28.

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PoV. Michael

"Okay sorry, eigentlich habe ich keine Ahnung welche Sexualität Patrick hat. Also wenn man nicht gleich nach dem Norm geht.", gab ich schuldbewusst zu, "Trotzdem habe ich die Hoffnung in deinen Augen gesehen!" Still konnte ich beobachten, wie Manu immer unruhiger wurde und wie sehr das Thema wohl auf seiner Seele lag. Irgendetwas war da noch. Klar war er traurig, da er womöglich keine Chance bei ihm hatte, aber da war noch viel mehr hinter, das sah man einfach. Wie er da saß, als würde er gleich umkippen. Wie sein Gesichtsausdruck immer finsterer wurde und es so aussah, als würde er gleich weinen müssen. Wie seine Beine unruhig hin und her schwanken und seine Hände sich zu Fäusten ballten. "Es ist komplizierter als du denkst, aber das ist egal. Es geht dich nichts an.", antwortete er kalt und jetzt hörte man sogar an seiner verletzten Stimme, dass es absolut nicht egal war.
"Du kannst ja nicht so tun, als wäre es nicht da, Manu. Dir geht es doch schlecht." Seine smaragdgrünen fixierten mich sofort und ich fühlte mich so, als würde er mich mit seinem Blick töten können. "Natürlich geht das, man kann immer so tun, als würde etwas nicht existieren und das weißt du besser als ich.", meinte er nun viel selbstbewusster, als vorher. Überfordert lehnte ich mich zurück und sah ihn prüfend an. Ich hatte keine Ahnung, woher dieser Vergleich kam. Ja, ich konnte gut so tun, als hätte ich keine Gefühle, aber das war nicht der Punkt. Manu zerreißt es und ich hatte die leise Vermutung, dass er schon viel länger Gefühle für ihn hatte, als ich dachte. Trotzdem würde ich ihn nicht mehr danach fragen, da es für heute reichte.
"Du hast Recht, aber Liebe ist etwas anderes. Sie geht nicht einfach so weg.", entgegnete ich ihm dann gelassen und aß mit einem letzten Bissen meinen Döner auf. "Wann warst du denn schonmal verliebt?", kam es belustigt von dem Braunhaarigen. Augenrollend sah ich aus dem Fenster. "Nie, aber ich würde es anders machen als du."


"Können wir nun einfach los? Ich möchte nach Hause.", schlug Manu bedrückt vor und zog sich schon seine Jacke über. Nickend tat ich es ihm gleich und stand auf. "Ich bringe dich.", meinte ich bestimmend und wartete darauf, dass er fertig war. "Warum das denn?", lachte er sarkastisch und ging nach draußen. Still folgte ich ihm und antwortete nicht auf seine Frage, weil er innerlich sowieso wusste warum. Manu ging es sehr schlecht nach dem Gespräch, das ich verantwortet hatte und wahrscheinlich wollte ich auch nur mein schlechtes Gewissen begleichen.

"Wir können laufen. Von hier aus ist es nicht so weit, also musst du nicht auch noch Bus fahren.", erklärte er mir und ging sofort los. Nickend holte ich seinen Vorsprung auf und ging neben ihm her. Wieder wurde es sehr still und ich wusste nicht, warum es so harmonisch zwischen uns war und mich das kein bisschen störte. Den ganzen Tag über fragte ich mich schon, warum ich in der Schule immer so zu ihm gewesen war und die einzige Antwort, die mir einfiel, war, dass er Widerstand geleistet hatte und das als Einziger. Mich hatte gestört, dass er anders war und nicht ins Bild passen musste und immer dachte ich, dass sein Leben besser war, obwohl wir uns in der Hinsicht ziemlich ähnlich waren. Es war wohl alles nur Neid, aber das würde ich nie zugeben.

"Darf ich dich auch etwas fragen?", störte Manuel meine Gedanken. Ruckartig schaute ich zu ihm und nickte leicht. In meinem Kopf malte ich mir schon die verschiedensten Fragen aus, nach denen er sich vielleicht erkundigen wollte. "Du sagtest, dass du noch nie verliebt warst. Wie kommt das?", fragte er dann interessiert. Nachdenklich blickte ich zu Boden, obwohl ich die Antwort schon wusste. Darüber machte ich mir schon seit Jahren Gedanken. "Ich weiß nicht so Recht. Ich denke, dass ich nicht wirklich an Liebe glaube oder ich bis jetzt noch niemanden kennengelernt habe, der mir gefällt. Alle Mädchen, die ich kenne sind so laut und kompliziert wie ich und ich möchte wohl eher ein Mädchen, das friedlich ist und mich davon bewahrt so ein schlechter Mensch zu sein. Ich weiß, es ist dumm...", versuchte ich so gut es geht meine Gedanken zu erklären.
"Nein...ich verstehe das, es ist nicht dumm. Sei bitte nicht sauer, aber deine Beschreibung passt irgendwie auf Maurice. Nur ist er kein Mädchen.", meinte Manuel völlig ernst und ich hoffte, den Witz aus seiner Aussage heraushören zu können. Erschrocken blickte ich also wieder auf. "Ich bin nicht schwul, glaube mir, aber nichts gegen dich.", antwortete ich immer noch geschockt und versuchte so schnell wie möglich Manus Vorschlag zu vergessen. "Okay, sorry. Zumindest aber, würde der Charakter zu dir passen.", versuchte er seine Aussage zu retten, aber verschlimmerte alles nur noch mehr. "Was meinst du damit?", erkundigte ich mich jetzt doch und versuchte einfach nur seine Gedankengänge zu verstehen. "Naja...also, du änderst dich doch schon, sonst würden wir nicht so offen reden können und ich weiß, dass er dafür verantwortlich ist, da er mit dir geredet hat.", gab Manu zu. Überfordert blieb ich stehen. "Woher?", fragte ich ihn erschrocken und wunderte mich, dass er es wusste. Maurice wollte das auf keinen Fall.

Doch, bevor er mir antworten konnte, fuhr ein silbernes Auto auf uns zu und bleibt nah am Bürgersteig stehen. Als ich erkannte, welches Auto das war, schnürte es mir die Kehle zu.
"Micha? Was machst du denn hier mit dem Freak?", ertönte die dunkle Stimme von Matheo, nachdem er das Fenster heruntergefahren hatte. Eine Gänsehaut überkam mich und meine Nackenhaare stellten sich sofort auf. Ich wurde erwischt. "Wir machen immer noch ein Projekt zusammen? Die anderen beiden konnten nicht, also mussten wir es wohl oder übel alleine beenden! Übrigens war es der Horror, also tut nicht so, als wären wir Freunde!", rettete Manuel mich mit seinen Lügen aus dieser Situation. Der erwartungsvolle Blick meiner Freunde war sofort auf mir, weshalb ich auch etwas sagen musste. "Genau! Der Freak kann froh sein, dass es jetzt vorbei ist, sonst würde er wohl nicht mehr hier stehen!" Sofort erkannte ich im Augenwinkel Manus bedrückten Blick und bereute gleich das gesagt zu haben. Ich hatte ihn mal wieder fertig gemacht und obwohl es eigentlich ungewollt gewesen war, hätte ich eine Wahl gehabt und trotzdem brach ich wohl mein Versprechen.

"Gut, steig schon ein, das hält man hier ja keine zwei Minuten aus.", forderte Tom mich letztendlich auf. Entschuldigend sah ich nochmal zu Manu und öffnete zögernd die hintere Autotür. Bedrückt stieg ich ein und schnallte mich an. Das Auto setzte sich in Bewegung und mit meinem schlechten Gewissen schaute ich aus den Fenster und blickte zu Manu, bis wir um die Ecke fuhren und ich ihn nicht mehr erkennen konnte.

Schnell fischte ich mein Handy aus meiner Hosentasche und schrieb Manu ein gutgemeintes "Danke" und wusste nicht genau, ob ich mich für seine Lüge bedankte, für den netten Tag heute oder die offenen Gespräche.





"Bitte, Zombey.", antwortete er darauf, weshalb ich leicht schmunzeln musste.

Erde, Wasser, Luft und Feuer | Kürbistumor & ZomdadoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt