18: "Du bist süß."

2K 109 36
                                    

„Er hat wa- du hast wa- Halleluja!" Finn rauft sich die Haare. „Aber das Kleid ist schön, oder?" Ich schaue an mir herunter und betrachte den dunkelblauen Stoff meines Kleides, der an mir herunterfällt. Stille. Ich schaue auf und suche Finns Blick mit meinem. Für einen kurzen Augenblick schaue ich direkt in seine braunen, leicht glänzenden Augen. „Finn?" Ich löse meinen Blick. Ein Schauer läuft mir über den Rücken. „Ja, das Kleid ist wunderschön und es steht dir ausgezeichnet.", sagt Finn schlussendlich und betrachtet mich von oben bis unten. „Aber er hat wirklich 'Ich liebe dich' gesagt? Und du hast es auch gesagt? Geht das nicht etwas schnell bei euch?" Finn steht direkt vor mir. Ich lege den Kopf schief. „Na ja, alsoo...", fange ich an, breche jedoch ab. „Ich- Ich- Kann sein." Ich wende mich ab und betrachte mich im Spiegel, der hinter mir steht. „Das Kleid ist toll." Finn steht hinter mir und sieht über meine Schulter auf mein Spiegelbild. Die ganze Situation kommt mir bekannt vor.

~„Komm, hör auf, du bist schön genug." Finn tritt hinter mich und schaut über meine Schulter. „Denkst du?" „Es ist also doch ein Date." „Nein?!" „Kannst es zugeben." Ich drehe meinen Kopf nach rechts und schaue zu Finn, dessen Kopf dort immer noch abgelegt hat. „Es. Ist. Kein. Date. Das hättest du wohl gerne." „Na ja." Finn seufzt. Dann schlingt er seine Arme um mich und verschränkt seine Hände vor meinem Bauch. „Es ist kein Date..." Auf einmal ist der ganze Stress vergessen. Meine Gedanken sind nicht mehr bei dem Date-oder-auch-nicht. Ich starre einfach nur auf die verschränkten Hände vor meinem Körper. Dann schaue ich in den Spiegel und betrachte diesen Lockenkopf auf meiner Schulter, der sich nun hebt und sich einfach gegen meinen Kopf lehnt. Mein Herz fängt an, wie wild zu klopfen. Finns Hände lösen sich und nehmen meine. Wie erstarrt beobachte ich das Ganze im Spiegel. So stehen wir da. Ich, ausgehfertig, mit knallroten Wangen, und hinter mir Finn in Jogginghose und Schlabbershirt, der meine Hände festhält und seinen Kopf gegen meinen gelehnt hat.~

„Mira?", reißt mein bester Freund mich aus meinen Gedanken. „Alles okay?" Ich nicke geistesabwesend. „Denke schon." „Ist dir kalt oder so?" Finn streicht über meinen Arm. „DU hast Gänsehaut." Ich erstarre. Ein weiterer Schauer läuft mir über den Rücken. „Ja, ich denke, ich sollte mich wieder umziehen.", stammele ich und gehe schnell ins Schlafzimmer. Während ich das Kleid aufmache, lasse ich meine Gedanken schweifen.

Was hat das alles zu bedeuten?, denke ich. Die Schauer, die Gänsehaut, das Zittern. Die Stiche in meiner Brust. Bin ich krank? Was ist da, was ich nicht verstehe? Was meinen Verstand benebelt? Ich ziehe mein Kleid herunter. Wieso sind da diese Gefühle, die ich nicht zuordnen kann? War das 'Ich liebe dich' wirklich zu früh? Liebt Caleb mich wirklich? All diese Fragen, auf die ich keine Antwort habe. Ich streife mir eine Jogginghose und einen dicken Pullover über. Dann gehe ich wieder in den Flur, wo Finn an der exakt selben Stelle steht wie gerade eben. „Besser.", lächele ich. „Film?", frage ich dann, als keine Reaktion kommt. Finn starrt nur in den Spiegel. Bis ich zu ihm gehe und mit meiner Hand vor seinem Gesicht herumwedle. „Erde an Finn!", grinse ich. Er schüttelt seinen Kopf, wie um wieder klare Gedanken zu bekommen, und blickt zu mir. „Was?" „Film?", frage ich erneut. Er nickt. „Klar doch." Er folgt mir ins Wohnzimmer, wo er sich neben mir auf die Couch fallen lässt. „Iron Man?" Er nickt und ich starte den Film.

„Den Film könnte ich unendliche Male anschauen, wirklich.", sage ich und ziehe die Wolldecke über meine Füße. „Ja, das ist wahr.", sagt Finn und lehnt sich zurück. Ich mache es ihm gleich und drehe mich zu ihm. „Ist mir dir alles okay?", frage ich. Er nickt. „Mach dir keine Sorgen, Mira. Alles ist okay." Er schaut mich an und zieht seine Mundwinkel hoch. Seine Augen lachen jedoch nicht mit. Und wieder ist da dieser Stich in meiner Brust. Ich nehme es für den Moment so hin und widme mich wieder dem Film.

Ich werde müde. Langsam fallen meine Augen zu und mein Kopf fällt zur Seite. Ich lehne meinen Kopf gegen Finns Schulter. Er verkrampft für einen kleinen Moment, bevor er sich entspannt und seinen Kopf gegen meinen lehnt. Ich versuche, mich auf den Film zu konzentrieren, aber meine Augen fallen dennoch zu und ich falle in einen leichten Schlaf.

Der weiße Sandstrand, das blaue Meer. Ich schaue nach links, und sehe Palmen. Ich wende mich nach rechts, und sehe eine Klippe. Ich schließe die Augen und atme die frische, warme Meeresluft ein. Als ich sie wieder öffne, stehe ich auf der Klippe, die eben noch zu meiner Rechten in die Höhe ragte. Ich trete einen Schritt nach vorne, um über den Rand zu sehen. Ich traue meinen Augen nicht. Schweiß läuft meine Stirn hinunter und ich fange an, zu zittern. Finn hängt am Abgrund und klammert sich mit letzter Kraft mit einer Hand an einem Steinvorsprung. Er blickt zu mir, als er mich bemerkt, und schaut mich flehend an. „Hilf mir.", sagt er mit brüchiger Stimme. Ich weiche zurück. Nach dem kurzen Schockmoment trete ich wieder nach vorne, strecke meine Hand aus- da fällt mein Blick nach links. Nur einen Meter von Finn entfernt hängt Caleb, in derselben Situation, der mich ebenfalls angsterfüllt anschaut. Tränen steigen in meine Augen. Ich weiß, ich kann nur einen retten. „Mira!", schreien beide gleichzeitig. „Hilf mir, ich rutsche ab!" Mein Blick schwankt zwischen den beiden. Ich bin wie erstarrt. „Mira! Mira! Mira!"

„Mira!" Finn rüttelt mich wach. „Finn..." Meine Stimme ist heiser. Ich setze mich gerade hin. „Heilige Scheiße!", flucht Finn. „Was ist los?" Ich schaue ihn fragend an. „Du bist eingeschlafen, und auf einmal... Du hast gezittert, geweint... Du bist total verschwitzt- was ist passiert?" Er sieht mich besorgt an. „Du denkst bestimmt, dass ich die größte Heulsuse auf diesem Planeten bin..." Ich stütze meinen Kopf in die Hände. „Nein!" Er legt eine Hand auf meine Schulter. „Das denke ich ganz sicher nicht...", sagt er sanft. Dann zieht er mich an sich und drückt mich fest an sich. „So oft, wie ich zusammenbreche, würde es mich nicht wundern.", sage ich und schniefe. „Es ist doch nur der Stress, Stannie." Er verstärkt seine Umarmung. Ich lege nun auch meine Arme um ihn und ziehe ihn an mich. „Danke, Finn." „Wofür?" „Du bist immer für mich da." „Dafür sind beste Freunde doch da, oder?", grinst er und löst sich aus der Umarmung. Dann sieht er mich an. „Ja, das ist wahr.", schniefe ich. „Jetzt hör auf zu weinen und sag mir lieber, welche Pizza du willst." Er hält sein Handy hoch. Ich schüttele schmunzelnd den Kopf. „Wolfie, wir können nicht immer nur Pizza essen. Wir werden fett.", grinse ich und nehme ihm sein Handy weg. Dann gehe ich auf die Website der Salatbar zwei Straßen weiter. „Salat?" Finn rümpft die Nase. Ich ziehe meine Nase hoch und wische die letzte Träne aus meinem Augenwinkel. Dann nicke ich. „Gesund." „Grünzeug." „Du bist auch so ein Grünzeug." Ich bestelle zwei Caesar Salads und gebe ihm sein Handy wieder. „Na schön...", seufzt Finn. „Magst du mir erzählen, was genau du geträumt hast, dass du so reagiert hast?", fragt er dann. Ich beginne zu erzählen.

„Okay, das ist komisch." Finn kratzt sich am Hinterkopf. „Aber auch süß." „Was?", frage ich nach. „Du bist süß." „Wieso das?", grinse ich. „Du konntest dich nicht zwischen deinem Freund und deinem besten Freund entscheiden." „Was ist daran süß?" „Das bedeutet im Klartext, dass ich dir so viel bedeute, dass du dich nicht entscheiden könntest, ob du deinen festen Freund oder mich retten würdest.", lächelt er. Da klingelt es an der Tür. „Grünzeug ist da." Finn steht auf und geht zur Tür. Ich lehne mich gegen die Sofalehne. Ich bin süß. Ich muss grinsen. „Wow, das sieht viel zu gesund aus.", sagt Finn, als er wieder um die Ecke kommt. Er hebt den Deckel der einen Schachtel an und schnuppert daran. „Beschwer dich nicht. Kannst ja deine Kalorien mit der Cola wieder reinholen, die im Kühlschrank steht.", grinse ich. „Du hast Cola gekauft?" Er reicht mir eine Schachtel und stellt seine auf den Couchtisch. „Warte kurz..." Ich schaue ihm nach, wie er in die Küche läuft. Kühlschrank auf, Kühlschrank zu. Dann kommt er mit einer Flasche Cola wieder ins Wohnzimmer. „Guten Appetit.", wünsche ich ihm und öffne meinen Salat.

Friends. // f.w.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt