36.

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PoV. Michael

Enttäuscht legte ich das nächste Buch auf den Boden zu den anderen Büchern, die ich vor ein paar Minuten auch noch in der Hand gehalten hatte, und durchsuchte nun wieder das Regal nach etwas Neuem und diesmal vielleicht auch Brauchbarem. Schon seit einer Dreiviertelstunde hängen Maurice und ich zwischen den Regalen und lesen unzählige Kapitel von Büchern, die wenigstens etwas so klingen, als würden sie uns weiterhelfen können. Von Büchern über jeden Zentimeter eines Waldes, bis hin zu Büchern, die zeigen wie Brände entstehen und wie man sie vorbeugen kann. Noch nie hatte ich das Gefühl gehabt meine Zeit so sehr verschwendet zu haben.
Seufzend setzte ich mich zu den vielen unnützen Büchern und blickte zu Maurice herüber, der gerade auf einem Sessel saß und den Kopf in ein Buch gesteckt hatte, von dem ich den Titel nicht entziffern konnte. Zuerst dachte ich, dass er irgendetwas gefunden hatte, da er gerade ziemlich interessiert dieses Buch verschlang, aber dann legte er auch Dieses weg und schaute mir plötzlich ins Gesicht.

Schnell wich ich seinem Blick aus und blickte zu Boden, aber dann fiel mir ein, dass ich das hier noch irgendwie beenden musste. "Maurice?", fing ich also an und wartete darauf, dass er wieder zu mir sah, "Was bringt das hier eigentlich? Wir werden sowieso nichts finden." Nickend legte er das Buch, das er eben erst angefangen hatte, beiseite. "Ich weiß, aber ich musste das so regeln. Die Beiden sollten endlich alleine sein, um ihren Streit klären zu können." Schmunzelnd blickte ich kurz in die Leere. Wenn er wüsste, dass da mehr hinter steckte, als nur ein blöder Streit. "Aber warum durchsuchen wir dann wirklich die halbe Bibliothek, anstatt einfach nichts zu tun?", hakte ich nach, als mir auffiel, dass wir uns die letzten 45 Minuten sicher hätten sparen können. 
Empört starrte ich Maurice wieder an, nachdem ich gesehen hatte, dass er offensichtlich mit den Augen gerollt hatte. Sofort schlich sich ein Grinsen auf seine Lippen, als er meinen Blick bemerkte. Wie aus Eigenzwang, musste ich das Grinsen erwidern.

"Das habe ich gesehen!", fügte ich aber noch hinzu, um trotzdem noch meine Empörung ausdrücken zu können. "Hmm, was?", kam es von Maurice und ich schüttelte mit dem Kopf, als ich dieses schelmische Grinsen wieder erkannte. 
Kurz überlegte ich, wie ich ihm die Schwindelei heimzahlen konnte, bis mein Blick auf die Bücher fiel, die immer noch auf dem Boden verstreut lagen. Sofort griff ich nach einem und warf es in die Richtung von Maurice, sodass er schnell vor Schreck aufschrie. Ich hatte mit Absicht so geworfen, um ihn nicht wirklich zu treffen, weshalb das Buch ihn gerade so verfiel. Lachend hielt ich mich an dem Regal fest, um diesen Lachflash überleben zu können. "Man Micha!", schrie er noch dazu, weshalb ich noch mehr lachen musste. "Schmeiß nie wieder etwas nach mir! Das ist gefährlich." Kurz versuchte ich mich zu beruhigen, aber lachte dann sofort weiter, als er auch wieder anfing zu grinsen. "Ach...für dich ist schon laufen gefährlich, weil du ja stolpern könntest." Maurice fing darauf auch an zu lachen und schüttelte gleichzeitig dabei den Kopf. "Du bist echt unmöglich! Und jetzt lese weiter dein Buch.", entgegnete er mir und schubste mit dem Fuß das Buch über den Boden, sodass es wieder bei mir ankam und ich es mit der Hand davon aufhielt weiter zu rutschen.
Gerade wollte ich ihm widersprechen, aber dann sah ich seinen auffordernden Blick und ließ mich so, auch ohne Worte, dazu überreden das hier weiter zu machen. 

Nach weiteren 10 Minuten Stille, spürte ich plötzlich Maurice' Blick auf mir und dabei wurde mir unglaublich unwohl. Trotzdem versuchte ich es zu ignorieren und einfach weiter zu machen, aber ich hatte stark das Gefühl, dass er mir etwas sagen wollte und nach einer weiteren Minute wurde mir das auch bestätigt. "Du Michael...ist eigentlich alles okay bei dir?", fragte mich eine ziemlich unsicher klingende Stimme, weshalb ich das Buch wieder weglegte. Verwirrt wusste ich nicht, was er meinte. "Äh...ja?" "Wirklich? Ich frage mich das nur, weil du echt tiefe Augenringe hast. Du kannst mit mir reden, aber das musst du natürlich auch nicht." Ungläubig starrte ich in seine gelb-grünen Augen und konnte nicht glauben, dass er das jetzt ansprach.
Nie hatte eigentlich wirklich jemand danach gefragt, wenn ich mal wieder wie ein Zombie aussah, was ich aber verstehen konnte. Mir wurde einfach alles zugetraut, aber Maurice schien wirklich zu bemerken, dass mich etwas beschäftigte. Das war alles zwar lieb gemeint, aber ich konnte ihm trotzdem nicht einfach sagen, dass es dabei um ihn ging, obwohl das auch nur Manus Schuld war.

"I-Ich weiß.", stotterte ich, da mir keine Ausrede einfiel. Eigentlich war ich mir sicher, dass ich Maurice viel erzählen konnte, obwohl ich nicht wirklich lange mit ihm richtig etwas zutun hatte, aber irgendetwas in mir vertraute ihm einfach. Trotzdem würde ich nie mit jemanden über das Gespräch mit Manu reden, das schwor ich mir und wenn, wäre Maurice in der Situation die ungeeignetste Person. "Ich schlafe im Moment einfach nicht gut. Liegt eher so an Schule und natürlich den ganzen Problemen, die wir zurzeit alle haben. Es ist schwer das alles unter einen Hut zu bringen." Ganz gelogen war das Ganze nicht mal. Das alles waren auch Gründe, die mich beschäftigten. Natürlich würde er den Hauptgrund aber nicht erfahren. 
Unsicher versuchte ich zu erkennen, was Maurice wohl gerade dachte, aber er schien einfach noch zu überlegen, was er sagen sollte. Gerade wollte er seinen Mund öffnen und anfangen, weshalb ich schon damit rechnete, dass er mir nicht glaubte, aber dann wurde unserer Gespräch von einer mir unbekannten Person unterbrochen.

"Was macht ihr hier?", ertönte die Stimme eines Mädchens, das schätzungsweise auch in unserem Alter war. Im Augenwinkel konnte ich erkennen, wie Maurice zusammengezuckt war und nun höchstwahrscheinlich verrückt wurde. Doch ich war mir eigentlich sicher, dass sie harmlos war, da sie nicht von hier kam. Ich kannte sie auf jeden Fall nicht und eigentlich kannte ich fast jeden, auch, wenn nur vom Sehen her, da man in so einem kleinen Ort wie Winsen, einfach jeden wiedererkannte. Sie aber, mit ihren unglaublich hellen, fast schon weißen, Haaren und den stechenden blauen Augen, hatte ich noch nie gesehen.
"Ich hoffe ihr habt einen guten Grund dafür hier zu sein. Ich bin echt gespannt, was die Polizei hierzu sagen würde.", fing sie wieder an, um uns noch mehr Druck zu machen.


Wieder zuckte Maurice nervös zusammen und dabei merkte ich, dass ich unbedingt handeln musste. Sie sollte nicht so tun, als würden wir uns nicht wehren können und das musste ich hier nun langsam auch mal beweisen, besonders für den ängstlichen Maurice.

Erde, Wasser, Luft und Feuer | Kürbistumor & ZomdadoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt