Sie musste wohl oder übel für ihn da sein, denn schon jetzt fühlte sie sich auf unerklärliche Weise für den blonden Spross verantwortlich.
Ein schweres Gewicht lastete auf Draco, als er die Augen aufschlug. Um ihn herum sah er nichts als Dunkelheit, die einzig durch den Schein des schmalen Sichelmondes durchbrochen wurde. Nur langsam kehrte die Erinnerung an den vergangenen Tag in sein Gedächtnis zurück. Und eine Frage war es, die ihn seither beschäftigte. Warum hatte sie das getan? Warum hatte Hermine ihn getröstet und sich um ihn gekümmert? Sie hasste ihn. Und er wusste nur zu gut, warum dies der Fall war. Er hatte ihr die letzten Jahre auf Hogwarts wahrlich zur Hölle gemacht und sich nur selten dafür geschämt. Entschuldigt hatte er sich nie dafür. Wieso auch? Sobald sich Zweifel in ihm erhoben, hatte sein erbarmungsloser Vater sie wieder zu Nichte gemacht. Muggel sind wertlos. So war er erzogen worden und hinterfragt hatte er es nie. Bis jetzt. Nun war er frei und würde es nicht zulassen, dass sein wirrer Kopf solche Gedanken auch nur zu lies. Nie wieder würde er es zulassen, dass die kranken Gedanken Voldemorts und die seines Vaters ihn so beeinflussen und kontrollieren würden. Er war ein eigenständiger Mensch und hatte das Recht auf eine eigene Meinung. Auch, wenn sie außer ihn niemand zu hören bekommen würde. Noch nie hatte Draco sich so eingeschüchtert gefühlt. Außerhalb der Anwesenheit seines Vaters hatte er nie so etwas wie Zweifel oder gar Reue verspürt. Lucius hatte ihn bei allen Machenschaften unterstützt und bestärkt. Doch Lucius' Hilfe konnte und wollte Draco nicht mehr in Anspruch nehmen. Noch immer todmüde setzte er sich auf. Zu gerne würde er sich einfach wieder in die Federn legen und schlafen, doch er konnte nicht. Er konnte es nicht erklären, aber er fühlte sich einfach zu fehl am Platz, um das zu tun. Er saß mitten in der Nacht auf einem Bett in einem Mädchenschlafraum einer Gryffindor. Das es auch gerade Granger sein musste, die ihn finden musste. Nicht, dass er sich an ihrem Blutstatus störte oder daran, dass sie Muggeleltern hatte. Viel mehr war es die Angst, die ihm die Luft abschnürte. Die Angst vor dem Alleine sein. Auch, wenn Draco es nicht gerne zugab, die schlaue Gryffindor war im Moment die Einzige, an die er sich wenden konnte. Hart traf ihn die Erkenntnis, dass es nach den Ferien wohl auch keine Besserung geben würde. Wenn Pansys Eltern erst einmal Wind von der Enterbung Dracos bekommen würden, dann würde deren Tochter schnell das Interesse an ihm verlieren. Auch ein Kontaktverbot von Seitens Parkinson Senior war denkbar. Auf die Unterstützung seiner anderen sogenannten „Freunde" konnte auch nicht hoffen. Die waren nicht nur dumm wie Brot, sondern mochten sich selbst viel lieber, als Draco. Schon in der ersten Klasse hatte er immer wieder merken müssen, dass sich die beiden viel näher standen, als er es ihnen jemals könnte. Sie verband alleine schon ihre Leidenschaft für Essen, die Draco noch nie wirklich hatte teilen können. Wie konnte man auch einfach alles in sich hineinstopfen? Und das zu jeder Tages und Nachtzeit? Gerade war Draco dieser Gedanke durch den schmerzenden Kopf gespukt, da verspürte er ein Ziehen in seinem Bauch. Schon hörte er ein lautes Knurren bei dem er dachte, dass es die ganze Schule wecken müsste. Er horchte tatsächlich auf. Doch niemand schien es gehört zu haben. Kurz musste Draco tatsächlich aufgrund seiner eigenen Naivität lachen. Doch es erstarb sofort, als er ein wühlendes Geräusch vernahm. Panisch blickte er sich um, sprang mit einem Satz aus dem Bett, welches ein lautes Quietschen von sich gab. Das laute Knarren ließ ihn noch mehr zusammen fahren.
Hermine wurde durch ein knurrendes Geräusch geweckt. Leise in die Decke grummelnd, kuschelte sie sich in ihr weiches Kissen. Es war doch noch dunkel draußen, wieso war sie schon wach? Da hörte sie ein Geräusch. Es klang wie das Quietschen eines alten Sprungrahmens. Plötzlich war sie hellwach. Wer war hier im Zimmer? Pavati und alle anderen Gryffindor-Mädchen waren in den Ferien nach Hause gefahren und somit nicht hier. Ängstlich blickte sie sich um, doch außer der Schwärze, die sie umgab, konnte sie nichts erkennen. Wieso musste es auch so dunkel in ihrem Zimmer sein? Wo war der Mond, wenn man ihn einmal brauchte? Vermutlich verdeckt von einer vorbei treibenden Wolke, die sich vor ihn geschoben. Vor Angst wie gelähmt, schlich Hermine leise aus ihrem Bett. Den Zauberstab fest in der Hand, bereit ihn jederzeit einzusetzen, lief sie über den kalten Boden. Plötzlich spürte sie etwas spitzes, dass sich in ihren nackten Fuß bohrte. Vor Schmerz stöhnte sie leise auf. Erschrocken schlug sie sich die freie Hand auf den Mund. Wie sollte sie nun weiter gehen? Würde sie den schmerzenden Fuß wieder auf den Boden setzten, lief sie Gefahr das Ding, was auch immer es war, weiter in ihren Fuß zu drücken. Hermine versuchte gerade so leise wie möglich mit einem kleinen Sprung einen Schritt vorwärts zu hüpfen, als sie das Gleichgewicht verlor. Lautstark krachte sie zu Boden, wobei sie etwas oder wohl eher jemanden mit zu Boden warf. Erschrocken und vor Schmerz jaulte sie auf. Hinter sich hörte sie eine zweite, tiefer klingende Stimme panisch schreien. Ihr Herz blieb für einen kurzen Moment stehen, bis es schließlich in dreifacher Geschwindigkeit zu schlagen begann. Das beidseitige Schreien war verklungen und wechselte zu einer erdrückenden Stille, die keiner der beiden brechen wollte. Zu verängstigt waren beide, was sie daraufhin erwarten würde. „Hallo?", hörte Hermine plötzlich die gedrückte Stimme Dracos Malfoys fragen. „Oh Gott, Malfoy! Den hatte ich ja völlig vergessen...", dachte Hermine erleichtert und atmete laut aus. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie die Luft angehalten hatte. „Hermine?", hörte sie die gleiche Stimme nun leise wimmern. Schon der Tonfall versetzte ihr einen Stich. Doch als das Gesagte ihr Bewusstsein erreichte, musste sie erst einmal erstaunt innehalten. Hatte Malfoy sie etwa gerade Hermine genannt? Noch nie hatte sie ihren Namen aus seinem Mund gehört. Es hörte sich gut an. Schnell verwarf sie diesen Gedanken und tat endlich das einzig Richtige. „ Ja?", antwortete sie auf Dracos Frage hin. Hermine vernahm ein erleichtertes Aufatmen einige Meter vor sich. Kurzerhand robbte sie in die Richtung, in der sie den Jungen vermutete. Mit ausgestreckter Hand tastete sie nach ihm. Als sie ihn fand, schreckte er abermals zusammen. „Shh, ich bin es nur.", flüsterte Hermine und strich beruhigend über Dracos Hand. Dieser entspannte sich tatsächlich ein wenig. „Du hast mich echt erschreckt.", lachte Hermine nun nervös. „Und du mich erst.", gab Draco schwer atmend zurück. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. „Hast du dir weh getan?", fragte Hermine nun und setzte sich ein Stück auf. Auch Draco korrigierte seine Haltung. „Nein, geht schon.", antwortete er schließlich. Er schien sich wirklich nicht mehr verletzt zu haben. An die allgegenwärtigen Schmerzen in Rücken- und Brustbereich hatte er sich mittlerweile gewöhnt; sie waren auszuhalten. Nur seine Armen brannten noch auffällig stark vom gestrigen Fallen, doch das musste die Gryffindor ja nicht wissen. Also schwieg er. Die bauschigen Wolken waren am Nachthimmel weitergewandert und gaben den leuchtenden Mond wieder frei. Ein feiner Lichtstrahl hellte den Raum. Erst jetzt sah Draco das schmerzverzerrte Gesicht Hermines. „Aber du hast dir weh getan.", stellte er fest. Hermine biss die Zähne zusammen. „Zeig mal her.", forderte der Slytherin und zeigte auf Hermines Fuß, den sie besorgt begutachtete. Zögerlich lehnte sie den schmerzenden Fuß in seine Richtung. „Machst du mal Licht?", fragte er und Hermine sprach schnell einen Lumos-Zauber. „Oh...", hörte sie Draco sagen, als er sich immer weiter zum Auslöser ihrer Schmerzen hinunterbeugte. Mit kalten Fingern strich er über die schmerzende Fußsohle. „Das könnte jetzt kurz wehtun.", informierte Draco sie. Mit einem Ruck riss er etwas aus ihrer Haut. Erschrocken durch den kurzzeitig verursachten Schmerz, keuchte Hermine auf. „Aua, was machst du?", zischte sie ihn an und spürte wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. „Dir helfen.", war die einfache Antwort. Triumphierend hielt Draco ein kleines blutiges Etwas in den Lichtstrahl, der von Hermines Zauberstab ausging. Die junge Hexe kam etwas näher, um das Etwas besser erkennen zu können. Sie identifizierte es als eine kleine Reißzwecke, die sich in ihr Fleisch gebohrt hatte. Draco betrachtete es noch immer mit einer Faszination, die Hermine nicht wirklich verstehen konnte. Hatte der junge Malfoy etwa noch nie eine Reißzwecke gesehen? Gleich darauf bestätigte sich ihre These. „Was ist das?", fragte er tonlos und drehte das bluttropfende Metallstück in seinen Fingern. „Eine Reißzwecke.", die Brünette seufzte, sie hatte jetzt wirklich keine Lust dem jungen Spross den Sinn einer Reißzwecke zu erklären. Dieser fragte auch nicht weiter nach, sondern gab nur ein kleines, erstauntes „Oh" von sich. Als Hermine Dracos Blick zu dem kleinen, aber gefährlichen Helfer in seiner Hand folgte, wurde ihr langsam, aber sicher, übel. Ein leichter Schwindel überkam sie und sie musste sich am Boden abstützen. Malfoy schaute auf. „Alles okay?", fragte er sie und hob leicht eine Augenbraue. Hermine atmete konzentriert ein und aus. „Hast du dir noch wo anders wehgetan?", fragte Malfoy weiter und schaute ihr verwirrt bei den Atemübungen zu. „Oder-", er unterbrach sich selbst. „Jetzt sag mir nicht, du kannst kein Blut sehen?", fragte er keck und Hermine konnte ein leichtes Grinsen auf seinem vom Mond erhellten Gesicht erkennen. Hermine atmete geräuschvoll aus. „Nur mein eigenes nicht, anderer Leute Blut ist kein Problem.", presste sie hervor und schloss die Augen. Draco war verdutzt. Nie hätte er gedacht, dass ein paar Tropfen Blut die junge Hexe so umhauen würden. Ein wenig besorgt, betrachtete er die Gryffindor, die immer blasser zu werden schien. Er rückte noch ein Stück näher an sie heran. „Geht's?", fragte er leise und strich ihr eine lose Haarsträhne hinter das rechte Ohr. Hermine versteifte sich. Seine Berührung kam genauso unerwartet, wie sein Atem, der ihre Haut sachte streifte und eine leichte Gänsehaut hinterließ. Draco rückte ein Stück von ihr ab, ließ sie aber nicht aus den Augen. Schließlich stand er auf und reichte ihr seine Hand. Dankbar griff Hermine danach und ließ sich langsam auf die wackligen Beine ziehen. Er führte sie zu dem Bett, dass eigentlich sowieso ihr gehörte, er aber mehr oder weniger unfreiwillig für sich beansprucht hatte. Sie setzten sich auf die weiche Matratze und schwiegen einen Moment. Dann legte sie sich rücklings auf den nach Draco duftenden Stoff und schloss erneut die Augen. Der angeschlagene Malfoy widmete sich derweil wieder ihrem noch immer blutenden Fuß, den er sachte auf einem Kissen, welches auf seinem Schoß lag, gebettete hatte. „Hast du vielleicht ein Pflaster?", fragte er Hermine, die daraufhin ihre Augen wieder öffnete. „Im Badezimmer.", sagte sie leise und streckte ihre Arme in Richtung Himmel, um sich zu strecken. Draco nickte und wollte schon in Richtung Bad gehen, als Hermine ihn zurück hielt. „Warte! Dann lässt du mich aber auch um deine Unterarme kümmern.", bestimmte sie und sah ihm fest in die Augen. Der Slytherin gab sich geschlagen und machte sich weiter nickend auf den Weg. Dass die kleinen Schrammen an seinen Armen sein kleinstes Problem waren, konnte Hermine ja nicht wissen. Und sie würde es auch nicht erfahren. Es reichte schon, dass sie von denen Blessuren an den Armen wusste, da musste die neugierige Gryffindor nicht auch noch von den restlichen seiner Verletzungen erfahren.
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Simply Love - The unbelievable conversion of a Slytherin (Dramione FF)
FanfictionDraco Malfoy hat endlich das Richtige getan. Er hat sich gegen Voldemort entschieden und kämpft im Krieg auf der richtigen Seite. Doch, als er sich gegen Voldemort entscheidet, entscheidet er sich auch gegen seinen Vater und seine gesamte Familie...