„Lyria!" Als mich jemand an der Schulter rüttelte und anschrie, kam ich langsam wieder zu Bewusstsein. „Bleib bei mir, Lyria!" Es war Kylo, dessen Stimme so besorgt klang, dass ich gegen meine Trägheit ankämpfte, um meine Augen flatternd zu öffnen. Plötzlich begann ich zu husten und spuckte etwas von dem Wasser, was ich wohl verschluckt hatte, aus.
„Es fällt mir nicht gerade leicht ohnmächtig zu werden, wenn du mich so anschreist...", murmelte ich und schloss meine Augen sofort wieder, da das viele weiß um uns herum mich blendete. Das Rütteln ließ nach und ich spürte einfach nur, wie ich an ihn gedrückt wurde, während er erleichtert seufzte.
„Was ist passiert?", fragte ich desorientiert und versuchte mich umzusehen, doch noch immer war alles um mich herum nur eine weiße, grelle Masse, in der ich nichts ausmachen konnte. „Du bist ins Eis eingebrochen... Ich dachte zuerst, dass du untergehst, aber ich konnte dich noch rausfischen. Du bist ohnmächtig geworden." Langsam kam die Erinnerung wieder. Nun überkam mich doch noch die Erleichterung darüber, dass ich mich der Müdigkeit nicht hingegeben hatte.
Als ein frischer Wind aufkam, spürte ich, wie nass meine Kleidung eigentlich war. Schlagartig bildetet sich eine Gänsehaut und ich erzitterte, weshalb ich mich näher gegen Kylo drücken wollte, um etwas Wärme abzubekommen, aber mir fiel ein, dass ich nass war und er besser nicht so viel Wasser durch meine Kleidung bekommen sollte.
„Da wir nun das Problem mit deinem Leben geklärt haben sollten wir uns nun um deine nasse Kleidung kümmern..." Da konnte ich ihm nur zustimmen. „Ich würde dir zwar vorschlagen, dass du dich komplett ausziehst, damit du keine nasse Kleidung mehr am Körper hast,", begann Kylo und bekam prompt einen erstaunten Blick von mir, „aber ich bin mir sicher, dass du dich nicht ausziehen willst..." Da hatte er wirklich recht. Dennoch war ich bereits dabei die meisten Sachen auszuziehen, die vor Wasser standen. Ohne Widerrede half Kylo mir dabei, da ich meine Hände noch immer nicht komplett spüren konnte.
„Ich hätte nie gedacht, dass ich dir jemals dabei helfe dich auszuziehen.", scherzte er, während er mir den Mantel von den Schultern streifte.
„Ich hätte auch nicht erwartet, dass ich das zulasse..." Matt erwiderte ich sein Grinsen.
„Wir werden noch eine Weile unterwegs sein... Entweder, weil wir zum Schiff müssen, oder weil wir unser Ziel suchen... Bei beidem wäre es sinnvoll, wenn du wenigstens etwas Kleidung anhast..." Zitternd nickte ich. Die meiste Kleidung hatte ich ausgezogen, wodurch ich weniger nass war, aber die fehlenden Schichten an Kleidung ließen nun genug Angriffsfläche für kalte Luft.
„Wir brauchen Neuschnee..." Mir kam eine Idee, wie ich nicht die ganze nasse Kleidung ausziehen musste. Gemeinsam mit Kylos Hilfe verließen wir die Eisfläche, auf der wir uns noch immer befunden hatten, da er mich nur so schnell es ging aus dem Wasser gezogen hatte. Am Waldrand befand sich der Schnee, den ich suchte. Ohne zu zögern warf ich mich in den tiefen Schnee und ließ Kylo damit verwirrt stehen. Schnell klopfte ich mir den Schnee wieder von der Kleidung und wiederholte diesen Vorgang mehrere Male, während Kylo einfach nur danebenstand und sich wunderte.
„Der Schnee ist noch besonders saugfähig...", begann ich zu erklären, während ich den Schnee von meinem Ärmel klopfte, „also saugt er das Wasser zum Teil aus meiner Kleidung und ich kann ihn schnell abklopfen. Somit entfernt er wenigstens etwas von der Feuchtigkeit aus meiner Kleidung..." Kylo nickte langsam und folgte mir mit den Augen, als ich mich erneut ich den Schnee warf. Nach mehreren Wiederholungen hörte ich schließlich auf. Das meiste war nun aus der Kleidung raus. Mit einem müden Lächeln trat ich nun neben Kylo, der mir schnell einen seiner Mäntel umlegte. Ich schenkte ihm ein dankbares Lächeln und zog den Mantel so eng es ging um mich. Da er ihn bereits getragen hatte, war der Stoff noch warm und für einen kurzen Moment breitete sich ein wohliger Schauer aus.
Wir machten eine kurze Pause im Windschatten der Bäume, während wir uns nun berieten, wie es weitergehen sollte.
„Wenn wir zum Schiff gehen würde, hätten wir wenigstens einen Unterschlupf...", meinte Kylo nachdenklich. „Aber durch den Absturz ist dort auch ein großes Loch... da würde es nicht unbedingt warm sein..." Müde lehnte ich mich an den Stamm des Baumes. Noch immer war es kalt, aber immerhin hatten wir keinen Wind. „Wenn wir jedoch weiter in Richtung Norden gehen, dann könnten wir Glück haben und unser Ziel erreichen" Das waren alles gute Argumente. „Ich würde sagen, dass wir weiter in Richtung Norden gehen!", erklärte ich, „Wir sind schon so weit gekommen und wofür? Um umzudrehen? Nein! Ich bin nicht eingebrochen, um dann wieder zum Schiff zu laufen! Wir werden weiter in Richtung Norden gehen, bis wir an unserem Ziel ankommen!" Kylo schwieg. Doch langsam begann er zu nicken. „Wenn es das ist, was du willst, dann machen wir es so." Überrascht darüber, dass er so schnell einverstanden war, sah ich auf. „Ich habe eingesehen, dass es mir nichts bringen wird, wenn ich gegen dich anreden, außer, dass wir uns womöglich wieder streiten. Und jedes Mal, wenn wir uns streiten, passiert etwas..." Das stimmt. Auf der letzten Mission hatte nur er den Schaden gehabt, diesmal ich.
Kylo ließ mir noch so viel Zeit, wie ich brauchte, um zu verschnaufen und mich wieder fit zu fühlen. Nach einiger Zeit gingen wir weiter dem Kompass nach. Es wurde immer kälter und langsam kam auch wieder Wind auf, der durch jede nicht verschlossene Ritze in der Kleidung drang und einem beißend ins Gesicht peitschte. Unser Weg führte uns nochmal durch einen Wald, doch danach wurde es windstill. Dennoch fror ich. Meine zitternden Hände vergrub ich im Stoff des Mantels und den Kragen hatte ich mir bis zur Nase nach oben gezogen. Kylo dagegen wirkte nicht ganz so empfindlich, was die Kälte anging. Als ich jedoch erneut auf meinen Kompass schauen wollte, musste ich meinen Arm festhalten, so sehr zitterte er. Kylo ging derweil seinen Gedanken nach, doch wie er das machen konnte, war mir ein Rätsel. Das einzige, an das ich denken konnte, war, wie kalt mir war.
„Wie hast du das eigentlich gemacht?", fragte er schließlich. Überrascht sah ich auf. Was meinte er?! „Bei den Piraten. Du hast mit mir in den Gedanken geredet..." Wäre es möglich gewesen, wäre meine Augenbraue noch höher gewandert. „Wie meinst du das?" Er schien nachzudenken, wie er es erklären sollte, bis er anfing: „Als du aus der Zelle geführt wurdest, habe ich dich gehört. In meinem Kopf."
„Wirst du etwa verrückt?" Mit einem feixenden Ausdruck sah ich ihn an, doch er schüttelte bloß den Kopf. „Nein, ich habe gehört, wie du um Hilfe geschrien hast." Das Grinsen verschwand aus meinem Gesicht und ich schluckte schwer. Ich hatte alles so gut verdrängen können... „Ich habe deinen Hilferuf gehört und konnte dann aus der Zelle ausbrechen, um zu dir zu kommen...", fuhr er unbeirrt fort. „Was mich jedoch wundert ist, dass deine Stimme in meinem Kopf war... So, als hättest du mit mir geredet... Es war nicht so, wie wenn ich deine Gedanken lese, sondern... so anders..." Nachdenklich sah ich zu Boden. Der weiße Schnee sah beinahe unberührt aus.
„Ich weiß es nicht...", murmelte ich und kickte etwas Schnee von meiner Schuhspitze, „ich habe in dieser Situation einfach in meinem Verstand Zuflucht gesucht..."
„Und du hast nach Hilfe gerufen?" Wortlos nickte ich, sah aber nicht auf. „Das ist... interessant..." So konnte man es natürlich auch nennen. Ich für meinen Teil hätte es als verwunderlich bezeichnet. Kylo verfiel wieder ins Grübeln, doch ich sah mich um. Es wurde nun etwas dunkler und dennoch konnte ich nicht im Geringsten ein Haus ausmachen. Und dazu kam noch, dass es immer kälter wurde. Als ich jedoch nach oben sah, merkte ich, dass es anfing zu schneien. Kleine Schneeflocken segelten vom Himmel herab.
Vorsichtig streckte ich meine Hand aus und es landete eine von ihnen darauf. Ich hielt mir die Hand vor das Gesicht und sah mir die Flocke genauer an, was auch sehr leicht ging, da sie nicht schmolz. Nur ganz langsam lösten sich die feinen Strukturen auf und wurden schließlich zu einem kleinen Wassertropfen. Ich spürte Kylos Blick auf mir.
„Lyria, wie kalt sind deine Hände?!", fragte er besorgt.
„Das liegt vermutlich an dem kalten Wasser..." Ich wollte einfach weiterlaufen, doch Kylo stoppte mich, indem er mir seine Hand auf den Arm legte. Ohne zu zögern zog er sich seinen Handschuh aus und griff nach meiner Hand. „Sie ist eiskalt!", sprach er erschrocken. Seine Berührung fühlte sich auf meiner Haut warm an und ich sah zu ihm auf. „Zieh meine Handschuhe an, bevor du noch Erfrierungen bekommst..." Und mit den Worten zog er sich seinen anderen Handschuh auch aus und hielt mir beide hin, doch ich zögerte sie in die Hand zu nehmen. „Ich schaffe es auch ohne...", wehrte ich ab, doch er runzelte verwirrt die Stirn. „Das letzte Mal, als ich deinen Handschuh in der Hand hatte, habe ich die Visionen gehabt. Und glaub mir, ich fand das nicht so angenehm, wie du vielleicht denkst." Er steckte die Handschuhe in seine Tasche, damit er die Hände frei hatte und umfasste meine, wie als würde er sie wärmen wollen. „Lyria, ich bitte dich, zieh diese Handschuhe an! Deine Hände sind wirklich eisig." Mit einem besorgten Blick sah er mich an. „Ich kann mir vorstellen, dass du nicht nochmal diese Visionen bekommen willst..." Ein verständnisvoller Ausdruck trat in sein Gesicht, während er wärmend meine Hände in seinen hielt. „Aber ich bitte dich, zieh sie an."
„Und was ist, wenn ich wieder diese Schreie höre?" Das war es, was mir am meisten Angst einjagte. Diese Schreie die ich gehört hatte. Das Wissen, dass sie unschuldige waren und doch leiden mussten.
„Wenn es soweit kommt, dann werde ich aufpassen, dass dir nichts passiert." Der Blick, der in seinen Augen lag wirkte beinahe schon hypnotisierend und strahlte eine Entschlossenheit aus, sodass ich nur knapp nickte. „Also gut..." Ein erleichtertes Lächeln huschte über sein Gesicht, als er mir die Handschuhe hinhielt und ich sie zögerlich ergriff. Mit vor Angst und Kälte zitternden Händen schlüpfte ich in den ersten Handschuh. Sofort spürte ich, wie meine Hände gewärmt wurden, da auch Kylo noch zuvor die Handschuhe getragen hatte und sie deshalb noch warm waren. Unsicher wartete ich, doch es passierte nichts, also zog ich mir auch den anderen an. Und noch immer war alles in Ordnung.
„Siehst du, geht doch.", murmelte Kylo und machte die Handschuhe ein wenig enger, damit sie nicht von meiner Hand rutschen, da meine Hände um einiges kleiner waren, als er. Schnell ließ er seine Hände in seinem Mantel verschwinden, damit sie wenigstens gewärmt wurden und wir setzte uns wieder in Bewegung. Viel sprachen wir nicht, vor allem, weil ich jedes Mal stotterte und meine Zähne klappern hörte, wenn ich sprach. Der Wind hatte aufgefrischt, wodurch uns die immer stärker werdenden Schneeflocken wie Nadeln im Gesicht trafen und einen stechenden Schmerz verursachten. Zitternd zog ich den Mantel enger um mich in der Hoffnung, dass dadurch weniger Wind in die Kleidung kam. Wir stapften schon eine Ewigkeit durch den Schnee und noch immer hatten wir nichts entdeckt, außer einige vertrockneten Sträuchern, die halb mit Schnee bedeckt waren. Kylo neben mir zitterte auch, doch im Gegensatz zu mir hatte er sein Gesicht nicht verzogen, sondern stapfte mit einem Entschlossenen Ausdruck durch den Schnee. Seine Meine hatte er nicht mehr verändert. Vielleicht war sie ja festgefroren?
Da es immer dunkler wurde, konnten wir nun schwerer sehen, wo wir hinmussten und auch mein Kompass spielte gerne verrückt, denn er zeigte immer wieder in die falsche Richtung, doch nur für wenige Sekunden.
„Wenn wir wenigstens einen Wald finden würden, dann könnten wir dort irgendwo Rast machen...", hörte ich Kylo gegen den Wind anschreien, der uns um die Ohren peitschte. Die Aussicht auf einen windgeschützten Platz hinter einem Baum klang einfach nur verlockend. Zitternd nickte ich und sah nochmal auf meinen Kompass. Es fiel mir schwer nicht vor Erschöpfung einzuschlafen. Meine Beine wollten nachgeben und ich wäre am liebsten einfach zu Boden gesunken und eingeschlafen. Das unangenehme war, dass der Schnee immer wieder so tief wurde, dass wir bis zu den Knieen einbrachen. Eine starke Windböe kam auf und ich musste mich nach vorne lehnen, um mich umgeschmissen zu werden. Ich machte einen Schritt nach vorne und ganz plötzlich gab der Schnee nach. Erschrocken schnappte ich nach Luft und sackte zu Boden. Mühsam versuchte ich mich aufzurichten, doch es funktionierte nicht, da meine Arme mich nicht halten konnten. Meine Arme gaben nach und ich stürzte erneut, doch diesmal war ich so müde, dass ich mir nicht mehr die Mühe machte aufzustehen.
„Lyria!" Ich hörte entfernt, wie Kylo meinen Namen rief und merkte, dass er zu mir gerannt kam. Zwei starke Arme hoben mich wieder hoch und ich sah in sein besorgtes Gesicht, das in dem schwachen Licht nur schwer zu erkennen war.
„Ich...ich kann nicht mehr...", nuschelte ich und zwang mich dabei meine Augen offen zu halten. Besorgt sah Kylo sich um und zog mich dann schließlich auf die Beine. „Wir machen bald eine Pause, aber du musst noch kurz durchhalten, verstanden?" Schwach nickte ich und wurde halb durch den Schnee gezogen, da ich nur noch stolperte. Auf den ersten Blick schien es Kylo kaum Kraft zu kosten mich auch noch durch den Schnee zu schleppen, doch ich sah ihm an, dass ich eine Last darstellte. Immer wieder forderte mich Kylo auf wach zu bleiben und durchzuhalten, doch meine Augen wurden immer träger und mein Körper gefühlslos. Dennoch bemühte ich mich wach zu bleiben.
„Lyria, siehst du das?", fragte Kylo schließlich und ich sah mühsam auf. Meine Sicht war ein wenig verschwommen, dennoch konnte ich in der Ferne etwas ausmachen. Etwas Helles. „Das ist ein Haus!" Mit neuer Hoffnung zog Kylo mich weiter und auch ich schaffte es mich wieder aufzuraffen und ihn ein wenig zu unterstützen, indem ich nicht zu sehr eine Last darstellte und selbst ging, jedoch von ihm gestützt wurde. Wir kamen dem Haus immer näher. Hoffnung stieg in uns beiden auf und wir beeilten uns dorthin zu kommen.
DU LIEST GERADE
It's You (Kylo Ren ff)
FanfictionMan kennt sie unter vielen Namen, doch kaum jemand kennt sie wirklich. Eine, die im Schatten lebt, die von niemandem gesehen wird. Und doch wurde sie von einer Person gefunden. In Zeiten des Krieges werden harte Maßnahmen gefordert. Der Widerstand h...