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Immer schwerer wurde mein Körper und ich fühlte mich vollkommen erschöpft. Ebenso hörte ich immer deutlicher ein leises unregelmäßiges Piepen, welches mich wieder zu mich selbst finden ließ. Langsam öffnete ich meine Augen und sah eine weiße sterile Wand, welche mich meine Augen zusammenkneifen ließ.

"Emily, Sie sind wach" sagte jemand mit einer weichen Stimme. Ich sah in die Richtung wo die Stimme herkam und erkannte Frau Wörle's Gesicht, welches mich besorgt musterte. "W-wo..-" fing ich an mich zu sammeln, doch sofort durchfuhr meinen Körper eine Art Blitzschlag und ich griff mit meiner Hand an meinen Bauch während Panik aufstieg. Doch Frau Wörle versuchte mich zu beruhigen, da auch das Piepen sich ein wenig verschnellerte. "Keine Sorge Ihnen ist nichts passiert, und Ihrem Kind auch nicht" sagte sie sanft. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Sie wusste es.

Ich sah sie an, doch Frau Wörle schien es nichts auszumachen.

"Wieso haben Sie denn nichts gesagt? Ich meine sowas müssen Sie erwähnen, Emily". Ich sah Frau Wörle an und sie gab mir das Gefühl welches ich schon so lange nicht mehr gefühlt hatte; Sie gab mir halt. Dann sah ich weg, ich konnte sie irgendwie nicht ansehen. Ich erkannte erst jetzt, dass ich im Krankenhaus war und- Gott, wer hat davon alles mitbekommen? Es schien als würde Frau Wörle meinen Kopf rattern hören, weswegen sie anfing wieder zu reden. "Mach Sie sich keine Sorgen, keiner von den Schülern weiß hiervon. Sie wissen nur, dass es Ihnen nicht gut ging" erklärte sie und ein kleiner Stein fiel mir vom Herzen.

"Sie hatten Glück, dass Herr Feihl ihren Kopf noch fangen konnte, damit sie nicht mit dem Kopf auf den Boden aufschlugen" sagte Frau Wörle während sie sich das Oberteil glatt strich. Dann erinnerte ich mich an das war vorher passiert war. Joachim und ich hatten uns wieder gestritten, und zwar heftig. Dann legte sie eine Hand auf meinen Unterarm und ich sah sie an. "Herzlichen Glückwunsch erstmal" lächelte sie mich an. Doch anstatt ihr zu danken und über beide Ohren zu lächeln, schluchzte ich kurz auf und die ersten Tränen fielen mir über die Wange. "Hey, was ist denn los?" Frau Wörle schien besorgt zu sein und versuchte mir ins Gesicht zu sehen, doch ich ließ nur den Kopf hängen. "Es wird alles wieder gut, Emily. Aber was ist mit dem Vater, wenn ich das fragen darf?". Ich hingegen schüttelte nur den Kopf um ihr zu signalisieren, dass ich auf mich allein gestellt bin. "Das tut mir leid" sagte sie nur leise.

"Kommen Sie her" sagte Frau Wörle dann und zog mich in einer Umarmung. Es war alles zu viel für mich und mir wurde erst jetzt bewusst, dass das ständige Streiten mit Joachim und der Stress mich völlig ausgelaugt hatte. Es wurde gefährlich für mich und für das ungeborene. Ich wusste, dass sie schon immer eine wundervolle Person war und für andere da war und dies bestätigte sich hier in diesem Moment.

Langsam löste sie sich von mir und legte ihre Hände auf meine Schultern während sie mir ins Gesicht sah. "Das wird alles wieder, sie lassen sich deswegen nicht unterkriegen, Emily. Es sind außerdem nur noch ein paar Monate und dann haben sie alles stressige geschafft. Bald ist alles geschafft" lächelte die Blondhaarige mich an. Ich war so dankbar sie als meine Lehrerin zu haben. "Wissen es eigentlich die Lehrer?" fragte ich sie vorsichtig. In mir staute sich wieder ein Klotz auf, welcher mir das Atmen erschwerte. "Nur Ihre Klassenleitung, Herr Feihl und meine Wenigkeit wurden informiert" erklärte sie mir und meine Nackenhaare stellten sich sofort auf. Frau Stöhle wusste es nun auch. Wieso ist sie immer in der ganzen Sache präsent? Sie kann Joachim's und mein Leben von heute auf morgen beenden. Sie wusste nun, dass Ich schwanger war und es ist für sich offensichtlich, dass Joachim nur in Frage käme der Vater zu sein.

"Und apropos Herr Feihl, er wartet draußen und möchte sich nach Ihnen erkundigen" fügte sie noch hinzu.

Mein Mund wurde sofort trocken von dem Gedanken, dass Joachim direkt vor der Tür stand. "Aber dafür brauche ich Ihre Einwilligung, dass er reinkommen darf". Ich fühlte wie meine Hände schwitzig wurden. Dass Joachim hier noch auftaucht, nachdem was alles passiert war würde mich normal wütend werden lassen. Doch ich hatten in diesem Moment überhaupt keine Kraft mich über etwas aufzuregen. Es reicht schon, dass ich hier wieder im Krankenhaus liegen muss. Ich sah starr auf die Wand vor mir und versuchte all meine Erinnerungen auszublenden, die mir gerade alle in den Sinn kamen. Ich neigte dazu schnell ihm hinterher zutrauern, aber ich wusste ganz genau, dass wenn ich ihn zu mir jetzt lassen würde, alles wieder aus dem Ruder laufen würde und er mir dadurch nur noch mehr weh tun würde. Ich wusste nicht wie wir an diesen Punkt kommen konnten. Joachim und ich waren bis vor einem Monat noch die perfekte Familie gewesen, doch wie auch in jeder Familie hängt ein dunkler Schatten über sie und so war es auch bei uns. Und dieser Schatten hieß Janina Stöhle. Ich würde Joachim jeden Fehler vergeben, aber nicht wenn dieser Fehler eine andere Frau ist.

"Ich möchte gerade keine anderen sehen" sagte ich dann. Zwar konnte ich Frau Wörle's nicken nicht sehen, doch ich wusste, dass sie es akzeptierte. Nach einigen Minuten in denen sie mich über alles aufgeklärt hatte was gestern Abend noch passiert war, wollte sie aufstehen und gehen. Doch ich hielt sie auf und bat sie hier bei mir zu bleiben bis meine Mutter eintreffen würde, ich wollte in diesem Moment nicht alleine sein. Sie lächelte und nickte schließlich.

Einige Zeit später kam dann auch der betriebshabende Arzt zu mir ins Zimmer und wollte mich über die Ergebnisse aufklären welche von den Untersuchungen entstanden sind. Dazu musste dann Frau Wörle aus dem Zimmer gehen. Wie fixiert sah ich ihr hinterher nur um zu sehen ob Joachim auch wirklich da war. Durch den kleinen Türschlitz konnte ich jedoch niemanden sehen. Vielleicht stand er ja etwas abseits?

Der Arzt erklärte mir dass meine Plazenta ein weiteres Stück nach unten gerutscht sei und den Geburtskanal ein Stück mehr bedeckte. Zwar war das noch nicht gefährlich, doch sollte es weiter nach unten rutschen, wärs bedenklich. Er erklärte mir ebenso, dass ich Blutungen hatte was vom Stress und von der Plazenta kommt. Er sagte mir ich solle mich ausruhen und jeden Stress vermeiden, sonst kann es sehr schlecht aussehen. Ich kehrte in mich und wusste dass er recht hatte.
Ich musste nun radikal auf mich achten.

Her red lips | Band 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt