35: "Dachte ich mir."

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Ich traue mich nicht, zu atmen. Mein Puls schießt in die Höhe und ich fange an, zu zittern. Die Anderen stehen einfach nur in der Tür und schauen zu, wie er mich erdrückt. Zögerlich lege ich ebenfalls meine Arme um ihn und schließe meine Augen. Nach einer kurzen Zeit löst er sich wieder von mir und steht nun einfach neben meinem Bett und schaut mich besorgt an. Ich atme schwer und knete meine Finger. „Ich bin so froh, dass es dir gut geht.", sagt Finn und lächelt mich schwach an. Ich ziehe eine Augenbraue hoch. „Wir kommen später wieder.", sagt Jack leise und schiebt die Anderen sanft hinaus. Ich schlucke. Alleine in einem Raum mit Finn war ich gut zwei Wochen nicht mehr. „Es tut mir so leid, Mira..." Er setzt sich auf den Bettrand. „Was?", frage ich leise. „Was tut dir leid? Dass du nach dem Kuss einfach abgehauen bist und in der Nacht, ohne was zu sagen, ausgezogen bist? Mich ignoriert hast, während ich mich schrecklich gefühlt habe, weil ich das Gefühl habe, dass ich diejenige bin, die etwas falsch gemacht hat? Ich habe nichts mehr gegessen, kaum mehr was getrunken, habe jede Verabredung abgesagt, und jetzt bin ich hier, bekomme eine Infusion, muss drei Tage in diesem verdammten Krankenhaus bleiben..." Ich breche ab, denn ich habe einen gewaltigen Kloß im Hals. Tränen laufen meine Wangen hinunter. Finn schaut mich immer noch an. „I- Ich..." Ich sehe, wie eine Träne sich ihren Weg über seine linke Wange bahnt. „Ich bin der Grund für das hier?" Er deutet mit seinem Blick auf die Infusion. Ich nicke. Finn hält sich die Hände vors Gesicht. Dann höre ich ihn schluchzen. Ich rutsche etwas vor und schlinge meine Arme um ihn. „Es tut mir so leid, ich hätte das nicht sagen sollen...", sage ich schniefend. Finn nimmt seine Hände herunter und erwidert meine Umarmung. „Du hast ja Recht. Es tut mir leid, dass ich dich geküsst habe, dann abgehauen bin, dich dann ignoriert habe... Du bist meine beste Freundin und ich habe dich verletzt." Ich weine noch stärker. „Ich habe dich lieb.", schluchze ich und drücke ihn so stark an mich, als wenn ich ihn nie wieder gehen lassen wollen würde. Will ich auch nicht.

„Brauchst du noch ein Taschentuch?" Chosen reicht mir die Packung. Ich nicke und nehme mir eines heraus. Sophia sitzt auf Jaedens Schoß auf einem Sessel in der Ecke. Chosen sitzt auf dem Stuhl neben meinem Bett und Jack sitzt auf dem Bettrand. Finn ist gegangen. Er hatte noch einen Interview-Termin, sagte er. Ich schniefe ins Taschentuch. „Ist alles wieder gut zwischen euch?", fragt Chosen, der als Einziger in diesem Raum nicht von meinen Gefühlen für meinen besten Freund weiß. Ich zucke mit den Schultern. „Ich... weiß es nicht. Ich hoffe es.", sage ich wahrheitsgemäß. Chosen nickt. „Ich müsste los.", sagt er dann. „Meine Mum hat morgen Geburtstag und ich muss die Party noch vorbereiten." Ich nicke. Chosen verabschiedet sich also und verlässt den Raum. Sofort springt Sophia auf und kommt an den Bettrand. „Wann sagst du es ihm?" Ich schüttele den Kopf. „Sophia, ich bin froh, dass er mich nicht mehr ignoriert." Sie nickt verständnisvoll. „Du musst es ihm aber sagen." „Nein, überhaupt nicht! Wenn er nicht so denkt, dann habe ich erfolgreich eine Freundschaft zerstört!", rufe ich. Und das ist das Letzte, was ich wollen würde.


Ich öffne die Wohnungstür. Ich durfte heute das Krankenhaus verlassen. Ab morgen geht dann auch der Dreh weiter. Ich werfe meine Tasche neben das Schuhregal und reibe meine Augen. Ich bin verdammt müde. Langsam stapfe ich in das Wohnzimmer, wo mir mein Handy beinahe aus der Hand fällt.

„Überraschung!", ruft Finn. Um ihn herum stehen ein paar Koffer und eine Gitarre. Ich sehe eine Torte, Chips und Eistee. Tränen der Freude steigen in meine Augen. Er steht auf und kommt auf mich zu. „Ich bin wieder dein Mitbewohner!", grinst er und umarmt mich fest. Ich lege ebenfalls meine Arme um ihn, sage jedoch nichts. Er löst sich und beobachtet, wie die Tränen meine Wangen herunter laufen und auf das Laminat tropfen. „Wenn du willst.", fügt er besorgt hinzu. Jetzt ziehen sich meine Mundwinkel automatisch nach oben. „Wie kommst du darauf, dass ich das nicht will?", grinse ich und umarme ihn wieder. Finn sagt dazu nichts, sondernd drückt mich einfach an sich. Ich bin glücklich.

„Salami Supreme?" Ich grinse. „Da fragst du noch?", lache ich. Es ist fast eine Woche vergangen, seitdem Finn wieder bei mir eingezogen ist. Und es ist fast alles wieder wie früher. Fast. Keine Witze mehr über Liebe, über Küsse etc.. Aber es ist okay. „Gut, in ner halben Stunde haben wir Essen." Ich grinse und lehne mich zurück. „Finde ich gut.", sage ich und widme mich wieder Supernatural. „Dachte ich mir." „Du kannst denken?", frage ich und kassiere dafür einen Boxer gegen den Arm. „Du bist doof.", lacht Finn und ich steige ins Lachen mit ein.

Abends liege ich im Bett und starre, wie so oft, gegen die Decke. Finn liegt neben mir und schnarcht leise. Ich höre dem regelmäßigen Geräusch zu. Es fühlte sich an wie früher. Die alten Zeiten, in denen Finn und ich bis spät in die Nacht aufblieben und uns über lustige Videos im Internet kaputt lachten. In denen wir über Gott und die Welt redeten. Ich muss lächeln. Mir geht es wieder besser. Ich esse wieder normal und achte darauf, genug zu trinken. Finn dreht sich neben mir auf die Seite und schnarcht weiter. Ich drehe meinen Kopf zu ihm und beobachte, wie sich sein Körper hebt und senkt. Wieder starre ich gegen die Decke und versinke in meinen Gedanken.


Finn darf nicht schon wieder mitbekommen, wenn ich weine... Ich schniefe erneut und wische vorsichtig meine Tränen weg. Ich komme wie die größte Heulsuse der Welt rüber, denke ich mir. Ich versuche, so leise wie möglich meine Tränen hinunterzuschlucken. Auf einmal legt sich ein Arm über meine Seite und zieht mich an sich. „Finn?", frage ich lautlos. Er schnarcht wieder. Er hat mich im Schlaf an sich gezogen, denke ich mir. Süß. Süß? Ich grinse. „Ja, süß.", flüstere ich.

„Achtung, sonst fällst du noch runter." Zwei Arme schlingen sich von hinten um meine Hüften und halten mich fest. „Ich falle schon nicht.", beruhige ich Finn lachend, während meine Arme von Gänsehaut überzogen werden. „Nur zur Sicherheit.", sagt er leise und legt seinen Kopf auf meinen. „Gut, dass du so klein bist, Stannie.", sagt er grinsend. Ich schüttele, soweit möglich, meinen Kopf und schmunzele. „So klein, dass ich es nicht mal mit Anlauf über das Geländer schaffen würde." „Du schaffst alles, wenn du willst."

Jack legt fürsorglich seine Hand auf meinen Arm. „Und dann was?", fragt er vorsichtig. „Wir haben uns geküsst, Jack.", schluchze ich. „Bitte was?", fragt er verblüfft. Wieder mal nicke ich und kneife meine Lippen zusammen. „Jetzt im Ernst?", fragt Jack nach. „Ja, wir haben uns geküsst.", wiederhole ich. „Und wieso ist das so schlecht?", wundert sich mein Zuhörer. „Er ist gegangen." „Gegangen?" „Er hat sich gelöst, sagte, dass es ihm leid täte, und dass er das nicht hätte tun sollen, und ist gegangen.", erkläre ich meine Aussage und wische meine Tränen weg. „Oh wow. Das ist echt scheiße. Er hat dich ganz alleine da oben gelassen?" Ich nicke. „Aber wieso?", überlegt Jack. Ich zucke mit den Schultern. „Keine Ahnung." „Oh Mira, du tust mir leid." Er umarmt mich. Ich lege meinen Kopf an seine Schulter und schließe ihn ebenfalls in meine Arme. Tränen laufen mir über die Wangen. Ich löse mich. „Weißt du, was das Schlimmste ist?", frage ich mit brüchiger Stimme. Jack sieht mich erwartend an. „Hm?" „Mir ist etwas klar geworden. Etwas, wodurch die ganze Situation nur noch schlimmer wird." „Was denn?" Ich kneife meine Lippen zusammen. „Rück schon raus mit der Sprache, Mira. Ich sage es auch keinem.", sagt mein Zuhörer sanft. Ich nicke und ziehe meine Nase hoch. Dann hole ich einmal tief Luft.

„Ich habe mich in meinen besten Freund verliebt."


Mit Gänsehaut überzogen komme ich wieder in die Realität zurück. Ja, ich bin verliebt. Und ich fühle mich dumm, weil ich das nicht früher erkannt habe. Und nun liegt er neben mir, mein bester Freund, schnarchend und zu mir gewandt. Ich denke noch einmal darüber nach, wie er seinen Arm im Schlaf um mich gelegt hat. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. Morgen ist wieder Drehtag. Und hey, welch eine Überraschung: ein Richie-Lily Kuss ist dabei. Oder anders gesagt: Ich muss meinen besten Freund, in den ich verliebt bin, küssen. Nach der Sache im Pool fällt mir das alles andere als leicht. Aber es muss sein. Nervosität kommt in mir hoch. Dann schlafe ich langsam ein.

Friends. // f.w.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt