Friends. // f.w.

49: "Du hast Glück, dass ich dich liebe."

„Kann mir mal jemand helfen?", hallt Carinas Stimme durch die Wohnung. „Was ist denn passiert?", fragt ihr Freund sogleich. „Ich bin hingefallen, aber..." Sie stöhnt schmerzerfüllt auf. Sofort eile ich zu ihr. Sie liegt auf dem Boden und hält sich ihren Arm. „Sag nicht, dass du einen auf Eddie machst...", seufze ich und knie mich neben sie. „Ich weiß nicht genau." „Wir fahren sofort zum Krankenhaus.", ordne ich an. „Aber Finn..." „Der kommt auch ohne uns klar, glaub mir.", grinse ich und wir helfen Carina auf. „Komm, Schatz.", ermuntert Luca sie und nimmt ihre Hand. Dann gehen wir zum Auto. „Was ist denn jetzt genau passiert?", frage ich, als wir im Auto sitzen. Der Beifahrersitz ist leer. Ich trete aufs Gaspedal und wir fahren ins Krankenhaus.

„Sie sind also gestolpert und gegen die Kommode geknallt?", fragt der Arzt noch einmal nach. Carina nickt und hält sich den Arm. „Okay, also das werden wir mal röntgen und dann sehen wir mal.", sagt der Arzt freundlich und begleitet sie einen Gang hinunter. Luca und ich sitzen nebeneinander. „In zwei Tagen fliegt ihr wieder...", fange ich eine, wenn auch unangenehme, Konversation an. „Hm.", nickt Luca. Dann steht er auf und stellt sich vors Fenster. Dann starrt er in die Dunkelheit des Innenhofs des Krankenhauses. „Mach nicht so ein Drama, Luca... Ihr Arm ist eventuell gebrochen. Mehr nicht.", grinse ich. „Das ist es nicht, Mira.", seufzt er. „Was dann?" Ich stehe auf und gehe zu ihm. Wieder seufzt er auf. „Nicht wichtig." „Heimweh?", ziehe ich ihn auf. Er schüttelt schmunzelnd den Kopf. „Weiß Finn, dass wir hier sind?", versucht er, das Thema zu wechseln und dreht sich zu mir. Ich nicke. Da fällt mir etwas auf: Selbst wenn ich mit meinen deutschen Freunden alleine bin, sprechen wir Englisch, als hätten wir nie was anderes gemacht... Und das nur zwei Wochen, nachdem wir damit angefangen haben, um Finn nicht auszuschließen.... „Er kommt auch her, der Film ist vorbei und er nimmt ein Taxi.", sage ich dann und schaue an Luca vorbei, aus dem Fenster. „Okay...", sagt er leise. „Aber du hast mir nicht gesagt, was du hast.", komme ich auf das ursprüngliche Thema zurück. „Ich sagte, es ist nicht wichtig.", wiederholt er. „Das lasse ich nicht als Antwort gelten.", sage ich. „Zwischen uns läuft es nicht mehr so.", gibt er sich geschlagen. „Bitte wie?", frage ich verdutzt. „Carina und ich. Wir sind eigentlich so gut wie getrennt.", gibt er zu. „Wieso das denn?" „Weil ich eine Andere liebe."

Ich ziehe eine Augenbraue hoch. „Was?" „Wir haben nur so getan, als wenn wir noch glücklich wären, damit die Zeit hier nicht ruiniert wird.", fährt er fort. Ich reiße meine Augen auf. „Für mich?" „Ja, für dich.", wiederholt er meine Worte. Sein Gesicht kommt meinem immer näher. Ich realisiere erst, was er vorhat, als es zu spät ist. Seine Lippen sind nur wenige Millimeter von meinen entfernt. In dem Moment öffnet sich die Tür zum leeren Wartezimmer. Ich bin wie erstarrt, als ich herumfahre und sehe, wie Finn langsam seine Hand von der Türklinke nimmt und mich einfach nur ansieht. Ich schaue ihm in die Augen. „Es ist nicht das, wonach es aussieht, Mira hatte... was im Auge und ich wollte..." Finn lässt Luca gar nicht ausreden, sondern dreht sich einfach um und schlägt die Tür laut hinter sich zu. Ich befinde mich immer noch in meiner Schockstarre. „Es tut mir leid.", sagt Luca leise. „Was ist dein verdammtes Problem?", frage ich wütend, ohne mich umzudrehen. Mein Blick weilt immer noch auf der Tür, durch die mein wütender Freund gerade verschwunden ist, weil er dachte, Luca und ich würden... Ich löse mich aus meiner Starre und gehe langsam zur Tür und öffne diese. Als würde ich hoffen, Finn würde vor dieser Tür stehen und auf mich warten. Ich schaue zu beiden Seiten den Flur entlang. Natürlich entdecke ich ihn nicht. Eine Hand legt sich von hinten auf meine Schulter. „Mira, es tut mir leid.", wiederholt Luca. Ich drehe mich um. „Das kannst du dir sonst wohin stecken, Luca! Es ist vorbei. Du hast soeben erfolgreich unsere Freundschaft zerstört!", schreie ich ihn an. Ich sehe die Reue in seinen Augen, aber es ist mir egal. „Ich gehe jetzt meinen Freund suchen.", sage ich wieder in normaler Lautstärke. Dennoch liegt unendlich viel Verachtung in meiner Stimme. Dann drehe ich mich um und laufe nach draußen, wo ich mein Handy hervor hole. Da merke ich erst, dass ich weine. Tränen laufen meine Wangen hinunter und tropfen auf den Bordstein.

Jack?", frage ich mit brüchiger Stimme. „Mira, was ist denn jetzt schon wieder los?", fragt dieser besorgt durch den Hörer. „Ist Finn bei dir?" „Nein, wieso?", fragt er zurück. „Nicht wichtig." Ich lege auf. Ich rufe jeden aus meiner Kontaktliste an, von dem ich weiß, dass er in Vancouver ist. Niemand weiß, wo Finn ist. Dann fällt mir etwas auf: Ich könnte Finn selbst anrufen. Es tutet. Eine Unendlichkeit vergeht und ich laufe vor dem Eingang des Krankenhauses auf und ab. „Hallo, das ist die Mailbox von Finn Wolfhard. Hinterlass ne Nachricht nach dem Piep, danke." Es piept. Ich schniefe. „Finn, bitte geh ran..." Dann lege ich auf. Ich schaue erneut die Straße hinunter und beobachte ein Pärchen, das glücklich Hand in Hand Richtung Park geht. Park. Park... Da fällt es mir ein. Unser Studio liegt nicht weit von hier, und wo haben Finn und ich immer gesessen? Auf einer Bank am Parkrand! Ich laufe auf die andere Straßenseite und laufe am Parkrand entlang. Hinter mir ertönt wieder Lucas Stimme. „Mira, jetzt warte doch mal!" Ich ignoriere ihn einfach und laufe weiter. Da sehe ich eine Gestalt auf einer Bank sitzen, die gegenüber von unserem Studio liegt. Schwarze Locken glänzen im Licht der Straßenlaterne. Da reißt mich jemand herum. „Mira, es tut mir leid, ich hätte das nicht tun sollen, aber..." „Kein Aber. Luca, unsere Freundschaft ist vorbei. V-O-R-B-E-I. Du kannst mich mal. Jetzt lass mich in Ruhe!", brülle ich. „Nein, Mira. Es tut mir leid, aber ich habe einfach gemerkt, wie sehr du mir fehlst, und dass ich nicht Carina liebe, sondern dich." Seine Stimme wird immer leiser. „Luca, es ist mir so egal." Meine Stimme hingegen wird von Wort zu Wort lauter. „Ich weiß nicht, ob du es irgendwie mitbekommen hast, aber ich liebe Finn! Nicht dich! Habe ich nie und werde ich nie! Jetzt verpiss dich!"

Er atmet schwer und dreht sich um, bevor er langsam weggeht. Ich schaue ihm wütend hinterher, bis er um die Ecke verschwindet. Dann drehe ich mich um und will zu Finn gehen. Doch widererwartend sitzt er nicht mehr auf der Bank. Er steht direkt vor mir. Er sieht mich an, mit einer Mischung aus Erleichterung und Verletzlichkeit. Er atmet schwer. Ich erwidere seinen Blick. „Er wollte mich küssen, nicht ich ihn... Ich..." „Du liebst mich?", unterbricht Finn mich fassungslos. Seine Mundwinkel zucken kaum merklich nach oben. Ich seufze. Dann nicke ich langsam. „Natürlich liebe ich dich.", lächele ich leicht. Nun zieht er seine Mundwinkel vollständig nach oben. Dann legt er seine Hände in meinen Nacken und zieht mich zu sich. Unsere Lippen treffen sich zu einem innigen Kuss. Ich verschränke meine Hände hinter seinem Rücken und ziehe ihn noch näher an mich. Er lächelt in den Kuss hinein. Dann lösen wir uns. „Ich liebe dich auch, Mira.", flüstert er sanft und ich grinse über beide Ohren. Seine Stirn liegt an meiner und ich spüre seinen warmen Atem auf meinen Lippen. Er nimmt seine Hände aus meinem Nacken und fährt an meinen Armen hinunter, wodurch er meine Hände von seinem Rücken zieht, um sie mit seinen zu verschränken.

„Es tut mir leid.", sage ich dann leise. „Was tut dir leid?", fragt er nach und betrachtet mich aus einiger Entfernung. „Das mit Luca.", greife ich das unangenehme Thema wieder auf. „Ah so. Muss es nicht. Du wolltest das ja nicht." „Ich werde ihn rauschmeißen." „Und Carina?" „Die beiden sind sowieso so gut wie getrennt. Sie kann die restlichen zwei Tage noch bei uns wohnen bleiben.", stelle ich klar und löse meine eine Hand aus seinem Griff. „Wir sollten nach Carina sehen. Ihr Arm ist eventuell gebrochen.", sage ich und will gehen. Finn hält mich kurz zurück. „Und Luca?" „Wenn er da ist, ist es nicht mein Problem. Er ist für mich gestorben.", sage ich und rümpfe meine Nase. „Das ist echt schade." „Was?" „Eigentlich war er ganz nett.", gibt Finn zu. Ich lege den Kopf schief und wir gehen nun doch Richtung Krankenhaus. „Tja, jetzt kann er zu anderen nett sein.", sage ich bestimmt. „Er hat es einfach verbockt.", stimmt mein Freund mir zu. „Du hättest auch schon öfter verbockt.", grinse ich. „Bitte wie?", fragt er verwirrt nach. „So viel Scheiße, wie du gebaut hast..." „Ja, also...", fängt er an. „Du hast Glück, dass ich dich liebe.", schmunzele ich und drücke seine Hand etwas fester. „Ja, da hast du wohl Recht. Ich hatte noch nie so großes Glück.", sagt er leise und gibt mir einen Kuss auf die Wange. „Bin ja auch ich. Mich kann man ja nur lieben.", lache ich auf. „Du bist doof, Stannie." „Ich weiß, ich bin eine Idiotin.", füge ich seiner Aussage hinzu. Finn grinst breit und streicht sanft über meinen Handrücken. „Meine Idiotin."