68.

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PoV. Manuel

"Wo willst du denn schon wieder hin?", erkundigte sich meine Mutter bei mir, während ich die Hand wieder von dem kalten Türgriff nahm und mich seufzend zu ihr umdrehte. Es war schon fast dunkel draußen und ich hatte wirklich gehofft, dass ich mich, ohne die Fragerei meiner Mutter, einfach hätte rausschleichen können. Natürlich hätte ich ihr noch eine Nachricht geschrieben, aber leider schien das Schicksal nicht auf meiner Seite zu sein. "Oh, ich treffe mich mit meinen Freunden.", entgegnete ich ihr scheinheilig und wartete innerlich schon auf die Frage, warum das denn so spät am Abend sein musste. Leider konnte ich nichts dafür, dass Tiana für ihren komischen Zauberspruch die Dunkelheit brauchte, aber das konnte ich ihr ja schlecht erklären. Zu meiner Verwunderung fragte sie aber genau diese Frage nicht, die eigentlich sonst jedem Elternteil durch den Kopf fliegen würde. "Ist Patrick denn dabei?" Kurz zögerte ich verwirrt, bevor ich zustimmend nickte und innerlich hoffte, dass dieses Gespräch hier nun endlich enden würde. Ich hatte einfach Angst, mich zu verplappern, da ich noch nicht den richtigen Moment gefunden hatte, ihr zu sagen, dass Pat mein fester Freund war.
Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen kam sie einen Schritt näher und legte einen Arm auf meine Schulter, was mich leicht zusammenzucken ließ. "Manu, ich habe es dir noch nicht gesagt, weil ich gehofft hatte, du würdest dich mir noch anvertrauen. Ich habe euch am Samstag gesehen, als er dich nach Hause gebracht hat. Warum erzählst du deiner Mutter nicht, dass du einen festen Freund hast?", erklärte sie mir die Situation, während ich sie mit weit aufgerissenen Augen anblickte. Irgendwie war es ein komisches Gefühl, zu wissen, dass sie es schon die ganze Zeit wusste und uns beobachtet hatte. Erschrocken schaute ich auf, als ich bemerkte, dass sie wahrscheinlich auch gesehen haben musste, wie wir uns geküsst hatten. "Das geht noch nicht so lange, ich hätte es dir ja bald erzählt! Aber bitte rede leiser.", forderte ich sie flüsternd auf, weswegen meine Mutter nur eine Augenbraue in die Höhe zog. "Keiner deiner Brüder ist Zuhause, Manu! Und irgendwann werden sie es sowieso erfahren müssen." Leise seufzte ich, weil sich bei dem Gedanken daran, alles in mir zusammenzog. Ich konnte die vielen unangebrachten Sprüche jetzt schon hören. "Genau, irgendwann. Und jetzt entschuldige mich, aber ich muss los!"

In Windeseile öffnete ich die schwere Haustür und wollte einfach nur vor ihrer Fragerei fliehen. Doch als ich plötzlich in die warmen braunen Augen meines festen Freundes blickte, blieb ich wie angewurzelt stehen. "Oh, hallo Patrick! Schön, dich wiederzusehen.", begrüßte meine Mutter den braunhaarigen Jungen freundlich, während ich im Erdboden versinken wollte. "Freut mich auch!" Seufzend verließ ich einfach das Haus und schloss die Tür glücklicherweise schnell hinter mir zu, bevor meine Mutter noch etwas hätte sagen können. Still schweigend lief ich einfach vor und hörte sofort, wie Patrick mir leise folgte und sein besorgter Blick mich prüfend beäugte. "Sie hat uns am Samstag gesehen.", erklärte ich mein Verhalten, weshalb ich förmlich spüren konnte, wie er für einen Moment die Luft anhielt. "Warte, was? Das eben war also mein erster Auftritt als dein fester Freund? Man, das hätte ich echt besser gekonnt." Belustigt schnaubte ich und konnte kaum glauben, dass er sich wirklich darüber Gedanken machte. "Glaube mir, sie mochte dich schon von Anfang an. Mach' dir einfach keine Sorgen.", versuchte ich ihn zu beruhigen und nahm dabei sanft seine Hand. "Ich bin ja auch total charmant!" "Klar, natürlich doch!", kam es ironisch von mir, weswegen Patrick nur empört mit dem Kopf schüttelte.


(...)


Genervt beobachtete ich Tiana dabei, wie sie einen kleinen magischen Krug befüllte, der nicht so aussah, als würde er wirklich funktionieren. Eher sah es so aus, als hätte sie das Teil aus einem der günstigen Läden in der Stadtmitte gekauft. Seufzend versuchte ich meine Skepsis herunterzuschlucken, doch konnte einfach nicht aufhören, darüber nachzudenken, dass sie uns verraten würde. "Woher kennst du diesen Zauber überhaupt? Normalerweise solltest du keine Zauberin sein.", warf ich in den Raum, während sie in ihrer Bewegung stoppte und sich langsam zu mir umdrehte. "Jeder kann zaubern, wenn man nur weiß, wie es geht.", entgegnete sie mir schnippisch und grinste dabei provokant, "Aber um deine Frage zu beantworten, ich kenne da einfach jemanden, der so etwas kann." Verwirrt blickte ich sie an und bemerkte jetzt erst, was sie da gerade gesagt hatte. Sie kannte anscheinend einen Zauberer, der ihr unerlaubterweise zeigte, wie man Zaubersprüche ausführte. Aber warum sollte diese Person das tun? Kopfschüttelnd versuchte ich mich auf das Wesentliche zu konzentrieren und diesen Gedanken zu vergessen. Das alles kann mir egal sein und es war wahrscheinlich sicherer, nichts darüber zu wissen. Grinsend blickte ich zu Patrick herüber, als ich eine sanfte Berührung an meiner Hand vernahm. Mit einem Mal verschränkte ich unsere Finger miteinander und fühlte mich gleich ein wenig besser. Ich hatte immer gedacht, man verlor die Kontrolle, wenn man sich verliebte, aber wenn Patrick da war, schien ich mich noch besser unter Kontrolle haben zu können.

"Schön, dass ihr beide euch gefunden habt, aber das hier ist wichtig! Verteilt eure Glückshormone wann anders!", rief das nervige Mädchen plötzlich, was mich genervt aufschauen ließ. Trotz ihres warnenden Blickes ließ ich Patricks Hand nicht los, da ich genau wusste, dass sie hierbei nicht in einer Machtposition stand. "Du kannst auch mal netter sein! Nicht vergessen, du brauchst uns!", meldete sich Michael nun zu Wort, der sie überlegen anblickte. Tiana schnaubte genervt, während mein Blick auf Micha fiel, der mir nur grinsend zunickte. Er hatte Spaß daran, endlich mal die Kontrolle über Tiana zu haben, nachdem sie Michael die ganze letzte Zeit in der Hand gehabt hatte. Nickend grinste ich zurück, aber musste immer noch an seine komische Reaktion vom letzten Mal denken, wenn ich ihn ansah. Mir ging es schon den ganzen Tag nicht mehr aus dem Kopf, was seine Reaktion auf unsere neue Beziehung zu bedeuten hatte, besonders da es mir irgendwie wichtig war, was er dachte. Michael war der Einzige, der durch viele Zufälle immer sofort gewusst hatte, was zwischen Patrick und mir los war. Und irgendwie wollte ich seine Unterstützung haben, die gleiche, die ich auch von ihm bekommen hatte, als er herausfand, dass ich Patrick mochte oder als er mich wieder aufgebaut hatte, nach dem schrecklichen ersten Kuss.

"Lasst es uns einfach hinter uns bringen.", schlug Tiana seufzend vor und legte ein weiteres Haar von Nela in das kleine Gefäß. Angewidert musste ich immer noch daran denken, dass sie das einfach mitgehen lassen hatte, als wir sie netterweise zu Nela geführt hatten. "Das ist so komisch." "Sei still, verdammt!" Augenrollend schüttelte ich nur mit dem Kopf und konnte kaum fassen, dass sie dachte, dass das hier wirklich okay wäre. Mit einem Mal fuchtelte sie plötzlich in der Luft herum und ließ ein paar kleine Eisbrocken erscheinen, die sofort in dem Krug verschwanden. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen schenkte sie nun uns ihre volle Aufmerksamkeit, weshalb sofort klar wurde, dass jetzt wir an der Reihe waren. "Jetzt fehlt nur noch ein wenig bröcklige Erde, klares kaltes Wasser, frische Luft und das heiße brodelnde Feuer. Ihr wisst hoffentlich, was zu tun ist."
Erwartend richteten sich unsere Blicke auf Michael, der sich kurz hilflos in der Runde umsah, aber dann doch schließlich zögernd nickte. Rasant schloss er seine Augen und ließ winzige unebene Erdbrocken erscheinen, die auch schnell in dem Krug verschwunden waren. Das glänzende Wasser folgte daraufhin sofort, was Tiana nur breiter lächeln ließ. Schließlich konzentrierte sich Patrick auf seine Aufgabe und mit einem Mal konnte ich spüren, wie der Wind uns schneller um die Ohren flog. Kaum sichtbar verschwand ein kleiner Teil davon in dem Krug, was mich nur leicht seufzen ließ. Jetzt war ich an der Reihe und alles schien nun an mir zu hängen. Zögerlich näherte ich mich dem Krug und blickte noch einmal in der Runde herum, da ich mir langsam nicht mehr so sicher war, ob wir wirklich die richtige Entscheidung getroffen hatten. Trotzdem konnte ich jetzt keinen Rückzieher mehr machen, obwohl das unwohle Gefühl sich überall in meinem Körper auszubreiten schien. Mit geschlossenen Augen fand ich schnell mein eigene kleine Flamme und ließ sie kurz und schmerzlos als letztes Stück in dem Gefäß verschwinden, während mein Atem sich unterbewusst verschnellerte.


Mit einer viel zu lauten Explosion entstand eine riesige blaue Flamme, die mich erschrocken zurückschrecken ließ. Mit rasendem Herzen beobachtete ich wie versteinert die lodernde Flamme und konnte geradeso spüren, wie Patrick behutsam seine Arme um mich legte. "Macht euch auf eine spannende Reise gefasst!"




Erde, Wasser, Luft und Feuer | Kürbistumor & ZomdadoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt