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„Und du bist dir sicher dass du klar kommst?". Joachim richtete seinen Kragen und sah mich besorgt an. Mit einem Lächeln auf den Lippen nickte ich. „Bitte nimm mir das nicht übel, du weißt wie wichtig diese Fortbildungen für uns Lehrkräfte sind". Joachim ließ seine Hände in seine Jackentaschen fahren und sah mich an. Dieses Wochenende gingen die ganzen Lehrkräfte meiner Schule auf eine Fortbildung, welche weiter weg war. Deswegen würde er auch in den nächsten Tagen nicht nach Hause kommen. Joachim war hin und her gerissen. Er wollte mich auf keinen Fall alleine lassen, vor allem seit dem was vor ein paar Tagen geschehen ist. Doch für die Lehrer waren diese Fortbildungen eine Pflichtveranstaltung weswegen sie nicht fehlen durften. Besonders wenn die Sicherheitsvorschriften immer wieder für die Schulen neu aktualisiert werden. „Mach dir keine Sorgen, ich komm klar!" ich lächelte ihn mit einem breiten Grinsen an.
Mein Gegenüber verzog keine Miene und sah mich weiterhin mit seinem besorgten Blick an.
Dann seufzte er und legte eine Hand auf meine Wange. „Pass bitte auf euch auf" hauchte er bedrückt. Wieder nickte ich. „Außerdem wärs mir lieber wenn du übers Wochenende zu Hause bei dir bleibst, du weißt doch, wegen dem Vorfall damals" fürsorglich sah er in mein Gesicht. Meine Erinnerungen kamen wieder hoch und eine Gänsehaut bildete sich sofort auf meiner Haut. Damals als mich jemand spät am Abend verfolgt hatte und Joachim nicht da war, war es nur schrecklich. Das wollte ich auf keinen Fall ein zweites Mal durchmachen.

„Ich hatte sowieso vor zu mir zu gehen" ich hob mein Kopf und sah ihn an. Joachim sah so unfassbar gut aus, auch wenn er besorgt aussah. Seine klaren blaue Augen fixierten mich während er schwer nachdachte. Seine schwarze Jacke stand ihm unfassbar gut und betonte seine muskuläre Statur. Er war einfach perfekt.

„Ich liebe dich mein Engel, vergiss das nicht" sanft strich er mit dem Daumen über meine Wange. Mit einem sanften Lächeln schmiegte ich mein Gesicht an seine Hand. „Ich liebe dich, Joachim". Verliebt standen wir da und sahen den anderen verträumt an. Dann lehnte er sich zu mir runter und küsste mich einmal intensiv bevor er sich anschließend von mir löste. Wieder sah er mir in die Augen.
„Schreib mir wenn du angekommen bist, okay?" fragend sah ich ihn an. Er lächelte leicht auf und nickte schließlich. „Versprochen".

Übers Wochenende war ich bei mir zu Hause und hielt Bettruhe, so wie's mir befohlen wurde. Seit dem Krankenhausaufenthalts musste ich zusätzlich irgendwelche Vitamine und Nährstoffe zu mir nehmen, weil sie mir fehlten, doch das war nicht sonderlich schlimm. Ich hatte sie früher auch immer genommen.
Ich dachte jedoch ständig an Joachim und was er wohl in diesem Moment machte. Sie konnten doch nicht 24 Stunden am Tag dort in einem Raum sitzen und zu hören. Ich vermisste ihn. Gestern Abend, als er angekommen war, hatte er mich noch angerufen und mir ein bisschen was erzählt. Doch heute hatte er sich noch gar nicht gemeldet. Weder eine Nachricht noch ein Anruf, auch reagierte er auf meine Nachrichten nicht was ich schade fand. Doch ich fand mich damit ab, er war schließlich nicht umsonst dort.

Irgendwann nachts bevor ich schlafen gegangen war, schrieb ich ihm noch einmal, doch auch auf diese Nachricht antwortete er nicht. Frustriert und etwas enttäuscht legte ich mein Handy auf den Ablagetisch neben meinem Bett und sah nachdenklich an die kalte weiße Wand. Was macht er jetzt gerade? Vor allem um diese Uhrzeit müsste doch längst alles vorbei sein. Langsam schloss ich meine Augen und dachte an Joachim.

Am Tag darauf würde er nach Hause kommen. Ich freute mich riesig ihn wieder zu sehen. Es war schon erstaunlich was es mit einem Menschen anrichtete, wenn der Partner lange von ihm getrennt ist. Joachim und ich wohnten ja quasi zusammen. Als ich bei seinem zu Hause war, wollte ich etwas zum Essen bestellen, damit später, wenn er kommen würde, etwas da war weil ich ja nicht lange stehen durfte und auch nicht kochen durfte. Doch als ich daran dachte, dass mich der Lieferbote sehen würde oder erkennen würde war mir das Risiko doch zu hoch. Er könnte ja ein Mitschüler oder ähnliches sein. Normalerweise nahm auch Joachim immer das Essen an.
Ich seufzte auf und schaltete den Fernseher ein. Es vergingen Stunden und Joachim kam einfach nicht. Immer wieder sah ich ungeduldig auf die Uhr und auf mein Handy. Er antwortete wieder nicht auf meine Nachrichten. Gestern Nacht, nachdem ich schlafen gegangen war, hatte er mir dann doch noch geschrieben, was ich aber erst heute Morgen gelesen hatte.
Er schrieb mir, dass alles bei ihm gut sei und er und ein paar andere Lehrer gestern Abend noch essen gegangen waren. Auch fragte er wie es mir ging und was ich so machte.

Je länger ich auf ihn wartete, desto später wurde es. Es war inzwischen schon 22.34 Uhr und er kam immer noch nicht. Ich machte mir Sorgen. Was wenn ihm wieder etwas zugestoßen war? Auf dem Heimweg? Panik breitete sich in mir aus. Ruckartig schnappte ich mir mein Handy und wählte seinen Kontakt, doch bevor ich auf den grünen Button drücken konnte, kam eine Nachricht von ihm.

>Tut mir leid, aber wir bleiben noch eine Nacht im Hotel, es ist zu spät geworden um zurückzufahren.
Ich melde mich, schlaf gut<

Ist das deren ernst? Ich war sprachlos. Er würde erst am Montag zurückkommen? Ich ging wie diese Woche auch nicht zur Schule und die folgenden Tage ebenso nicht, deswegen würde ich ihn morgen früh noch sehen bevor er zur Schule gehen würde. Ich war ein wenig sauer, ich wartete umsonst hier in seinen vier Wänden auf ihn. Er hatte mir deutlich am Freitag gesagt, dass er am Sonntag zurück kommen würde. Außerdem war er fast nie am Handy um mir zu antworten.
Genervt drückte ich auf den Sperrbildschirmknopf und sah seufzend zum Fernseher. Doch was blieb mir auch übrig? Ich konnte nur noch auf ihn warten und dass ich sauer war, da konnte Joachim auch nichts dafür. Ich legte mich ins Bett und roch sofort Joachim's Duft, welcher mir in die Nase stieg. Ich vermisste ihn. Ständig wälzte ich mich hin und her und stellte mir vor, dass Joachim bei mir sein würde, doch es vergingen schlaflose Stunden.
Irgendwann schlief ich dann auch ein und hatte eine unruhige Nacht. Komischerweise träumte ich von Frau Stöhle, welche mir sogar im Traum alle Nerven raubte. Nicht nur in der Schule, nein. Jetzt auch noch in meinen Träumen, es war zum Kotzen. Die Klassenfahrt würde auch bald anstehen und sie würde mitkommen sowie wie Herr Kopp der Bastard, darauf hatte ich wirklich gar keine Lust.

Irgendwann morgens wachte ich von komischen Geräuschen auf, doch bevor ich reagieren konnte, fiel die Haustür zu. Ich sah Joachim wie er leise seine Sachen ausräumte während er versuchte mich nicht zu wecken. „Joachim?" murrte ich verschlafen und rieb mir die Augen. Erschrocken drehte er sich zu mir um. „Entschuldige, hab ich dich geweckt?" er sah mich an. Verwirrt sah ich mich um. Überall waren seine Sachen verteilt und ein Koffer lag offen auf dem Boden. „Ich wollte dich nicht wecken-" ertönte erneut seine Stimme, doch ich unterbrach ihn. „Wo warst du gestern? Ich habe den ganzen Tag auf dich gewartet" murmelte ich. „Ich waren gestern noch essen mit den Kollegen, zum Abschluss" sagte er und räumte weiter seine Sachen ein. „Da haben wir dann beschlossen, dass wir am Besten früh am nächsten Morgen losfahren würden". Weiterhin sah ich mich orientierungslos um. Am Morgen war ich überhaupt nicht zu gebrauchen.

„Und wieso hast du mir nie geantwortet? Ich hab mir Sorgen gemacht" gähnte ich verschlafen. Joachim hielt inne und sah mich an. „Tut mir leid, wir hatten so viel zu tun und da hab ich's einfach vergessen oder nicht gehört. Entschuldige" hauchte er liebevoll und kam zu mir runter ans Bett und gab mir einen Kuss. Dann lächelte er mich an und packte weiter aus. Noch verwirrter als ich so schon war kam mir etwas sehr merkwürdig vor, zwar war ich immer noch benebelt von meiner Müdigkeit, doch ich bildete mir das doch nicht ein, oder?

„Joachim? Wieso riechst du so nach Damenparfüm?".

Her red lips | Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt