55.

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PoV. Maurice

Konzentriert las ich den viel zu langen Text durch, der über vergangene geschichtliche Ereignisse berichtete und markierte mir nebenbei ein paar wichtige Schlüsselwörter, die es für mich leichter machen sollten, die folgenden Aufgaben beantworten zu können. Leise seufzte ich, als der Textmarker seinen Geist aufgab und kramte deswegen kurz in meiner Federtasche herum, um einen Neuen zu finden. Mein Blick fiel kurzfristig auf Manu, der mit einem gelangweilten Gesichtsausdruck auf seinem Bett saß und sich wahrscheinlich gerade auch so einen Text durchlas. Ich wusste zwar nicht so genau, was er da eigentlich tat, da wir nicht die gleichen Hausaufgaben aufhatten, aber es schien ihn definitiv zu langweilen. "Wenn ich noch eine weitere Sekunde mehr damit verschwende, drehe ich wirklich durch.", zischte er gestresst und schlug darauf sofort seinen Ordner zu. Grinsend schüttelte ich mit dem Kopf und fixierte danach das Glas Wasser, das neben mir stand. Schnell konzentrierte ich mich auf die Flüssigkeit und ließ sie mit einer kurzen Handbewegung in meinem Mund verschwinden, ohne das Glas auch nur berührt zu haben. Durch diese unglaublichen Kräfte wurde man nur immer fauler. "So schlimm ist Geschichte doch gar nicht.", entgegnete ich Manu belustigt, während er mich nur ungläubig anstarrte. "Oh doch! Wen interessiert es, was irgendwelche überprivilegierten Männer vor gefühlt 1000 Jahren getan haben?" Seufzend gab ich mich geschlagen und versuchte mich einfach wieder auf meine Hausaufgaben zu konzentrieren, die immer noch fällig waren.

"Komm schon, Maurice! Eine klitzekleine Pause." "Na schön", entgegnete ich ihm nach einer Weile, weswegen er sofort sein Handy rausholte und sich leise freute. Ich hätte wissen müssen, dass das so enden würde. Mit Manuel konnte man einfach nicht fertig werden, da er seine Motivation viel zu schnell verlor, aber mit den anderen wäre es genauso wenig gegangen. Patrick machte seine Hausaufgaben immer auf den letzten Drücker und ich war mir nicht mal sicher, ob Michael überhaupt Hausaufgaben machte. Bei diesem Gedanken zuckten meine Mundwinkel automatisch in die Höhe, weshalb ich verwirrt zu Boden blickte und versuchte Michael aus meinem Kopf zu kriegen. Angespannt schaute ich zu Manu, der immer noch breit grinsend auf sein Handy blickte und nicht mehr mitbekam, was in der Realität passierte. Sofort wusste ich, dass er mal wieder mit Patrick schrieb, was in mir mehrere Fragen aufwirbelte. Auch, wenn Manu total glücklich war, dass sein jahrelanger Crush ihm endlich die verdiente Aufmerksamkeit schenkte, machte ich mir große Sorgen. Wir hatten jetzt schon Mitte November, was bedeutete, dass zwischen Manu und Pat schon seit ein paar Wochen etwas lief und trotzdem hatte er sich noch nicht von seiner Freundin getrennt. Wir hatten noch nicht über die Beziehung zu Patrick gesprochen, weshalb ich das hier jetzt für den richtigen Moment hielt.

"Was ist das jetzt eigentlich zwischen dir und Patrick?", hakte ich vorsichtig nach, doch bekam immer noch nicht seine volle Aufmerksamkeit. Eher schien er der Frage aus dem Weg zu gehen, da er nur leicht mit den Schultern zuckte und mir keines Blickes würdigte. Kopfschüttelnd versuchte ich eine Stufe höher zu gehen. "Ich dachte immer du wärst kein Fan von so etwas wie Freundschaft Plus." "Das ist doch kein Freundschaft Plus!", kam es sofort empört von ihm, während er mich nur geschockt anblickte und sein Smartphone endlich ignorierte. Verwirrt zog ich eine Augenbraue in die Höhe. "Was denn dann?" "Maurice, du kleiner unschuldiger Goldjunge, du weißt schon, dass Freundschaft Plus mit S*x zu tun hat, oder? Und den haben wir ganz bestimmt nicht!", versuchte er mir die genaue Bedeutung zu erklären. Erschrocken musste ich zugeben, dass ich das wirklich nicht gewusst hatte. Aber woher denn auch? Ich hatte noch nie eine Beziehung gehabt, geschweige denn an S*x gedacht. Ich wusste nicht mal genau, was ich mochte, da ich nie verliebt gewesen war. Und irgendwie kam das Gefühl in mir auf, dass das für mein Alter ziemlich ungewöhnlich war. Manu hatte mich definitiv verunsichert und ließ mich nun über Sachen nachdenken, an die ich vorher nie gedacht hatte. Hatte ich überhaupt jemals eine Person auch nur attraktiv gefunden? Sofort kamen mir Michaels eisblaue Augen in den Kopf, die mich schon von Anfang an fasziniert hatten. Jedoch schüttelte ich nur verwirrt mit dem Kopf und versuchte mich wieder auf das Wesentliche zu konzentrieren. 

Erde, Wasser, Luft und Feuer | Kürbistumor & ZomdadoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt