Levi nahm mich fest in den Arm, als ich zusammen mit Chris gegen Mittag zur Halle und somit zur Arbeit gegangen bin, wurde durch Kyra gleich von der Seite angehalten, nichts typisch Levi zu sein und trotzdem gratulierten die beiden mir auf ihre Art und Weise, wo ich mich in deren Gegenwart gleich wieder alt gefühlt habe – was erwarte ich aber auch von meiner 31-jährigen Kollegin und ihrer gerade 26-jährigen Freundin.
Ich habe nicht weiter nachgefragt und erst recht habe ich nicht versucht die ganze Geschichte verstehen zu wollen, habe daher auch keine Idee, wer von den beiden bitte im Ansatz den ersten Schritt getan hatte, aber über Instagram habe ich im Januar mitbekommen, dass die beiden angefangen haben sich zu daten und durchaus sehr verlegen und unsicher hatte Levi auf meine Nachfragen mir dann auch die Antwort gegeben. Man könnte meinen, dass mein Freund danach ein bisschen entspannter geworden ist, im Kern hängt er jetzt auch viel bei uns ab, zu meiner besten Freundin hat er durchaus ein Verhältnis, sodass sie einander »okay« finden können, aber innerlich spüre ich doch ab und an noch, dass er misstrauisch und eifersüchtig sein kann. Aber das ist okay, ich weiß ja, dass er mir vertraut und er weiß, dass Levi nichts machen wird. Während Andreas und Chris sich für die letzten Proben bereit gemacht habe, durfte ich mir von denen auch wieder anhören, wie ätzend es doch sein muss, am eigenen Geburtstag hier hängen zu müssen und dass selbst der Partner keine richtige Zeit für einen hat. In den vergangenen Jahren war ich an den Tag oft in einer Arena, in der Halle, auf Arbeit oder es kamen doch die freien Tage auf, die ich aber auch immer nur für Termine nutze. Also kurz: Der Tag ist schon lange nichts Besonderes mehr und es ist auch in Ordnung. Am Morgen schreibt mir mein Bruder, ich konnte mit Chris zusammen in den Tag starten und habe Freunde, die daran denken – mehr brauche ich am Ende gar nicht.
In einer Hinsicht durchleben Levi und ich gerade das gleiche. Die Person, mit der wir viel Zeit verbringen, könnte innerlich wegen den kommenden Sonntag durchdrehen. Allerdings wirkt Kyra ein wenig entspannter als mein Freund, der die Tage und Nächte nur noch in der Halle, im Wohnzimmer vor seinem Mac oder oben auf den Dachboden in seinem Arbeitszimmer sitzt und alles immer und immer wieder durchgeht. Und in der Nacht schläft er so unruhig, dass ich Angst habe, dass er wieder wach wird oder er reißt mich wirklich aus den Schlaf. Im letzten Jahr kam das fast gar nicht mehr vor und ich dachte, dass er gedanklich und innerlich angekommen und vor allem zur Ruhe gekommen ist, aber offenbar war auch das wieder nur eine Momentaufnahme.
Levi: Das zerrt auch an deinen Nerven, oder?"
Er nervt mich damit ja nicht, er kann rein gar nichts dafür. Ich mache mir schlicht Sorgen und auch mir mangelt es am Schlaf. Kaum komme ich in einen Tiefschlaf, weil ich immer wieder doch bei ihm bin. Mit den Gedanken, den Sorgen, der Aufmerksamkeit.
Juliette: Ich weiß nicht mal, warum ihn die Prüfung von Kyra so dermaßen zusetzt. Im letzten Jahr war alles so entspannt...und jetzt..."
Wo ich bis eben noch zu meiner Kollegin geschaut habe, drehe ich meinen Kopf nur einmal rüber und zur Seite, wo ich im Hintergrund sowieso die ganze Zeit schon seine Stimme gehört habe. Einzig, um ihn wieder in seiner abweisenden Haltung zu bemerken.
Juliette: Das...ich sollte mal dazwischen gehen..."Levi sagt da weiter nichts zu, weil es auch nichts weiteres mehr gibt. Selbst ihr ist aufgefallen, dass er im letzten Jahr komplett anders drauf war zu den meisten Zeiten, aber jetzt gerade scheint etwas anderes ihn immer wieder einzunehmen. Dabei ist es eine ganz normale Show, einzig Kyra muss sie fahren und das kann sie. Ich weiß das, er weiß das und eigentlich weiß das auch jeder andere. Deswegen müsste er sich keine Sorgen machen.
Chris redet gerade mit einem unserer Medientechniker, der ihm versucht etwas für eine Illusion zu erklären, weil er andere Umsetzungsideen hat als die, die Chris angebracht hatte. Natürlich ist das etwas, was ihm in den Moment gar nicht passt und daher wird er wohl auch in dieser Haltung vor ihm stehen. Seine Arme hat er wieder vor sich verschränkt, seine Mimik sieht deutlich strenger aus und sein allgemeiner Ton klingt sehr von oben herab. Auch wenn der Kollege das bereits gewohnt sein dürfte, immerhin lässt er sich so schnell nicht unterkriegen, die Situation droht von Chris' Seite aus zu eskalieren. Er diskutiert mit ihm nämlich die ganze Zeit und hört ihm nicht mal mehr richtig zu, weil er bereits vollkommen in einem Tunnel steckt. Er merkt nicht mal richtig, dass ich dazugekommen bin, nur der Kollege schaut mich an, immerhin weiß er, dass Chris zumindest mal auf mich, auf seine Freundin, hört und ein wenig runterfährt. Auf die ersten Ansprachen von meiner Seite aus reagiert er dabei gar nicht, sodass ich leicht seufze.
Juliette: Chrissy."
Nicht der freundlich-nette Ton, in dem ich den Namen ansonsten ausspreche, aber so dreht er gleich seinen Kopf in meine Richtung und bemerkt, dass ich ihn mit meinen Blicken mustere, um ihn nonverbal zu sagen, dass er gerade wieder in seine unangenehme Haltung verfällt und dass es gerade nichts mehr bringt. Das dürfte auch der Grund sein, warum er sich zwar nicht in der Position lockert, aber immerhin kurz seufzt, bevor er sich wieder an seinen Gesprächspartner wendet.
Chris: Schick mir deine Pläne mal zu, ich schaue in Ruhe drüber und vielleicht finden wir einen Kompromiss, womit beides auch klappen kann."Mit einem Nicken und Lächeln bestätigt er den Vorschlag von Chris und geht auch anschließend wieder an seine Arbeit zurück, die er für das Gespräch kurzzeitig unterbrochen hat. Mit seinen Blicken geht Chris ihm nach, schenkt mir keinen Moment seiner Aufmerksamkeit und ich weiß, wenn ich nicht hier wäre, würde er noch immer in einer unendlichen Diskussion mit ihm stecken.
Juliette: Chris."
Chris: Was?"
Ungewollt fährt er mich sehr gereizt, genervt und vor allem unfreundlich an. Mit meinen Blicken versuche ich ihn zu vermitteln, dass er zum einen so nicht mit mir reden soll und dass er einmal auf sich achten sollte. Als er das nächste Mal ausatmet, fällt seine Mimik in sich zusammen und sein Körper entspannt sich, sodass er seine Arme wieder neben seinen Körper fallenlässt und seinen Kopf ebenfalls einen Moment.
Chris: Tut mir leid...ich...ich bin unfassbar müde, irgendwie will nichts so laufen, wie es geplant war und dann kommt das Wochenende immer näher..."
Da wir in der Halle, vor seiner Crew, sind, lege ich nur vorsichtig meine Hände an seine Arme, um darüber streichen zu können. Er ist dann derjenige, der seine Arme um mich legt und mich somit an seinen Körper drückt.
Juliette: Du solltest heute Abend nicht wieder auf den Dachboden hocken, bleibt bitte bei mir im Wohnzimmer, nimm dir den Abend frei, Chrissy."
Dabei lege ich meine Hände an seine Brust, um Chris auch wieder ansehen zu können. Sichtlich würde er lieber noch die Dinge erledige, die er bisher nicht geschafft hat, aber er sieht auch, dass ich mir wirklich und richtig Sorgen um ihn mache.
Juliette: Ich wünsche mir, dass du heute Abend bei mir im Wohnzimmer bleibst und zusammen mit mir schlafen gehst."
Er stößt ein kurzes Lachen hervor, schaut einen Moment auf den Boden, von mir weg, bevor er sich einen Moment auf die Lippe beißt und mich danach auch wieder ansieht. Das, was im Vorhinein passiert ist, scheint wieder vergessen und vor allem scheint er zu vergessen, dass wir beide hier gerade nicht allein unter uns sind.
Chris: Ich kann das meiner Freundin an ihrem Geburtstag wohl kaum ausschlagen, was?"Erst, als sein Bruder ihn wieder zu den Proben und zur Bühne rufen will, stockt er einen Augenblick mit den Atem, bevor er in der peinlichen Stille lacht und zu mir sieht. Chris lässt mich nicht augenblicklich wieder los, legt seine Hände kurz an meinen Kopf, geht mir durchs Haar und da, wo er mich normalerweise küssen würde, lächelt er nur unsicher und geht wieder zu seinem Bruder zurück. Vielleicht ist für den Augenblick wieder alles in Ordnung...
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Never Less Than a Lover
Fiksi Penggemar10: Du gibst mir wieder Mut 09: Du zeigst mir das Gefühl von Geborgenheit 08: Du bist der erste, der mich richtig verstehen kann... Alles, was Juliette und Christian miteinander verband, war ein endloser Deal und ein Geheimnis, was niemals ans Licht...