In den Tagen nach dem Gespräch mit Ben herrschte in den Inneren Kreisen des Widerstands Unruhe, verursacht durch die Bestätigung, dass Palpatine noch lebt. Ich hatte Leia eine Sitzung einberufen lassen. Dort erklärte ich allen, was ich über Palpatine wusste, wie es Palpatine möglich gewesen sein könnte zu überleben (wobei mir Beaumont geholfen hat die Parallelen von Palpatine zu unserer anfänglichen Theorie von Snokes Überleben zu ziehen), darüber, dass Kylo sich mit ihm verbündet hatte, über meine Vision von den Sternzerstörern und den drohenden Gefahren.
In den darauffolgenden Tagen arbeitete jeder an den Vorbereitungen für einen Kampf, der früher oder später auf uns wartete. Rey trainierte immer stärker, aber ich konnte mich diesmal einfach nicht auf diese Sachen konzentrieren. Immer mehr zog ich mich zurück. Tagsüber trainierte ich in jeder freien Minute und versuchte meinen Geist durch meine schmerzenden Muskeln abzulenken, nachts verlor ich mich in Gedanken und tat kaum ein Auge zu.
Noch immer ging mir das Geständnis von Kylo nicht aus dem Kopf. Er liebte mich! Doch anstatt mich glücklich zu schätzen, dass er so für mich empfand und wie ein verliebtes Mädchen zu grinsen, weinte ich. Tief in meinem Inneren wusste ich, dass ich ganz genauso fühlte und gleichzeitig kam es mir vor, als würde ich zerrissen werden. Ich hasste ihn dafür, dass er wieder auf die dunkle Seite gewechselt war, sich vom Licht abgewandt hat, denn es kam mir vor, als hätte er sich von mir abgewandt. Und doch gestand er mir seine Gefühle.
Es machte mich wütend, dass er einfach zu vergessen schien, wie sehr ich die dunkle Seite der Macht verabscheute und jeden Funken davon in mir zu ersticken versuchte.
Ich war auf der dunklen Seite stärker?
Es war mir bestimmt dort zu sein?
Pah! Ben hätte mir niemals solche Dinge gesagt, aber Kylo Ren schon. Das war die Erkenntnis, die mich so traurig stimmte: Dass der Teil von Kylo Ren, den ich lieben gelernt habe, zu sterben scheint. Als hätte er die goldenen Sterne, die zwischen der Dunkelheit aufblitzen, vollkommen verdeckt, zu ersticken versucht; und es geschafft.
Mit einem Hieb meines Lichtschwerts zerteilte ich den Stein vor mir. Mein Schlag war unsauber kalkuliert gewesen, denn ich hatte kurz vorher anhalten wollen. Solche Fehler unterliefen mir in letzter Zeit immer öfter, wenn ich mir doch über Kylo den Kopf zerbrach.
Frustriert schrie ich auf und schleuderte die Steine mit der Macht mehrere Meter weg, wo sie bewegungslos liegen blieben. Leise surrte mein Lichtschwert. Plötzlich hörte ich hinter mir Schritte. Meine Sinne nahmen noch etwas anderes wahr und so fuhr ich blitzschnell herum und stoppte es mitten in der Luft, unmittelbar vor meinem Gesicht. Es war ein kleiner Stein.
Lachen ertönte.
„Es ist schön, dass deine Sinne noch immer geschärft sind, trotz deines Zustands.", sprach die Person, die den Stein geworfen hatte. Es war Leia. Der Stein fiel dumpf zu Boden, als ich meinen Machtgriff von ihm löste.
„General.", grüßte ich sie mit einem Nicken und ließ mein Lichtschwert erlöschen. Leia kam auf mich zu. Hatte sie heute mit Rey trainiert? Unsicher über den Grund ihres Besuchs kam ich ihr entgegen.
„Womit habe ich diesen Besuch verdient?", fragte ich lächelnd. Mir fiel einfach kein möglicher Grund ein, der ihre Anwesenheit hier erklärte.
„Ich bin wegen dir hier." Wie zu erwarten. „Ich habe dich schon eine Weile nicht mehr angetroffen, weder in der Basis noch im Haus. Wir haben einiges zu bereden." Schuldbewusst senkte ich den Blick. Wie selbstverständlich ging Leia an mir vorbei und setzte sich auf einen Stein, der groß genug war, für uns beide und den ich noch nicht zerstört hatte. Mit einer auffordernden Bewegung bedeutete sie mir es ihr gleich zu tun. Ich befestigte ein Lichtschwert an meinem Gürtel und setzte mich. Den Blick zum Horizont gerichtet atmete Leia tief ein. Unsicher sah ich sie an. Eine Minute lang schwieg sie. Als mir die Situation zu unangenehm wurde, räusperte ich mich.
„Alyria, Liebes, ich mache mir Sorgen um dich." Perplex erstarrte ich. Wie meinte sie das?! „Ich habe schon öfter bei deinem Training zugesehen und es kommt nur dann vor, dass du Impulsiv und unkontrolliert reagierst, wenn dir etwas Persönliches durch den Kopf geht und dich stark beschäftigt." Das hatte sie also erkannt?! „Du lässt dich kaum blicken und, wenn ich dich zu Gesicht bekomme, bis du abwesend und siehst aus, als hättest du die letzte Woche kein Auge zugetan." Noch immer sah sie nach vorne, dennoch schien ihr aufzufallen, wie ich mich nervös anspannte, bei jeder Beschreibung, die sie von sich gab. Leia bemerkte mehr, als ich ihr zurechnete...
Sie grinste bloß. „Ich habe so das Gefühl, dass es an einer ganz bestimmten Person liegt." Nervös begann ich meine Finger zu kneten, nicht fähig sie anzusehen. „Korrigiere mich, wenn ich falsch liege, aber dieser fragwürdige Zustand fing ungefähr zur gleichen Zeit an, zu der du uns von Palpatine erzählt hast. Du hast ebenfalls berichtet, dass du das von Kylo Ren erfahren hast. Und, wenn ich mich nicht irre, würdest du nicht so reagieren, hättest du nur von Palpatine erfahren. Also muss es wohl etwas mit meinem Sohn zu tun haben." Langsam sah ich auf und stellte fest, dass Leia mich anstarrte.
„Wie kannst du das?" Erstaunt hob sie eine Augenbraue. „Wie kann ich was?" Ich schluckte.
„Von Ben, Kylo Ren, dem Obersten Anführer, nach allem, was passiert ist, noch so sorglos als deinen Sohn reden? Kannst du ihm alles verzeihen? Jede Tat? Oder redest du nur mir zuliebe so über ihn?"
Ein trauriger Ausdruck trat auf ihr Gesicht, jedoch lächelte sie zugleich. „Das ist eine berechtigte Frage. Es ist nicht dir zuliebe, aber wegen deiner Anwesenheit. Wenn ich so rede, weiß ich, dass du mich nicht verurteilst. Im Gegenteil. Durch dich habe ich diesen erlöschenden Funken Hoffnung meinen Sohn zurückzubekommen erst wieder entfachen können." Ihr Lächeln wurde sanfter. „Du hast an Ben geglaubt, wenn es keiner sonst tat."
Diese Worte versetzten mir einen Stich, denn immer wieder kamen mir Gedanken auf, in denen ich Kylo verfluchte. Meine Wut vom Training war verschwunden, stattdessen überkam mich die Trauer. „Und doch fange ich nun an zu zweifeln."
Einen Moment blieb Leia still, dann erschien ein einfühlender Blick auf ihrem Gesicht. „An was? An dir? Oder an ihm?" Mühsam kämpfte ich gegen die aufkommenden Tränen an, als ich Leia ins Gesicht sah und antwortete: „An uns." Nun traten mir doch Tränen in die Augen. „Er hat sich nun wirklich mit Palpatine verbündet. Bei unserem Gespräch habe ich gemerkt, wie die dunkle Seite dabei ist sein Licht zu töten und er es zulässt. Auch, wenn er mich bei seiner Seite haben wollte, kam es mir vor, als würde er sich von mir abwenden, denn die dunkle Seite ist kein Ort, an dem ich mich wohlfühle. Ich weiß vielleicht nicht, wo ich hingehöre, aber eines ist sicher: Ich gehöre nicht auf diese Seite!" Leia hörte aufmerksam zu, ihr Blick blieb nachdenklich. „Seit diesem Gespräch weiß ich nicht mehr, wie ich fühlen soll! Ich fühle mich innerlich so... so zerrissen!" Die ersten Tränen traten mir aus den Augen.
„Ach, Liebes..." Bedauern schwang in ihrer Stimme mit. Sofort zog sie mich in eine sanfte Umarmung, in der ich mich augenblicklich verstanden fühlte. „Dieser innere Konflikt ist unerträglich! Es kommt mir vor, als würde ich nicht atmen können und gleichzeitig zu viel Luft haben, die in mich strömt!" Beruhigend fuhr Leia mir über den Rücken und ehe ich mich versah, weinte ich ihre graue Jacke voll. Geschüttelt von Schluchzen vergrub ich meinen Kopf in ihrer Brust. Tränen liefen mir ununterbrochen über das Gesicht. Doch Leia schien das Ganze nicht zu stören, stattdessen fuhr sie fort über meine Haare zu streichen, beruhigende Kreise mit ihrer Hand auf meinen Rücken zu malen und meine Hand zu halten.
Erst, als meine Tränen versiegt waren und ich nicht mehr von Schluchzern geschüttelt wurde, hob ich den Kopf. Leia löste die Umarmung, ließ aber weiterhin ihre Hand auf meinem Rücken ruhen. Ich rieb mir meine verquollenen Augen.
„Ich wünschte ich wäre fertig mit ihm.", hauchte ich mit zitternder Stimme. Aus Angst vor Leias Reaktion starrte ich zu Boden. Diese Worte waren um einiges schwerwiegender, als ich gedacht hatte.
„Aber das kannst du doch." Mein Blick glitt hoch, doch sie sah mich nur mit einem verständnisvollen Ausdruck in den Augen an. Ich schüttelte den Kopf. „Nein, man ist erst mit jemandem fertig, wenn man ihn weder liebt noch hasst. Und ich fürchte, ich tue beides." Gedankenverloren schaute ich zum Horizont, der bereits rot getränkt war. Ich fühlte mich auf wundersame Weise um einiges freier, was auch daran liegen konnte, dass ich nun alles aussprechen konnte, was mich so lange beschäftigte. Auch Leia schwieg einige Zeit und sah nach vorne.
„Liebe und Hass sind starke Wörter.", begann Leia schließlich. Ich nickte. Erneut schwiegen wir. Das war mein Problem. Zu viele gegensätzliche Gefühle und Gedanken in mir standen sich gegenüber. Je länger wir nur zusahen, wie der Himmel sich verfärbte, desto stärker dachte ich über meine Worte nach.
Liebe ist ein starkes Wort, ja. Aber ich liebe die Art, wie Ben mir mit einer Berührung, einem Wort oder nur einem einfachen Blick gezeigt hat, dass trotz der Momente, in denen ich dachte, dass ich am Abgrund stand, ich nicht allein war. Ich liebe es, wie er mir mit seiner bloßen Anwesenheit das Gefühl von Sicherheit und Zugehörigkeit geben kann. Ich liebe es, dass Ben etwas in mein Leben gebracht hat, das ich nie gesucht, aber immer schon gebraucht habe.
Ich seufzte laut. „Hass ist ein starkes Wort, ja. Und ich hasse nicht Ben, sondern das Gefühl der Hilflosigkeit, dass er in mir ausgelöst hat. Ich hasse es, wie er sich der dunklen Seite zuwendet. Aber am meisten hasse ich, dass ich ihn nicht hasse! Nicht mal annähernd!" Wieder kamen in mir diese widersprüchlichen Gefühle auf. Frustriert legte ich den Kopf in den Nacken.
Leia nickte lächelnd. „Das kommt daher, dass wir wahrlich nicht das hassen können, was uns ganz macht." Mit einem Stöhnen vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen. „Je länger ich nachdenke, desto komplizierter werden meine Gedanken!" Behutsam legte Leia mir ihre Hand auf den Arm. „Dann sprich sie aus." Sie sagte es so, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt und so flüsterte ich: „Ich will nicht mit ihm fertig sein." Dieser Satz war kein ängstliches Leugnen meiner Gedanken, sondern eine Erkenntnis, gefördert durch die wenigen Worte, die ich mit Leia gewechselt hatte. „Ich hasse ihn auch nicht mehr!" Falls ich ihn denn wirklich gehasst hatte... „Und darum ist das einzige, das bleibt..." Ich stockte, fürchtete mich vor dem, was mir gerade bewusst wurde. Langsam hob ich den Kopf; fassungslos.
„Ich...ich liebe ihn." Kaum waren diese Worte ausgesprochen, entstand ein absolutes Chaos in mir. Eine gewisse Leichtigkeit erfüllt mich, als wäre eine gewaltige Last verschwunden. Gleichzeitig kribbelte alles.
Diese anfängliche Welle der Erleichterung wurde zerstört, da mich nun die Panik erfüllte. Leia saß neben mir. Sie hatte alles gehört. Ich liebte den Obersten Anführer, den Mann, der gerade daran arbeitete, den Niedergang vieler Welten zu planen; unser Feind. War ich ein schlechter Mensch, dass ich ihn nach allem, was er getan hatte noch liebte? Nach allem, was er noch tun würde. Trotz seiner Überzeugung?
Leias Hand auf meiner riss mich aus meinen düsteren Gedanken. Sie schien fast zu strahlen, als ich zu ihr blickte.
„Mach dir keine Sorgen, Alyria. Liebe ist schwierig." Sie sah zum Horizont. „Liebe ist wie ein Krieg, leicht zu beginnen, aber sehr schwierig zu stoppen." Noch immer unsicher betrachtete ich sie. Ihr Blick war beinahe hoffnungsvoll dem Horizont zugewandt. Sie machte sie keine Sorgen?
„Was soll ich jetzt machen?", hauchte ich mit aufgerissenen Augen. Noch nie war ich in einer solchen Situation. Und gleichzeitig wünschte ich mir, dass Ben hier wäre, mich im Arm halten könnte, und sagte, dass alles gut werden würde.
„Er hat dir gesagt, wie er empfindet, oder?" Erschrocken, da sie das so direkt ansprach, riss ich meine Augen auf. Sie lachte leise. „Er kommt nun doch sehr oft nach seinem Vater..." Angespannt starrte ich zu ihr und schließlich drehte auch sie sich zu mir um. „Es gibt dieses Licht, dass er um keinen Preis erlöschen lassen will: dich. Er hat sich nicht komplett vom Licht abgewandt, denn solange er versucht dich an seiner Seite zu haben, gibt es diesen Funken in ihm, der erbittert kämpft." Mein Mund klappte auf, unfähig etwas zu erwidern starrte ich sie an. „Du willst wissen, was du jetzt machen sollst?" Ich nickte entschlossen. Mit einem Lächeln legte sie mir ihre Hand an die Wange. „Konzentriere dich auf diese eine gute Sache und sieh, wohin sie dich führt."
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It's You (Kylo Ren ff)
FanfictionMan kennt sie unter vielen Namen, doch kaum jemand kennt sie wirklich. Eine, die im Schatten lebt, die von niemandem gesehen wird. Und doch wurde sie von einer Person gefunden. In Zeiten des Krieges werden harte Maßnahmen gefordert. Der Widerstand h...