Her red lips | Band 2

12

Die letzten Tage kam ich fast immer zu spät. Normalerweise trafen Olivia und ich uns immer am Morgen um gemeinsam zur Schule zu laufen, aber dank meiner Schwangerschaft kam ich nicht in die Gänge und brauchte noch länger. Außerdem war ich ja eh schon ein Morgenmuffel und wenn ich sag Morgenmuffel, dann mein ich ein hardcore Morgenmuffel. Es wäre mir wirklich lieber, wenn man mich morgens alleine lassen würde. Joachim merkte es auch schon und machte sich über mich lustig. Weswegen ich noch mehr an die Decke ging.

„Wo warst du? Wieso bist du immer so spät in letzter Zeit?" fragte mich Olivia als ich mich auf meinen Platz setzten, außer Puste versteht sich. „Ich weiß nicht, ich komm morgens einfach nicht in die Gänge" gähnte ich. „Man merkts" lachte sie. „Wieso trägst du eigentlich immer so schlabber Dinger? Sonst hast du dich auch immer schick und elegant angezogen" sie zupfte an meinem Shirt rum. „Hey!" ich schob ihre Hände weg. „Ich mach doch nur Spaß" sie lachte erneut. Insgeheim wusste ich, sie hatte recht. Ich war nun in der 9. Schwangerschaftswoche und man sah es mir ein wenig an.

Dann kam Frau Wörle herein spaziert und legte ihre Sachen auf den Tisch. „So" sagte sie und sah in die Klasse. „Wer will?" sie hielt ihr Handy mit dem Rad als App hin. Na toll, heute noch eine Abfrage. „Darf ich drehen?" fragte Gelato ganz scheinheilig. Sofort ging Frau Wörle zu ihr und sie drehte. „Emily!" rief sie und lächelte mich an während sie zurück zum Pult ging. Ich seufzte laut auf und sank auf den Tisch. „Das packen Sie schon, ich weiß das" grinste sie und war startklar.

Ich versuchte ihr alles zu erklären was in meinem Kopf hängen geblieben war, aber es lief nicht. Wenn ich Gelato in die Finger bekomme...

Nach der GW Stunde hatten wir Mathe und ich kam in Mathe wirklich überhaupt nicht. Meiner Mathelehrerin fiel es auf, aber es lag auch zum Teil an mir. Ich fand wirklich keine Motivation für den Shit. Bernoulli Experiment oder wie das heißt. Klingt eher wie eine Nudelmarke. Gooooott ich krieg die Krise!! Aber ich musste mich zusammenreißen, ich mache bald mein Abi und ich will fertig werden. Ich brauche wirklich jemand der mir in den Arsch tritt.

Moment, Joachim ist doch Mathelehrer? Gott bin ich dumm, wieso frag ich ihn nicht einfach?

Später hatten wir Sport und ich war dementsprechend demotiviert. Wir spielten Fußball, auch nicht meine Sportart. Seitdem ich schwanger bin, habe ich keine gescheite Ausdauer mehr. Danke, Joachim. „Emily! Rechts!" rief eine Mitschülerin von mir als ich schon los lief. „Bin schon dabei!" rief ich zurück und rannte auf Gelato los, die den Ball hatte. Ich überrannte sie schon fast, weil ich so voller Adrenalin war. Sie wich zurück und hielt ihre Hände schützend vor sich. „Memme" grinste ich ihr hinterher als ich mit dem Ball nach vorne zum Tor rannte. Ich hasste Teamspiele, weil ich mich wirklich auf keinen verlassen kann. Denn entweder haben die meisten Angst vor dem Ball oder sie stehen nur dumm da oder was weiß ich. Ich übernehme gerne selber und brauche kein Team.
So gewannen wir auch 7-2.

„Emily du bist wirklich gut gewesen! Du hast unseren Arsch echt gerettet! Ich hätte wirklich keinen Bock alles wieder aufzuräumen so wie letztes Mal" setzte sich eine weitere Mitschülerin erschöpft auf die Bank. Ich lächelte sie nur freundlich an. „Ach ja und Geliana, du sollst weiter spielen und nicht auf einmal still stehen und dich hinter deinen Händen verstecken" Sarah, eine weitere Mitschülerin machte Gelato nach wie sie vorher da stand. Ich musste auflachen. „Das war Absicht, ich wollte dem anderen Team eine Chance geben" sagte sie überzeugt. „Türlich" lächelte ich sie an und sie schenkte mir nur einen Blick des Todes.

„Also Leute, ich muss gehen" sagte ich zu Olivia und Sandra als ich fertig war. „Wohin gehst du?" fragend sah mich Olivia an. „Mathe Nachhilfe". Ich verdrehte meine Augen und ging.

Zu Hause bei Joachim, fragte ich ihn ob er mir Mathe erklären kann, er willigte natürlich ein. Aber anstatt, dass ich mich an den Tisch zu setzte, legte ich mich aufs Sofa und streckte alle viere von mir. „Was ist jetzt? Ich dachte ich soll dir Mathe erklären?" grinste er mich von oben an. „Gleich" schnaufte ich erleichtert und schloss meine Augen. Kurz bevor ich innerhalb von Sekunden fast weggedöst wäre, legte er seine Hände auf meine Wangen und quetschte sie zusammen. Ich machte die Augen auf und sah in seine, die verkehrt herum zu mir sahen. „Komm jetzt" sagte er mit einem Lächeln auf seinen Lippen. „Och nö" quetschte ich irgendwie aus meinem Mund.

Zusammen machten wir Mathe und er half mir wirklich. Ich verstand es einigermaßen. Nach ca. zwei Stunden war ich dann so fertig, dass ich sofort hier und jetzt einschlafen konnte. Ich legte meinen Kopf auf seine Schulter. „Ich kann nicht mehr" seufzte ich und schloss erneut meine Augen. „Also gut, dann gehen wir schlafen" lächelte er und gab mir einen Kuss auf den Kopf.