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Heute schien ein ganz normaler Tag zu sein. Ich kam um 7.45 Uhr im Klassenzimmer an, schrieb an meinen GW Sachen weiter und wartete bis der Unterricht anfangen würde.
Wir hatten in den ersten beiden Stunden Sozialkunde. Viele mochten unsere Sozialkundelehrerin nicht, weil sie sehr sensibel war und andere darüber Witze machten. Mir hingegen tat sie leid, ich hatte irgendwie das Gefühl, dass sie eine ganz liebe, süße ist. Außerdem erinnerte sie mich ein wenig an meine Oma.

Sie sagte uns, dass wir runter in den Computerraum gehen würden und dort Thesen recherchieren, die der Wahrheit entsprechen oder doch nur fake sind. Wir hatten die vorherige Stunde verschiedene Thesen aufgestellt, die mit dem Mauerfall zu tun hatten. Die letzte Sozialkundestunde fiel direkt auf den Tag nach dem Tag der Deutschen Einheit. Es hieß Osten gegen Westen, was ist wahr und was ist falsch.

Wir nahmen unsere Sachen und gingen runter. Ich nahm meine Tasche über die Schulter und unterhielt mich währenddessen mit Sandra, die mir ihre neusten Ereignisse von gestern erzählte. Es war nichts Neues, nur dass sie Bewerbungen verschickt hatte und keiner eine Rückmeldung gab.
In der ersten Stunde recherchierten wir an den PC's und zwar schnell. Wir mussten uns beeilen, da wir im Anschluss unsere Ergebnisse präsentieren sollten. Wie sollten wir in der kurzen Zeit ein ganzes Handout entwickeln und dass alles noch richtig sein sollte, war auch etwas zu viel verlangt.
Mich schmiss unsere Sozialkundelehrerin mit einem Mädchen aus meiner Klasse zusammen. Sie hieß Amelie und war auch nicht die Schnellste, dennoch hatte ich nichts gegen sie. Ich mochte sie, nicht so wie Gelato und ihre Bitches.

Als wir alles wichtige, was wir fanden zusammenfassten, mussten wir es auch schon abgeben. Im Internet fand man wirklich nichts dazu, es war so leer wie eine weiße Friedensflagge. Ebenso wussten wir nicht, ob unser Geschriebenes überhaupt stimmte. „Such noch schnell eine Grafik raus, alle haben eine" sagte Amelie und sah auf die anderen PC's der anderen Schüler. Schnell suchten wir noch irgendeine Grafik im Internet heraus, die einiger Maßen passte. Naja, ich überflog sie eher gesagt, da die Lehrerin, Frau Demmler, uns schon hetzte. Dies war jedoch ein großer Fehler, der sich später bemerkbar machen sollte.

Die Computer der Schule brachten meinen Puls innerhalb von Sekunden auf 180. Sie waren so verdammt langsam und veraltet, nicht zu vergessen besaß ich ein MacBook und war alles anderes gewohnt. Schon so lange habe ich nicht mit Windows gearbeitet und nun mit diesen noch langsameren Windows PC's war es noch nervenaufreibender. Ich war kein verwöhntes Gör, nein. Meine ganzen Sachen, auch Elektro-Geräte, habe ich mir alle selber erarbeitet, nicht wie andere aus meiner Klasse und damit meine ich beispielsweise Gelato. Ebenso sehe ich so viele Grundschulkinder im Zug, die das neueste iPhone hatten wo sogar mein 7er hingehen alt aussah. Diese Kinder werden nur verzogen, ich würde meinen Kindern in dem Alter oder allgemein, nie so ein teures Handy kaufen. Meine Mutter würde mir selbst so ein teures Handy nie kaufen. Es war grauenhaft.

Wieder sah ich auf den alten, langsamen PC und wünschte mir so sehr meinen PC hierher. Nun stellte ich die Leichtigkeit und Schnelligkeit der Tastenkombination von Apple in den Vordergrund.
Es war so mühsam hier bis ich alles einzeln antippen musste und dies kostete mich auch nochmal Zeit. Dazu machte mich die Maus ebenso verrückt, wenn nicht fraß sie mir mehr Nerven als der PC an sich. Meine Maus von zu Hause war naja, sagen wir's so; ein wenig anders. Wenn ich mit meiner Maus runterscrollen will, dann muss ich in die entgegengesetzte Richtung scrollen, und da ich es so auch schon gewohnt bin, scrolle ich hier immer hoch. Nicht zu vergessen dauerte es bis die Seite fertig gescrollt hat 5 Mal so lang. „Ich schmeiß den PC gleich aus dem Fenster" sagte ich mit drohender Stimme, Amelie saß nur lachend neben dran. Sie fand es amüsant, ich nicht wirklich. Hätte ich als Hauptfach Wirtschaft, dann hätte ich mich schon längst wegen der Computer erhängt.

Die Schule investierte so unverschämt viel Geld in ein neues Gebäude, alles schön und gut. Doch die Computer der Schule sind doch wichtiger, da man vor allem mit ihnen arbeiten musste. Meine Mutter sagte ebenso, dass man die PC von zu Hause nicht mitbringen sollte, da eigentlich eine Schule alles zur Verfügung stellen sollte, sodass die Schüler damit arbeiten konnten. Doch wie schon erwähnt, war diese Schule eine reine Katastrophe..

Nachdem wir das Handout ausgedruckt hatten und ins Klassenzimmer marschiert sind, wollte ich mein Block heraus holen. Ich bückte mich nach links und wollte meine Tasche hochheben, doch da war sie nicht. Ich bückte mich nach rechts und da war sie auch nicht. Verwirrt sah ich auf und da fiel mir ein, dass ich sie unten liegen lassen habe. „Scheiße! Meine Tasche liegt unten!" rief ich quer durch die Klasse und rannte runter. Hinter mir hörte ich nur noch Gelächter meiner Mitschüler. Schnell rannte ich die Treppen runter und dann in den Computerraum. Zum Glück sah ich einen Lehrer, der gerade ein Computerraum zuschließen wollte. Schnell fragte ich ihn, ob ich noch meine Tasche holen konnte. „Selbstverständlich" lächelte er und ließ mich rein.

Als ich wieder hochkam, stand Frau Demmler vorne und sah in die Klasse. Unsere Klasse hatte ausgemacht, dass wir ihr unter die Arme griffen und ihr ein wenig halfen, da sie so sensibel war. Meiner Meinung nach, sollten Menschen, die den Lehrerberuf auswählten, auch die nötige Kompetenz tragen. Nicht umsonst werden Lehrer geschult und ausgebildet für den Beruf, das gilt auch für die Abhärtung des Lehrerkörpers gegenüber Stresssituationen und nicht für eine Fragestellung eines Schülers worüber die Lehrkraft dann anfängt zu weinen, weil sie dann denkt, dass ihr Unterricht unverständlich ist. Dennoch hatte ich nichts gegen sie, sie sollte den Job nur auf Seite legen und sich lieber weiter um die Bücherausgabe kümmern.

„So, nun welche Gruppe möchte ihre Ergebnisse zuerst vorstellen?" Frau Demmler sah in die Klasse und alle sahen sie an. Keiner meldete sich. Man sah ihr an, dass sie nervös wurde und mit den Finger spielte. Es gab so viele Geschichten von anderen Klassen, die sie hatten in Sozialkunde. Angeblich soll sie bei normalen unterrichtbezogenen Fragen schon anfangen zu weinen oder wenn man ihr einfache Fragen stellt. Aber ihre Arbeiten sollen dafür leicht und einfach sein, sofern sie uns mag. Das schien auch zu sein, dass sie uns mochte, doch nach diesen Doppelstunden war es wahrscheinlich das Gegenteil.

Vorsichtig hob eine Mitschülerin ihre Hand aus der ersten Reihe. Frau Demmler rief sie auf und somit lief das Mädchen vor, um ihre Ergebnisse vorzustellen. Sie dachte vielleicht würde es danach laufen und andere würden ihr Handout vorstellen, doch dies war nicht der Fall. Das Mädchen setzte sich wieder und Frau Demmler sah wieder in die Klasse. So ging es schließlich weiter und zu meinem Erstaunen wurde ihre Laune immer schlechter. Sie hatte bei jedem Handout etwas auszusetzen und sagte, dass man dies und dies noch verbessern könnte oder dass das nicht zum Thema passt". Sandra neben mir rutschte schon genervt auf ihrem Stuhl herum. „Die regt mich so auf man!" zischte sie. Ich sah zu Frau Demmler und sah ihr zu wie sie einen Schüler nach dem anderen zerlegte.
Meine Sympathie zu ihr sank.

Als wir dann vorgingen um Amelie's und meine Ergebnisse vorzustellen, stoppte Amelie kurz, da sie nicht weiterwusste und wir erst jetzt bemerkten, dass unsere Grafik nichts mit dem Thema zu tun hatte. Na super.

„Das ist jetzt nicht ihr erst" sagte Frau Demmler scharf und sah uns angepisst an. Ich erkannte sie gar nicht mehr.
„Sie hatten genügend Zeit, um alles vorzubereiten und um sich Gedanken zu machen!" ihr Ton wurde schärfer. Innerhalb der 45 Minuten? Abzüglich, dass der PC mit Windows 2007 noch hochfuhr und mal zum Arbeiten bereit war, 30 Minuten. Will sie mich verarschen? Ich sah Sandra von vorne schon an, dass sie innerlich tobte. Olivia hielt sich ebenso zurück und rieb ihre Schläfen, um runter zu kommen. 

„Was können Sie eigentlich? Das was da alles steht" sie zeigte auf das hinprojezierte Handout an der Wand, „ist alles falsch, nichts ist richtig!". Ich sah sie wieder an. Ständig sagte sie das und das sei falsch, egal bei welcher Gruppe, aber sie sagte nicht, was genau falsch war. „Und was ist konkret falsch? Sie sagen ständig das und das sei falsch" ich öffnete nun endlich meinen Mund. So sehr hatte mich noch kein Lehrer vor der Klasse fertig gemacht. Hätte ihr Blick mich töten können, wäre ich schon längst tot. Diesen Blick gab mir schon oft genug Frau Stöhle.

„Was da falsch ist? Alles!" sagte sie und deutete wieder aufs Handout. „Eigentlich wollte ich das alles benoten, doch das ist alles sinnlos bei Ihnen" murrte sie genervt und schrieb sich irgendetwas auf. Ich öffnete meinen Mund und ein lautloser Lacher entwich meiner Kehle vor Erstaunen. Die ganze Klasse verstand meine Reaktion. Ich sah zu Sandra und Olivia zeigte den Vogel, die Beiden nickten. Natürlich sah sie es auch nicht, ich hatte wirklich keine Lust, dass ich wieder Stress mit einem Lehrer bekam, der danach vielleicht auch noch wegen mir weinen würde. Und ebenso auf einen weiteren Besuch bei der Rektorin hatte ich noch weniger Lust.

Wenn sie uns Schüler so sehr beleidigt und runter macht, dann muss sie damit auch rechnen, dass wir keine Rücksicht mehr auf sie nehmen werden oder dass etwas auch zurück kommt. Ich wusste wirklich nicht was dieses Jahr alles so abginge.

Her red lips | Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt