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„Emily, denkst du wir können das so machen?" fragend stand ein Mädchen mit einem Block in der Hand vor mir und zeigte mir ihre Arbeit. Ich war immer noch völlig neben der Spur. „Ja, ich denke schon" sagte ich ihr und wollte gehen, jedoch kam ein anderer Schüler mit Papieren auf mich zu. „Hey, wir müssen noch wissen wohin die Tische kommen sollen" sagte er zu mir. Ich sah quer durch die Aula. „Ich denke dort an die Seiten" zeigte ich ihm mit meinem Finger auf eine Seite, wo ich mir vorstellte die Tische dort abzustellen. „Was ist mit dem Essen? Wird das geliefert oder müssen wir das machen?" fragte ein dritter mich, doch bevor ich antworten konnte, unterbrach mich jemand. „Ja, oder müssen die Schüler das herstellen". „Falls ja, dann brauchen wir Geld. Emily, woher sollen wir das Geld hernehmen?" eine neue Person sah mich an und immer mehr Menschen kamen auf mich zu und bombardierten mich mit Fragen. „Welche Farbe sollen wir nehmen?". „Wann soll die Rektorin ihre Ansprache halten?". „Sollen die Lehrer noch etwas vorführen?". „Emily!". „Emily!". „Emily!" schrieen alle durcheinander, bis mir mein Kopf förmlich platze. „Stop!" schrie ich laut und alle sahen mich ohne einen Ton von sich zu geben, an. Ich machte, dass ich hier wegkam. Es war zu viel für mich. Alle hatten für eine kleine Veranstaltung gestimmt und überließen mir die Leitung, da ich Monty's hohen Posten übernehmen musste. An mir blieb die ganze Feier hängen und dennoch war Joachim ständig in meinem Kopf. Ich konnte mich überhaupt nicht konzentrieren.

Als ich gerade aus der Aula herauskam, kam mir Jenni entgegen. „Hey, was ist los? Wieso gehst du?" fragend sah sie mich an. „Ich kann das nicht mehr, auch wenn Monty mich auserwählt hat, das ist zu viel auf einmal. Alle sitzen mir wie Geier im Nacken!" entlud ich mich bei ihr. Als ich dann ein wenig runterkam, atmete ich einmal durch. „Es tut mir Leid, Jenni. Es ist grade alles too much". Sie nickte. „Ist schon okay, komm wieder rein, bitte. Ich brauche deine Hilfe, nur noch heute. Heute ist ja sowieso die Veranstaltung und Monty müsste jede Minute zurück sein" sie strich mir über den Arm. Obwohl ich es nicht leiden konnte, dass mich Leute anfassten, hatte ich gerade keinen Nerv dazu mich zu wehren. Zusammen gingen wir dann wieder rein und versuchten alles zu bewältigen.

Als dann Stunden vergingen sah ich auf die Uhr. Es war schon relativ spät und ich wollte noch zu Joachim ins Krankenhaus. Ich seufzte kurz auf und wie im perfekten Augenblick kam dann Monty reingerannt. „Sorry für meine Verspätung, Leute" keuchte er und ich atmete erleichtert aus. Ich ging auf ihn zu und er tat es mir ebenso. „Emily, ich danke dir vielmals! Wie ist denn alles verlaufen?" sah er mich außer Puste an. „Es ist alles.. gut verlaufen" lächelte ich ihn an als ich eine kurze Pause einsetzte. Lächelnd nickte er. „Und was wird hier veranstaltet?" er sah sich in der Aula um. „Oh ja! Also wir veranstalten eine Art Infotag, aber dieser sollte eher an die Eltern gerichtet sein. Natürlich sind Schüler ebenso herzlich willkommen, dennoch wird hier den Eltern versichert wie die Weiterbildungsmöglichkeiten sind und wie sich die Schüler hier in der Schule einbringen. Naja, eigentlich ist es eher sowas wie 'Dein Kind wird hier sehr gut gefördert' pipapo" lächelte ich und er tat es mir gleich. „Okay gut" grinsend sah er sich nochmal um. „Wenn du möchtest entlasse ich dich hiermit" er sah mich wieder an. „Sehr gerne". Ich nahm meine Tasche und hing sie mir um. „Nochmals vielen Dank" sagte er und gab mir die Hand. „Kein Ding. Ich hoffe du konntest alles zu Hause klären" sagte ich ihm. Seine Mimik sank leicht. „Naja, es handelte sich eher um einen Todesfall. Mein Großvater ist verstorben" erklärte er und es traf ihn immer noch hart. „Oh, das tut mir leid" murmelte ich während ich ihn musterte. „Danke" lächelte er mich an als er den Blick hob. „Wenn ich dir irgendwie helfen kann, dann lass es mich wissen". Er nickte. „Mach ich, vielen Dank" sein Lächeln wurde ein kleines Stück breiter bis ihn jemand rief und wir uns somit verabschiedeten. Ich machte mich auf den Weg ins Krankenhaus um Joachim zu sehen.

Als ich dann endlich ankam, fuhr ich mit dem Aufzug in das besagte Stockwerk und lief dann zu seinem Zimmer. Nachdem ich an seiner Zimmertür ankam, machte ich die Türe auf und sah den Chefarzt, wie auch ein anderen Arzt und eine Krankenschwester vor Joachim's Bett stehen. „Uhm, ist etwas passiert?" fragte ich die drei Anwesenden. 

Ich lief zu Joachim's Bett und er lag dort nach wie vor, mit geschlossenen Augen. „Setzen Sie sich erstmal" sagte der Chefarzt und ich setzte mich auf den Stuhl, der immer neben Joachim's Bett stand. „Es mag nun hart klingen, aber da er leider keine Fortschritte macht und nach wie vor seit 19 Tagen im Koma liegt, haben die Ärzte und ich uns entschlossen die Maschinen abzustellen" erklärte er und wurde gegen Ende leiser. In mir setzte sich alles aus. Ich befand mich wie in einem schwarzen Loch, umgeben von nichts. Nicht mal Worte hatte ich. „Es mag sich jetzt schlimm anhören, aber-" der andere Arzt sprach weiter, doch dann fand ich meine Stimme wieder. „Es mag? Das ist schlimm! Sie wissen ja nicht mal, ob er erwachen kann, wenn Sie die Maschinen abstellen!" schrie ich sie an. Inzwischen stand ich schon und sah die Beiden wutentbrannt an. „Je länger er im Koma liegt, desto geringer ist die Chance, dass er aufwachen wird" sagte nun wieder der Chefarzt. „Und deswegen wollen Sie aufgeben?! Ich weiß wie die Sachen hier ablaufen! Nicht umsonst habe ich hier auf einer Unfallchirurgie gearbeitet. Ab einer bestimmten Zeit, versucht das Krankenhaus seine Patienten nach Hause zu schicken oder verlegen sie um! Weil er nicht wach ist oder nicht gerade hier am Gespräch teilnehmen kann, kann man ihn nicht nach den besagten drei Tagen nach Hause schicken! Es geht um den Platz, um den Platz, dass hier ein anderer, ein neuer Patient her kommen oder verlegt werden kann! Ich weiß zwar nicht wie das hier auf der Intensivstation abläuft, dennoch könnt ihr ihn nicht einfach abschieben oder die Maschinen abstellen!" schrie ich sie an. „Es geht nicht darum. Es geht darum, dass der Patient seit drei Wochen keine Fortschritte zeigt und er somit auch nicht wirklich zurück kommen wird" sagte der jüngere Arzt, der neben dem Chefarzt stand. Nicht zurück kommen wird? „D-das, kann nicht s-sein.." stockte ich und spürte nicht mal, dass eine Träne mir herunter lief.

Er würde alles nicht mehr miterleben können?

Her red lips | Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt