Er ist allein Schuld.
Er und seine Drogen.
Er und seine Lust.
Er und sein Ego.
Ich hasse ihn so sehr.
Ich ekle mich so vor ihm, dass ich das weiße Nachtkleid wieder angezogen habe, um nicht mehr mit seinem Shirt in Berührung zu sein.

Ich bin zwar hier eingeschlossen, aber wer weiß, wozu diese Kerle im Stande sind?
Wissen sie, dass hier noch jemand außer Jack ist?
Vielleicht habe ich ja Glück und sie verpissen sich endlich wieder... ich habe ihnen nichts getan.

Aber wenn sie gehen und Jack nicht mit sich nehmen, dann kommt er hier rein, zu mir. Er wird mich nicht lassen. Woher ich das weiß?
Seinen Blick, als er mich festgehalten und berührt hat, dieses erfreute Blitzen in seinen Augen werde ich nie vergessen.

Ich ziehe meine Beine erneut an meinen Körper heran und lege meine Arme beschützend um mich.
Meine Brust pocht, es hat sich bereits ein Hämatom gebildet. Alles schmerzt so unglaublich.

Mein Körper.
Meine Seele.
Ich bin bis in die tiefste Ecke meiner Seele verletzt und ausgenutzt worden.

Mein Vater Steffan, jetzt Jack? Ich habe das Gefühl, ich kann dieser Männerwelt nicht mehr trauen.
Sie wollen mich alle schlagen, blamieren, herumscheuchen und sich an mir vergehen.

Sie sind allesamt Monster, die mir meinen Lebenswillen rauben wollen. Ich darf das nicht zulassen, dass sie ihn mir wegnehmen. Ich muss stark sein, Mum, ich werde stark für dich sein. Du hättest das alles nicht für mich gewollt.

Ich hebe langsam meinen Kopf und versuche die Stimmen zu lokalisieren, doch sie sind weg.
Auf einmal ist alles totenstill.
Ist das ein gutes Zeichen?
Sind sie weg?
Ist Jack weg?
Soll ich nachsehen gehen?
Nein, so naiv kann ich unmöglich sein.

Ich höre dumpfe Schritte, die immer lauter und klarer werden. Da kommt jemand in meine Richtung. Inéz, atme. Atme tief ein und aus.

Ohne, dass ich mich dagegen wehren kann, beginne ich heftig zu zittern. Mein Körper ist übersät mit Gänsehaut und mein Brustkorb hebt sich in Rekordzeit auf und ab.

Plötzlich hören die Schritte auf. Dieser jemand steht direkt vor der Türe und mich bringt der Gedanke um, dass ich nicht weiß, wer es ist.

Wäre mir im Moment Jack lieber, als einer der Fremden? Ich ekle mich zwar bei dem Gedanken an ihn, aber zumindest kenne ich Jack und weiß, dass er mich nie umbringen würde. Wer die anderen zwei Männer sind, kann ich nicht einschätzen und woher kann ich mir sicher sein, dass sie nicht dort draußen warten, um mir die Kehle aufzuschlitzen?

Ein Klopfen ertönt.
Mein Herz setzt aus.
Als ein weiteres Klopfen folgt, blicke ich erschrocken auf.
Es gibt kein Entkommen. Dieser jemand da draußen, wird nicht eher ruhen, bis ich nachgebe und die Türe öffne. Ich kann aber nicht. Ich hab so Angst. So schreckliche, abscheuliche Gedanken schießen in meinen Kopf und ich würde mich am liebsten eigenhändig umbringen, bevor dieser jemand es tut.

Das Klopfen verwandelt sich schnell in ein lautstarkes Hämmern.
„Hey, da drinnen. Ich werde langsam etwas ungeduldig. Komm öffne die Türe für mich."

Die Stimme eines Mannes. Es ist nicht Jack. Mein Herz pocht noch schneller und ich versuche meine Optionen abzuwägen.

„Du hast zwei Optionen." Beginnt der Mann erneut.
Kann er meine Gedanken lesen?
„Die erste wäre, dass du die Tür aufmachst und wir ein wenig plaudern...", nein, diese Option gefällt mir kein bisschen.
„... und die zweite wäre mir persönlich lieber. Du kommst nicht freiwillig raus, ich trete die Türe ein und hole dich eigenhändig heraus."
In seiner Stimme kann ich die Euphorie nicht überhören. Er ist ein Psychopath.

Nach einer kurzen Pause, setzt er wieder zum Reden an.
„Und, für welche Option hast du dich entschieden?"
„Für keine." Traue ich mich in zittriger Stimme zurückzugeben.
„Keine Option, ist eine Option. Dann eben auf meine Art."
Wie? Wird er jetzt wirklich die Tür einbrechen?
Ich vergrabe meine Finger in meinen zerstreuten Haaren, schließe die Augen und versuche meine Atmung unter Kontrolle zu bringen.

Ein lauter Knall jagt Blitze durch meinen Körper und ich höre, wie die Türe auf den Boden auftrifft und in ihre Einzelteile auseinander bricht.

Sie bricht auseinander und mit ihr, meine Seele.

„Hab ich dich." Sagt die tiefe Männerstimme. Ich umklammere mich fester, während er ins Bad schlendert und ich wage es nicht, meine Augen zu öffnen.

(Danke für's Lesen <3 Was die gute Inéz nicht so alles erlebt, nicht wahr?)

Bring mich nicht in VersuchungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt