Kapitel 124

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Als ich heute morgen aufgewacht bin, hatte ich auch nicht geglaubt, dass ich jetzt hier ihm gegenüber stehen würde, nachdem er mir einen Antrag gemacht hat. Ich war der festen Überzeugung, dass ich, nachdem Levi mich hier wieder abgesetzt hätte, mir etwas zu Essen bestelle, mich mit irgendwelchen Klamotten auf den Sofa setze und eine Serie schaue, eventuell meinem Freund schreibe und warte, bis er vielleicht wieder zu Hause sein würde. Und jetzt ist alles anders gekommen, dass ich am Abend, am Ende dieses kaum begreifbaren Tages, jetzt meinem Verlobten gegenüberstehe. Oh, mon Dieu...

Gerade will ich meine Hände wieder zu mir zurückziehen, habe meinen Blick für einen Moment auch wieder von ihm abgewendet, betrachte die Szene, in der wir beide gerade noch stehen, bevor Chris jetzt nach meiner Hand greift und meine Aufmerksamkeit gleich wieder auf sich zieht. Vorerst sehe ich ihn an, erwarte irgendwie, dass er irgendwas sagen möchte, aber stattdessen geht er einen ersten Schritt, ich komme dem gleich auch nach und zusammen gehen wir aus dem Wohnzimmer auf die kleine Terrasse. Der Tisch ist schön gedeckt, dass Essen sieht nach dem langen Tag auch unfassbar verlockend aus und das dezente Licht taucht alles in eine angenehme Stimmung.
Juliette: Hast du das alles allein gemacht?"
Ich stelle die Frage, als er mir einen Stuhl vorzieht, damit ich mich schon mal setzen würde und dem komme ich gleich nach. Chris will danach auch gleich zum anderen Stuhl gehen, muss in der entstandenen Stille ein wenig lachen und schaut wieder zu mir, als er ebenfalls Platz genommen hat.
Chris: Beim Essen hat mir eventuell mein Bruder unter die Arme gegriffen, den Rest habe ich in den letzten beiden Stunden allein hergerichtet."
Wenn ich genauer drüber nachdenke, man kann dahinter die Handschrift von Andreas erkennen, da er einiges immer auf seine Art und Weise zubereitet. Das konnte ich mittlerweile zu den Festtagen auch immer wieder sehen und bemerken.
Juliette: Es ist wirklich perfekt Chrissy...wirklich wunderschön..."

Zuerst atmet er sichtlich durch und ich hätte nicht mal gedacht, dass er sich solche Gedanken deswegen gemacht hat. Gleich danach legt er seine Hand auf den Tisch, hält sie offen zu mir hin und wartet, bis ich meine eigene in seine lege, damit er diese nun festhalten kann. Dadurch fängt er an zu lächeln, mich wieder genauer zu betrachten, alles andere um uns herum zu vergessen.
Chris: Ich hatte keine Angst davor, dass du »nein« sagen würdest, aber...ich wollte es so perfekt wie möglich haben. Ich wusste, dass ich hier keine zweite Chance bekommen würde, dass es nur diesen einen Augenblick gibt...einmal wollte ich kein Feigling sein."
Das ist er schon lange nicht mehr. Chris zeigt mir zu jeder erdenklichen Zeit, mittlerweile auch vollkommen normal in der Öffentlichkeit, was ich ihm bedeute und wie wichtig ihm das ganze hier mit uns ist. Und selbst wenn er es nur zwischen uns beiden zeigen würde, ich bekomme jeden Tag immer wieder zu spüren, dass er sich für uns immer wieder verändern und verbessern wollte, damit wir beide zusammen die beste Version von uns werden können. Gemeinsam sind wir beide weniger einsam.
Chris: Ich habe es oft genug schon vergeigt. Als du bei uns angefangen hast und ich ein kaltes, distanziertes und arrogantes Arschloch dir gegenüber war. Als ich diesen zerstörerischen Deal vorgeschlagen hatte. Als ich dich in München hab sitzenlassen..."

Vor allem das letzte hat mich damals verletzt und wäre ich nicht so hoffnungslos verliebt gewesen, hätte ich es ihm vielleicht auch niemals verziehen. Aber zu den Zeitpunkt kannte ich ihn gut genug und wusste, dass er in den Moment ein Feigling gewesen ist und Zeit für sich und seine Entscheidungen brauchte.

Jetzt drückt er sanft meine Hand, sodass ich Chris wieder in die Augen schaue und mitbekomme, wie zufrieden, erleichtert und verliebt er mich anlächelt, sodass ich das, was mal war, was zwischen uns nicht gut lief, vergessen und vor allem vergeben kann und will. Vor allem weiß ich, dass ich diesen Mann nicht mehr gehenlassen will, wenn er es zulässt und nach dem, was heute passiert ist, hat er das wohl auch nicht mehr geplant.
Chris: Ich werde dir für immer beweisen, dass deine Entscheidung kein Fehler gewesen ist. Das verspreche ich dir, Bambi."
Und bisher hat er jedes seiner Versprechen immer wieder eingehalten und es geschafft, mich immer wieder sprachlos stehenzulassen, da ich mit so vielem niemals gerechnet hätte. Die kleinsten Aufmerksamkeiten bis hin zu den größten Überraschungen. Und all das immer, weil er es wollte, einfach nur so.
Chris: Ich liebe dich..."
Er sagt es selten, an jeden Moment kann ich mich noch erinnern, wo diese drei Worte über seine Lippen gekommen sind und jedes Mal weiß ich, dass es die Wahrheit ist. Man hört, sieht und merkt es in der Art, wie er es einen sagt. Chris zeigt einen mit Gesten und Worten, was man ihm bedeutet und wenn er es versucht in Worte zu packen, vergisst man diese niemals wieder. Zumindest ich werde sie niemals mehr vergessen.
Juliette: Ich liebe dich, Chris."
Mittlerweile versucht er gar nicht mehr, sein verlegenes Lachen irgendwie zu unterdrücken oder zu verstecken. Mir gegenüber zeigt er es, bevor er seinen Kopf doch wieder zur Seite dreht, wenn ich etwas beginne zu lachen.

Das Essen zusammen haben wir beide genossen, haben uns wieder in tausenden Dingen verfangen und das Wetter mit dem lauen Sommerwind hat auch mitgespielt. Chris und ich saßen so lange draußen, bis auch die letzte Kerze von sich aus ausgegangen ist. Das nötigste haben wir wieder in die Küche gestellt, es ist spät geworden, daher sind wir anschließend auch zusammen ins Bad gegangen, haben uns für die Nacht fertig gemacht, um uns schlafen legen zu können. Morgen kommen wir beide zur Ruhe, der Tag war für uns beide lang und auf unterschiedliche Weise anstrengend und aufregend. Ein paar Stunden Ruhe können wir beide gut gebrauchen.

Auch wenn ich schon im Bett sitze, Chris musste noch eben schnell was erledigen, noch habe ich es nicht geschafft, den Ring zur Seite zu legen, nutze stattdessen diesen Moment jetzt dafür, damit ich ihn mir einmal genau anschauen kann, da ich dafür bisher nicht die Zeit gefunden hatte. Lieber wollte ich die Zeit mit ihm verbringen und verstreichen lassen.
Chris: Gefällt er dir überhaupt?"
Ich schaue auf, greife mit der Hand gerade wieder nach meiner Decke und muss verlegen lachen, als er hinter sich die Tür zuzieht und mich mit einem etwas besorgten Blick ansieht, während er wieder zu mir in Bett kommt.
Juliette: Ich finde ihn wunderschön, Chrissy. Am liebsten würde ich ihn gar nicht ablegen."
Zuerst scheint er einfach nur erleichtert und gleich danach nimmt er mir diese Entscheidung auch ab. Als Chris mit zu mir kommt, greift er nämlich gleich nach meiner Hand, hält diese fest und schafft es dadurch auch, mich zu sich zu holen, damit ich mich vorsichtig an ihn kuscheln kann. In dem Moment, wo ich wieder bei ihm liege, meine Hand in seiner und einen letzten Kuss von ihm aufs Haar bekomme, spüre ich innerlich nur noch ein einziges Gefühl: Endlich angekommen zu sein...

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Es ist ein offeneres Ende, aber es ist ein Ende. »Never Less Than a Lover« findet als Fortsetzung zu »More Than a Deal« an dieser Stelle einen Schluss, die Geschichte ist bis hierhin fertig erzählt und das Happy End kann sich gedacht werden.

Wer sich doch noch für die Geschichte von Chris und Juliette interessiert, ab Montag gibt es ein (verhältnismäßig) kurzes Prequel zu deren Geschichte. Wie Chris noch mit Kim zusammen war, Juliette in Hamburg gelebt und gearbeitet hat, wie sie einander kennenlernten und wie es überhaupt zu dem verhängnisvollen Deal kommen konnte.

Ab dem 01. April gibt es hier eine neue Story unter den Namen »Symphonie in A-Dur«. Bis dato habe ich Prüfungsphase und gehe ins Praktikum, daher die große Pause.

Ich bedanke mich bei allen, die die Geschichte bis hierhin verfolgt haben und hoffe, dass wir uns bei der nächsten, oder einer der nächsten, Storys auch wiedersehen werden.

Never Less Than a LoverWo Geschichten leben. Entdecke jetzt