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Barış POV:

Als ich die Tür einen Spalt öffnete, konnte ich erst nichts Ungewöhnliches erkennen. Die Straße lag still und dunkel da, nur das schwache Licht der Laternen war zu sehen. Doch dann hörte ich es — ein leises, fast unmerkliches Schluchzen, das kaum die Stille der Nacht durchbrach.

Mein Herz setzte einen Schlag aus, als ich nach unten blickte und ein kleines Mädchen sah.

Sie stand direkt vor mir, in der Kälte, ihre Schultern zitterten leicht und ihre dünnen Arme waren eng um ihren Körper geschlungen. Sie trug keine Jacke, nur ein einfaches, viel zu dünnes Kleid, das kaum gegen die kalte Nachtluft ankam. Ihre blonden Haare waren zerzaust und sie schaute nicht direkt zu mir auf, sondern starrte auf den Boden. Ihre Schuhe waren abgenutzt, fast so, als hätte sie die letzten Tage draußen verbracht.

„Hey, hey... Was machst du hier draußen?" fragte ich leise, obwohl meine Gedanken sofort in tausend Richtungen schossen.

Ein kleines Mädchen, mitten in der Nacht, allein?...

Das Mädchen hob den Kopf leicht und erst jetzt konnte ich ihre tränenüberströmten Wangen sehen. Ihre Lippen zitterten und sie schien sich anstrengen zu müssen, um überhaupt zu sprechen.

„I-ich..." Sie schluckte schwer, bevor sie fortfuhr. „I-ich hab Angst..."

Ihr Stottern und das Zittern in ihrer Stimme ließen mein Herz schmerzhaft in meiner Brust schlagen. Ich hockte mich langsam hin, um auf Augenhöhe mit ihr zu sein und versuchte, so beruhigend wie möglich zu klingen.

„Du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Warum bist du so spät draußen und wieso weinst du? Was ist passiert?"

Ihre Augen weiteten sich leicht, als ob sie die Worte nicht ganz verstehen könnte. Sie schaute kurz zurück in die Dunkelheit, dann wieder zu mir, bevor sie leise flüsterte: „M-mein Papa... ich sollte... w-warten... aber..."

Meine Gedanken überschlugen sich. Ihr Vater? Weggeschickt? Ein kleines Kind um dieser Uhrzeit raus schicken oder überhaupt raus zu lassen?!

„Wo ist dein Papa? Wo wohnst du?" fragte ich, meine Stimme fester, aber trotzdem ruhig.

Das Mädchen begann erneut zu schluchzen, während sie versuchte zu sprechen. „I-ich weiß nicht... I-ich habe mich verlaufen. Er ist... er war b-böse..."

Sie trat einen Schritt zurück, als hätte sie Angst, noch mehr zu sagen. Ich wollte sie unbedingt schützen, aber gleichzeitig wollte ich mehr wissen — was genau war passiert? Warum war sie hier draußen? Warum hatte sie so viel Angst?

Ich sah kurz über meine Schulter, in die Richtung, wo Selin war. Ich wusste, sie würde sofort in Panik geraten, wenn sie das Mädchen in diesem Zustand sah. Aber ich konnte sie nicht einfach draußen lassen.

Das war ausgeschlossen.

„Komm rein, okay?" sagte ich leise und versuchte, ihr ein ermutigendes Lächeln zu schenken. „Drinnen ist es warm und wir können dir helfen. Du musst keine Angst haben."

Sie zögerte, ihre Augen immer noch voller Angst, doch nach einem kurzen Moment nickte sie schwach und trat vorsichtig einen Schritt vor. Sie war noch so klein, so zerbrechlich. Ihre Hände zitterten und sie hielt sie schützend vor sich, als ob sie jeden Moment bereit wäre, wegzulaufen.

Ich stand auf, trat einen Schritt zur Seite und ließ sie ins Haus eintreten. Die Kälte der Nacht wich sofort der warmen Luft des Hauses, doch in meinem Inneren blieb dieses beklemmende Gefühl.

Was mit diesem kleinen Mädchen passiert war – und warum sie mitten in der Nacht allein hier draußen war.

„Selin... Birtanem?" rief ich, während ich die Tür schloss und mich zu dem Mädchen umdrehte, das nun leise im Flur stand. „Wir... haben Besuch."

𝒃𝒂𝒔𝒊𝒎𝒂 𝒃𝒆𝒍𝒂𝒔𝒊𝒏Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt