Teil 128

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Ich erwachte am Morgen noch bevor mein Wecker klingelte. Elyas lag mit dem Gesicht zu mir gewandt neben mir. Ich spähte auf meinen Wecker, es war 5:35 Uhr. Entspannt blieb ich liegen, noch hatte ich eine halbe Stunde Zeit bis die tägliche Routine begann. Li lag mit seinem Kopf auf seinem Arm, sämtliche Kissen die normalerweise in meinem Bett lagen und das wurden irgendwie immer mehr, hatte er auf den Boden gelegt, auf dem Bauch. Ich sah zu wie sich sein Brustkorb sanft beim Ein- und Ausatmen bewegte. Ich konnte es nicht lassen und meine Fingerspitzen fuhren seine Konturen ab. Ich könnte ihm ewig so zusehen. So friedlich und entspannt und so verdammt kitschig idyllisch die Situation doch war. Was seinen Schlaf betraf so war er ein Phänomen. Manchmal wurde er wach wenn der Parkett leise knackte und manchmal könnte eine Blaskapelle neben ihm spielen und er würde es nicht bemerken. Heute wurde er durch meine Berührung wach, da es ihn wohl an der Seite auf Höhe des Bauches kitzelte. Mit einem verschlafenen Schmunzeln blickte er mich mit einem Auge an "guten Morgen Mäuslein", sagte er mit rauer Stimme und zog mich an sich "lass uns noch ein bissl kuscheln, davon bekomm ich in nächster Zeit so wenig". Ich drehte mich auf die andere Seite so dass er sich an meine  Rücken kuscheln konnte. Wie das wohl weitergeht - wenn er jetzt schon sagt dass er in nächster Zeit so wenig bekommt werden wir uns wohl nicht so schnell wieder sehen - wird das mit dem Urlaub dann ins Wasser fallen - und noch viele weiter Gedanken kreisten in meinem Kopf. Li bemerkte dass ich mit den Gedanken ganz weit weg war "Dana? Ist alles ok mit dir? Bist du noch so müde?". "Ja. Ja, ja genau das ist es... müde bin ich... ist ungewohnt zu zweit im Bett zu schlafen..." war alles was ich ihm sagen konnte. Mein Wecker riss mich aus den Gedanken, ich war wohl nochmal eingenickt für ein paar Minuten. Li hatte dies wohl genutzt, denn das Bett war leer. Es war das Plätschern der Dusche zu hören. Sollte ich zu ihm unter die Dusche springen - kam es mir in den Sinn. Zu verlieren hatte ich ja nix und so schlich ich ins Bad, legte die Shorts und das Top ab und schob den Vorhang zur Seite so dass ich zu ihm konnte. Ich küsste seine Schulter und er schenkte mir ein Lächeln als er sich umdrehte. Das Wasser war angenehm warm als er mich an die Fliesen drückte. Es prasselte sanft über unsere Köpfe und kurz blieb uns der Atem weg als wir uns küssten... viel zu viel Zeit hatten wir gebraucht, aber wie gestern Nacht genossen wir jede Sekunde als wäre es die letzte ...

Nun stand uns der Abschied bevor. Wie ich es hasste. Wir verliessen zusammen meine Wohnung. Li brachte mich noch zur Ubahn. Kurz vorher bogen wir in einen Hinterhof.
Traurig sah Li mich an. Ich wollte nicht darüber reden. Am liebsten wäre mir ein kurzer Abschied gewesen, andererseits wollte ich ihn so lange wie möglich bei mir haben. Sanft streichelte er meine Wange und sah mir tief in die Augen. Seine Augen wurden glasig, was mir einen Stich ins Herz versetzte. Mir war richtig übel. Mein Magen spannte sich an, von den Schmetterlinge die ich bislang bei seinen Berührungen im Bauch hatte war im Moment nichts mehr vorhanden. "Hübsche.... ich wollte es uns leichter machen, aber es fällt mir immer schwerer zu gehen...". Er gab mir viele kurze Küsse bis ich ihn mit meiner Hand in seinem Nacken an mich zog und ungehalten küsste. "Lass mich nicht allein" seufzte ich. Tränen schossen mir in die Augen. Genau das wollte ich vermeiden aber ich konnte nicht. Hatte ich ihn gerade noch so nah bei mir musste ich ihn jetzt schon wieder gehen lassen. Er nahm mich noch einmal in den Arm und drückte mich an sich. Ich zog ihn an der Hand hinter mir aus dem Hinterhof. Kurz vor der Station ließ er mich los. Ich sah ihn mit meinen verheulten Augen an, entschuldigend zuckte er seine Schultern. Ich verstand, wir befanden uns mal wieder in der Öffentlichkeit. Mit meinen nun freien Händen wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht als wir die Treppe hinunter gingen. Am Bahnsteig angekommen zeigte die Tafel 2 min an. Wir blieben an einer Säule stehen und lehnten uns dagegen. Li schenkte mir ein Lächeln welches ich zaghaft erwiderte. Wir sahen uns immer wieder in die Augen und Lis Hand griff nach meiner. Sanft streichelte er sie. Wir hörten den Wind aus dem Ubahn Tunnel und traurig begegnete sich unser Blick. Ich wollte mich wegdrehen aber überraschenderweise war Li schneller und nahm mich fest in den Arm. Zum Abschied gab er mir einen Kuss auf meine Stirn. Ich drehte mich um und stieg ein, stellte mich neben die Türe. Erst als sich die Tür schloss sah ich durch das Fenster. Li stand noch immer da, sah mich an und biss sich traurig drein blickend auf seine Unterlippe. Die Bahn fuhr los, wir beide hoben zaghaft unsere Hand zum Abschied. Wie ich Abschiede hasste...

Herz über Kopf - Am Ende siegt die VernunftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt