7: "Ich raste aus!"

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Ich fahre herum. „Was ist los?" Chosen sieht mich besorgt an. „Was?" „Mira, du hast Tränen auf den Wangen. Was ist los?" Ich schaue auf meine Fußspitzen. „Nichts." „Ja genau." Chosen nimmt meine Hand und zieht mich zu einer Bank am Setrand. „Setz dich hin und erzähl dem guten alten Chosen, was passiert ist." Ich setze mich also hin. Er nimmt neben mir Platz und stützt den Kopf in die Hände. „Schieß los." „Ähm." Ich schniefe. „Finn ist in letzter Zeit so anders. Lustlos, traurig. Er macht keine Witze mehr. Ich vermisse den alten Finn, verstehst du? Immerhin ist er mein bester Freund." Chosen nickt verständnisvoll. „Hör mal, mir ist das auch aufgefallen, aber... Sicher dass ihr nur beste Freunde seid?" Er zieht eine Augenbraue hoch und grinst. Ich schaue ihn verdutzt an. „Ja? Was dachtest du denn?" Er zögert kurz. „Mira, ich spreche hier für alle vom Cast... Ihr wohnt zusammen, ihr hängt immer beieinander rum... Und ihr habt diese spezielle Spannung zwischen euch, wenn ihr dreht..." „Willst du damit sagen, alle denken, wir seien heimlich ein... Paar?!", frage ich verstört. Chosen zuckt mit den Schultern und nickt. „So ziemlich, ja." Ich schaue ihn kurz an, dann lache ich lauthals los. „Du... Ihr.... Oh mein Gott!" Ich halte mir den Bauch. „Chosen, er ist 16, ich 18. Was soll das denn für eine Beziehung sein?" Ich klopfe auf meine Schenkel. „Ihr seid echt süß." Chosen steht auf. „Das ist das, was alle über euch denken." Er zwinkert mir zu und geht wieder Richtung Studiohalle. „Aber..." Er ist gar nicht auf mein Problem eingegangen... Ich sitze weiter da und starre auf die Gehwegplatten.

„Mira! Nächste Szene!", ruft der Regisseur und winkt mir zu. Widerwillig stehe ich auf und schlurfe zum Set. „Szene 24, Take 1. Und bitte!"
„Richie?" Finn sitzt traurig auf einer Bank. Wow, was ein Deja Vu.... Er dreht sich um. „Oh, Lil. Hi." „Was ist los?" Ich setze mich neben ihn und lege ihm eine Hand auf seine Schulter. „Ach, vorhin war meine erste Therapiesitzung." „Wegen der Clowns?" Er nickt.

„Wollen wir Eis essen gehen?" Ich stehe auf und halte ihm meine Hand hin. Er zögert kurz, und nimmt sie dann. Seine Finger verschränken sich mit meinen. Er steht auf und ich gebe ihm kurzerhand einen Kuss auf die Wange. „Komm, gehen wir." „Klar. Aber ich zahle, mi amiga!", stellt er klar. „Na gut, dann kann ich ja den größten und teuersten Eisbecher nehmen, den sie haben." Ich lache. „Mach doch, ich bin hier der reichste Kerl in Derry!", ruft Finn laut. „Wenn du sagst." „Ich sage vieles, Lil, aber ich meine nicht alles ernst. Und nur damit das klar ist, das was ich im Flur zu dir gesagt habe, meine ich wirklich ernst." Er stupst meine Nase mit seinem Zeigefinger an und dreht dann meinen Kopf zu sich. Dann berühren sich unsere Lippen. Ganz vorsichtig bewegen sich unsere Lippen gegeneinander. Seine linke Hand liegt an meiner Wange, seine rechte in meinem Nacken. Ich grinse in den Kuss hinein, während die Kamera einen Kreis um uns fährt. Meine Hände liegen an seinem Rücken. Dann lösen wir uns. Unsere Stirnen liegen aneinander und ich lächele ihn an. „Das will ich auch hoffen, Senor!"

„Cut!" Ich umarme Finn. „Gut gemacht!" „Ja." Finn drückt mich weg und macht sich auf den Weg Richtung Pausenraum. Verwirrt schaue ich den Regisseur an und gehe dann hinterher. „Warte mal!" Ich fahre herum. „Jack. Ich..." Ich wedele mit meinen Armen herum. „Sch." Jack hält meine Arme unten. „Ich glaube, Finn möchte ein wenig alleine sein." „Aber wieso?", frage ich. „Frag mich nicht. In letzter Zeit ist er so..." „Lustlos? Traurig? Sentimental? Abweisend? Ja ich weiß!", rufe ich und reiße meine Arme wieder los. „Genau das meine ich." Jack sieht Finn hinterher, der soeben die Tür zur Halle aufmacht. „Ich weiß nicht, wieso er so ist..." „Weiß keiner. Er redet ja nicht mal mit mir!", sage ich aufgebracht. „Okay, ja, dann muss es echt krass sein..." Ich merke wieder, wie mir Tränen in die Augen steigen. „Ich bin eine Heulsuse.", schluchze ich und halte mir meine Hände vors Gesicht. „Das ist nur der Stress..." Jack umarmt mich einfach nur. Die Tatsache, dass er kleiner ist als ich, macht das Ganze etwas lustiger als es ist. Ich muss grinsen, da ich meinen Kopf auf seinem ablegen kann. „Ach, Mira. Versuch doch noch mal, heute Abend noch mal mit zu reden." Er streicht mir über den Rücken.

„Vielleicht hast du Recht." Ich löse mich von Jack. „Danke." „Komm mit." Jack zieht mich mit zu Jaeden, Jeremy und Wyatt, die auf einem kleinen Rasenstück sitzen. „Was ist los?" Jaeden sieht mich beunruhigt an. Wyatt legt den Kopf schief. „Du hast geweint!", stellt er fest. „Blitzmerker.", seufzt Jack und wir setzen uns zu den dreien auf den Rasen. „Wieso?", fragt Jeremy. „Was ist passiert?" Ich schaue alle der Reihe nach an. „Wie würdet ihr euch fühlen, wenn euer bester Freund, der immer lustig drauf war, plötzlich abweisend ist? Lustlos und traurig in der Ecke rumsteht? Nicht mehr als zwei Silben am Stück heraus bringt? Verdammt, ich mache mir Sorgen, okay?" Wieder einmal schniefe ich, beherrsche mich jedoch, nicht wieder mal zu heulen. „Ja, du hast schon Recht. Beruhig dich wieder.", sagt Jeremy einfühlsam. Ich nicke. „Sonst was neues?" Ich blicke in die Runde. Jeremy schüttelt den Kopf, Jaeden und Jack zucken mit den Schultern. Dann blicken alle zu Wyatt. Erwartungsvoll schauen wir ihn an. „Also?", frage ich neugierig. Wyatt betrachtet mit großer Sorgfalt seine Fingernägel. „Hm?" Er blickt gespielt unschuldig auf. „Ob's bei dir was neues gibt, Spaßvogel.", lache ich. „Ach, ähm, nein. Nicht wirklich." Ich nicke erkennend. „Ah, ja genau." „Ich liebe deine Ironie!", lacht Jack und legt Wyatt eine Hand auf sein Knie. „Wirklich nicht?" „Er wird rot, wie niedlich!", quietsche ich. „Ist es... ein Mädchen?" Wyatt wird noch röter. „Aha! Ich wusste es. Erzähl!" All meine Sorgen scheinen sich für den Moment aufgelöst zu haben. Ich sitze im Schneidersitz in einem Kreis, in dem alle Wyatt anstarren, der immer weiter errötet, und dabei seine Fingernägel betrachtet. Endlich konzentriere ich mich mal wieder auf wen anders, denke ich. „Und?" Jeremy stützt seinen Kopf auf die Hände. „Ach, es... Ich habe sie letztens in einem Café kennen gelernt. Na ja. Und auf jeden Fall treffen wir uns heute Abend." „Ich raste aus! Der kleine Wyatt hat ein Date!" „Ich bin nicht klein. Ich bin 15 und fast so groß wie du..." „Mira ist halt ein Zwerg!", lacht Jack. Ich schlage ihm gegen die Schulter. „Au!" „Wenn schon, dann bin ich Schneewittchen und ihr anderen die sieben Zwerge!" Ich lache. „Das hättest du wohl gerne, Stanford!" Jack schlägt mich zurück.

„So, ich fahre jetzt. Finn,willst du...?" Finn öffnet bereits die Beifahrertür. „Okay. Tschüss, Freunde, bismorgen!", brülle ich über den Parkplatz. Die anderen winken mir zu. Finn lässtsich auf den Sitz fallen, so dass das Auto wackelt. Ich seufze nur und steigeebenfalls ein. Ich schaue nach rechts, doch Finn hat sich von mir weggedreht.Ich drehe den Schlüssel im Schloss um. Der Motor startet, und ich schalte dasRadio ein. Dann setze ich rückwärts aus der Parkbox aus und fahre zur

Ausfahrt. Im Radio läuft Taylor Swifts Shake it Off. Sonst singen wir dazu immer, doch heute bleibt Taylor die einzige im Auto, die singt. Dennoch sehe ich in der Spiegelung des Fensters, wie Finn zum Song die Lippen bewegt. Ich muss schmunzeln. Dann biege ich auf den Highway ein.

„Finn." Ich sitze auf dem Küchentresen. Draußen ist es schon dunkel. Finn sitzt mit dem Rücken zu mir auf dem Sofa und starrt gegen die Wand. „Was.", fragt er genervt. „Finn. Verdammte Scheiße nochmal. Rede mit mir." Ich springe runter und gehe zu ihm. „Was ist los? Bitte red mit mir!" Finn schaut mich an. „Es ist nichts." Dann steht er auf und geht ins Bad. Der Schüssel dreht sich im Schloss. Nun bin ich es, die gegen die Wand starrt. Tränen laufen meine Wangen hinunter. In letzter Zeit weine ich sehr oft. Zum Teufel mit meiner Emotionalität. Ich wische die Tränen weg, doch es laufen stetig neue nach. Ich lege mich aufs Sofa und starre gegen die Decke. „Verdammte Kacke.", flüstere ich. „Finn!", schreie ich und laufe zur Klotür. „Kann man nicht mal in Ruhe pinkeln?" Ich lasse mich gegen die Tür fallen. Es nimmt mich echt mit. Mein bester Freund ist gerade der abweisendste Mensch der Welt. Ich kreische und raufe meine Haare. Ich könnte echt in einer Highschool-Drama-Romanze mitspielen, denke ich. Ich atme schwer. Ich bekomme keine Luft. Ich rücke nach vorne. Der Schlüssel im Schloss dreht sich um. Dann wird alles schwarz.

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