Der darauffolgende Tag war einer, an dem ich lieber liegen geblieben wäre, als zum Training zu gehen.
Die Nacht war nicht erholsam, was an meinen Alpträumen lag. Und genau dadurch wurde ich erinnert, dass ich meine Vergangenheit nicht einfach ungeschehen machen kann, egal, wie sehr ich sie verdrängte.
Wenig erholt stand ich am nächsten Tag auf. Müde, wie ich war, wurde ich von den Sturmtrupplern zum Training geschleppt.
Meine Laune war schlecht und sie wurde auch nicht besser, als Kylo mich durch die Halle laufen ließ, mich die ganze Zeit über trietzte und mich immer wieder an meine Grenzen brachte.
Etwas gereizt stand ich auch da, während wir eine kurze Pause machten und etwas tranken, nachdem er mich im Nahkampf immer wieder geschlagen hatte. Seine Kommentare blieben mir dabei nicht erspart.
„Ich habe so das Gefühl, dass du heute etwas... unaufmerksamer bist.", kam es von ihm, als ich mich von ihm weggedreht hatte, um ein wenig meinen Gedanken nachzuhängen. Normalerweise half es, wenn ich mich durch Training ablenkte, eine sehr bewährt Methode, die schon früher geklappt hatte, doch dieses Mal wollte es nicht klappen. Im Gegenteil. Ich wurde nur wütend, gereizt und unaufmerksam.
„Lyria, hörst du mir zu?"
Mit einem überdeutlichen Schnauben drehte ich mich um und sah ihn direkt an. „Was ist?" Innerlich versuchte ich mich wieder etwas zu beruhigen, da es keinen Sinn hätte ihn wütend anzubrüllen, im schlimmsten Falle würde er mich sogar noch mehr Runden laufen lassen, als sonst. Und auf mehr Folter hatte ich keine Lust.
„Ich habe gesagt, dass wir jetzt wieder mit Waffe kämpfen, also hol dein Lichtschwert!" Wie er es wollte, holte ich es sofort mit der Macht und sah ihn auffordernd an. Mit einem Nicken ging er zur Mitte und holte nun auch seines hervor. Mit einem letzten Seufzen stellte ich mich vor ihn und aktivierte es. Sobald auch er sein Lichtschwert aktiviert hatte fing der Kampf an.
Wie erwartet war ich ziemlich unkonzentriert und verlor Runde nach Runde.
„Lyria, versuch dich bitte einfach zu konzentrieren!", bat er, als er mich zum gefühlt hundertsten Mal geschlagen hatte.
„Heute ist nicht so mein Tag..."
„Das habe ich bereits bemerkt." Und mit diesen Worten befestigte er sein Schwert wieder am Gürtel. Meine Klinge erlosch ebenfalls.
„Auf die Wippe!", befahl er sofort, ohne irgendeine Emotion zu zeigen. Augenverdrehend setzte ich mich in Bewegung. Und ich dachte, dass ich unkonzentriert bin sorgt nur dafür, dass er mir nochmal eine Pause geben würde...
„Du magst vielleicht nicht aufmerksam sein, wenn du kämpfst, aber vielleicht liegt es einfach gerade an der Art. Möglicherweise musst du einfach nur mit einer Augenbinde auf einer Wippe stehen und Schüsse abwehren, die du nicht sehen kannst." Verwirrt blieb ich stehen und drehte mich zu ihm. Ohne auf mich zu achten, trat er zu den Kisten und holte die Kugeln hervor.
„Du meinst das doch wohl nicht ernst, oder?", mein Tonfall war grob, doch ihn schien es nicht sonderlich zu stören. Während er mir den Rücken zudrehte aktivierte er die kleinen, biestigen Kugeln und sobald das Surren ertönte, das bekannt gab, dass die Kugeln aktiv waren, drehte er sich doch um. Mit einem halbherzigen Lächeln zückte er die Augenbinde.
„Natürlich meine ich das Ernst!" Wie selbstverständlich machte er mir mit einer Handbewegung deutlich, dass ich mich umdrehen sollte. Leise vor mich hinmurmelnd, wie sehr ich es doch hasste, befolgte ich seine Anweisung. Doch sobald er hinter mir stand und das Stück Stoff vor meinen Augen befestigte, spürte ich kurz etwas in mir hervorkochen. Es war eine kurze Schocksituation. Natürlich war es nicht anders, als sonst mit dem Tuch, doch heute spielte alles verrückt. Und genau das schien auch Kylo zu merken, denn er legte eine Hand auf meine Schulter, sobald die Augenbinde angebracht war.
„Es klingt sehr wohl absurd zu sagen, dass du durch das Tragen einer Augenbinde konzentrierter wirst, aber ich kann dir versichern, dass es klappt.", erklärte er und schon verschwand seine Hand wieder. Beinahe enttäuscht drehte ich den Kopf zur Seite und vermisste diese kure Geste, die mich für einen Augenblick beruhigt hatte.
Schnell, um meine kurze...Stimmungsveränderung zu überspielen sagte ich in scherzenden Ton: „Und was jetzt?! Erwartest du, dass ich hoch konzentriert zur Wippe taumle und mich mit verbundenen Augen direkt ordentlich daraufstelle? Da muss ich dich leider enttäuschen, aber so ein Stück Stoff vor dem Gesicht heißt nicht, dass ich plötzli-" Ich stoppte, da er mein Handgelenk ergriffen hatte und mich nun zu der Wippe führte. Als ich darauf stand und mein Gleichgewicht gefunden hatte, ließ er los.
„Ich wollte eigentlich nur sehen, wie du vergeblich umher taumelst und versuchst dein Gleichgewicht zu finden, ohne Hilfe." Sein beißender Sarkasmus war nicht zu überhören. Ich verdrehte bloß die Augen, was er jedoch nicht mitbekam, da sie abgedeckt waren. Mit einer gewohnten Bewegung zog ich mein Lichtschwert und hörte, wie Kylo die Kugeln startete.
Ein letztes Mal atmete ich tief ein und schloss meine Augen, auch, wenn es nicht gerade nötig war. Und schon begann es. Die erste Kugel surrte um meinen Kopf herum und der erste Schuss kam.
Es brauchte eine Weile, bis ich mich wieder daran gewöhnt hatte und tatsächlich war ich konzentrierter, als bei den Übungen zuvor. Sobald Kylo das auch auffiel startete er sofort die zweite Kugel und es wurde schwerer für mich. Es war so, als würde nun all die Kraft, die ich zuvor nicht benutzt hatte, weil ich zu unkonzentriert dafür war, jetzt hervorkommen.
Mit jedem Schuss, der kam, wurde ich wachsamer und schneller. Unentwegt fuhr ich herum, riss meine Klinge nach oben und duckte mich rechtzeitig. Sobald eine dritte Kugel zu surren begann drehte ich meinen Kopf in Kylos Richtung und sah ihn möglichst genervt an.
Er war dabei eine vierte zu aktivieren, das wusste ich einfach. Und genau das war der Fall, denn nach wenigen Minuten surrten vier Kugeln um mich herum. Von Kylo war nichts zu hören, doch wirklich stark konzentrierte ich mich nicht auf ihn. Diese Ansammlung an Kugeln, die alle ihre Schwierigkeit erhöhten, forderten meine gesamte Aufmerksamkeit. Und doch traf mich kein Schuss.
Doch nach einiger Zeit, als ich gerade zwei Schüsse, die sich zum Glück auf einer Linie befanden, abgewehrt hatte, nahmen meine Ohren etwas war. Es war kein gewöhnliches Geräusch, was Kylo machte, wenn er zusah oder die Kugeln um mich herumflogen.
Ohne vorher lange zu überlegen fuhr ich auf der Wippe herum, verlor dabei fast mein Gleichgewicht und streckte meine freie Hand aus. Sofort stoppte alles um mich herum.
Mit der Hand, in der ich mein Lichtschwert hielt zog ich meine Augenbinde halb nach oben, damit ich wieder sehen konnte. Die Kugeln waren in ihren Bewegungen erstarrt und auch die kleinen Laserschüsse, dich noch abgefeuert wurden, bevor ich sie mit der Macht gestoppt hatte blieben surrend in der Luft stehen.
Doch was mich am meisten fesselte war der rote Laserstrahl, der unmittelbar vor meinem Gesicht war. Er surrte noch und sah gefährlich aus, wie er es auch war. Mein Blick huschte darüber hinaus und am Ende der Halle erblickte ich Kylo, der einen Blaster in der Hand hielt. Er ließ seinen Arm sinken und musterte mich, wobei sich auf seinem Gesicht ein selbstsicheres Grinsen ausbreitete.
„Was sollte das?!", donnerte ich direkt und sah ihn entsetzt an. „Du hast absichtlich auf mich gefeuert!"
Mit einem einfachen Seufzen ging er wieder auf mich zu. Es schien ihm wohl nicht gerade leid zu tun. „Du weißt ganz genau, dass mich dieser Schuss hätte töten können, oder?", fragte ich wütend und ballte meine Hand zu einer Faust.
„Ich habe auf dich geschossen, um etwas auszutesten.", meinte er bloß und machte mich dadurch nur wütender. Meine Hände ballten sich so sehr, dass meine Knöcheln bereits weiß hervortraten.
„Du willst also sagen, dass es dir nicht einmal leid tut, dass du mich mit einem Schuss beinahe getötet hättest, weil du etwas austesten wolltest?! Ich habe gerade bereits gegen VIER solcher Dinger gekämpft" Mit dem Lichtschwert in der Hand zeigte ich um mich herum. „und du schießt einfach so auf mich?! Wenn du nicht gerade eine gute Erklärung bereit hast, dann kannst du Lebewohl zu deinem hübschen Gesicht sagen, weil ich es dir zerkratzen werde! Mit meinen Nägeln! Und dann werde ich dir eigenhändig den Hals umdrehen!"
Je wütender ich wurde, desto unruhiger flackerte der Laserstrahl vor mir, aber es interessierte mich nicht.
„Du wirst auf dem Schlachtfeld womöglich auch nicht immer sicher sein können, dass nur vier Gegner gegen dich kämpfen und niemand von hinten auf dich schießt.", begann er, doch ich sah ihn nur böse an und warf die Arme aufgebracht in die Luft. „Aber das ist nicht der Sinn dieses Trainings!", knurrte ich wütend.
„Das kannst du nicht wissen. Ich bin schließlich der, der dich trainiert und das heißt, dass ich sehr wohl entscheide, was du machst und zu welchem Zweck." Sein Ton war belehrend und hochnäsig, was mich nur aggressiver machte.
„Und deswegen darfst du mich auch einfach abschießen?! Weil es ja alles nach deinen Regeln geht, nicht wahr?" Spöttisch schnaubte ich. „Ich dachte, dass du mich wirklich trainieren willst, aber wie es aussieht willst du nur jemanden haben, auf dem du herumhacken kannst und den du, wenn dir danach ist, mit einem Blaster abschießen kannst! Und ich dachte tatsächlich, dass du mir mit dieser Übung helfen willst!" Nun kochte alles über. Meine gesamte angestaute Verzweiflung und Wut kamen zum Vorschein. „Ich habe wirklich gedacht, dass du mir helfen willst, aber so wie es aussieht, habe ich mich geirrt. Ich bin einfach nur ein jemand, der von dir herumkommandiert werden kann und sich nicht wehrt, aber weißt du was, Kylo-" Nun war es er, der mich unterbrach. In ruhigen Ton redete er auf mich ein. „Das was du da alles sagst stimmt nicht. Ich habe das eben nur gemacht, um dir etwas zu zeigen, um dich stärker zu machen. Lyria, Hör mir zu ich..." Laut fuhr ich dazwischen: „Nein, Kylo, du hörst mir mal zu!"
Wütend ballte ich erneut meine Hand zur Faust und spannte meinen Arm an, als plötzlich der Laserstrahl von mir wegschoss und direkt auf Kylo zuflog. Dieser wich rechtzeitig aus und mit einem lauten Knall explodierte er an der Wand, sodass die Funken zu allen Seiten stoben.
„Wäre das eine Schiffswand, die nach außen zeigt, hätten wir bald ein Luftproblem...", kam es bloß von Kylo, der mit einer hochgezogenen Augenbraue das Loch in der Wand anstarrte. Die Ränder der zerstörten Wand glühten noch und Rauch stieg auf.
„Niemand wird mir glauben, dass das von einem einfach Blasterschuss kommt..." Verwirrt ließ ich schnell die Klinge meines Lichtschwerts einfahren und steckte es an meinen Gürtel, während ich von der Wippe stieg. Mit langsamen Schritten trat ich zu dem großen Loch in der Wand und riss meine Augen auf. „War ich das etwa?!"
Kylo trat neben mich und bestätigte es mit einem Nicken. Gerade wollte ich etwas sagen, als die Kugeln und deren Laserschüsse sich wieder aus der Starre lösten und aufeinanderprallten. Bevor die Kugeln mich wieder anvisieren konnten, ich selbst verstand nie, wie sie das machten, hob Kylo die Hand und ließ sie mit der Macht zu Boden sinken, wo sie liegen blieben.
„So, wie es aussieht hat mein Test Erfolg gehabt..." Erstaunt riss ich mich von dem Einschussloch los und sah ihn an. Wie meinte er das?!
„Das erste, was man als Jedi lernt ist es, keinen Zorn zuzulassen... Statt Wut gibt es nur Frieden..." Abwertend schnaubte er, doch mir wurde noch immer nicht klar, wieso er mir das erzählte. „Die Machtnutzer der dunklen Seite lassen diese Gefühle jedoch zu. Sie sind wütend und nutzen das zu ihrem Vorteil. Aus diesem Grund kommt es oft vor, dass die dunkle Seite mehr Stärke verleiht. Ich für meinen Teil lasse all diese Gefühle zu, doch statt mich zu schwächen machen sie mich nur stärker."
„Und die Kontrollpulte leiden...", murmelte ich bloß. Sofort verengte er seine Augen zu Schlitzen und funkelte mich an. „Du solltest besser still sein, denn du bist diejenige, die gerade ein Loch mit einem bloßen Blasterschuss in die Wand befördert hat, was eher aussieht, als hätte man größere Waffen gehabt..." Mit einem bloßen Augenverdrehen meinerseits war das Thema beendet und er fuhr fort: „Zwar warst du immer schon gut, aber, als ich heute gemerkt habe, wie unaufmerksam du warst, und wie gereizt, da ist mir aufgefallen, dass ich dir zeigen könnte, wie stark du sein könntest, wenn du deinen gesamten Zorn, deine Wut und deine Verzweiflung, von denen du vermutlich heute genug hast, als Waffe nutzt."
„Woher willst du wissen, dass ich wüten bin und nicht einfach nur einen schlechten Tag habe?", hackte ich nach. Selbstsicher grinste er. „Du kannst zwar deine Gedanken vor mir verbergen, aber ich spüre dennoch, was in deinem Kopf vor sich geht... Besonders, wenn du so unaufmerksam wie heute bist und es mir nur noch einfacher machst deine Gedanken aufzufangen." Etwas beschämt sah ich zu Boden, wo bereits einige Stücke vom verkohlten Metall der Wand lagen. Gerade glimmte eine Ecke noch, doch schon im nächsten Moment war es weg.
„Aber, wie du sehen kannst, funktioniert es bei dir. Du musst deine Wut bündeln und somit kannst du großes anstellen." Um seine Aussage zu unterstreichen zeigte er nochmal auf die Wand. „Es wird vermutlich nicht allzu einfach, aber ich bin mir sicher, dass du es immer besser können wirst, ohne, dass ich dich dabei provozieren muss und dann..." Mit einem entschlossenen Ausdruck sah ich ihn an und unterbrach ihn: „Ich werde meine Wut nicht dafür nutzen!" Obwohl in meiner Stimme eine klar und deutlich verständliche Botschaft mitklang, drehte Kylo seinen Kopf verwirrt zur Seite und zog eine Augenbraue hoch.
„Wie meinst du das?" Ich wiederholte meine Worte, nur diesmal langsamer: „Ich werde meine Wut nicht dafür einsetzen!" Er registrierte meine Worte, doch wirklich klar war es ihm nicht, was ich an seinem Gesichtsausdruck erkannte. Unsicher sah er mich an und zog seine Augenbraue kraus, sodass sich Falten auf seiner Stirn bildeten. „Und warum nicht?!" Langsam und beinahe enttäuscht ließ er seinen Arm sinken.
„Ich habe beschlossen, dass ich nicht aus Wut handele.", erklärte ich seufzend. „Naja, zumindest versuche ich es. Und da wird auch hoffentlich dir klar, dass es sich widerspricht, wenn ich mit Absicht trainiere meine Wut zum Kämpfen zu nutzen." Einige Zeit starrte er mich nur an und seufzte schließlich.
„Es hat etwas mit deiner Vergangenheit zu tun..." Sein Blick war starr auf meine Augen gerichtet, wissend.
Woher wusste er das?! Verwunderung spiegelte sich in meinem Gesicht, als ich meine Augenbrauen zusammenzog. Mit einem vielsagenden Blick sah er mich an und tippte mir leicht gegen den Kopf. Innerlich fluchte ich bereits und versuchte nun wieder meine Gedankenbarriere zu errichten.
„Warum?", kam es plötzlich von Kylo, als ich mich umdrehte und gerade wieder zur Wippe ging. Es erschien mir sinnlos noch weiter bei dem großen Loch zu stehen. Ich hatte ihm bereits erklärt, warum ich nicht so trainiert werden wollte und somit meinen Standpunkt klargestellt. Doch, als ich seine Frage hörte, blieb ich stehen. Dennoch antwortete ich nicht. Unsicher, ob ich es ihm wirklich erzählen konnte.
Gemächlich trat er zu den Kisten und setzte sich auf eine, während sein Blick nur auf mich gerichtet war. Ich jedoch starrte bloß auf den Boden.
Ich war hin und hergerissen.
Einmal seufzte ich kurz und ging mit langsamen Schritten ebenfalls zu den Kisten. Wenn er schon so aufgeschlossen war und mich nicht zu einer derartigen Trainingsart verpflichtete, konnte ich ihm wenigstens etwas entgegenkommen. Zudem war ich mir sicher, dass es mir etwas helfen würde, wenn ich von den Dingen erzählen könnte.
„Wie du vielleicht weißt, sind meine Eltern tot", setzte ich an und sah zu Kylo, als ich mich neben ihn setzte. Sein Blick lag wachsam auf mir. „Sie sind nicht einfach so gestorben, denn sie wurden umgebracht." Während ich diese Dinge aussprach spürte ich, wie mich die Erinnerungen wieder in einen Bann ziehen wollten, dem ich mich nur schwer entziehen konnte. „Vor meiner Zeit als Meisterdiebin war ich auch als Kopfgeldjägerin tätig. Das bedeutete, dass ich jede Menge Aufträge ausgeführt habe und demnach auch kaum Skrupel hatte mal eben jemanden umzubringen... Doch da muss ich noch hinzufügen: Ich war kein gewissenloser Mörder, nein, ich habe mich vorerst über alle informiert und dann erst entschieden, ob diese Person es verdient hatte zu sterben oder nicht. Es mag zwar hart klingen, aber ich habe nicht direkt das Todesurteil dieser Person unterschrieben, denn hätte ich nicht bei manchen Gnade gehabt, wären nun viel mehr Menschen tot..." Kurz huschte mein Blick zu Kylo, der mich bloß aufmerksam ansah. Neugierig musterte er mich, während er aufrecht dasaß und sich mir komplett zugedreht hatte.
„Ich verurteile dich nicht dafür, falls du das denkst...", erklärte er sich und hob leicht die Hände. Doch ich selbst wusste, dass diese Zusatzerklärung nicht für ihn gedacht war, es war eher etwas, was ich mir selbst einredete. Ein verzweifelter Versuch noch etwas Gutes zu finden, in meiner... dunkleren Zeit...
„In all diesen Jahren, in denen ich Aufträge entgegengenommen habe und meine Künste verbessert habe, da hatte ich parallel noch ein Ziel, was ich immer verfolgte. Die Mörder meiner Eltern sollten für das, was sie mir und meinen Eltern angetan hatten leiden!
Ich machte also alle ausfindig, die mit in diesem Netz hingen und ließ jeden von ihnen seinen letzten Lebensatem aushauchen. Jeden. Einzelnen!" Erneut spürte ich die Wut und die Verzweiflung in mir aufwallen, die mich zu diesem Handel gebracht hatte und ballte meine Fäuste. Dabei hörte ich nicht auf zu erzählen: „Und so begann mein Rachefeldzug. Leben um Leben nahm ich, bis es niemanden mehr gab. Im Gegenteil zu meinen anderen Aufträgen waren diese Opfer wegen einer persönlichen Sache von mir gestorben. Einige hatten Familie. Aber in diesem Moment war es mir einfach egal, denn sie hatten mir meine genommen! Und so gut es auch klingen mag seine Rache zu bekommen, so schlimm fühlt es sich am Ende dann doch an, wenn man einigen Menschen ein Ende gesetzt hatte, die es nur im Entferntesten verdient haben. Und das war mein Fehler. Die Regel in dem Business besagt, dass man keinen Auftrag persönlich werden lassen sollte, sonst wird man unvorsichtig und... wie auch immer... Die Aufträge waren mehr, als nur leicht persönlich...
Doch nachdem ich diesen Rachefeldzug hinter mir hatte und das erste befriedigte Gefühl verschwand, wurde mir bewusst, was Rache aus einem Macht..." Unsicher starrte ich bloß auf den Boden und seufzte. Obwohl ich nichts mehr erzählte blieb Kylo still, als würde er noch etwas erwarten. Da ich gerade sowieso alles ausplauderte, konnte ich ja noch mehr erzählen...
„Es waren 15. Männer, wie auch Frauen. Und genau diese Dinge, die in meinen dunkelsten Tagen passiert waren, sind neulich wieder hochgekocht und haben mir Alpträume beschert. Ich bin zwar eigentlich besser im Verdrängen, aber heute war es etwas zu viel... Das ist auch der Grund, weshalb ich so unkonzentriert und gereizt bin."
Diesmal beließ ich es dabei und schwieg. Auch Kylo sagte nichts. Stattdessen legte er sanft seine Hand auf meinen Arm und verursachte, dass ich meinen Kopf hob und ihn ansah. In seinen Augen spiegelte sich so viel, doch was es alles war konnte ich nicht erkennen.
„Und das ist also der Grund, weshalb du versuchst Gefühle, wie Wut oder Zorn nicht zuzulassen und als Waffe zu nutzen.", fasste er zusammen. Ich nickte nur. Nachdenklich musterte er mich und fuhr mit seiner Hand zu meiner Schulter, die er leicht drückte. „Gut, wenn du es nicht machen willst, dann musst du das auch nicht..." Erstaunt riss ich meine Augen auf. Hatte ich mich gerade verhört?! Kurz lächelte er.
„Ich bin vielleicht nicht der netteste, aber dennoch kein Monster, das so was von dir verlangt." Noch immer etwas unsicher starrte ich ihn an. „Ja, Lyria, ich meine es ernst." Sobald auch bei mir ankam, dass er es wirklich ernst meinte, stahl sich ein halbherziges Lächeln auf mein Gesicht.
„Und um mich noch beliebter bei dir zu machen: Das Training ist für heute beendet." Das kam unerwartet, weshalb ich ihn erstaunt anstarrte.
„Ich denke, es ist besser, wenn du dich nicht nur mit dem Training beschäftigst. Du solltest mal eine Pause machen. Jeden Tag hast du Training, aber dieses Mal solltest du ein wenig Zeit bekommen, um nicht immer so bedrängt zu werden..." So ganz konnte ich seiner Erklärung nicht folgen. „Aber ich kann weiter trainieren! Meistens lenkt es mich von solchen Erinnerungen ab..." Kurz dachte er nach, doch dann schüttelte er den Kopf.
„Du solltest deinen Schlaf nachholen, der dir durch diese Alpträume fehlt..."Still lief ich neben ihm her und ging meinen eigenen Gedanken nach. Eine angenehme Stille herrschte zwischen uns, als wir durch den Gang liefen. Es war wirklich befreiend zu wissen, dass dieses Geheimnis, was ich nicht einmal komplett Poe erzählt hatte, nun endlich mit jemandem teilen konnte. Und so merkwürdig es auch klang, ich hatte das Gefühl von ihm verstanden zu werden. Andere Menschen würden mich vermutlich mitleidig oder abwertend ansehen, doch Kylo nahm es auf und verstand mich einfach. Möglicherweise war es genau das, weshalb ich das erste seit ewigen Zeiten das Gefühl hatte, dass meine dunkle Vergangenheit doch etwas weiter warten müsste, bis sie mich wieder einholen würde.
Als wir in den Gang einbogen, wo sich unsere Zimmer befanden fing Kylo doch an zu sprechen.
„Ich werde morgen auch wieder nicht zum Training kommen. Also wird morgen nichts stattfinden..." Verwundert richtete ich meinen Blick auf ihn. „Du kannst also den morgigen Tag für dich nutzen und einfach entspannen..." Es wunderte mich, wie er mich immer wieder dazu aufmunterte etwas Ruhe zu bekommen, doch gleichzeitig freute es mich auch.
Vor meiner Tür blieben wir wieder stehen.
„Also dann, bis zum Training in zwei Tagen..." Kylo nickte nur und sah mir direkt in die Augen. Seine Hand legte er erneut aufmunternd auf meine Schulter. Und auch sein offenherziges Zucken der Mundwinkel war als Aufmunterung gemeint. Ein kurzes Lächeln trat auf mein Gesicht.
„Danke, Kylo.", murmelte ich noch und nickte ihm zu, bevor ich mich umdrehte und mein Zimmer betrat.
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It's You (Kylo Ren ff)
FanficMan kennt sie unter vielen Namen, doch kaum jemand kennt sie wirklich. Eine, die im Schatten lebt, die von niemandem gesehen wird. Und doch wurde sie von einer Person gefunden. In Zeiten des Krieges werden harte Maßnahmen gefordert. Der Widerstand h...