*Kapitel 92 Luxus-Suite und Protz

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Ca. 16 Uhr

In der Stadt, in einem Hotel, in einer wunderschönen Suite

Bei Master Kovoijky, seinen jüngsten Söhnen und Sebastian

Luxus-Suite und Protz

Sebastian hatte wieder eine schwarze Limousine geordert in der sie nun alle zu viert saßen. Sein Master, dessen Söhne und er. Der Chauffeur war derselbe wie letztes Mal und kannte das ganze Prozedere deswegen schon. Steve sah die ganze Zeit aus dem Fenster, es war ihm egal worüber sein Zwilling und sein Vater sprachen. Als sie an der Schule vorbeifuhren standen seine Klasse und die seiner Brüder schon draußen, dazu bereit ins Wochenende zu gehen. Er erblickte Benjamin, Roben, Nikolaij und Cevin. Das alleine machte ihn schon traurig, doch dann dachte er daran, dass er sich weder von seinen Brüdern noch von James – der was er zugeben musste, ihm schon seit langem ein Vater war – richtig verabschiedet hatte. Sein leiblicher Vater und sein Bruder hatten es zu eilig gehabt und er wollte nicht mit Calvin streiten nur, weil er die fünf umarmte, oder Erika. Dann sah er Amy. Er sah sie nur flüchtig, genau wie seine Familie, doch, dass er sie sah gab ihm fast den Rest. Er hatte sich auch von ihr nicht verabschieden können und das letzte Gespräch was sie gehabt hatten war das über ihre Schönheit gewesen, weil Calvin sie gemobbt hatte. Er hatte nicht mal ihre Nummer und der Gedanke daran, dass er sie nie wieder sehen würde brannte in seinem Herzen. Tränen bildeten sich in seinen Augenwinkeln und er konnte die Blicke seiner Brüder auf der viel zu protzigen Limousine spüren. Er wusste, sie wussten wer in der Limousine saß, doch die Scheiben waren getönt, also konnten sie nicht sehen wie er mit den Handflächen und der Nasespitze daran klebte. Und viel zu schnell war der Moment auch schon wieder vorbei. Das Letzte was er sah waren Amys Augen und ihr Blick der an der Limousine klebte. Die Limousine bog um die Ecke und Steve brach das Herz. Er hatte eine beschissene Nacht hinter sich. Er hatte kein Auge zu getan in der riesigen Suite, in dem riesigen Bett. Doch das war weniger sein Problem als alles Andere...

Eine leise, kleine, einsame Träne verließ sein rechtes Auge, kullerte über seine Wange und tropfte von seinem Kiefer. Er hatte Angst. Sein Herz schlug bis zum Hals, sein Magen drehte sich herum und kaum war er wieder richtig rum machte er auch schon einen Salto rückwärts. Er zog sich zusammen und schien ihm die Galle in den Hals zu drücken, sein Darm spielte verrückt, sein Bauch tat weh und er musste ununterbrochen pinkeln. Unauffällig wischte er seine schweißnassen Hände an den Beinen seiner Hose ab. Die Spur welche die winzige Träne hinterlassen hatte trocknete und fing an leicht zu spannen. Er fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht, rubbele darüber und fuhr sich dann nach hinten durch die Haare. Die schwere, warme Hand seines Vaters landete auf seiner linken Schulter und er wandte den Kopf zu ihm um. Wladimir drückte liebevoll zu. "Ist alles okay bei dir?" fragte er auf Russisch und Steve lächelte unberührt und nickte. Er konnte nicht so gut Russisch wie sein Bruder, auch wenn sonst er der Streber war, Russisch wollte er nicht. Er verstand es, doch antworten funktionierte nicht, lesen konnte er, doch übersetzen nicht, auch wenn er wusste was es hieß. Oft dachte er dabei an seine Mutter und dann daran, dass er ein Versager war, sie wäre bestimmt enttäuscht wüsste sie, dass er seine Muttersprache nur begrenzt beherrschte und sich ehrlich gesagt etwas dagegen sträubte sie besser zu können als das was nötig war um holprig über die Runden zu kommen. Zumindest kam es ihm so vor, als hätte er keine Ahnung von seiner Sprache, vielleicht lag es auch daran, dass sie ihre Sprache nie leben konnten und dennoch war er besser als Calvin. Auch wenn der trotz seines fehlenden Sprachniveaus auf unglaublich cool tat. Calvin war unfehlbar. Zumindest dachte sein Bruder das. Steve hingegen hatte einsehen müssen, dass auch sein Zwilling – der ihm so lange als Vorbild gedient hatte – nicht perfekt war. Niemand war perfekt und genau das machte jeden aus. Er selbst kannte seine Schwächen haargenau. Er war schüchtern, er beherrschte seine Muttersprache nicht genug um seine Mutter stolz zu machen, er war nicht der hübscheste –komischerweise kam ihm sein eigener eineiiger Zwilling hübscher vor als er sich selbst –, er war nicht der Klügste, was er aber gerne wäre. Er selbst wäre gerne fehlerfrei, auch wenn es gegen seinen eigenen Grundsatz ging, dass Fehler einen ausmachten. Er hatte sich den Kopf von einem Mädchen verdrehen lassen, dass er nicht erreichen würde und erst recht nicht verdient hätte. Er hatte ihre Nummer nicht und war ohne ein Wort des Abschieds gegangen, was ihn wieder dazu brachte seine Schüchternheit zu verfluchen. Er konnte nicht lügen und wenn er es doch einmal musste, wegen seinem Bruder, dann hasste er sich abgrundtief und würde am liebsten zur Beichte rennen, dabei war er nicht mal gläubig genug. Aber das Schlimmste von allem war: Er hatte seine Mutter getötet. Er war sich zu hundert Prozent sicher, dass wäre er nicht der Zweitgeborene, also wäre Calvin alleine im Bauch ihrer Mutter gewesen, dann hätte sie die Geburt und deren Folgen bestimmt auch trotz des Krebs und der Chemotherapie überlebt.

Russisches Ballett [BoyxBoy] Band IWo Geschichten leben. Entdecke jetzt