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Ich beeilte mich, damit ich rechtzeitig zum Unterricht kam. Wie sollte es auch sein, die deutsche Bahn hatte wieder Verspätung und wer litt darunter? Ich. 

Als ich die Gänge durch hetzte, sah ich keine Schüler und als ich dann auf die Uhr sah, wusste ich auch wieso. Der Unterricht hatte schon begonnen. „Scheiße.." murmelte ich mir selber zu und sprintete die Treppen hinauf. Normal würden die Lehrer wegen paar Minuten nicht so streng sein und mich nicht eintragen, aber wir hatten in den ersten Stunden Frau Stöhle. Ich wusste nicht ob sie etwas gegen mich hatte oder was sonst mit der sein sollte. Eigentlich müsste ich auf sie sauer sein oder vielleicht war es auch ihre Art?

Im zweiten Stock angekommen lief ich schnell zu meinem Klassenzimmer, hechelnd. „Ich kann nicht mehr" keuchte ich außer Puste und öffnete die Klassenzimmertüre während mich ca. 21 Augenpaare fixierten mich. Olivia sah bemitleidend auf die Uhr. 08.05 Uhr. „Emily, Sie sind zu spät" hob sie ihre Stimme leicht an als sie mich eintrug. Ach wirklich? Darauf wäre ich noch nicht gekommen..

Ich setzte mich auf meinen Platz und sah nach vorne. „Zug?" hakte Sandra nach. „Zug" sagte ich und sah sie an bevor ich meine Jacke auszog und sie auf meinen Stuhl hing. „Keine Erklärung?" sie hob ihren Blick und sah mich an. Mit dem Rotstift in der Hand wippte sie ihn leicht herum. „Mein Zug hatte Verspätung". Sie nickte und schrieb weiter etwas auf.

Während des Unterrichts sah ich zwischendurch aus dem Fenster und sah Joachim, wie er seine 13. unterrichtete. Er sah unbeschreiblich gut aus. Seit der Feier letztens, hatten wir weniger Kontakt. Es mag daran liegen, dass er gerade viel zu tun hatte, Schultechnisch. Er sagte, dass er entweder Zeit dafür bräuchte oder dass er beschäftigt war. Ich nahm es ihm nicht übel, er war Verbindungslehrer, Mathelehrer, Sportlehrer und leitete sonst noch irgendwelche Dinge.
Ich war nicht eifersüchtig oder wie man das nennt, dass er weniger Zeit für mich hatte. Im Gegenteil, ich gönnte ihm alles was er bekam und erreichen wollte. Das machte ihn aus.
„Emily" stöhnte sie genervt auf als sie mich sah wie ich aus dem Fenster blickte. Ich drehte meinen Kopf in ihre Richtung und alle sahen mich an. Gott, was will die jetzt schon wieder? „Sie sollten sich lieber auf den Unterricht konzentrieren". Sie drehte sich wieder um und schrieb etwas an die Tafel. Würde sie auch Stoff fürs Abi machen, würde ich mich ja auf den Unterricht konzentrieren, doch dies war nicht der Fall.

Gegen Abend lag mein Kopf auf Joachim's Brust während wir fern sahen. Seine Arme hielten mich dicht bei sich während ich seinem Herzschlag lauschte. „Joachim?". „Ja?" sagte er während er meinen Rücken entlang strich. „Ich glaub diese Referendarin, also Frau Stöhle kann mich nicht leiden" ich sah zu ihm hoch. „Wie kommst du darauf?" lächelte er mich an. Ich zuckte mit den Schultern.

„Egal was ich mache, mach ich falsch oder sie schreibt mich auf, wenn ich ein paar Minuten zu spät komme" ich erzählte ihm was sich in meinem Kopf abspielte und welche Gedanken ich zu ihr hatte.

„Schatz, sie ist eine neue Lehrerin. Du weißt doch, dass gerade frische Lehrer oft mit allem übertreiben und sie ist nett zu jedem. Vielleicht bildest du dir dies auch nur ein und konzentrierst dich deshalb so auf sie, wegen letztem Jahr" er strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Seine Finger berührten sanft meine weichen Haut und somit verschwanden meine Gedanken und blieben ganz bei ihm hängen.

Ich lächelte und küsste ihn intensiv. Ich liebe ihn so sehr, ich konnte es nicht beschreiben. Als wir uns voneinander lösten, sahen wir uns tief in die Augen. Ich liebte einfach alles an ihm, einfach alles. „Ich freu mich aufs Kleine" lächelte er sanft und fuhr mit seiner Hand über meinen Bauch, wo man schon eine kleine Wölbung sehen konnte. „Ich mich auch" grinste ich nun breit und sah zu seiner Hand, die sanft meinen Bauch streichelte. Ich beobachtete seine Gesten genau, man kann sogar schon sagen fokussiert. Seine große Hand auf meinem Babybauch fühlte sich so anders an, aber so schön. Ich legte meine Hand auf seine und ich fühlte sofort ein wohliges Gefühl von Nähe. Die Nähe zu Joachim und zu dem Kind. Ich konnte es trotzdem noch nicht fassen.

„Ich werde dich für immer lieben, bis ich sterbe" hauchte er und ich sah zu ihm. Er sah weiterhin auf unsere Hände. Ein leichtes Lächeln umspielte meine Lippen.
„Für immer" nun sah er mich an. Ich legte meine Hand auf sein Gesicht und strich mit dem Daumen über seine Wange. „Ich liebe dich auch, so sehr" nuschelt ich bevor ich ihn erneut küsste.


Her red lips | Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt