„Was machst du hier?" Die Stimme ließ mich aufschrecken, obwohl ich schon bei dem Geräusch der Tür hätte hellhörig werden sollen. Kylo kam durch den Schnee zu mir gestapft und sah mich vorwurfsvoll an. Er hatte einen dicken Mantel an, den er vermutlich von der Garderobe am Eingang genommen hatte.
„Bist du denn verrückt?!", während er sprach bildeten sich Atemwolken. „Wenn du dich so angezogen in den Schnee setzt, dann ist es kein Wunder, dass du dich erkältest!" Er hatte Recht. Mich in den Schnee zu setzen war keine gute Idee gewesen, doch ich hatte mich zu Anfang ganz in den Schnee gelegt.
„Ist dir denn nicht kalt?!" Obwohl diese Frage rein rhetorisch von ihm gemeint war, schüttelte ich den Kopf, denn mir war wirklich nicht kalt. Den Schal, den ich mir von drinnen mitgenommen hatte, hatte ich mir um Mund und Nase gebunden, da die Luft so kalt war. Und das schien mir auch zu reichen.
„Wir sollten wieder reingehen...", begann er und trat auf mich zu, doch ich schüttelte energisch den Kopf. Ohne ihm zu antworten sah ich wieder nach oben zu den Lichtern am Himmel. Kylo blieb einen Moment regungslos stehen, doch dann seufzte er und setzte sich schließlich neben mich in den Schnee.
„Du solltest besser in den Schal atmen. Es ist sehr kalt...", murmelte ich, ohne den Blick vom Himmel abzuwenden. Die grünen Polarlichter hielten meinen Blick beinahe gefangen und ich merkte, wie mir Tränen in die Augen traten.
„Sie sehen schön aus, aber sind sie es wert, dass du eine Unterkühlung bekommst?"
„Ja.", antwortete ich leise. Es war beinahe Windstill und es schneite auch nicht, so blieb es ruhig. Bis auf die Eule, die in der Ferne zu hören war.
„Früher habe ich das Himmelsfeuer jedes Jahr beobachten können...", begann ich leise, ohne den Blick von dem schönen Farbenspiel abzuwenden. „Himmelsfeuer? Du meinst die Polarlichter?" Überraschung schwang in Kylos Stimme mit. „So habe ich sie früher immer genannt. Als ich noch kleiner war." Ein sanftes Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. „Wir sind immer zusammen an den kalten Tagen weit außerhalb unseres Dorfes gefahren und haben dort übernachtet. Jedes Mal konnte ich sie sehen. Die Himmelsfeuer." Auch Kylo sah nun nach oben. „Meinst du, mit deinen Eltern?" Ich nickte nur. „Sie haben mir immer Geschichten erzählt. Legenden und Mythen, die sie von ihren Reisen kannten." Ich hörte Kylo neben mir seufzen. „Ich habe auch schonmal einige gehört. Einer Sage nach lassen Feuerfüchse diese Lichter entstehen, da sie so schnell rennen, dass ihre Ruten, wenn sie gegen die Berge streifen, Feuerfunken erzeugen, die den Himmel erleuchten lassen." Überrascht sah ich ihn an. Dass er mir eine Geschichte erzählen würde, hatte ich nicht erwartet. „Bevor du fragst, ja diese Geschichte haben mir meine... Eltern erzählt." Mit einem Seufzen sah er wieder zum Himmel.
Kurz schwiegen wir und auch Kylo schien seinen eigenen Gedanken nachzugehen. Er wirkte betrübt.
„Ich habe gehört, dass es die Ahnen sind, die Kontakt aufnehmen. Durch Flüstern werden diese Nordlichter angelockt und man kann somit mit ihnen kommunizieren.", begann ich zu erklären, „In einer anderen Erzählung heißt es, dass die flackernden Lichter als Fackeln der Götter betrachtet wurden. Als Schutz und Zeichen ihrer Anwesenheit zeigten sie sich mit Hilfe ihrer brennenden Fackeln. Die Seelen der Verstorbenen werden durch die Götter ins Paradies begleitet" Ich sah hinauf in den Himmel. „Und du denkst, dass das alles stimmt?" „Es hat etwas Tröstendes zu wissen, dass sie nicht allein sind." Ich schluckte schwer und versuchte meine Tränen aufzuhalten. Doch das schaffte ich nicht. Und so spürte ich, wie sie nass und kalt meine Wange nach unten liefen.
„Es tut mir Leid." Meine Stimme war nur ein Hauchen, das beinahe so sanft war, wie der Wind. Dennoch war ich mir sicher, dass sie mich hören konnten, denn das war es,was die Legende besagt. „Es tut mir so unendlich leid, aber ich konnte ihn nicht aufhalten!" Ununterbrochen traten Tränen aus meinen Augen und tropften in den Schnee. „Ich wollte doch, aber er war so viel schneller..." Meine Stimme brach ab und ich sah zu Boden. Der Schnee glitzerte geheimnisvoll. Ich konnte hören, wie Kylo sich bewegte und näher zu mir rückte. Unsere Schultern stießen aneinander, als er den Mantel öffnete und so um mich legte, dass ich davon gewärmt wurde. Vermutlich hatte er bemerkt, dass ich zitterte. Ich sah auf und blickte direkt in seine braunen Augen, die mich wachsam musterten. Ich war mir sicher, dass er meine Tränen sah, so nah wie er mir war, doch er sagte nichts. Stattdessen legte er seinen Arm um mich und zog mich näher zu sich, damit er den Mantel etwas besser schließen konnte. Wärmend umfing mich der Stoff.
Ein Wind kam auf, der beißend durch die Kleidung schnitt, trotz Kylos Mantel. Verbissen sah ich in den Himmel. Die Lichter tanzten noch immer über den Himmel, als würden sie nicht müde werden. Doch das war bei mir ein wenig anders. Erschöpft lehnte ich meinen Kopf an Kylos Schulter. Es fiel mir schwer bei dem beißenden Wind meine Augen geöffnet zu halten, doch ich wollte keinen Moment der Lichter verpassen. Nach einiger Zeit, in der wir einfach nur schwiegen und nach oben starrten, merkte ich, dass Kylo leicht zitterte.
„Lyria,", begann er leise und sofort sah ich zu ihm. „Wir sollten besser wieder ins Haus gehen. Es wird nur kälter. Du wirst sonst nur krank." Sein besorgter Blick lag auf mir, doch ich schüttelte vehement den Kopf. Ich wollte nicht gehen. Noch nicht. Auch, wenn die Müdigkeit und die Kälte an mir zerrte, so konnte ich nicht. Verkrampft versuchte ich meine klappernden Zähne zum Schwiegen zu bringen. Doch es war erfolgslos. „Wenn du nicht freiwillig aufstehst, trage ich dich nach oben!" Schließlich gab ich doch nach und ließ mir von ihm aufhelfen. Sehnsüchtig warf ich noch einen Blick nach oben. Die Lichter flackerten noch immer unverändert. Kurz spielte ich mit dem Gedanken mich wärmer anzuziehen und wieder nach draußen zu gehen, doch ich war einfach zu erschöpft. An der Tür zog Kylo einen Schlüssel hervor, den er vermutlich noch mitgenommen hatte, und sperrte auf. Er hielt für mich die Tür auf und ich trat, in den Mantel gehüllt ein.
Möglichst leise hängte ich den Mantel auf. Da fiel mir auf, dass Kylo noch immer an der Tür stand und seinen Blick nach oben gerichtet hatte. Er flüsterte etwas, doch ich konnte es nicht verstehen. Neugierig trat ich näher, doch er war scheinbar fertig, denn er schloss die Tür leise hinter sich. Das Feuer war nun erloschen und es glühte nur noch. Wir mussten wohl etwas länger draußen gewesen sein...
Leise schlichen wir die Treppe nach oben und betraten unser Zimmer. Auch hier schien das Feuer im Ofen fast auszugehen, doch Kylo legte noch schnell etwas Holz nach, während ich mir meine Stiefel auszog. Müde legte ich mich auf meine Seite des Bettes und kuschelte mich unter die Decke. Noch immer war mir kalt, doch das Feuer, das nun wieder größer wurde, erwärmte den Raum. Kylo kam nun auch zum Bett. Schnell zog er sich seine Schuhe ebenfalls aus und setzte sich auf die andere Seite.
„Wehe du machst dich breit." Er warf mir ein Grinsen zu und kroch nun ebenfalls unter die Decke. Ich losch das Licht und sofort wurde es dunkel im Zimmer. Nur der Schein des Feuers erhellte den Raum ein wenig. Es fühlte sich komisch an im selben Bett zu liegen, wie Kylo, doch ich verdrängte den Gedanken und legte mich ganz an den Rand.
„Solange du auf deiner Seite bleibst, trete ich dir nicht in den Rücken..." Ich grinste, doch das sah er vermutlich nicht.
„Verstanden."
Müde schloss ich meine Augen. Ich hörte Kylo neben mir atmen, begleitet von dem prasselnden Feuer im Ofen.
„Gute Nacht, Lyria."
„Gute Nacht, Ben." Der Name rutschte mir heraus, doch ich ließ es bleiben mich zu verbessern. Von Kylo kam auch nichts mehr. Obwohl das merkwürdige Gefühl an mir nagte, da ich mit Kylo in einem Bett schlief, er nur einen Meter neben mir, übermannte mich die Müdigkeit und ich fiel in einen unruhigen Schlaf.
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It's You (Kylo Ren ff)
FanfictionMan kennt sie unter vielen Namen, doch kaum jemand kennt sie wirklich. Eine, die im Schatten lebt, die von niemandem gesehen wird. Und doch wurde sie von einer Person gefunden. In Zeiten des Krieges werden harte Maßnahmen gefordert. Der Widerstand h...