59: "Ich habe dich nicht verdient!"

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„Es scheint bergauf mit ihm zu gehen.", informiert uns der Arzt. „Er hat allerdings eine starke Gehirnerschütterung, daher sollte er Stress vermeiden.", fährt er dann fort. Ich nicke einfach nur. Neben mir steht Wyatts Mutter, die extra angereist ist. Der Arzt erklärt noch irgendwelche medizinischen Dinge, doch ich höre nicht zu. Der einzige Gedanke, der in meinem Kopf herum schwirrt, gilt Wyatt, der schwerverletzt in seinem sterilen Krankenhausbett liegt und unter Schmerzmitteln steht. Morgen ist sein Geburtstag. „Und das einen Tag vor seinem Geburtstag...", sagt seine Mutter unter Tränen. Sie kann anscheinend meine Gedanken lesen. Ich nicke einfach nur zustimmend. Da kommt Finn in den Raum hinein und unterbricht den Arzt in seinem Redefluss. „Entschuldigen Sie, dass ich störe, aber ich würde gerne mit Mira sprechen." Er sieht mich an. Ich nicke. „Ich komme.", sage ich leise und folge Finn aus dem Raum hinaus in die Lounge im Erdgeschoss, wo nur eine etwas ältere Dame sitzt und liest. „Was ist denn los?", frage ich, als wir nahe eines Fensters stehen, welches zum Parkplatz rausgeht. „Mira, ich wollte mit dir reden."

„Eigentlich nur eine schlechte Sache....", seufze ich und lehne mich an den Fensterrahmen. „Nein, also... Schluss machen wollte ich jetzt nicht.", grinst er. Ich rolle mit den Augen. „Was dann? Rück schon raus mit der Sprache.", lächele ich leicht und knuffe ihm in die Seite. „Also, die Sache mit.... Dem Joggen...", beginnt Finn unsicher. Ich lege grinsend den Kopf schief. „Joggen.", wiederhole ich. „Ja, also... du weißt schon, was ich meine." „Du wirst rot, Wolfhard." Ich stupse ihm auf seine Nasenspitze. „Gut, also. Lass das!", lacht er, als ich immer weiter gegen seinen Bauch piekse. Ich nehme meine Hände herunter. „Ja, schon gut. Also?", frage ich nach. „Also, ich... habe mich gefragt... ob...", stottert er. „Ob es weitergegangen wäre, wenn Sophia nicht angerufen hätte?", frage ich und Finn nickt zögerlich. „Ich weiß es nicht.", antworte ich. „Wahrscheinlich schon.", führe ich meine Antwort weiter. „Wirklich?" „Ja, warum auch nicht? Ich liebe dich.", sage ich leise und nehme seine Hand. „Ich liebe dich auch.", sagt er und verschränkt unsere Finger. „Aber ich meine, ist es nicht... zu früh?" „Müssen wir dieses Thema jetzt weiter ausführen?", frage ich und betone das „Jetzt" besonders. „Du hast Recht, tut mir leid." „Schon gut. Ich will ja ebenso wenig Stress wie du. Vor allem wegen so einem Thema.", seufze ich und umarme ihn einfach. Er legt ebenfalls seine Arme um mich und drückt mich fest. „Leute!", unterbricht uns Jack. Ich drehe meinen Kopf zu ihm und schaue ihn fragend an.

„Kommt ihr?", fragt Jack uns auffordernd und winkt uns zu sich. „Was ist denn los?" „Wir können zu Wyatt." Sofort gehen wir mit ihm zusammen zu Zimmer 353. „Hallo.", begrüßt uns Wyatt und hebt vorsichtig seinen Kopf. „Au.", resigniert lässt er diesen wieder auf sein Kissen zurück fallen. „Überanstreng dich nicht.", lächelt Finn halb im Spaß und geht zu Wyatts Bett, um sich dort auf die Kante zu setzen. „Wie geht es dir?" „Haha, Wolfhard, sehr witzig.", antwortet Wyatt trocken und deutet mit seinem freien Arm auf seine eingegipsten Gliedmaßen und seine Blutergüsse. „Ja, ok, aber abgesehen davon.", seufzt Finn und Jack setzt sich auf den Sessel in der Ecke. Ich bleibe unsicher an der Tür stehen. „Mira, komm doch auch mal her jetzt.", fordert Wyatt mich auf und ich gehe zu ihm. „Es tut mir so leid, dich so zu sehen...", sage ich. „Danke. Ist Miranda da?" „Miranda?", frage ich etwas verwirrt. „Seine Freundin, Mira. Lebst du hinterm Mond?", fragt Jack mich. Ich seufze. „Anscheinend. Ich wusste ja, dass du eine hast, aber nicht ihren Namen.", wende ich mich zurück an Wyatt, der mich einfach nur ansieht. „War sie da oder nicht?" Ich sehe fragend zu Jack hinüber, der hier schon länger im Krankenhaus ist als ich oder Finn. Er schüttelt etwas traurig den Kopf. Ich schaue Wyatt an. „Nein, bisher nicht. Sie kommt bestimmt bald. Ruf sie doch mal an." „Mein Handy ist beim Unfall Schrott gegangen...", seufzt Wyatt. „Weißt du ihre Nummer auswendig oder so?", versucht Finn, einen Lösungsansatz zu finden. Wyatt schüttelt leicht den Kopf und verzieht vor Schmerz sein Gesicht. „Ne.", verdeutlicht er seine Antwort und schaut gegen die Decke. Er tut mir so leid.

„Wissen die Producer Bescheid?", frage ich Jack, als er, Finn und ich auf dem Weg zum Auto sind. Jaeden und Sophia sind schon früher gefahren. „Glaube schon.", bejaht Jack meine Frage. Ich öffne das Auto. „Er tut mir so leid.", seufze ich, als ich auf dem Fahrersitz sitze. „Uns auch.", spricht Jack für Finn und sich. „Wir müssen morgen irgendwas besonderes machen... Was ihn körperlich nicht zu sehr beansprucht...", überlegt Finn, während ich das Auto anlasse. „Also keine Stripperin.", seufzt Jack enttäuscht. „Jack, keine Witze in so einer Situation!", ermahne ich ihn. „Du bist wirklich die Mutti der Crew.", grinst dieser. „Ich mach's nie wieder.", verspricht er dann. Finn verdreht grinsend seine Augen.

„Was machen wir denn jetzt morgen?" „Ballons!", ruft Jack erfreut als Antwort auf meine Frage. Ich stehe in der Küche und räume den Spüler ein. „Keine roten.", grinst Finn, der neben Jack auf der Anrichte sitzt. „Ballons sind aber eine gute Idee.", stimme ich zu und nehme mir das dreckige Besteck vor. „Ihr könntet mir ja helfen, anstatt dort herum zu sitzen...", schlage ich vor. „Ja...", seufzen die beiden und springen auf. „Also, Ballons. Was noch?", führe ich die Debatte fort. „Blumen?" „Ist er ein Mädchen?", widerspricht Jack Finns Vorschlag. „Dürfen nur Mädchen Blumen bekommen?", frage ich genervt. „Hast du deine Tage oder so?", fragt Finn grinsend. „Klappe.", zische ich und lasse die Jungs wütend alleine in der Küche. Ich gehe ins Schlafzimmer und setze mich aufs Bett. „Mira, jetzt sei doch nicht gleich beleidigt...", ruft Finn mir hinterher. „Bin ich ja auch nicht!", rufe ich zurück und lasse mich zurück fallen. Ich starre die Decke an.

„Jack ist gegangen.", informiert Finn mich und setzt sich neben mich aufs Bett. Ich liege seit einer halben Stunde unverändert auf dem Bett und zähle die Hubbel der Raufasertapete. „Aha.", nehme ich das ganze zur Kenntnis. Es ist wieder einer dieser Momente, wo man Dinge, die man tut oder sagt, im selben Moment bereut. „Was ist dein Problem?", fragt Finn sanft und legt sich neben mich. Er klingt weder genervt noch sauer. Ein Wunder, dass er so ruhig ist, nach meiner Aktion. Mir steigen Tränen in die Augen. Sie laufen aus meinen Augenwinkeln und tropfen aufs Bettlaken. Finn dreht seinen Kopf zu mir, nachdem ich etwas schniefe. „Mira.", sagt er sanft und dreht sich auf die Seite. Er legt einen Arm um mich und zieht mich etwas näher zu ihm. „Alles ist okay." Ich schüttele den Kopf. „Nein.", bringe ich nach einer Ewigkeit hervor. Er drückt mir einen Kuss auf die Wange. „Doch.", widerspricht er mir. „Sag doch jetzt, was los ist.", bittet er mich. Ich schniefe erneut. „Ich bin schrecklich.", sage ich mit brüchiger Stimme. „Wieso das denn schon wieder?", fragt Finn verwirrt. „Ich bin einfach so unter Stress....", schniefe ich. Das klingt wie eine bescheuerte Ausrede, denke ich mir. „Das verstehe ich.", sagt Finn und ich drehe meinen Kopf zu ihm. Nun laufen die Tränen über meinen Nasenrücken nach unten. „Wieso.", frage ich einfach. „Wie wieso. Wieso was?" Er schaut mich verwirrt an. „Ich benehme mich wie der letzte Dreck und du bist einfach so... so..." Mir fällt das Wort nicht ein. „Mira.", unterbricht Finn mein Nachdenken. „Ich liebe dich. Wieso sollte ich denn gleich sauer sein, nur weil du einmal schlechte Laune hast?", erklärt er. Mir laufen noch mehr Tränen übers Gesicht. „Du bist viel zu süß für diese Welt... Ich habe dich nicht verdient!", schluchze ich und setze mich hin. Finn tut es mir gleich und umarmt mich von hinten. „Mira... Mach dich nicht schlechter als du bist.", flüstert er. „Du bist der beste Freund, den sich ein Mädchen wünschen kann." „Jetzt wirst du aber kitschig, Mira.", schmunzelt Finn und gibt mir einen Kuss auf die Wange. Ich drehe ihm meinen Kopf zu. Meine Tränen versiegen langsam. „Wenn man mich nicht näher kennt, könnte man echt denken, ich wäre schwanger- bei meinen Stimmungsschwankungen.", seufze ich und lehne mich gegen ihn. „Ich frage mich, wie viele Leute das wohl schon gedacht haben... Vielleicht solltest du deswegen mal zum Arzt gehen." „Ob ich schwanger bin?", frage ich entgeistert. Unbefleckte Empfängnis oder was? „Nein, Stimmungsschwankungen müssen ja nicht nur vom Schwangersein kommen...", lacht mein Freund auf. „Ja, okay. Du hast Recht." Ich lege eine Hand in seinen Nacken und ziehe ihn zu mir, um ihm einen kurzen Kuss aufzudrücken. „Ich liebe dich auch.", sage ich leise und stehe langsam auf. „Ich rufe Jack an und entschuldige mich bei ihm." „Okay.", sagt Finn und folgt mir, als wenn er mich jetzt auf Schritt und Tritt beschützen müsste. Er ist perfekt.

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