6: "Mist! Verdammter Mist!"

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„Los, wir sind schon zu spät!" „Das nächste Mal kannst du ja fahren..." Ich trete aufs Gaspedal. Verdammter Stau! Da blinken die Rücklichter des Autos vor uns erneut rot auf. „Och nö." Ich bremse und schon stehen wir wieder still auf dem Highway. „Ist das hier dieser mysteriöse Berufsverkehr, in den wir sonst nie reinkommen?", fragt Finn und stützt seinen Kopf auf die Hände. „Ich fürchte schon..." Ich klopfe ungeduldig auf dem Lenkrad herum. „Kannst du mal anrufen und Bescheid sagen?" Finn kramt in seiner Hosentasche und holt sein Handy hervor. Dann hält er es vor sich. „Ist auf Lautsprecher." Es tutet, und irgendwann nimmt jemand an. „Hallo, Finn?", ertönt Jaedens Stimme. „Hello!", rufe ich. „Was ist denn los? Wo bleibt ihr?" „Das nennt sich wohl Berufsverkehr...", seufzt Finn. „Scheiße. Okay, also wo seid ihr?" „Highway, irgendwo zwischen Innenstadt und Kerrisdale...", sage ich demotiviert. „Oh, das kann ja noch etwas dauern..." Jaeden seufzt. „Hey, wer ist das?", hören wir Jacks Stimme dumpf im Hintergrund. „Mira und Finn, sie stehen im Stau." „Hallo, Leute!", sagt Jack in den Hörer. „Hi, Jack!", kommt es prompt von Finn zurück. „Was denkt ihr, wie lange ihr noch hierher brauchen werdet?" „So mit 'ner Stunde kannst du schon rechnen, denke ich..." Nachdenklich gucke ich auf die Gegenfahrbahn, auf der uns alle Autos entgegenrasen. „Ach Mann.", flüstere ich. Da löst sich der Stau auf, für einen kurzen Moment fahren wir zehn Meter nach vorne, bevor wir wieder halten müssen. „Okay, also, ich sage dem Regisseur Bescheid, wir warten auf euch!", ruft Jaeden und legt auf. Es piept, und Finn sperrt sein Handy. „Da hätten wir ja auch ausschlafen können...", murmelt mein Beifahrer und lehnt seinen Kopf gegen die Fensterscheibe. „Ich wusste ja nicht, dass der Berufsverkehr so schrecklich ist!", verteidige ich mich. „Ja, genau. Geht das Radio nicht?" „Beschwer dich nicht, Wolfhard.", sage ich und mache das Radio an. „Was ist das denn?" „Radio?" „Nein, der Song, der kommt mir bekannt vor..." Ich höre genauer hin- es ist Chosens Song „Losers"! „Das ist Chosens Song!", bemerke ich also und Finn legt den Kopf schief. „Ja, stimmt! Cool." Stumm nicke ich und strecke mich etwas hoch, in der Hoffnung, den Verkehr besser überblicken zu können. „Na, zu klein?", grinst Finn und macht es mir nach. „Siehst du die Ampel da vorne?" „Nein." „Ha, lustig!" „Was ist denn mit der Ampel?", frage ich. „Du siehst sie nicht!" Finn lässt sich zurück auf den Beifahrersitz fallen und kichert. „Danke.", sage ich trocken und mache mein Fenster runter, um mich hinaus zu lehnen. Vielleicht konnte ich so den Grund für den Stau sehen. Doch auf der Nebenspur steht ein dicker LKW schräg vor uns. „Mist! Verdammter Mist!", fluche ich. „Na, na!" Finn dreht sich zu mir. „Alles wird gut!" „Ja, schon okay. Ich hasse es nur, zu spät zu kommen..." „Wer nicht?" Finn trommelt auf der Armatur herum. Der nächste Song fängt an. Es ist „That's what I like" von Bruno Mars. Wie auf Kommando fangen Finn und ich an, zu singen. Wir haben ja sowieso nichts zu tun.

„I got a condo in Manhattan, Baby Girl what's hatnin'?

You and your ass invited, so gon' and to clappin'

So pop it for a pimp, pop, pop it for me

Turn around and drop it for a pimp, drop drop it for me"

Da fahren die Autos vor uns endlich weiter. „Juhu!", schreit Finn.

Could you be shinin' so bright, strawberry champagne on ice,

lucky for you, that's what I like, that's what I like"

Tatsächlich löst sich der Stau langsam auf. Dennoch hören wir nicht auf zu singen. Wir schnipsen im Takt und wackeln mit unseren Schultern. Das tut gut, denke ich, endlich mal einfach ausgelassen irgendeinen Scheiß machen. Also noch verrückter als sonst. Ich lächle über beide Backen.

„Lucky for you, that's what I like, lucky for you that's what I like,

sex by the fire at night, silk sheets and diamonds all white,

Lucky for you that's what I like, that's what I like!"

Der Highway war wieder frei, und wir konnten endlich wieder normal weiter fahren. „Endlich!", rufe ich und trete zum ersten Mal seit einer halben Stunde für länger als fünf Sekunden aufs Gaspedal. „Das wurde ja auch Zeit." „Sag mal, heute Abend ist doch dein Date, oder?" Ich sehe, wie er leicht rot wird. Süß. „Na ja, also... Wenn sie fragt, ist es natürlich keins." Ich kichere. „Ja, schon gut. Habe verstanden."

„Leute, da sind wir!" Ich schlage die Fahrertür zu. Die anderen kommen auf uns zu. „Endlich!" Ich umarme alle. Andy, der Regisseur, kommt aus der Studiotür. „Ach, endlich! Los, los, schnell, eure Szene ist die nächste!" Er winkt uns zu sich und wir folgen ihm in die Maske. „Auf, in zehn Minuten seid ihr bitte fertig!" Die Maske, Joanne, grinst uns zu. „Na, wo wart ihr denn so lange?" „Stau." Ich setze mich auf den Stuhl vor dem Spiegel. „Ah, na dann." Ihre Assistentin, Maxine, fängt an, Finns Haare zu glätten, während er seine Brille putzt. Joanne nimmt einen Lockenstab und wellt meine Haare noch etwas mehr als sie sonst schon sind. Ich schnappe mir meine blauen Kontaktlinsen und setze sie mir ein. Von meinen braunen Augen ist nichts mehr zu sehen. Wir sitzen stumm da. Nachdem meine Haare fertig sind, fängt Joanne an, meine Augenringe mit Concealer abzudecken. Damit sie mir nicht ins Auge sticht, darf ich selbst Mascara auftragen. Etwas Blush, damit ich nicht ganz so blass wirke... Puder.... Fertig. Ich sehe mindestens 4 Jahre jünger aus. Ziel erreicht. Finn wird von Maxine ebenfalls abgepudert, damit er nicht so glänzt, bei den ganzen Filmlichtern.

Ich klatsche die beiden Maskenbildnerinnen ab. „Bis später!" Finn und ich verlassen den Raum und gehen zum Set. Jetzt spielen wir die Szene, in der- oh, warte. Spoilern darf ich ja noch nicht. Also, Finn und ich drehen eine wichtige Endszene.

„Oh, Leute, die Kinobesucher werden ausflippen!", rufe ich und lasse mich auf den Stuhl fallen. „Oh ja." Finn schaut sich um-kein weiterer freier Platz in Sicht. Kurzerhand pflanzt er sich auf meinen Schoß. „Au!" „Sorry, Stannie." „Du bist schwer, Fettsack." „Danke." Die anderen lachen und Jack reicht uns die Donutbox rüber. „Gibt es an diesem Filmset jemals eine andere Sache als Donuts?", lache ich und nehme einen Erdbeerdonut. „Gummibärchen wären nicht schlecht." Finn nimmt sich einen mit Puderzucker. „Selbst mitbringen!", sagt Jaeden. „Ich wäre dabei." „Können wir nicht mal Waffeln machen?", kommt mir die Idee. „Waffeln?" Finn dreht sich halb zu mir um und schaut mich an. „Ja, Waffeln." „Hört sich doch echt gut an, findet ihr nicht?", sagt Jack nun. Alle nicken. „Hast du was gegen Waffeln?", frage ich den Typen auf meinem Schoß. „Du meinst so wie ich was gegen dich habe?", grinst er. Ich schlage ihm gegen den Rücken. „Lass das. Nein, ich habe nichts gegen Waffeln." „Seit wann so ernst, Wolfie?" „Wolfie?" „Du nennst mich auch Stannie... Selbst schuld." Jaeden und Jack können sich ein Lachen kaum verkneifen. Da kommt Chosen in den Raum. „Hallo, wie geht's?" Ich winke unbeholfen, da Finn jegliche anderen Handbewegungen verhindert. „Geh mal runter, Fettie." „Ich bin nicht fett." Er steht dennoch auf und ich umarme Chosen zur Begrüßung. „Hast du jetzt erst Dreh?", frage ich. Er nickt. „Konnte zur Abwechslung mal ausschlafen.", grinst er. Ich kichere. „Stimmt wohl. Hätten wir wohl auch tun können." „Wie meinst du das?" „Wir standen im Stau und anstatt von halb acht waren wir um zehn am Set.", kommt es von Finn, der am Tisch sitzt und einen Donut in der Hand hält. Ich grinse. „Finn, wenn du weiter so isst, wirst du wirklich noch fett." „Klappe." Er beißt genüsslich hinein und schaut mich dabei demonstrativ an. „Blödmann.", sage ich.

„Können wir mal kurz reden, Finn?" Die anderen sind bei einer Szene, und Finn und ich sitzen alleine i Pausenraum. „Hm." „Ist das ein ja oder ein nein?", frage ich genervt. „Ja...", seufzt Finn. „Finn, was ist los mit dir?" Ich setze mich gegenüber von ihm auf einen Stuhl und fasse ihm an seine Knie. „Wie meinst du das?" Er schlägt meine Hände weg. „Lass das." „Das meine ich! Du weist mich komplett ab! Du reißt keine dummen Witze mehr, du sitzt tatenlos in der Ecke herum.... Komm schon, Finnieboy, du bist mein bester Freund. Red mit mir." Er schaut mich an. „Ich weiß nicht was du willst. Du beschwerst dich doch immer, dass ich weniger Witze mache." „Ich will aber nicht, dass mein bester Freund zu einem Trauerkloß mutiert!" Ich stehe auf. „Ich liebe deine Witze. Ich liebe dein Lachen, wenn du mich oder irgendwen anders aufziehst. Komm schon, Finn, sei wieder du selbst. Bitte." Tränen steigen in meine Augen. „Bitte." Finn schaut mir hinterher, als ich den Pausenraum verlasse. Ich bin echt eine Heulsuse, denke ich mir und wische die Tränen weg. „Mira?"

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