34. Staunen (Teil 3)

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„So, da sind wir nun...", sagte Hermine überflüssigerweise.
Das Gespräch hatte irgendwie im Sand zerlaufen und nun saßen sich alle schweigend gegenüber und warteten darauf, dass einer den ersten Schritt wagen würde.
Blaise wollte nicht schon wieder derjenige sein, der das Schweigen brach, also hielt er den Mund. Hermine kaute nervös auf ihrer Unterlippe herum und überlegte fieberhaft welches Thema sie anschneiden könnte. Es sollte etwas unverfängliches sein. Keiner sollte sich während des Gespräches unwohl fühlen, dafür hatte es schon viel zu gut begonnen, das sollte nicht gleich wieder zerstört werden.

Neville sagte zur Überraschung aller als Erster etwas.
„Hat vielleicht doch jemand Hunger?", fragte er mit unsicherer Stimme.
„Jaaaa.", jammerte Ron sogleich, was alle zum Lachen brachte.
„Und wo bekommen wir jetzt etwas essbares her? Oder wollt wirklich schon in die große Halle gehen?", Ginnys Einwand war berechtigt. Würden sie jetzt alle in die große Halle zum Essen gehen, wäre das Gespräch somit beendet und das wollten sie alle nicht. Ja, selbst Ron hatte eine gewissen Sympathie für Blaise entwickelt; er fand ihn um einiges erträglicher als Malfoy, dem konnte er einfach nicht so schnell verzeihen, Blaise Zabini hingegen hatte ihm nie wirklich etwas getan, außer ihm hin und wieder verachtende Blicke zu zuwerfen, aber damit konnte er leben.

„Harry, du hast doch gute Verbindungen zur Küche. Kannst du da nicht etwas für uns organisieren?", fragte Ginny an Harry gewandt. Die anderen sahen ihm erwartungsvoll entgegen.
Harry dachte nach. Aber natürlich! Dobby! Der würde ihnen sicher etwas bringen.

„Dobby!", sagte er auch schon laut und erntete dafür von Draco einen mehr als verwirrten Blick. Dieser wurde zu einem geschockten als sein ehemaliger Hauself tatsächlich mit einem leisen ‚Plopp' Geräusch im Gryffindorgemeinschaftsraum erschien.

„Was kann Dobby für Mister Harry Potter, Sir tun?", fragte der freie Elf auch so gleich mit aufgeregter Stimme. Wie ein Flummi sprang er um Harry herum, mehr als begeistert davon ihm dienen zu können.
„Hallo Dobby, könntest uns-", begann Harry, wurde aber sogleich von Draco unterbrochen.
„Dobby!", rief dieser entgeistert aus.
„War Dobby nicht euer Hauself?", fragte Blaise verwirrt.

Was hatte ihr ehemaliger Hauself Dobby hier zu suchen? Draco dachte, er wäre schon seit Jahren tot! Das zumindest hatte sein Vater ihm gesagt, als Draco nach dem zweiten Schuljahr nach Malfoy Manor zurückgekehrt war und Dobby hatte rufen wollen.
„Draco, er ist nicht mehr hier. Er hat uns verlassen.", hatte Lucius gesagt.
„Du hast ihn befreit?", hatte Draco ungläubig gefragt, dass das passieren würde, hätte er niemals geglaubt. g
Der Gesichtsausdruck seines Vaters hatte sich verändert.
„Nein, Draco, ich habe ihn nicht befreit.", war schließlich die gepresste Antwort seines Vaters gewesen.
Draco, der den Stimmungswechsel falsch interpretierte, hatte plötzlich die Augen zum Schock aufgerissen.
„Dobby ist tot?!", hatte er gerufen und sich daraufhin nicht mehr eingekriegt. Dobby war nervig gewesen, ganz klar. Auch anstrengend und tollpatschig. Draco hatte sich ihm gegenüber nicht gut gerade nett, wenn nicht sogar gemein verhalten. Aber er hatte Dobby trotzdem vermisst, aber wenn er das natürlich niemals zugegeben hätte. Besonders nicht vor seinem Vater. Dobby hatte einen großen Anteil an Dracos Kindheit gehabt. Wann immer seine Eltern mal wieder keine Zeit für hatten, hatte Dobby als Spielkamerad hinhalten müssen. Beschwert hatte der kleine Elf sich nie darüber, dabei war Draco alles andere als zimperlich mit ihm umgegangen.
Jetzt musste er vier Jahre später feststellen, dass das alles nur eine große Lüge, ein Missverständnis gewesen war! Und er hatte seinem Vater auch noch die perfekte Steilvorlage dafür gegeben. Vielleicht hätte Lucius ihm sogar die Wahrheit erzählt, hätte er nicht so vorlaut die falschen Schlüsse gezogen.

„Master Draco!", sagte Dobby. Dass Draco schon lange nicht mehr sein Meister war schien er kurzzeitig vergessen zu haben.
Daran hatte Harry gar nicht gedacht, als er nach Dobby rief. Dobby war viele Jahrzehnte, wenn nicht sogar Jahrhunderte der Hauself der Familie Malfoy gewesen und war es nun nicht mehr wegen ihm. Nicht, dass er sich deswegen schlecht fühlen würde, seine Herren hatte Dobby mehr als schlecht behandelt. An Draco hatte er in diesem Moment dennoch nicht gedacht. Es musste eine ziemliche Überraschung für den Malfoyspross sein, dass Dobby die ganze Zeit hier in Hogwarts gewesen war.
„Dobby...", hauchte Draco nun und schaffte es nicht mehr seinen Mund zu schließen. Der Arme, er sah aus, als sehe er eine Fata Morgana. Harry erschrak. Hatte er etwa Tränen in den Augen?
„Was ist mit Master Draco, hat Dobby etwas falsches getan?", fragte Dobby aufgeregt. Typisch wie es für ihn war, wollte er, dass es seinem (vermeintlichen) Meister gut ging. Seine tennisballgroßen Augen füllten sich ebenfalls mit Tränen.
Harry seufzte innerlich. Was hatte er sich nur dabei gedacht Dobby zu rufen? Das musste ja im Chaos enden.
„Nein, Dobby du hast bestimmt nichts falsch gemacht.", versuchte Ginny sogleich die Hauselfe zu beruhigen.
„Ich glaube, Draco ist nur ein bisschen verrückt geworden...", murmelte Blaise.
Hermine war derweil hinter Draco getreten. „Was ist denn los?", fragte sie leise und strich ihm über die Schultern. „I-ich dachte, ... er hat nichts gesagt! Wieso hat er mich in dem Glauben gelassen?", stotterte Draco. Wie konnte sein Vater – nein – Lucius ihm das nur antun? Er war so ein böser Mensch.
„Draco, was hast du denn?", Hermine machte sich langsam wirklich Sorgen. Auch die anderen hatten ihre Aufmerksamkeit inzwischen auf den erblassten Jungen gerichtet.
„Mir wurde gesagt, Dobby wäre gestorben.", brachte Draco nun endlich über sich zu sagen.
Harry, Ron, Ginny, Neville und Hermine starrten Draco erschrocken an.
„Master Draco, Dobby ist nicht tot. Dobby ist mehr als lebendig. Wie kommt Master Draco denn darauf, Dobbys Herz hätte aufgehört zu schlagen?", fragte Dobby völlig entgeistert. Der kleine Elf lief auf den Sohn seines ehemaligen Gebieters zu, der sich erst einmal setzt musste. Vor ihm angekommen, wartete er auf eine Antwort.
„Lucius.", kam es gepresst von Draco, der seine Augen geschlossen hatte. „Wie konnte ich ihm jemals ein Wort glauben? Um seine Aufmerksamkeit und seinen Stolz buhlen, wie ein Versager? Merlin, ich war so ein Idiot.", zum Ende hatte er seine Augen wieder geöffnet und schaute nun in die geweiteten Dobbys.
„Aber wie können Sie ... so von dem Master sprechen! Das... das dürfen Sie nicht, Dobby wird... bestraft...Dobby wird-", Dobby wurde im Wortschwall von Harry unterbrochen.
„Dobby, Lucius Malfoy ist nicht mehr dein Meister, du brauchst ihn nicht verteidigen."
Nun schien es Dobby auch klar zu werden.
„Gemeiner Zauberer, Lucius Malfoy, ein gemeiner Zauberer.", brabbelte er nun vor sich hin und Draco musste tatsächlich schmunzeln. „Da hast du Recht, Dobby, ein wirklich gemeiner Zauberer." Keiner traute sich dem zu zustimmen, etwas dagegen setzten wollte aber auch niemand.
„Es tut mir leid, Dobby, was Lucius und auch ich dir all die Jahre angetan haben. Ehrlich.", Draco wusste, dass er sich entschuldigen musste. Das hätte er viel früher tun sollen. Dobby kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Hatte sein ehemaliger Meister sich gerade wirklich bein ihm entschuldigt? So etwas Nettes hatte man noch nie für ihn getan! Master Draco war zu gütig. Träne über Träne lief über Dobbys Wangen. „Der Master ist zuuu gütig!", schluchzte er.
„Dobby, ich glaube nicht, dass ich noch dein Meister bin. Nenn mich doch einfach Draco.", bot Draco dem weinenden Elf an, der – wie hätte man es anders erwarten sollen – noch heftiger in Tränen ausgebrochen war. Draco verdrehte die Augen. „Dobby." Schon früher war Dobby bei jeder Nettigkeit vollkommen ausgeflippt, weshalb er es irgendwann gelassen hatte.
„Verzeihst du mir, Dobby?", wollte Draco nun wissen. Wie zur Unterstützung seiner Bitte, sank er vor dem Elfen auf die Knie. Zum ersten Mal war der Hauself nicht gezwungen, ja zu sagen. Doch schließlich nickte Dobby und strahlte: „Natürlich, Master Draco!"
„Dobby, ich bin nicht dein-"
„Gib es auch.", lachte Harry. „Ich versuchte Dobby schon seit Jahren davon zu überzeugen, aufzuhören mich Mister Harry Potter, Sir zu nennen, aber er kann es einfach nicht lassen."
Das sah Draco ein. Er kämpfte mit einer ganz anderen Überlegung. Schließlich überwand er sich, folgte seinem ersten Gefühl und drückte Dobby kurz an sich.

Den Gryffindors, die das sahen, fielen fast die Augen aus dem Kopf. Draco Malfoy umarmte einen Hauselfen!
„Also Draco, wenn dein Vater davon erfährt!", kam es auch schon von Ron.
Schon hatte er den Ellenbogen seiner Schwester in den Rippen. „Ronald du bist so unsensibel!" Jetzt hatte auch Ron gemerkt, was er da gesagt hatte und presste beschämt die Lippen aufeinander. Blaise konnte einfach nicht anders als zu lachen. Draco hatte nach dem ersten kleinen Schmerz, für den er sich schon wieder hassen könnte, auch ein Lächeln im Gesicht.
Die Vorstellung, wenn er vor Lucius einen Hauselfen umarmen würde. Es war beinahe zum Schreien und fast schon erstrebenswert es zu diesem Ereignis kommen zu lassen.

„Dobby, könntest du uns vielleicht etwas zum Essen bringen? Das Mittagessen ist sicher schon fast vorbei.", kam Harry zu seiner eigentlichen Bitte zurück.
„Natürlich, Mister Harry Potter, Sir! Für Mister Harry Potter, Sir macht Dobby alles!", es ertönte ein leises ‚Plopp'-Geräusch und schon war Dobby verschwunden. Um wenige Minuten später mit einem übervollen Tablett voll mit allem Möglichem zum Essen wieder zu kommen. Neben belegten Broten, Würstchen, Brathähnchen und Kesselkuchen, Kürbispasteten und Eismäuse, gab es auch Kürbissaft, Siruptorte und sogar eine kleine Schüssel voll Berti Botts Bohnen jeder Geschmacksrichtung.
„Dobby! Du bist ein Engel!", rief Ron begeistert aus.
„Dobby ist ein Hauself, Mr. Weasley.", verbesserte ihn Dobby und alle mussten lachen.

Dobby verschwand wieder in die Küche und die vier Gryffindors, sowie die beiden Slytherins machten sich daran, das Tablett leeren, bevor die anderen Gryffindors wieder zurückkamen.
Das schafften sie nur mit Mühe und danach waren ihnen allen schön schlecht.

Simply Love - The unbelievable conversion of a Slytherin (Dramione FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt