~ Chapter X (II): "Es könnte jeden Moment zu spät sein"

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Pov. Maudado

Soll ich ihm sagen, was passiert ist? Oder bringt er sich dann nur in Gefahr, wird super wütend und kann nicht mehr still sitzen...? Ja, das würde passieren... Wie das letzte Mal. Also halte ich lieber meinen Mund...

Ich strich über seine Arme und schaute hoch in seine Augen.

»Zombey, lass uns bitte ein wenig ausruhen. So wie ich das aufgefasst habe, hattest du auch eine schwere Zeit.« Ich strich über seine Wange. »Okay? Mir geht es gut.«

Ich lächelte ihn an und küsste ihn wieder, riss mich dieses Mal schmerzlicher Weise zusammen, als er auf die Stelle griff.

Als wir uns lösten, zog mich Zombey vor die Fensterreihe. Nur schwer konnte man draußen etwas erkennen, da es so dunkel und hier drinnen so hell war und die Scheibe dadurch das Innere spiegelte.

Die Scheibe zog sich von ganz unten, vom Boden, bis hoch zur Decke. Wir konnten unser komplettes, verschwommenes Spiegelbild sehen.

Nur ganz sachte schienen die Sterne durch das Glas und wurden für uns als winzige Lichter sichtbar.

»Siehst du das?«, fragte mich Zombey.

Ich war mir unsicher, was er meinte und musterte unser Spiegelbild.

»Naja... Ich sehe vieles...«

Er musste leicht auflachen. Ich sah fragend zu ihm hoch.

»Schau uns an.« Ich tat, was er sagte.

Er stand dort, seine Hand auf meiner Schulter und kaum erkennbar und winzig, aber doch existierend, zog sich ein sanftes, verschwommenes Lächeln über unsere Lippen. Über uns die Sterne - genau so kaum erkennbar und doch existent. Ich glaubte, zu verstehen, was er meinte.

»Was siehst du?«, fragte er mich.

»Zwei Personen.« Ich machte eine Pause und musste über das schmunzeln, was ich nun sagen würde. Denn mir selbst bereitete es ein Kribbeln in der Brust.

»Zwei Menschen des gleichen Geschlechts, denen man zu aller erst Vorurteile wegen ihrer eindeutigen Haltung an den Kopf werfen würde. Blind dafür, was sie zusammen gebracht hat, was sie gemeinsam und getrennt durchmachen mussten, um wieder zueinander zu finden. Ohne Rücksicht darauf zu nehmen, wie stark sie etwas füreinander empfinden und wie viel sie darum gekämpft haben, genau das aufrecht halten zu können. Im Prinzip einfach zwei Menschen, die sich anscheinend lieben.« Meine Mundwinkel zogen sich nach unten. »Oder zwei Brüder...«

Ich sah zu Zombey im Spiegelbild, betrachtete uns nochmal im Ganzen.

Wir könnten auch genau so gut Geschwister sein. Er mein großer Bruder, der seine Hand nichtsbedeutend auf  die Schulter seines kleines Bruders legt... Wow...

Zombey holte mich mit seinem leisen Lachen aus den Gedanken.

Ich drehte mich zu ihm, er nahm meine Hände und sah in meine Augen mit Lächeln auf den Lippen.

Wie kann er  da nur lachen...?

»Ich bin beeindruckt.«, gab er schmunzelnd zu. »Du hast alles gesagt, was ich hören wollte.«

Hä? Er wollte, dass ich das sage und lacht trotzdem? Das heißt ja, dass ihm schon früh aufgefallen sein muss, dass... was eigentlich?

»I-ich verstehe es nicht, glaube ich...« Er lachte über meine Verträumtheit.

»Du sagtest ja, dass man uns auch von außen her für Geschwister halten könnte...« Ich nickte. »Tja... Ich habe viel nachgedacht und vor allem über den Grund, warum wir uns immer so oft gestritten haben... Und ich habe bemerkt, dass wir nicht nur äußerlich für Geschwister gehalten werden können. Maudado, wir waren auch zwischenmenschlich fast wie Geschwister.«

Ich zog scharf Luft ein.

»Oh Gott... Willst du Schluss machen??«, fragte ich erschrocken daraus schlussfolgernd.

»Nein!...«, reagierte er hektisch aber belustigt. »Ich will dir bloß vorschlagen...« Er atmete tief durch und grinste noch ein Bisschen breiter. »Vorschlagen, dass wir einen Schritt weiter gehen und uns der Öffentlichkeit aussetzen. Und meine Eltern würden dich sicher gerne etwas näher kennen lernen.« Er wartete gespannt auf meine Reaktion.

Ich war auch einverstanden, doch ich hatte schlichtweg Angst wegen der Sache mit der Öffentlichkeit. Ich strich mir eine Strähne hinters Ohr und traute mich nicht richtig, in Zombeys Augen zu sehen.

»Was ist los...?«, fragte er etwas besorgt und ziemlich verunsichert. »Ist dir das mit meinen Eltern zu schnell?«

»Nein! Die Idee ist klasse, Nur... Ich habe Angst, dass sie es nicht akzeptieren werden...«

»Aber meine Eltern wissen es doch bereits von dir und hatten von Anfang an nichts dagegen...«, meinte er verwundert.

»Ich meine alle Anderen... Es heißt zwar, dass wir immerhin uns haben. Und das ist auch toll so, wirklich. Aber... Es stimmt nun mal nicht. Du kannst nicht immer für mich da sein und ich nicht immer für dich... Verstehst du...?«

»A-aber ich kann es versuchen... Und selbst, wenn mich jemand deswegen auslachen würde, dass ich mit dir rumlaufe, oder dich auslacht... Das kann uns doch egal sein, nicht? Wir bauen unser eigenes Leben auf. Und die, die darüber lachen, gehören eben nicht dazu. In der Schule hatten wir so einen Toleranz-Lehrtag gegenüber Gleichgeschlechtlichen Paaren und Menschen mit anderer Hautfarbe... Und Bergmann hat dafür gesorgt, dass die Typen, die mich immer ihren 'Kumpel' genannt haben, diese Asis, von der Schule geflogen sind...« Hektisch suchte er nach anderen überzeugenden Beispielen und Argumenten, doch ich konnte mir mein Kichern nicht mehr zurück halten.

Das ist so niedlich von ihm...

Ich strich über seine Arme.

»Du hattest mich schon ab den ersten Satz.«, schmunzelte ich und küsste den überrumpelten Jungen vor mir.

Letztendlich legten wir uns gemeinsam in mein Bett und schliefen fast ein.

»Danke...«, säuselte ich noch. Er strich sich über die Augen und richtete sich etwas auf.
»Wieso bedankst du dich so oft?«, fragte er etwas verständnislos und verwundert.
»Weil es jeden Moment zu spät dafür sein könnte...«, reagierte ich mit der traurigen und schmerzhaften Wahrheit.


Er hatte das nicht erwartet, das sah man ihm an.


Er legte sich wieder hin und drückte mich näher zu ihm, als davor, gab kein Wort mehr von sich und schlief so mit mir ein.



Es könnte jeden Moment zu spät sein...





Das wars'.


Ich weiß nicht, ob ich morgen noch ein Kapi schaffe, denn abends passiert das, weshalb ich vermutlich aufhören muss und ich muss wieder zur Schule. Also vermutlich nicht.

Wenn nicht, möchte ich hiermit gerne vorsorgen und danke für alles an alle sagen. Ich kann es gar nicht aufzählen, so viele Dinge und so viele Menschis sind es. Wirklich, ich bin so froh... ich meine... auch dass wir Platz 18 in Ff erreicht haben... Wie krass ist das denn?! Nur schade, dass genau in dem Moment, in dem wir das komplett nebensächliche Ziel genau vor Augen hatten und es greifbar nahe war, muss ich aufhören... Es tut mir auch leid für alle die, die da mit gefiebert und gehofft haben.

Ich habe da tatsächlich unabsichtlich auch Hoffnung reingesteckt... Tja... Zeigt mal wieder; Hoffnung sollte man nie haben...


Ich bin euch unheimlich dankbar, jedem noch so winzigen und unbedeutenden und och existierenden Stern da draußen, jeder Rollade und allgemein jedem Menschen, der sich das hier angetan hat und antut.

Danke<3

Forbidden Tears - #Zomdado [boyxboy]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt