Es war ein kühler Tag draußen und der Wind wehte durch die Straßen unserer Stadt. Ein perfektes Wetter um sich zu erkälten und wie sollte es auch anders sein? Es hatte mich wie erwartet erwischt. Der Tag an dem ich vor Joachim umgekippt war und völlig kraftlos auf dem Sofa lag, zog sich. Bei jedem Husten hatte ich das Gefühl, dass meine Lunge gleich in mir zerfallen würde. Es schmerzte so sehr, aber das hatte ich mir selbst zu zuschreiben.
Nun saß ich hier und wartete bis mich jemand aufrief und ich somit zum Arzt rein konnte.
Es waren noch mehrere Patienten hier im Raum mit mir. Eine Frau mit braunen Haaren saß auf einem Stuhl und las ein Magazin. Eine andere saß auf der gegenüberliegende Seite und las ebenfalls eins. Ich konnte nie die Menschen verstehen, die sich mit Zeitung oder Magazine die Zeit im Wartezimmer vertrieben. Ein Klatsch und Tratsch Artikel nach dem anderen, nein danke.
Neben mir saß ein etwas älterer Mann und putzte sich gerade die Nase. Ich hoffte nur mich nicht noch mehr anzusetecken. Das hasste ich am Meisten an den Wartezimmern; die Ansteckungsgefahr.Am Liebsten würde ich mir einen Mundschutz umlegen und meinen Körper in einen gelben Anzug stecken mit dem man in die Zimmer der Patienten ging, die MSRA oder andere multiresistente Erreger in sich trugen, um mich selber zu schützen. Seitdem ich das Fach Gesundheitswissenschaften hatte, achtete ich noch mehr auf Hygiene und Ansteckungen. Es war verdammt einfach sich irgendwo anzustecken. Zum Beispiel wenn dich jemand anniest und diese Tröpfchen in deine Schleimhäute gelangen, auch Tröpfcheninfektion genannt. Es war simpel und dennoch viel zu einfach. Joachim hatte ich auch schon mit meinem Putzwahn angesteckt und kontrollierte ständig ob er vor dem Essenmachen seine Hände gewaschen hatte. Jedes Mal gab er ein genervtes Ja von sich während ich über seine Schulter sah. Natürlich kannte sich Joachim in diesem Bereich ebenso aus, doch wenn man das Fach nicht explizit durchnahm, dann kannte man auch nicht alle Einzelheiten.
Auf einmal wurde ich dann aufgerufen und konnte in die Sprechstunde gehen. Ich ließ es mir nicht zweimal sagen und machte, dass ich hier aus dieser Bakterien- und Virenkammer herauskam. Die Sprechstunde verlief relativ normal. Er sagte mir, dass ich haarscharf an einer Lungenentzündung vorbei geschlittert bin und ich besser auf mich acht geben sollte. Es dauerte nicht allzu lange und ich war schon durch, oder ich hatte mir die Zeit nur schön geredet damit sie endlich verflog. Es hatte nur so lange gedauert, da der Arzt immer noch mehr reden musste und alles ausschmücken musste. Jedes Mal als ich bei ihm oder bei einem anderen Arzt war dachte ich mir während des Gesprächs, dass er schon längst zwei weitere Patienten behandeln könnte, und das zum Thema die Ärzte sind überbelastet..
Endlich entließ er mich und ich konnte auch wieder gehen. Eine der drei Frauen an der Pforte gab mir noch ein Attest, welches ich für die Schule bekam. Ich sollte ein paar Tage zu Hause bleiben und mich erholen. Schnell bedankte ich mich und ging Richtung Ausgangstür. Zuvor hatte ich noch Joachim geschrieben, dass er mich abholen konnte.
Joachim konnte nicht mit mir zum Arzt gehen, da der Arzt mitten in der Stadt lag und die Wahrscheinlichkeit, dass jemand dort auf ihn treffen würde sehr hoch war. Deswegen fuhr er mich hin und holte mich dann wieder ab. Zum Glück hatte Joachim nur Nachmittagssport mit den Jungs und kein normalen Unterricht. Natürlich verpasste ich auch den Unterricht sowie seine Mathestunden, doch diese holte ich mit ihm bei ihm zu Hause nach. Joachim war wirklich ein Engel und half mir dabei mich wieder in den Stoff einzufinden, auch wenn er schon genug zu tun hatte.Dann sah ich ihn vorfahren und ging schnell zu ihm. Ich hatte mein Kopf so gut es ging eingezogen, da ich mich immer noch mies fühlte und ich keine Kraft hatte, außerdem war es verdammt kalt. Schnell stieg ich ein und wurde schon von ihm begrüßt. „Alles gut?" fragte er und fuhr rasch los. Ich nickte und schloss meine Augen. „Was ist jetzt rausgekommen? Ist es was schlimmes?" er sah nach links und bog dann auch in die Richtung ab. „Bin knapp an einer Lungenentzündung vorbeigekommen" murmelte ich und zog den Kopf noch mehr ein, sodass der Schal schon fast mein Gesicht verdeckte. Joachim atmete tief aus und bog wieder ab. „Zum Glück ist es keine" fügte er dann noch hinzu. Ich nickte, doch wahrscheinlich hatte er es nicht gesehen. Er war viel zu konzentriert auf die Straße. „Wenn du nochmal so etwas machst" Joachim's Lehrerstimme war wieder da. Innerlich seufzte ich auf. „Entschuldigung, dass ich nach Hause zu dir wollte" murmelte ich wieder. Es ging um das was vorgestern passiert war und ich deswegen zum Arzt musste. „Das ist keine Ausrede. Normale Menschen hätten gewartet und wären dann erst nach Hause gegangen oder sie hätten jemanden angerufen der sie abholen würde". Innerlich seufzte ich laut auf. „Oh ja! Dann hätte jeder dich, meinen Mathelehrer und insgeheim fester Freund, gesehen und dann wäre alles aufgeflogen, klar!" antwortete ich sarkastisch. „Außerdem bin ich nicht normal falls du das noch nicht gewusst hast" fügte ich noch leise hinzu. „Hör auf mit dem Sarkasmus, ich meine es ernst. Du bist zu nachsichtig und musst mehr auf dich aufpassen. Ich kann nicht ständig bei dir sein" Joachim sah zu seiner Fensterscheibe raus und fuhr weiter. „Wieso? Wo wirst du sein?". Natürlich wusste ich, dass es keine ernstgemeinte Frage war, doch Joachim war zu sehr in seiner strengen Rolle drin. „Emily". Er sagte meinen Namen so streng, dass es sogar so klang als ob er mich ermahnen würde. Ich rollte mit meinen Augen und sah aus dem Fenster. Der Regen prasselte gegen die Scheibe und immer wieder hörte man wie die Autos Wasser von den Straßenlöchern spritzten.
„Möchtest du etwas essen? Sollen wir was holen?" er unterbrach die kurze Stille und sah zu mir. Ich hingegen sah weiterhin aus dem Fenster. Was wohl meine Freunde machten? Ich hatte sie jetzt seit Tagen nicht mehr gesehen..
Am Handy war ich auch seitdem nicht mehr. Ich schüttelte meinen Kopf und sah weiterhin nachdenklich aus dem Fenster. Schon so lange hatte ich nichts mehr mit Olivia oder Sandra unternommen, ich sollte ihnen wenigstens mal schreiben.Als wir zu Hause ankamen zog ich meine Jacke aus. „Ich muss zur Schule, wenn was ist dann melde dich" er wechselte noch schnell seine Jacke und schnappte sich dann seine Tasche. Ich nickte. „Bis später" sagte er noch schnell und gab mir einen kurzen Kuss auf die Wange bevor er verschwand. Schon fiel die Tür zu. Langsam schritt ich ans kleine Fenster, welches neben der Tür war und sah hinaus, aber so dass Joachim mich nicht sehen konnte.
Er verstaute seine Tasche in den Kofferraum und stieg dann zur Fahrerseite ein. Kurze Zeit später fuhr er dann auch los und war weg. Mein Kopf brühte eine Idee aus, die Joachim ganz und gar nicht gefallen würde, doch ich wollte nicht hier für Stunden alleine sein.
Deswegen zückte ich auch mein Handy.
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Her red lips | Band 2
RomanceNachdem die große Neuigkeit verarbeitet ist, bereiten sich Emily und Joachim auf ihre Zukunft vor und was sie alles mit sich bringt. Alles scheint perfekt zu sein, doch auch in jeder Beziehung gibt es ein Geheimnis, welches wie ein dunkler Schatten...