[1.1] „the beginning"

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Das erste, was meine müden, braunen Augen erblickten, als ich endlich wieder türkischen Boden betrat, war der überfüllte Flughafen in Istanbul und die endlose Reihe von Menschen vor der Gepäckausgabe.

Trotzdem war ich kurz davor, den Boden meiner Heimat zu küssen – als Zeichen meiner tiefen Liebe und Freude, nach einer langen Reise endlich wieder zu Hause zu sein.

Ich war gar nicht so lange weg, ungefähr drei Jahre habe ich in Deutschland Medizin studiert. Obwohl ich bis zu meinem 12. Lebensjahr in Deutschland aufgewachsen bin, hat es sich dort nie wie zu Hause angefühlt...

Ich bin 23 Jahre alt und habe einen älteren Bruder, Uğur, der 26 Jahre alt ist.

Meine Eltern sind beide türkischer Abstammung, also wie kam es, dass ich in Deutschland groß geworden bin? Meine Mutter ist ebenfalls in Deutschland aufgewachsen und arbeitet als medizinische Fachangestellte. Doch nach langer Zeit entschied sie sich, dort nicht mehr zu leben... Die Gründe brauche ich nicht aufzuzählen, es gibt zu viele. Ihren Job übt sie weiterhin in der Türkei aus, und sie bereut es kein bisschen.

Mein Vater leidet leider an einer Krankheit namens Multiple Sklerose, auch MS genannt. Deswegen ist er schon früh in Rente gegangen. Die Krankheit wurde diagnostiziert, als ich 8 Jahre alt war.

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„Selin!" hörte ich plötzlich eine laute Stimme. Mein Bruder wirbelte durch die Menschenmenge, die Arme wild gestikulierend. Ich erkannte ihn sofort und konnte mein Grinsen nicht zurückhalten. Ohne nachzudenken, rannte ich los und warf mich in seine Arme.

Immerhin hatten wir uns fast drei Jahre lang nicht gesehen!

„Abim!" keuchte ich, als ich ihn fest umarmte. Er drückte mich so fest, dass ich kaum noch Luft bekam, bis ich schließlich den Griff lockerte.

„Ich habe dich vermisst. Nächstes Mal komme ich mit, egal wohin. Ohne mich gehst du nirgendwo mehr hin," drängte Uğur mit einem Lächeln.

„Und ich hoffe, es gibt kein nächstes Mal," lachte ich und schüttelte den Kopf.

„War es wirklich so schlimm?" fragte Uğur neugierig.

„Lange Geschichte... Lass uns später darüber reden. Ich bin müde, ich will jetzt nur nach Hause. Mama und Papa sehen, umarmen und dann in mein kuscheliges Bett springen," antwortete ich erschöpft.

Uğur grinste und stimmte zu: „Dann lass uns deinen Koffer holen und nach Hause fahren."

„Ohh, das hab ich ganz vergessen, mein Koffer..." seufzte ich.

„Wie hast du bloß nicht deinen Kopf in Deutschland vergessen?" sagte Uğur lachend.

„Gute Frage..." murmelte ich.

Ich bin wirklich vergesslich, aber ich bin mir nie sicher, ob es an meiner chronischen Anämie liegt oder einfach nur an meiner zerstreuten Art.

Auf dem Weg nach Hause haben wir noch zusammen gefrühstückt. Meine Eltern wissen nicht, dass ich heute ankomme. Eigentlich war geplant, dass ich erst nächste Woche zurückkomme, aber ich konnte früher heimkehren. Es wird also eine Überraschung für sie. Die Fahrt vom Flughafen dauert normalerweise zweieinhalb Stunden, mit viel Verkehr bis zu drei Stunden. Der Verkehr in Istanbul ist unerträglich. Wenn es etwas gibt, was ich an Deutschland vermisse, dann ist es der reibungslose Verkehr.

„Abiçim... Ich wollte dich noch etwas fragen..." sagte er zögernd, während ich meinen Bruder leicht antippte.

„Ja klar, leg los," sagte ich.

𝒃𝒂𝒔𝒊𝒎𝒂 𝒃𝒆𝒍𝒂𝒔𝒊𝒏Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt