36. Andromeda

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36. Andromeda

Hätte Narcissa gewusst, wie es sich anfühlte gehen zu müssen, hätte sie sicher mehr getan, um Draco davor zu bewahren. Vielleicht war es Ironie, das Schicksal, Karma oder einfach nur Pech, dass sie das gleiche Schicksal ereilte.
Sie hätte es erwarten müssen. Was hatte sie erwartet? Vermutlich, dass Lucius sie überraschen würde, dass er einmal nicht so furchtbar berechenbar sein würde. Womöglich hatte er sie sogar überrascht, denn so eine Reaktion hatte sie sich nicht einmal in ihren schlimmsten Träumen ausgemalt. An seinen genauen Wortlaut konnte sie sich nicht mehr erinnern. Zu laut hatte er gebrüllt, zu viel hatte er gesagt, zu erschrocken und geschockt war sie gewesen, dass es nun wirklich vorbei war. So schnell passierte es also, dass man alleine war. So schnell verlor mal alles, was einem wichtig war. Und wenn es nur das Lesezimmer und eine kleine, dusselige Elfe war. Bei dem Gedanken an Lucius brannte in ihr ein Loch, das so wehtat, wenn sie es berührte, dass sie krampfhaft versuchte nicht an ihn zu denken. Es tat so weh zu wissen, dass sie nicht zurück konnte. Nein, das würde sie nicht wagen. So dumm war sie dann doch nicht, dass sie ihm noch einmal unter die Augen trat. Vermutlich sollte sie froh sein, dass er sie nicht noch zusätzlich verflucht hatte. So blieb ihr zumindest noch das Kind, wenn sie auch schon das Heim und den Mann verloren hatte. Fast schon automatisch legte sich ihre Hand an ihren Bauch. Sie durfte das Kleine nicht auch noch verlieren.

Narcissa wusste, dass sie als aller Erstes eine Unterkunft brauchte. Schon die erste Hürde war eine schwere, denn Narcissa konnte nicht viel bezahlen. Das wenige Gold das sie bei sich trug, würde sie lieber für Besuche beim Heiler einplanen als sie dem Wirt des Tropfenden Kessels zu überlassen. Merlin, sie hätte niemals gedacht, dass sie einmal so tief sinken würde, dass sie es auch nur in Erwägung ziehen müsste ein Zimmer im Tropfenden Kessel zu beziehen. Es brach ihr Herz noch ein bisschen mehr bei dem Gedanken, dass sie die Ehre der Familie Black nun auch noch in Mitleidenschaft zog. Bellatrix war schon nicht gerade ein Musterkind und eine große Hilfe war sie auch nicht gewesen, nach dem Schaden den Sirius angerichtet hatte – oh Sirius! Sie wünschte sich gerade so sehr, er wäre noch hier –, um genau zu sein, war sie gar keine Hilfe gewesen. Wenn Narcissa ihn vermisste, sagte sie nur, sie solle sich nicht so anstellen und diesen Verräter vergessen. Bei ihrer gemeinsamen Schwester Andromeda war es nicht anders gewesen. Andromeda... sie hatte sie so lange nicht gesehen. Sie würde ihr sicher helfen. Wenn sie nur hier wäre. Andererseits, was hinderte sie daran, ihre Schwester aufzusuchen. Ihr Stolz war dank Lucius praktisch nicht mehr vorhanden. Und Halt? Den fand sie hier nicht mehr. Allein Draco hielt sie hier in der Zaubererwelt, aber dem konnte sie auch nicht helfen. Natürlich hatte sie überlegt nach Hogwarts zu gehen, aber es kam ihr seltsam vor. Mehr und mehr wurde Narcissa klar, dass es einfach nicht ihr Kampf war. Sie war ein Anhängsel. Einfach da, aber eigentlich nicht von Bedeutung. War es feige einfach zu gehen? Vielleicht. Doch sie konnte nicht anders.

Mit einem Koffer, der neben ihr über dem Boden schwebte, lief Narcissa durch die Nacht. So musste es Draco gegangen sein, als Lucius ihn hinaus schmiss. Nein, ihm musste sogar noch schlimmer gegangen sein. Narcissa konnte sich glücklich schätzen, dass es mittlerweile schon Mai und dem entsprechend nicht so furchtbar kalt war, wie es bei Dracos Rausschmiss im Dezember gewesen sein musste. Plötzlich tat es ihr wieder so leid, dass sie am liebsten geweint hätte, aber sie konnte nicht mehr. Zu viel Leid, zu viel Tränen und zu viel Schmerz hatte sie in den letzten Stunden erfahren müssen. Nun hieß es einfach durchhalten. Einen Platz zum Schlafen finden und hoffen, dass sich etwas änderte. Wozu gab es denn Zauberei...

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Narcissa konnte nicht genau sagen, ob sie schon einmal bewusst hier gewesen war. Sie schämte sich sehr, wenn sie daran dachte, dass sie ihre Schwester nie bewusst hatte. Bei Merlin, sie hätte ohne Suchzauber nicht einmal das Haus gefunden! Als Schwester hatte sie eindeutig versagt.
Narcissa stand lange vor dem kleinen Haus ehe sie sich endlich überwinden konnte, an die Tür zu klopfen. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, wie ihre Schwester auf sie reagieren würde. Würde sie sie überhaupt hinein lassen? In Narcissa staute sich so viel Angst und so viele Zweifel nagten an ihr. Es war immerhin auch schon weit nach Mitternacht! Andromeda schlief bestimmt schon.
Nein, sie würde jetzt nicht einfach gehen. Ehe sie es sich doch noch einmal anders überlegen konnte, klopfte Narcissa einen dreiviertel Takt an die Eingangstür. Falls ihre Schwester zu Hause war und nicht schon tief und fest schlief, würde sie sie jetzt bemerken können.
Narcissa wartete, ihr Herz schlug immer schneller und unruhiger in ihrer Brust, doch Andromeda ließ sich nicht blicken. Die Tür vor ihr blieb weiter verschlossen.

Narcissa hatte sich gerade umgedreht um schnell wieder zu verschwinden – vielleicht wäre Hogwarts ja doch die bessere Wahl – als eine dunkle Gestalt im Türrahmen stand.
„Hallo? Ist da jemand?", fragte eine Stimme bei dessen Klang Narcissas Herz sich so schmerzhaft zusammen zog, dass sie die Hände unwillkürlich zu Fäusten ballte. Es kostete sie all ihren Mut, um nicht einfach davon zu laufen. Vielleicht würde ihre Schwester es für einen Streich halten.
Doch sie lief nicht weg. Mit zitternden Knien drehte Narcissa ihrer Schwester das Gesicht zu.
Da war sie.
Andromeda.
Einige Jahre älter als früher, aber sie war es. Eindeutig.

Andromeda kniff die Augen zusammen im Versuch die Gestalt vor sich identifizieren zu können. Doch was sie sah, konnte sie nicht glauben. Nein, das konnte nicht sein. Ihre Augen mussten ihr einen Streich spielen. Mit klopfendem Herzen drückte sie auf den Lichtschalter. Die Gestalt ihr gegenüber kniff nun ebenfalls, geblendet vom Licht, die Augen zusammen.

„Narcissa?", entfuhr es Andromeda entgeistert als sie in der Gestalt tatsächlich ihre Schwester erkannte. Ihre Schwester mit der sie seit mehr als 20 Jahren nicht mehr gesprochen hatte. Die sie zusammen mit ihrer gesamten Familie verstoßen hatte, als sie sich in einen muggelstämmigen Zauberer verliebte.
Narcissa wollte wohl etwas sagen, doch sie schloss ihren Mund wieder und blieb stumm. Andromedas Herz schlug immer schneller in ihrer Brust.
„Narcissa, w-was... was machst du hier?", Andromena schaffte es einfach nicht den Schock aus ihrer Stimme zu verbannen. Sie hatte, als es zu dieser späten Stunde an der Tür geklingelt hatte, niemals mit Narcissa gerechnet! Fast hatte sie befürchtet sie nie wieder zu sehen. Dass sie jetzt vor ihr stand – niemals hätte sie das erwartet.
„Cissa..."
Beim Klang ihres Spitznamens aus dem Mund ihrer Schwester brachen bei Narcissa alle Dämme und sie brach in Tränen aus.
Sie spürte wie die Arme ihrer Schwester sich um sie legten.

Andromeda führte ihre Schwester ins Haus. Im Wohnzimmer angekommen, drückte sie sie ins Polster des brauen Stoffsofas. Anschließend stellte sie in der Küche schon einmal den Wasserkocher an. Als sie ins Wohnzimmer zurückkehrt, blieb Andromeda noch einen Moment im Türrahmen stehen. Es war so ein seltsamer Anblick. Ihre Schwester in ihrem Haus, den dunkelgrünen Umhang noch um die Schultern gelegt. Sie hatte schon lange keinen Umhang mehr getragen. Es war alles schon so lange her.
Mit schwerem Herzen setzte sie sich neben ihre Schwester.
„Narcissa...", begann sie noch einmal, aber Narcissa blieb stumm. Immerhin weinte sie nicht mehr.
„Ich muss dich einfach fragen, Cissa. Wieso... bist du hier?", es fühlte sich so falsch an das zu fragen. Als würde sie sich nicht freuen ihre Schwester nach all der Zeit wieder zu sehen, aber Andromeda wusste, dass etwas passiert sein musste. Narcissa tauchte nicht mitten in der Nacht vor ihrer Tür auf, um sich mit ihr zu versöhnen. Gerne würde sie das glauben, aber sie wusste, dass dem nicht so war.
„Weiß Lucius, dass du hier bist?"
Narcissa schüttelte den Kopf.
„Habt ihr euch gestritten?"
Andromeda wusste einfach nicht, wie sie Narcissa zum Reden bringen sollte.
Wieder zuckte sie nur mit den Schultern.
Andromeda wurde aus ihr nicht schlau.
„Habt ihr euch getrennt?", fragte sie und wusste nicht auf was sie hoffen sollte.
Narcissa zuckte unter der Frage merklich zusammen und schien nicht zu wissen, wie sie antworten sollte.
Ihrer Schwester schwante Übels.
Plötzlich tat es ihr leid so direkt gefragt zu haben. Narcissa war sicher nicht ohne Grund zu ihr gekommen und falls sie und Lucius sich wirklich getrennt hatten, musste sie umsichtiger sein.
Nicht, dass sie Lucius besonders gemocht hätte. Im Gegenteil! Er hatte Narcissa noch tiefer in den Rassismus gezogen und sie, da war Andromeda sich sicher, davor bewahrt wieder Kontakt mit ihr aufzunehmen. Trotzdem, sie waren seit 20 Jahren verheiratet und hatten einen gemeinsamen Sohn. Sie wünschte ihnen nicht, dass sie sich trennten. Nicht nur Narcissa, sondern auch Draco zu Liebe.

Die Schwestern schwiegen. Erst als Andromeda mit demTee wieder kam, brach Narcissa das Schweigen.
„Es tut mir so leid."
Narcissa nahm die Hand ihrer Schwester im ihre und sah ihr in die Augen.
„Andromeda, ich kann dir gar nicht sagen, wie leid es mir alles tut.", und das konnte sie wirklich nicht. Sie hatten ihrer Schwester damals so weh getan als sie sie einfach verstoßen hatten, nur weil sie sich in einen nicht magischen Mann verliebt hatte. Narcissa hatte sie so vermisst und trotzdem nie versucht Kontakt mit ihr aufzunehmen. Alle waren dagegen gewesen. Ihre Eltern, Bella,Lucius... Keiner hatte sie in dem Wunsch bestätigt sich wieder mit Andromeda auszusöhnen. Sie wieder in das Familienleben zu integrieren. Nun gab es keine Familie mehr, dachte Narcissa finster. Ihre Eltern waren tot, so auch Sirius,Lucius wollte sie nicht mehr sehen und Draco hatte sie und Lucius eigenhändig aus dem Haus geworfen. Narcissa wusste genau, dass es auch ihre Schuld war.Doch war es auch zu spät? Andromeda musste sich so allein gefühlt haben. So wie sie jetzt.
„Ich würde es verstehen, wenn du mir nicht verzeihen kannst.", sagte Narcissa auf Andromedas Schweigen hin und machte Anstalten sich zu erheben.     

Simply Love - The unbelievable conversion of a Slytherin (Dramione FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt