10: "Habt ihr euch geküsst?"

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„Hey." Caleb lehnt an der Hauswand. Als er mich sieht, kommt er auf mich zu und umarmt mich. „Können wir?" Gentlemanlike hält er mir seinen Arm zum Einhaken hin. Ich schmunzle und hake mich also bei ihm ein. „Du siehst heute sehr hübsch aus." Ich lache. „Nur heute?"

„Wieso hast du dich dann so hübsch gemacht? Hübscher als sonst, versteht sich."

Kurz schaue ich hoch, zu meinem Wohnzimmerfenster. Für einen kurzen Augenblick meine ich dort Finn stehen zu sehen, wie er auf uns herunterguckt. „Alles okay?", fragt Caleb und hält mir die Tür zu dem Auto auf, welches wenige Meter von meiner Haustür entfernt steht. Der Chauffeur tippt sich kurz an die Mütze. „Du hast deinen eigenen Chauffeur?", frage ich ungläubig, als ich mich auf den Sitz fallen lasse. Caleb zwinkert mir zu. „Heute Abend schon." Ich ziehe meine Augenbrauen hoch. Caleb steigt neben mir ins Auto. „So, fahren Sie uns bitte zum Kino." Er schnallt sich an und der Fahrer tritt aufs Pedal. „Ich freue mich total, ich wollte 'Tomb Raider' schon seit seinem Release schauen.", sage ich und schaue nachdenklich aus dem Fenster. „Ja, ich tatsächlich auch.", sagt Caleb. „Ich bin schon voll gespannt." Ich schaue ihn an. „Ich auch." „Wieso hast du dich denn so hübsch gemacht, wenn wir nur ins Kino gehen?", fragt Caleb schließlich. Verwundert lege ich den Kopf schief. „Wie meinst du das?"

„Komm, hör auf, du bist schön genug."

„Egal. Bist wohl von Natur aus wunderschön." Caleb grinst. „Schleimer." Ich schüttele schmunzelnd meinen Kopf. Das Auto bremst vor dem Kino und Caleb steigt aus. Schnell läuft er um das Auto herum, um mir die Tür aufzuhalten. „Du weißt, dass ich das auch selbst gekonnt hätte?", grinse ich und schlage die Tür kurzerhand selbst zu. Der Chauffeur setzt das Auto Richtung Parkhaus in Gang. „Schon gut, Mylady." Ich hake mich wieder bei ihm ein. „Sei mal weniger Gentleman und mehr verrückt. Mehr wie du, so wie Finn es mir beschrieben hat. Mag ich lieber." Ich zwinkere ihm zu. „Meinst du?" Ich nicke. „Okay, dann nimm mal deinen Arm da weg, das ist warm!", ruft er gespielt empört. Ich reiße meine Arme in die Luft. „Tut mir leid, dass ich so heiß bin!", lache ich. Caleb steigt mit ein. Lachend betreten wir das Folier und bestellen die Karten.

„Der Film war der Hammer!" Caleb läuft voraus und wirft den Rest Popcorn in den Mülleimer. Dann streckt er seinen Arm nach hinten. „Komm schon, ich habe Hunger!" Ich lache und laufe zu ihm. Er nimmt meine Hand. Für einen kurzen Moment erstarre ich innerlich.

„Es ist also doch ein Date."

„Komm, das Auto steht da vorne." Er hält mir wieder die Tür auf. Dann fahren wir zum Restaurant. Und wieder nimmt er meine Hand. Ich schaue aus dem Fenster und sehe die Hochhäuser an uns vorbeiziehen. „Du magst doch Sushi, oder?" Ich fahre herum. „Sushi? Ich liebe Sushi!", lache ich und schiebe meine Haare hinter mein Ohr. „Sehr gut. Ich auch!" Wir lächeln uns an. Langsam bemerke ich, wie sehr wir auf einer Wellenlänge sind.

„Wow, ich hatte lange nicht mehr so gutes Sushi!", sage ich, als ich mich auf den Rücksitz fallen lasse. Caleb setzt sich neben mich. „Auf jeden Fall! Vor allem das mit..." „Thunfisch?" „Ja, das wollte ich sagen!" Wir lachen. Jetzt beenden wir gegenseitig unsere Sätze- gruselig, denke ich mir und beobachte Caleb, wie er das nächtliche Vancouver, hinter der getönten Fensterscheibe vorbeiziehend, betrachtet. „So, da wären wir." Der Fahrer dreht sich zu uns um. „Vielen Dank.", sage ich freundlich und öffne, das erste Mal heute, selbst meine Tür. „Warte, soll ich dich noch hochbringen? Dann kann ich Finn Hallo sagen." Caleb steigt ebenfalls aus. „Warten Sie hier.", bittet er den Fahrer und schließt seine Tür. „Warte doch!" Er läuft zu mir. „Hab ich doch.", grinse ich. „Habe ganz ungeduldig gewartet, während ich zur Tür gelaufen bin." „Du bist doof." „Ich weiß." Ich schließe die Tür zum Treppenhaus auf. „Fahrstuhl ist immer noch kaputt... Frag nicht." Er seufzt. Hand in Hand gehen wir also in den 7. Stock, zu meiner Wohnung. „Hat echt Spaß gemacht heute.", sage ich, während ich die Tür aufschließe. „Ja, auf jeden Fall." Ich öffne die Tür und schreie: „Finnieboy!" Finn kommt aus der Küche. „Oh, hallo. Ich habe nicht erwartet, dass du so eine bist." „So eine?", frage ich, während Caleb mir aus der Jacke hilft. „Ja, so eine, die Jungs gleich nach dem ersten Date mit nach Hause bringt." Er grinst. Ich zeige ihm meinen Mittelfinger. „Wow so ein liebevoller Umgang zwischen euch beiden...", lacht Caleb. „Klar, immer." Finn kommt zu uns und begrüßt seinen Kollegen. „Ich muss jetzt eigentlich auch schon wieder weg, ich wollte dir nur kurz noch Hallo sagen.", sagt Caleb und klopft meinem besten Freund auf die Schulter. „Wusste gar nicht, dass du so nett bist.", grinst Finn. „Komm gut nach Hause, Mann." Dann verschwindet er wieder in die Küche. Ich drehe mich zu meinem Anscheinend-Doch-Date. „Ich hoffe, wir können das bald mal wiederholen.", sagt Caleb und nimmt meine Hand. „Klar, gerne. Wir können ja deswegen noch mal schreiben." „Okay, klingt gut." Ich öffne die Haustür wieder. Langsam geht er ins Treppenhaus und dreht sich dann noch mal zu mir um.

„Wir sehen uns." Ich nicke.Irgendwie sieht er traurig aus, denke ich mir. „Alles okay?", frage ich also. „Ja,ich denke schon." „Sieht aber nicht so aus..." Ich gehe auf ihn zu uns fasse ihnan den Armen. „Wirklich alles okay?" Er nickt. Wir schauen uns in die Augen.Seine dunklen Augen sehen aus wie Edelsteine, die in der Sonne funkeln. Okay,ziemlich kitschig. Ohne es wirklich zu merken, nähern sich unsere Gesichterimmer weiter. Mir fällt das erst auf, als sich unsere Stirnen berühren.Innerlich verkrampft sich mein gesamter Körper, doch nach außen hin bleibe ichcool. Was passiert hier?, frage ich mich. Unsere Blicke treffen sich immernoch. Seine rechte Hand berührt meine Wange. Mein Atem wird flach. Dannberühren sich unsere Lippen. In meinem Bauch zieht sich alles

zusammen. Ich mochte ihn wirklich. Leicht bewegen wir unsere Lippen gegeneinander. Nach zwei Sekunden, die sich jedoch wie mindestens 100 Jahre anfühlen, lösen wir uns wieder. Ich wende meinen Blick ab, denn ich spüre, wie mein gesamtes Blut in meinen Kopf steigt. Mein Gegenüber kratzt sich verlegen am Hinterkopf. „Tut mir leid." „Was tut dir leid?", frage ich leise. Lauter traue ich mich gerade nicht zu sprechen. „Na ja... Das gerade." „Das muss dir nicht leid tun, wirklich nicht.", sage ich und lege ihm eine Hand auf die Schulter. Er lächelt leicht. „Aber..." „Kein Aber. Ja, es war das erste Date und so. Aber das ist nicht wichtig, oder?" Ich lächle ihn an. Er nickt. „Hast schon Recht. Ich muss jetzt los." Er dreht sich um und geht die ersten Stufen runter. „Caleb?" Er bleibt stehen und wendet sich mir zu. Ich gehe zum Treppenabsatz und gehe zwei Stufen hinunter, sodass ich eine Stufe über ihm stehe. Jetzt sind wir auf einer Augenhöhe. Ich rahme sein Gesicht in meine Hände und küsse ihn erneut. Dann schaue ich ihm in die Augen. „Wir sehen uns." Dann gehe ich zurück zur Wohnungstür und lehne mich gegen den Türrahmen, bis mein Date um die Ecke verschwunden ist. Dann gehe ich in die Wohnung und schließe die Tür hinter mir.

„Sag nicht, es war tatsächlich ein Date.", kommt es aus der Küche. „Wie meinst du das?" Ich folge der Stimme und sehe Finn mit einer Pizza am Tresen sitzen. Er beißt ab und schaut mich dann fragend an. „War esch ein Date oder nisch Mira?" „Man spricht nicht mit vollem Mund, mein Kind.", necke ich ihn. „Mama, wird Caleb mein neuer Papa?", fragt er mit hoher, kindlicher Stimme. Ich zeige ihm liebevoll meinen Mittelfinger und klaue mir ein Stück Pizza aus dem Karton. „Ey, das ist meine!", meckert mein Mitbewohner. „Klappe, Kleiner." Genüsslich beiße ich in das Stück. „War es jetzt ein Date oder nicht, hm?" „Kann sein." Ich wende mich ab, denn – oh Wunder – wieder rot. „Ich wusste es!", ruft Finn euphorisch. „Habt ihr euch geküsst?" „Du benimmst dich wie ein neugieriges Mädchen auf der Highschool...." „Habt ihr oder nicht?" Stumm beiße ich noch mal ab. Dann zucke ich mit den Schultern. „Vielleischt?", frage ich kauend. „Also habt ihr. Und das beim ersten Date, Mira, schämst du dich denn nicht?" Ich schüttle den Kopf „Nischt wirklisch." Dann schlucke ich runter. „Muss man erst eine bestimmte Anzahl Dates hinter sich haben, bis man sich küssen darf?" Finn verdreht die Augen. „Nein, aber beim ersten Date...?" Nun beißt auch Finn wieder in seine Pizza. „Kann ich nicht selbst entscheiden, wann ich wen wie küsse? Ich bin ja immerhin schon 18.", zwinkere ich ihm zu. „Dscholange du deine Füsche unter meinen Tisch stellscht...", fängt Finn an und bricht den Satz ab, da er lachen muss. Dann verschluckt er sich und bekommt den Hustenanfall seines Lebens. „Beruhig dich wieder!", rufe ich lachend. Finn hustet weiter, lacht aber gleichzeitig. Langsam beruhigt er sich wieder, aber das Lachen hört nicht auf. Schnell schluckt er seinen Mundinhalt hinunter. Dann lacht er weiter. Ich halte meinen Bauch vor Lachen.

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