✨Kapitel 46

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Mit schnellen Zügen schwamm ich nach oben und schnappte nach Luft. Das Rauschen des Wasserfalls war nun viel lauter. Ich sah kurz nach oben und konnte die Rufe der Männer entfernt hören. Doch, das interessierte mich nun weniger. Wo war Kylo?! Hektisch sah ich mich um. In Gedanken rief ich nach ihm. Doch er antwortete einfach nicht und mich beschlich die Panik. Ich drehte mich im Wasser und versuchte ihn irgendwo auszumachen, während ich ihn immer wieder mit meinen Gedanken rief.
Plötzlich tauchte er vor mir auf. Wasser spritzte und ich sah, dass er seine Maske abgenommen hatte. Seine Haare tropften nass, als er den Kopf schüttelte und nach Luft schnappte. Scheint so, als würde die Maske nicht das Wasser draußen halten.
„Du bist doch verrückt!", sprach er. Gerade wollte ich etwas erwidern, als Schüsse neben uns eintrafen und Wasser aufspritzten. „Die wird man einfach nicht los!", brummte er.
Wir waren hier einfach ein zu großes Ziel. Da sie uns nun sahen, wäre es nicht sinnvoll, wenn wir weiterhin in ihrer Sicht blieben würden.
„Tauch unter!", befahl ich, nahm nochmal einen tiefen Atemzug und tauchte selbst unter. Das Wasser war nicht unbedingt so klar, wie ich es kannte, dennoch konnte ich sehen, dass Kylo nun auch untergetaucht war und immer wieder Schüsse neben uns eintrafen.
Folg mir! Und tauch nicht auf!
Kylo hatte meine Gedanken verstanden und schon schwamm ich los. Es wurde immer dunkler, bis ich schließlich kaum mehr sehen konnte. Erst, als ich unter meinen Händen den rauen Stein fühlte, hangelte ich mich daran nach oben und stieß durch die Wasseroberfläche.
Wenig später tauchte auch Kylo neben mir auf. Wir befanden uns hinter dem Wasserfall. Vor uns erstreckte sich eine Höhle. Erstaunt riss Kylo die Augen auf.
„Hier werden sie uns nicht finden." Mit den Worten kletterte ich aus dem Wasser und setzte mich auf den nassen Stein. Als Kylo auch an den Steinen emporstieg, sah ich, dass er seinen Helm unter dem Arm hielt. Dieses lästige Teil wurde ich auch echt nicht los...
„Woher wusstest du, dass das hier ist?" Neugierig sah er sich um, während er seinen nassen Handschuh auszog und neben sich legte.
„Ich bin hier früher immer hingegangen.", erklärte ich und wrang meine Haare aus. „Es ist ein gutes Versteck." Mit einem traurigen Lächeln sah ich mich nun auch um. Es hatte sich kaum etwas geändert. „Wir sollten vielleicht in die Höhle gehen, damit sie uns wirklich nicht finden...", begann ich, als ich meine gesamte Kleidung, so gut es ging, vom Wasser befreit hatte. Ohne auf eine Antwort von Kylo zu warten stieg ich durch den Eingang in das dunkle.
Ich zog mein Lichtschwert und aktivierte es. Das goldene Licht erhellt die Höhle ein wenig und ich riss die Augen auf. Alles sah noch so aus, wie damals. Selbst die Stöcke, dich ich immer als Fackel genutzt hatte, waren noch da. Je weiter ich reinging, desto leiser wurde der Wasserfall.
„Hier können wir uns hinsetzen." Ich deaktivierte mein Lichtschwert wieder, dennoch war es nicht ganz dunkel. Durch einen Spalt in der Decke fiel Licht herein. Müde ließ sich Kylo an der Wand nach unten rutschen und schloss für einen Augenblick die Augen. „Ich hoffe, dass sie mein Schiff nicht in die Luft jagen..." Er seufzte genervt. Für einen Moment schwiegen wir beide und gingen unseren Gedanken nach, bis wir uns ansahen. Nach den vielen Anspannungen von Eben konnte ich nicht anders als zu lachen. Auch Kylo stieg mit ein. Wir beide waren erschöpft und das machte sich gerade bemerkbar.
„Ich kann es nicht fassen, dass wir bis jetzt nicht eine einzige Mission hatten, auf der alles glatt lief."
„Ich bin immer noch der Meinung, dass das an dir liegt." Ich erwiderte sein Lächeln.
Als wir uns wieder beruhigt hatten, sah Kylo zum Eingang. „Was sollen wir jetzt machen? Denkst du, sie sind noch da?"
„Ich würde noch nicht nach draußen gehen. Sie könnten noch in der Nähe sein. Und wohin würdest du denn überhaupt gehen wollen?"
„Zurück zum Schiff?"
„Das wird vermutlich bewacht. Es wäre wirklich sinnvoller, wenn wir erst morgen in der Früh wieder aus der Höhle zum Schiff gehen. Sie werden dann eher davon ausgehen, dass wir ertrunken sind." Kylo stimmte mir nur wiederwillig zu. „Und was machen wir jetzt? Du schlägst doch nicht vor, dass wir hier übernachten, oder?!" Unzufrieden sah er sich um. Natürlich waren die kalten, unebenen Wände nichts im Vergleich mit dem Luxus bei der ersten Ordnung. Dennoch sollte er froh sein, dass wir einen Ort haben, an dem wir sicher übernachten können, ohne eine Wache aufzustellen, falls uns jemand findet, denn diese Höhle kennt kaum jemand.
„Es ist nicht unbedingt luxuriös, aber man kann es sich hier bequem machen.", sagte ich deshalb nur und zuckte mit den Schultern. Essen hatten wir keines, aber wir brauchten auch nicht so bald welches. Immerhin gab es Wasser im Überfluss um uns herum. Ein kalter Luftzug brachte mich zum Zittern. Kylo erging es wohl nicht anders, denn wir beide tränkten noch immer den Boden mit unserer Kleidung. Selbst Kylos Haare waren noch nass, denn sie tropften vereinzelt.
„Wir können eher schlecht ein Feuer machen, oder?", fragte er und sah dabei skeptisch durch den Spalt. Wir hätten wenigstens einen Abzug, aber dennoch könnte der Rauch auf uns aufmerksam machen. Das dachte er sich wohl auch, denn er schüttelte bloß den Kopf. „Also unsere Situation könnte kaum besser sein." Ein genervter Ton schwang in seiner Stimme mit, als er sich erneut missmutig umsah. „Gefangen in einer Höhle, in der es kalt und unbequem ist. Mit nasser Kleidung und keiner Möglichkeit ein Feuer zu machen!" Ich musste schmunzeln. Dieser Anblick war wie immer erheiternd. Er war doch ein wenig verwöhnt...
Sofort fuhr er zu mir herum und schoss mir einen warnenden Blick zu: „Das habe ich gehört!" Ich konnte jedoch nur lachen. So misslich war unsere Lage im Moment nicht. Ich machte mir mehr sorgen über den nächsten Tag, wenn wir wieder zum Schiff wollten...
Es war aber tatsächlich ein wenig kalt, weshalb ich mich wiederaufrichtete und in den Gang spähte. Ich war mir sicher, dass meine Erinnerung mich nicht täuschte und wollte gerade losgehen, als Kylo mich zurückhielt: „Wohin gehst du?" Verwirrt sah er hinter mich, doch dort sah er nur das Dunkel. Kein Grund für mich dort hinzugehen. „Wenn wir dem Tunnel folgen, dann kommen wir zu einer heißen Quelle..." Ich lächelte. „Dir ist doch kalt, oder?" Er runzelte die Stirn, doch ich machte ihm mit einer Kopfbewegung verständlich mir zu folgen. Gemeinsam tapsten wir durch den Tunnel, bis ich mir beinahe den Kopf an der Decke stieß. Ab jetzt mussten wir uns ducken.
„Vorsicht, Kylo, ab hier müssen wir auf dem Boden krabbeln.", gab ich bescheid und hörte Kylo leise grummeln. „Machst du das absichtlich? Um zu sehen, wie ich mich noch mehr erniedrige indem ich wie ein kleines Kind laufe?" Ich lachte leise auf und konterte: „Natürlich nicht. Du hast dich schon öfter erniedrigt, indem du gegen mich verloren hast und außerdem ist es doch nur angemessen, dass du dich auch wie ein kleines Kind fortbewegst, wenn du immer wie eines bist." Ich hörte ihn empört nach Luft schnappen, als er stoppte, doch ich krabbelte einfach weiter. Der harte Stein rieb an meinen Knien und kleine Steine bohrten sich in meine Handfläche, doch ich ignorierte es. Durch das kalte Wasser war meine Hand auch ein wenig ausgekühlt und so spürte ich den Schmerz nur sehr dumpf.
Nach einiger Zeit, in der wir nur still durch den kleinen Tunnel gekrochen waren und ich Kylo hinter mir immer wieder leise fluchen hörte, wurde es langsam heller. Nun konnte ich die Umrisse meiner Hand wahrnehmen. „Kommt es mir nur so vor, oder wird es gerade wärmer?", kam es von Kylo, der dicht hinter mir war.
„Nein, es wird wirklich ein wenig wärmer. Wir sind also im richtigen Tunnel!" Angetrieben durch den Willen endlich die warmen Quellen zu erreichen, bewegte ich mich schneller voran. Am Ende des Tunnels konnte ich sehen, wie das Licht stärker wurde und stellte fest, dass es uns schließlich möglich war wieder aufrecht zu gehen. Wir traten aus dem dunklen Teil der Höhle hinaus in eine noch größere Höhle. Ein großes Loch war an der Decke, durch das Licht einfiel und das Wasser vor uns zum Leuchten brachte.
Die heißen Quellen. Dampf stieg davon auf. Ich drehte mich mit einem zufriedenen Lächeln zu Kylo, der erstaunt auf das Wasser sah.
„Na los, wir sollten uns mal aufwärmen.", meinte ich und ging nach unten. Der Fels war ebenfalls warm, weshalb ich meine nasse Kleidung einfach auszog und auf dem trockenen Stein ausbreitete, sodass ich nur noch in Unterwäsche dastand. Es war für mich so selbstverständlich die Kleidung zum Baden auszuziehen, dass mir erst, kurz bevor ich meine Füße ins Wasser tauchte auffiel, dass Kylo wie angewurzelt stehengeblieben war. Er schien peinlich berührt zur Seite zu sehen und jeden Blickkontakt zu vermeiden.
„Was ist?!", fragte ich verwirrt, als ich seinen Blick bemerkte. Waren seine Wangen leicht rot? Kylo schluckte und wollte etwas sagen, als ich zu Grinsen begann. „Lenke ich dich etwa ab?" Mit einem feixenden Blick zog ich die Augenbraue nach oben. Das schien ihn nun aus seiner Starre zu lösen, denn er trat ebenfalls zu der Stelle, an der meine Kleidung ausgebreitete lag. „Ähm...nein. Natürlich nicht!" Schnell wandte er seinen Blick ab und zog sich auch sein Oberteil umständlich aus.
„Die Steine sind etwas wärmer, also kann die Kleidung etwas trocknen, wenn du sie ordentlich ausbreitetest!", erklärte ich ihm und tauchte meinen Fuß ins Wasser. Es war angenehm warm.
„Woher weißt du, dass diese Quellen hier sind?!", fragte Kylo, während er seine Hose auszog und sich umsah. Er sah überall hin, nur nicht zu mir.
„Ich war hier schon früher. Und es scheint so, als hätte sich kaum etwas hier verändert..." Und mit den Worten ließ ich mich ganz ins Wasser gleiten. Sofort umfing mich die Wärme und ein wohliger Schauer lief mir über den Rücken. Das Becken war so tief, dass ich gerade so darinstehen konnte. Ich schwamm auf die andere Seite und setzte mich dort auf einen Stein, der nicht so unbequem war. Von dem Platz aus konnte ich gut sehen, wie Kylo, nun nur noch in schwarzer Unterwäsche, zum Wasser ging und vorsichtig seine Beine eintauchte. Ein leichtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht, als er ganz untertauchte. Er seufzte wohlig, als er wieder auftauchte und seine nassen Haare aus dem Gesicht strich. Da er um einiges größer war, als ich, schaute sein Oberkörper zur Hälfte aus dem Wasser. Die Wassertropfen liefen an ihm herunter. Er begann zu lachen, was meine Aufmerksamkeit wieder auf sein Gesicht lenkte.
„Lenkt dich mein Anblick ab?" Er sah mich mit dem gleichen, feixenden Blick, wie auch beim Training an, während er sprach. Grinsend schüttelte ich den Kopf. „Es wundert mich doch sehr, dass du auf deiner Unterhose nicht das Zeichen der ersten Ordnung trägst..." Ich musste mir ein Lachen verkneifen, als er mir einen bösen Blick zuwarf. „Soll ich noch etwas über deine Unterwäsche sagen?"
„Ich bitte drum." Erneut begann ich zu lachen. Kylo ließ seinen Blick einmal an mir herunterwandern, obwohl er durch das trübe Wasser kaum etwas erkennen würde. Er öffnete leicht den Mund, doch dann sah er schnell weg und nuschelte dabei: „Sie steht dir." Ich konnte nicht anders, als zu lachen. Wurde er gerade rot?
„Es ist doch immerhin schön zu sehen, dass du rot wirst, obwohl du mich nur in Unterwäsche siehst. Ein erneuter Beweis, um mein Gewissen zu beruhigen, dass ihr keine Kameras in meiner Dusche angebracht habt.", scherzte ich und zwinkerte ihm dabei zu. Nun sah er doch zu mir. „Ich muss doch irgendwie meine Tarnung aufrecht halten, sonst kommst du uns mit den Kameras noch auf die Schliche." Er lächelte. „Bestimmt, das muss es sein." Wir beide starrten uns nur lächelnd an, ohne etwas zu sagen.
Nach einiger Zeit ging jeder seinen Gedanken nach. Ich lehnte mich nach hinten und wollte meinen Kopf auf dem Stein hinter mir abstützen, aber etwas piekte unangenehm. Erstaunt fühlte ich in meinen Haaren und stellte fest, dass sich dort einige trockene Äste verheddert hatten. Durch meinen Zopf und die verknoteten Haare bekam ich sie nicht heraus, also machte ich meinen Zopf auf. Als Plötzlich etwas ins Wasser plumpste, sah ich verwirrt auf. Es brauchte einen Moment, bis ich merkte, was es gewesen war. Meine Haarnadel! Sie lag nicht mehr auf dem Stein neben mir! Erschrocken sah ich ins Wasser. Da! Etwas glänzte kurz auf.
Ohne zu zögern tauchte ich hinterher. Sobald auch mein Kopf Unterwasser war, wurden alle Geräusche ausgeblendet. Das Wasser brannte unangenehm in meinen Augen, dennoch fixierte ich meinen Blick auf die Nadel, die durch das Wasser trieb und durch die Strömungen in den tieferen Teil der Quelle, sank. Hektisch schwamm ich zu ihr und versuchte sie mit meinen Händen aufzufischen. Ich schaffte es auch und umklammerte sie mit meinen Händen. Erleichtert wollte ich wieder zurückschwimmen, als ich etwas sah. Vor mir erstreckte sich eine dunkle Höhle. Es sah aus, wie das dunkle Maul eines Monsters. Am Rand wuchsen, dunkle und verwucherte Algen. Ein Anblick, der mich gleichzeitig erschreckte und doch auch anzog. Die Strömung, die unten viel stärker war schien mich ebenfalls in diese Richtung treiben zu wollen. Doch ich fühlte mich unsicher. Ohne auf meinen Luftmangel zu achten, starrte ich weiterhin das dunkle Loch vor mir an. Diese vollkommene Stille um mich herum ließ mich noch mehr, wie in Trance wirken. Meine nun offenen Haare wurden von der Strömung in Richtung Höhleneingang getragen und schwebten nun vor meinem Gesicht, wie eine wehende Fahne im Wind. Ich hob meine Hand und ließ meine Haare um meine Finger wabern. Ein Anblick, der mich verzauberte, wie die Macht, die ich beim Meditieren immer sehen konnte, nur dunkler.
Wie kommt es, dass ich nie von einer Höhle wie dieser gewusst hatte?
Es musste in Eingang sein, vermutlich würde dahinter eine weitere Höhle sein. Neugierde ergriff von mir Besitz, als ich gerade darauf zuschwimmen wollte. Plötzlich spürte ich, wie sich zwei starke Arme um meine Hüfte schloss und ich nach oben gezogen wurde. Sofort wurde ich aus meiner Trance gerissen und merkte sofort, dass mir die Luft ausging. Desorientiert sah ich mich um und schon brachen wir durch die Wasseroberfläche. Sofort schnappte ich nach Luft. Noch immer wurde ich mit dem Rücken an den Körper von Kylo gedrückte, als er mit einigen Zügen rückwärts schwamm, bis ich wieder stehen konnte. Erst da ließ er mich los und entließ mich aus seiner Umklammerung. Schnell öffnete ich meine Hand und stellte beruhigt fest, dass ich die Haarnadel noch immer festhielt. Erleichterung überströmte mich sofort und ich begann zu Lächeln, während ich noch immer schnell atmete. Ich hatte mich nur darauf fokussiert und erst jetzt merkte ich, dass Kylo mit mir sprach. Da ich nicht reagiert hatte, umfasste er mein Gesicht mit beiden Händen und zwang mich so ihn anzusehen.
„Geht es dir gut?!" Sein Haar hing ihm durcheinander im Gesicht und Wasser tropfte von ihnen auf mich herunter, da er mich überragte. In seinen Augen lag ein besorgter Blick, weshalb ich mich dazu aufraffte ihm zu antworten.
„Ja..." Ich blinzelte mir das Wasser aus den Augen, während es Kylo nicht zu stören schien, denn er starrte mich noch immer an.
„Was sollte das?!" Er atmete noch immer hektisch. „Warum hast du nicht geantwortet?!" Wovon sprach er? „Ich habe versucht dich in Gedanken zu erreichen, als du so plötzlich abgetaucht warst, aber du hast mir einfach nicht geantwortet! Das einzige, das ich wusste ist, dass du nur unter Wasser warst und nicht aufgetaucht bist!" Er schluckte. „Ich hatte Angst um dich, Lyria! Warum hast du mir nicht geantwortet?!" Ich war von der Situation überfordert und schüttelte langsam den Kopf.
„Ich habe dich nicht gehört...", versuchte ich zu erklären. Kylo runzelte die Stirn, als wüsste er nicht, wie das möglich wäre. „Das nächste Mal antworte ich, ok?" Ich versuchte ihn anzulächeln, aber ich konnte nicht aufhören an das schwarze Loch vor mir zu denken. Er wirkte nicht sehr beruhigt, dennoch nickte er langsam. Erneut bekam ich Wasser von ihm ab und blinzelte. Ihm fiel wohl auch auf, dass er mir sehr nah war und so lehnte er sich wieder etwas weg. Sein Mundwinkel umspielte ein Lächeln, als er sich vorlehnte und in meine Haare griff. Wenig später hielt er mir einen kleinen Ast vor mein Gesicht.
„Netter Haarschmuck." Nun begann ich doch zu lächeln, als ich es ihm aus der Hand nahm. „Das ist der Grund, wieso ich meine Haare überhaupt aufgemacht habe...", begann ich und griff nach hinten, um weitere Sachen aus meinen Haaren zu fischen. Sogar ein wenig gesplitterte Rinde fand ich dort.
„Und ich dachte du machst es, um mich zu beeindrucken. Erst ziehst du dich aus und dann öffnest du ganz elegant deine Haare." Ein anzügliches Grinsen erschien in seinem Gesicht. „Das hättest du wohl gerne! Dabei bist du es doch, der sich ausgezogen hat und..." Ich stoppte, da ich nicht wusste, wie ich weiterreden sollte. Stattdessen starrte ich ihn nur böse an, als er zu lachen begann. „Und, was? Du hast dich immerhin zuerst ausgezogen..." Damit hatte er recht. Ich sah ihn für einen Moment einfach an, unfähig etwas zu erwidern, bis ich mich wegdrehte. Ich schwamm zurück zu meinem Platz und sammelte dort weitere kleinste Äste aus meinen Haaren. Gemächlich lief Kylo durch das Wasser auf mich zu.
„Wie? Ich bekomme trotz meiner edlen Rettungsaktion keinen Kuss?", fragte er und sofort schoss mein Kopf in die Höhe. „Vergiss es!", fauchte ich und machte mich weiterhin daran ein Blatt aus meinem Haar zu friemeln. „Ist ja auch zu schade... Und ich dachte, dass du mir dankbar bist..." Ich tat es mit einem Kopfschütteln ab.
Nach einiger Zeit wurde es immer dunkler und ich sah nach oben. Die Sonne ging bereits unter. Wir wärmten uns noch einige Zeit auf, bis die Sonne nun ganz verschwand. Erst nach einiger Zeit, als unsere Haut schon schrumpelig war, beschlossen wir aus dem Wasser zu gehen. Ich tauchte nochmal ganz unter und ließ das Wasser meine Haare auswaschen und verbliebene Reste des eingesammelten Waldes, ausspülen. Als ich aus dem Wasser steigen wollte, merkte ich, dass ich abrutschte, da meine Hände keinen Halt fanden und prallte unmittelbar gegen Kylo. Er sah mich grinsend von oben herab an.
„Brauchst du vielleicht Hilfe, um aus dem Wasser zu kommen?" Er hielt mir seine Hand hin, die ich nur ungern ergriff. Er hob mich, was aufgrund seiner Größe leichter ging, an der Hüfte einfach aus dem Wasser. So, als würde ich nichts wiegen. Erstaunt sah ich ihn an, als er sich selbst blitzschnell am Rand hochzog. Ich wrang meine Haare aus und ging zu meiner Kleidung. Da ich kein Handtuch hatte, musste ich sehen, wie ich mich abtrocknete. Während ich mich anzog, drehte sich Kylo erneut weg von mir.
„Wow, ein richtiger Gentleman.", witzelte ich, während ich mir mein Oberteil anzog. Sofort tränkte meine noch nasse Unterwäsche meine Kleidung, die verhältnismäßig getrocknet waren. „Zuerst hilfst du einer Lady aus dem Wasser und dann nutzt auch noch nicht die Gelegenheit ihr beim Anziehen zuzusehen. Dieses Verhalten bin ich ja gar nicht von dir gewohnt." Kylo warf einen kuren Blick über die Schulter und stellte fest, dass ich nun komplett angezogen war, weshalb er sich ganz umdrehte.
„Ist dieses Verhalten denn einen Kuss wert?" Er zwinkerte mir zu, während er zu seiner Kleidung lief. „Da muss ich dich leider enttäuschen..." Breit lächelnd sah ich ihm zu, wie er versuchte in seine Hose zu kommen. Es war ein Anblick, den ich nicht vergessen würde. Der große Kylo Ren versucht mit nassen Beinen in seine trockene Hose zu kommen. Als er es nun endlich geschafft hatte, drehte er sich zu mir um. Im Gegensatz zu ihm hatte ich mich nicht umgedreht.
„So wie du mir dabei zusiehst, wie ich mich anziehe, kann ich es mir doch sehr wohl vorstellen, dass du einen Kuss von einem Gentleman haben willst..." Lachend schüttelte ich den Kopf und entgegnete: „Wenn du so dringend etwas küssen willst, dann küss doch den Boden."
„Aber er ist nicht so bezaubernd, wie du!" Mit den Worten griff er nach seinem Oberteil. Ich wandte grinsend das Gesicht ab und holte aus meiner Jackentasche das Bild raus, das ich aus dem Haus mitgenommen hatte. Das Papier war durchweicht, doch die Linien nicht verwischt. Vorsichtig breitete ich es auf dem warmen Stein aus und legte meine Haarnadel darauf, damit es nicht wegwehte. Traurig strich ich es glatt.
„Wer ist das?", kam plötzlich die Frage von Kylo, der hinter mich getreten war. Er musterte das Bild neugierig. „Meine Familie.", antwortete ich wahrheitsgemäß. Er setzte sich neben mich, als ich auf die Quelle vor mir sah. „Ist die Frau auf dem Bild deine Mutter? Elowyn?" Sofort huschte mein Blick zu ihm, als er den Namen aussprach. „Der Name steht auf der Haarnadel. Sie sieht der Frau aus deinen Gedanken ähnlich, also dachte ich..." er brach ab, als er meinen Blick sah und schaute zu Boden. Woher kannte er denn meine Gedanken über sie?!
„Hat sie das Bild gemalt?" Ich nickte nur stumm und starrte angestrengt auf das Wasser, das leicht durch den Wind bewegt wurde, um nicht zu weinen. Kylo schien es zu spüren, denn er sagte nichts mehr, sondern schwieg.
„Wir sollten uns vielleicht hinlegen und schlafen.", begann Kylo und sah sich dabei um, „Ich kann gerne die Nachtwache übernehmen..."
„Wir brauchen keine Nachtwache. Dieser Ort ist von außen nur sehr schwer zu betreten und sie werden sicherlich nicht denken, dass wir hier sind..." Damit gab Kylo sich zufrieden und wir suchten uns einen Platz, an dem der Stein nicht zu unbequem war und wir uns anlehnen konnten. Doch noch immer wollte ich nicht schlafen. Kylo versuchte kurz auf mich einzureden, aber es brachte ihm nichts, also ließ er es bleiben. „Warum bist du nur so stur?" Ich grinste schwach und starrte weiterhin an die Wand gelehnt hinaus auf das Wasser. „Weil ich etwas sehen will..." Ich hörte, wie er sich zu mir drehte und konnte mir seinen Blick genau vorstellen. Er wollte gerade ansetzen etwas zu sagen, als ich ihn stoppte. „Shhh, du musst leise sein, wenn du sie sehen willst!", zischte ich ihm zu, woraufhin er den Mund hielt, mich aber dennoch verwirrt von der Seite betrachtete. „Hab Geduld..." Und nach kurzer Zeit, die wir beide nur still nebeneinandergesessen hatten, sahen wir es. Ein kleines Licht, das aufleuchtete. Und mit der Zeit immer mehr. Ich hörte, wie Kylo neben mir überrascht nach Luft schnappte, je mehr auftauchten. Es waren Glühwürmchen, die alles in ein blaues Licht tauchten. Sie schwebten langsam durch die Gegend und ihr Licht wurde vom Wasser, das nun ganz ruhig vor uns lag, gespiegelt. Alles um uns herum sah aus wie ein Sternenhimmel.
„Das sieht aus, wie... wie echte Sterne. Als würde ich auf der Finalizer aus dem Fenster schauen!", staunte Kylo. Mit einem Lächeln betrachtete ich alles. Dieser Anblick hatte eine beruhigende Wirkung auf mich und doch spürte ich erneut die Trauer aufkommen. Gedankenverloren strich ich mit meinen Fingern über mein Schlüsselbein, wie sonst auch, wenn ich mich erinnerte. Dies schien auch Kylo aufzufallen, denn er sah mich verwirrt an. „Was hast du da?", fragte er leise, seine Stimme nicht mehr als ein Flüstern. Er lehnte sich ein wenig zu mir und ich konnte in dem schwachen Licht sogar seine besorgte Miene ausmachen. „Bist du verletzt?" Still schüttelte ich den Kopf.
„Nicht mehr..." Ich schloss meine Augen und eine einsame Träne lief aus meinem Auge. „Eine alte Verletzung?" Erneut nickte ich nur. Kylo blieb für einen Moment stumm, doch dann begann er wieder leise zu sprechen: „Wer ist das Kind auf dem Bild gewesen?" Ich zögerte mit meiner Antwort. „Du musst nur antworten, wenn du willst. Ich weiß, dass es dir unangenehm ist, also..."
„Mein Bruder." Kylo hielt inne. „Du hast einen Bruder?" Ich nickte erneut, wobei mein Blick nie die Glühwürmchen verließ. „Was ist aus ihm geworden?" Das war der Moment, in dem ich die Tränen nicht mehr aufhalten konnte. Still liefen sie mir die Wange runter.
„Er ist tot." Ich spürte, wie Kylo sich neben mir anspannte, als ich das sagte. Vorsichtig rutschte er noch näher zu mir, sodass sich unsere Schultern berührten. Eine Berührung, die mich tröstete. „Darum habe ich auch diese Narbe..." So belastend es auch war alles wieder und wieder zu erleben, so entlastend war es, dass ich mich nun endlich jemanden anvertrauen konnte. Also begann ich zu erzählen: „Damals haben meine Eltern nicht nur mich weggeschickt. Ich sollte meinen Bruder mitnehmen und uns beide verstecken. Ich habe natürlich gespürt, dass damals etwas nicht stimmte, aber ich bin dennoch gegangen und habe ihn mitgenommen... Wir waren fast an unserem Versteck angekommen, als die Schiffe über unsere Köpfe flogen." Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht, als ich mich erinnerte. „Natürlich wusste ich, was kommen würde, aber meine Eltern hatten mir eine Aufgabe übergeben! Ich wollte ihn so sehr festhalten, aber er hat sich gewehrt und wollte wieder nach Hause zu unseren Eltern..." Meine Stimme zitterte, doch ich sprach weiter „Und dann irgendwann habe ich den großen Fehler gemacht und seine Hand nur ganz kurz losgelassen, damit wir nach unten klettern konnten. Und das war der größte Fehler, den ich begehen konnte. Denn ich war abgelenkt und dann ist er losgerannt! Er ist zurück. Und ich konnte ihn nicht aufhalten! Ich wollte ihn so sehr aufhalten, aber ich konnte es nicht!" Verzweifelt sah nach oben und versuchte meine Tränen wegzublinzeln. „Und, weil ich ihm hinterhergerannt war, kamen wir wieder zurück zum Dorf. Dort, wo die erste Ordnung bereits war und meine Eltern hinrichteten. Ich musste es mitansehen! Doch einer der Sturmtruppler wurde auch mich aufmerksam und schoss auf mich. Der Schuss traf mich an meinem Schlüsselbein und ich fiel den Hang hinunter, wo ich bewusstlos wurde. Das nächste, an das ich mich erinnere ist, dass ich aufwache und mein Dorf in Flammen steht. Überall lagen Leichen herum! Ich wartete einen Tag, bis jemand kam. Der Widerstand kam vorbei und Poe fand mich. Er nahm mit zum Widerstand." Meine Tränen versiegten langsam, doch Kylo blieb still. Er legte bloß seinen Arm um mich und zog mich näher an ihn. Ich genoss diese Berührung sehr, da sie eine beruhigende Wirkung auf mich hatte. Erst nach einiger Zeit brach Kylo das Schweigen: „Du hast damals mit den Polarlichtern geredet. Hast du da deinen Bruder gemeint? Du hast dich bei deinen Eltern entschuldigt, dass du ihn nicht zurückhalten konntest, oder?"
„Ja." Meine Stimme war nicht mehr als ein Hauchen.
„Ich bin mir sicher, dass sie dir verzeihen..." Mein Blick wanderte zu ihm, doch er starrte nur auf die Glühwürmchen. „Du glaubst also daran, dass man so mit den Verstorbenen sprechen kann?"
„Ja. Ich hoffe es doch sehr." Nun sah er mich direkt an, seine Augen nur matt von dem blauen Licht erhellt. „Weißt du, damals, als ich dich verhört habe, habe ich sie gesehen. Deine Mutter. Elowyn." Ich erinnerte mich an den Verhör. Er wollte damals herausfinden, wie ich heiße und hat ihren Namen dafür in den Dreck gezogen. Ich erinnerte mich noch gut an die Art, wie er den Namen ausgesprochen hatte,  abwertend. Doch jetzt kam es fiel mehr wie ein ehrfürchtiges Flüstern aus seinem Mund. „Ich erinnere mich noch so gut an ihr Aussehen... Deshalb habe ich sie auch sofort auf dem Bild erkannt..." Er brach ab und suchte nach Worten. „Sie hat mich an jemanden erinnert, als ich sie dort gesehen habe, in deinen Erinnerungen. Sie war so gutmütig und..." Er schluckte. „Sie hat mich an Leia erinnert. Und deswegen bin ich mir sicher, dass sie dir verzeihen wird." Während er sprach merkte ich, wie mir immer mehr Tränen in die Augen traten, bis ich erneut zu weinen begann. Ich lehnte mich an Kylo und weinte. Diese Worte bedeuteten mir mehr, als er sich ausmalen könnte. „Danke.", hauchte ich ganz leise, während ich spürte, wie er mich noch näher zu sich zog, um mich in eine richtige Umarmung zu schließen. An seiner Brust konnte ich mich anlehnen und spürte seinen Herzschlag. Für einen Moment zuckte sein Oberkörper und ich spürte, wie etwas Nasses auf meine Wange tropfte. Es kam vermutlich von der Decke...
„Lyria, sieh nur!", flüsterte Kylo, seine Stimme klang unerwartet brüchig. Als ich meinen Kopf hob und mich umsah, staunte ich noch mehr. Die Glühwürmchen flogen um uns herum und setzten sich sogar zum Teil auf uns. Das war ein Verhalten, das ich früher nie bemerkt hatte. Ich lehnte mich wieder mit dem Rücken an die Wand. Es war so, als wollten uns die Glühwürmchen besänftigen.
Wir bleiben still und spendeten uns gegenseitig Trost, während wir so nah saßen, dass sich unsere Schultern berührten. Müde lehnte ich mich an Kylo und langsam fielen mir die Augen zu.

It's You (Kylo Ren ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt