26. Ist das das Ende?

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26. Ist das das Ende?

Am Morgen der Abreise und des Vorletzten Ferientages fühlte Draco sich mehr als unbehaglich zu mute. Schon direkt nach dem Aufwachen waren ihm die Ereignisse der letzten Nacht in den Sinn gekommen. Er hatte Hermine geküsst und sie hatte ihn abgewiesen, wenn man das so nennen wollte. Doch keine Antwort war manchmal auch eine Antwort und so konnte Draco ihren geschockten Blick und ihre abweisende Haltung danach, als deutliche Absage interpretieren. Nun fürchtete er sich vor nichts mehr, als dem Moment ihr wieder in die Augen schauen zu müssen. Was, wenn sie sauer auf ihn war, weil er sie einfach so geküsst hatte? Vielleicht war es ihr erster Kuss gewesen und er hatte ihn nun verdorben? Draco fuhr sich verzweifelt mit der einen Hand durch die wirren Haare und zerzauste sie dadurch nur noch mehr. Als er neben sich eine Bewegung spürte, stellte er sich schnell schlafend. Hermine, die wohl gerade aufgewacht war, streckte sich lautstark und setzte sich schließlich auf (Draco konnte spüren, wie sich die Matratze unter ihm bei jeder ihrer Bewegungen bewegte). Natürlich konnte er es durch die geschlossen Augen nicht hundertprozentig sagen, doch er hatte für eine Weile das Gefühl von ihr beobachtet zu werden. Draco hörte wie Hermine sich durch Kissen und Decken kämpfte und ihm, wie es schien, immer näher kam. Sämtliche seiner Glieder versteiften sich, als das Mädchen ihm eine Strähne aus der Stirn strich. Die angenehme Gänsehaut, die sich in seiner Nackengegend gebildet hatte, als ihr Atem seinen Hals streifte, ließ ihn mehrfache Schauer durchfahren. Er liebte ihren Geruch, der ihm gerade so nah war, den er so intensiv erfahren durfte. So gerne, würde er sie jetzt bei den Armen packen und in eine feste Umarmung ziehen. Doch er wusste natürlich, dass das nicht der richtige Weg wäre mit der Situation umzugehen. Hermine seufzte leise, entfernte sich von ihm und nahm ihren Duft und Atem mit. Mit wenigen Schritten hatte sie das Zimmer durchquert und Draco hörte, wie sich die Zimmertür öffnete und mit einem leisen Klicken schloss. Er war allein, wieder mal. Je tiefer er in die Kissen sank, umso tiefer sank er in sich selbst. Meter um Meter entfernte er sich von der Wirklichkeit und fand sich in seinem traurigen Inneren wieder. Eine Dunkelheit umfasste ihn, die ihm jegliche Sinne, sowie jegliches Zeitgefühl raubte. Würde er Jahre dort verbringen, würde er es nicht merken, zumal es ihm ohnehin gleich wäre. Hier gab es doch nichts, dass ihn halt. Draco hatte noch nie Liebeskummer gehabt, doch wie er so da lag, mit starrem Blick die Decke taxierte und einfach hoffte durch Nichtstun seine Existenz zu verweigern, beschlich ihn das Gefühl, dass sich das genauso anfühlte. Sein Herz war gefangen zwischen Stillstand und viel zu schnellem Schlagen. Er spürte es genau in seiner Brust und wollte doch es wäre nicht da. War das wirklich Liebeskummer? Diese Sehnsucht nach Nähe und Erfolg? Der Erfolgt, dass seine Wünsche wenigstens einmal wahr wurden? So stand er zwischen weinen und schreien und tat aber schließlich gar nichts. Starrte einfach nur still an die Decke und hoffte, dass er vorüber gehen würde. Hermine sollte einfach nie mehr aus dem Bad wiederkehren und ihn einfach dort liegen lassen. Das Leben würde weiter gehen, nur ohne ihn.

Aber Hermine kam natürlich wieder und das auch nur wenig später. Sie betrat behutsam das Zimmer und wollte gerade den zum Schein schlafenden Draco wecken, als sie sah, dass er die Augen bereits geöffnet hatte. „Guten Morgen.", sagte sie schüchtern und quälte ihren Mund zu einer Grimasse, die eigentlich ein Lächeln hätte sein sollen. Ihr war nicht nach Lächeln und das sah man. Sie wollte weinen und schreien oder einfach schweigen und gehen. Am besten nie mehr über die Sache sprechen, die sie ihnen beiden angetan hatte. Hätte sie den Kuss einfach akzeptiert und sich eingestanden, dass sie es doch eigentlich selbst wollte, dann wären sie jetzt nicht hier in diesem Zimmer und versuchten sich so wenig wie möglich anzusehen.

Beim Frühstück wechselten Draco und Hermine kein Wort miteinander. Beide saßen schweigend am Esstisch und starrten auf ihren Teller. Jean und Peter bemerkten die bedrückende Stimmung sofort, aber keiner der beiden wollte sich einmischen. Hermine und Draco schienen ihnen alt genug zu wissen, wie man Konflikte löste. Vielleicht waren sie auch nur müde vom gestrigen Tag. Das Elternpaar wusste schließlich nicht, wie lange die Kinder noch auf gewesen waren. Und schon gar nicht, was passiert sein könnte, dass die Stimmung so im Keller war. Nachdem das Frühstück beendet war, gingen Draco und Hermine immer noch schweigend in Hermines Zimmer, wo sowohl der Slytherin, als auch die Gryffindor ihre Sachen in die Koffer packten. Zum Nachmittag hin brachen sie schließlich auf. Hermine verabschiedete sich ausgiebig von ihren Eltern; ihre Mutter wollte sie gar nicht gehen lassen. Auch Draco wurde noch einmal herzlich in die Arme geschossen und selbst Peter Granger drückte den blonden Jungen kurz an sich. Mit einem letzten Winken und zugeworfenem Luftkuss, bestiegen Draco und Hermine ihre Besen und schwebten Sekunden später mit verkleinertem Gepäck in die Lüfte. Ein langer Flug bei Eiseskälte stand ihnen bevor. Der Wind fegte ihnen wie beim Hinflug schon um die Ohren und ließ sie erzittern. Die Zeit verging und es neigte sich schon dem späten Abend, als sich schließlich die letzten Sonnenstrahlen verabschiedeten und die Dunkelheit über sie hereinbrach. Funkelnde Sterne erhellten den ansonsten vollkomen schwarzen Himmel. Hermine sah mit leuchtenden Augen hinauf in das Sternenmeer und musste unwillkürlich lächeln. So einen schönen Ausblick konnte man eben nur von einem Besen aus haben. Ein Blick nach hinten verriet ihr, dass Draco mal wieder weit hinter ihr flog, dabei müsste man doch denken, dass er auf seinem Nimbus 2001 schneller war als sie auf ihrem alten Besen, den sie eigentlich nur hatte, damit sie einen Besen für alle, oder eben solche Fälle, parat hatte. In einem für einen Sucher wirklich sehr langsamen Tempo flog Draco durch die Nacht und hoffte inständig, ob dass sie doch endlich ankommen würden. Ihm war, wie schon beim letzten Mal, unendlich kalt und er wusste wirklich nicht, ob er sich noch lange auf dem Besen halten können würde. Auch das ewige Schweigen mit Hermine lag ihm schwer im Magen. Außer einem schüchternen „Guten Morgen", hatten sie heute noch nicht ausgetauscht und sah auch nicht aus, als wäre Besserung in Sicht. Hermine flog mindestens 10 Meter vor ihm und sah in hinauf in die Sterne, die über ihnen zu funkeln begonnen hatten. Nachdenklich ließ Draco die Beine baumeln. Ob sie ihren Disput wohl wieder klären können würden, war wahrlich ungewiss und das belastete ihn. Ein Streit mit Pansy hatte ihm nie so auf das Gemüt geschlagen. Hatte er doch gewusst, dass nie lange auf ihn sauer sein konnte und spätestens am nächsten Tag wieder mit ihm sprach, sich manchmal sogar für irgendetwas entschuldigte, was sie laut ihr falsch gemacht hatte, wobei er doch eigentlich nur schlecht gelaunt gewesen war und unfairerweise seinen Frust an ihr ausgelassen hatte. Aber Pansy hatte er auch nie geküsst... er hatte sie angezischt und ja, wenn es nötig gewesen war, sie auch mit Brüllen in die Schranken gewiesen. Aber küssen? Nein, Pansy war für ihn eine Freundin, vielleicht auch eine gute Freundin, aber mehr war da auch nicht. Draco wusste, dass viele (inklusive Pansy) erwarteten, dass er mit ihr ausging und sie sie seine Freundin wurde oder vielleicht auch schon bereits war. Blase zog ihn regelmäßig damit auf, dass er Pansy bestimmt irgendwann heiraten würde. Draco war sich jedoch ziemlich sicher, dass Blaise dadurch nur davon ablenken wollte, dass er selbst seit geraumer Zeit ein Auge auf die brünette Slytherin geworfen hatte. Schon länger spielte Draco mit dem Gedanken, seine beiden Freunde miteinander zu verkuppeln, doch meist hatte ihm dann doch die entscheidende Motivation gefehlt. Gerad fehlte ihm nicht nur die Motivation, sondern auch der Kopf. Wer wusste, ob Pansy und Blase nach den Ferien überhaupt noch ein Wort mit ihm wechseln würden. Bei Blase hatte Draco noch so seine Hoffnungen, er wusste, dass sowohl sein bester Freund, als auch seine Familie es mit der Tradition nicht so ernst nahmen, wie es beispielsweise die Familie Parkinson tat. Seit der 7. Hochzeit von Blaises Mutter war sich Draco dabei sehr sicher. Vielleicht hatte er seinen besten Freund noch nicht verloren, aber seine beste Freundin schon. Natürlich, Pansy Parkinson war nervig und zickig, aber wenn man sie konnte eine wirklich gute Freundin sein, wenn man sie nur ließ. Sie kümmerte sich oft rührend um Dracos Wohl, der davon aber eher genervt, als geschmeichelt war. Er war sich sicher, dass aus Pansy mal eine gute Mutter werden würde, falls sie einmal einen Mann fand, der mit ihren Launen, die manchmal wirklich unberechenbare Ausmaße annahmen, zurechtkam. Draco musste beim dem Gedanken unwillkürlich lächeln. Sie würden alle erwachsen werden – irgendwie. Draco musste sich nun wieder einmal fragen, wie seine Zukunft wohl aussehen würde. Natürlich, er wünschte sich eine Frau, ihr Blutsstatus spielte dabei keinerlei Rolle, er hatte mittlerweile begriffen wie albern das war. Vielleicht würde er auch Kinder haben. Am besten zwei, einen Jungen und ein Mädchen. Zusammen mit seiner Frau würde er am 1. September irgendeines Jahres, wenn der Krieg vorüber und alles wieder gut sein würde, am Bahnhof Kingscross am Gleis ¾ stehen und gemeinsam würden sie ihren Kinder Arm in Arm hinterher winken, während die Mutter ihnen letzte Mahnungen nachrief, die doch eigentlich nur hießen: Ich hab euch lieb, passt auf euch auf. Wie gerne würde sich Draco eine solche Zukunft als die seine Vorstellen, aber er lebte schon zu lange auf dieser Welt, als dass er ausblenden könnte, dass das Sachen nicht immer so waren, wie man sie sich wünschte. Und der Gedanke daran, dass Harry Potter Lord Voldemort nicht nur ein weiteres Mal besiegen, sondern für immer vernichten würde, dass nur etwas Zeit vergehen müsse, um alles zum Guten zu wenden, dass er vom Leben belohnt, endlich sein Glück finden können würde und dazu noch mit einer Frau und Kindern beschenkt sein Leben bis zum Tod leben könnte, war nun wirklich albern und kindisch. Sie befanden sich auf dem Weg zu einem Krieg, der unvermeidbar und dazu noch leider und wie hart es auch klingen mochte, notwendig war. Draco war sich nicht einmal sicher, ob er den Krieg überhaupt noch erleben würde und ob er ihn, falls dies nun dann wirklich der Fall sein sollte, auch noch überleben würde. Dies war eine ganz andere Frage.

Simply Love - The unbelievable conversion of a Slytherin (Dramione FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt