PoV. Maurice
"Hast du ihn heute schon gesehen?", erkundigte sich Micha bei mir, während er versuchte Manuel irgendwo in dem Getümmel aus Schüler*innen vor zu finden. Angespannt kaute ich mir still auf der Unterlippe herum und suchte plausible Gründe dafür, dass Manu noch nicht aufgetaucht war. "Er war heute nicht im Bus. Vielleicht ist er aber auch einfach krank..." "Das glaubst du doch selbst nicht!", rief Micha schnell etwas lauter, damit ich wieder den Ernst der Lage erkannte. Schulterzuckend blieb ich weiter still und starrte dabei gebannt auf die riesige Tür, um Manu nicht zu verpassen, wenn er noch hier erscheinen würde. Doch leider warteten Michael und ich schon seit einer guten viertel Stunde und hatten weder Manu als auch Patrick nicht entdeckt. Und langsam besorgte mich das immer mehr und ich verfluchte mich dafür, dass ich nicht doch nochmal gestern bei Manu vorbeigeschaut habe. Es musste irgendetwas passiert sein, dass ihn komplett aus der Bahn geworfen hatte, aber ich hatte einfach keine Ahnung was das sein könnte. Zuerst hatte ich an einen Streit mit Patrick gedacht, da dieser gestern gereizter als jemals zuvor war, aber beim letzten Streit der Beiden, hatte Manu sich nicht so verhalten und sich nicht einfach aus allem herausgehalten. Zwar kannten wir uns alle wahrscheinlich noch recht wenig, aber wir kannten Manu gut genug um zu wissen, dass er uns nicht ohne Grund in Stich lassen würde.
Mein Blick fiel nach kurzer Zeit wieder auf Michael, der sich angespannt an den Spind hinter sich gelehnt hatte und nach Manu oder Patrick Ausschau hielt. Ich hatte einfach immer mehr das Gefühl, dass das was Micha über den Grünäugigen wusste der Grund für sein Verhalten sein könnte. Aber seitdem Micha den Fehler mit dem Outing begangen hatte, würde ich niemals mehr etwas aus ihm herausbekommen, ohne Manus Einverständnis. Zwar hatten die Beiden sich noch nicht vertragen, aber ich merkte sofort, dass Micha das alles wieder zurecht biegen würde, wenn er die Chance dazu bekam und das reichte auf jeden Fall bis jetzt. Doch trotzdem verwirrte mich sehr, woher Micha so viel über ihn wusste und ich nicht. Eigentlich hatte ich gedacht, dass Manu und ich uns von allen am besten verstehen würden, besonders nachdem er mich am Anfang noch vor dem alten Michael gerettet hatte. Aber irgendwie wusste Michael immer die privaten Dinge über ihn und ich konnte mir das einfach nicht erklären.
"Unsere Schwestern sind in Sicht...", flüsterte mir Micha plötzlich ins Ohr, weshalb sich meine Nackenhaare sofort aufstellten und ich mich anspannte. Verwundert ignorierte ich diese Körperreaktion gekonnt und sah in die Richtung auf die Micha deutete. Tatsächlich kam meine Schwester mit Michas Schwester in Schlepptau kichernd auf uns zu. Prüfend beobachtete ich Sina und fragte mich, was sie wohl von mir wollte. "Hey Bruderherz, hallo Michael. Ich soll dir nur von Mama sagen, dass du Luis nach der Schule bitte aus der Betreuung abholen sollst.", erklärte mir Sina schnell. Genervt zog ich eine Augenbraue in die Höhe und hatte wirklich Besseres zu tun, als meinen kleinen Bruder heute abzuholen. "Und warum machst du das nicht? Wenn ich mich recht erinnere, bist du dran!" "Bin nach der Schule bei Ronja!", zickte meine Schwester genervt zurück und deutete auf Michas Schwester neben ihr. "Weiß Mama denn davon?", hakte der Blauäugige nun bei Ronja nach. "Natürlich!" "Ich frag ja nur, Ronja.", kam es von ihm, während Ronja nur empört meine Schwester mit sich zog und sie langsam verschwanden. "Mich beruhigt wirklich, dass du das Gleiche aushalten musst wie ich.", hauchte Michael mir leise zu, als sie sich nicht mehr in Reichweite befanden. Lachend schaute ich ihn nur an, während mein Blick von ihm erwidert wurde und wir uns langsam beruhigten. Intensiv schauten wir uns nur in die Augen und ich konnte mich einfach nicht davon lösen. Wie vor ein paar Wochen fielen mir wieder besonders seine leuchtenden eisblauen Augen auf, die so viel Zuneigung ausdrückten. Komischerweise machte Micha auch keine Anstalten unseren Blickkontakt lösen zu wollen und ich bemerkte kaum, was hier gerade eigentlich passierte.
"Sorry, wenn ich störe, aber ihr steht vor meinem Spind.", ertönte plötzlich Manus genervte Stimme, weshalb wir beide kurz erschrocken zusammenzuckten. Der Blickkontakt wurde sofort gelöst und ich starrte nun eher peinlich berührt den Boden an und wusste nicht wohin mit meinen Gedanken. Ich hatte einfach keine Ahnung warum ich immer so auf ihn reagieren musste und konnte mir auf keiner Weise erklären, was mit mir eigentlich los war. Viele mögliche Gründe flogen mir durch den Kopf, die aber definitiv nicht sein konnten, weshalb ich sie so schnell wie möglich verwarf und ich mich wieder auf die Gegenwart konzentrieren wollte. Dieses unnötige Grübeln konnte ich auf einen anderen Tag verschieben. Heute waren Manu und wahrscheinlich auch Patrick die höchste Priorität, um die wir uns kümmern mussten. Trotzdem verschwand diese unangenehme Stimmung nicht mehr zwischen uns, während Michael langsam ein paar Schritte nach hinten taumelte, um Manu an seinen Spind zu lassen. "Wo gerate ich bloß immer rein?", flüsterte Manu leise zu sich selbst, was wahrscheinlich nur ich hören konnte. "Was?", hakte Michael angespannt nach, da er es zum Glück nicht verstanden hatte. "Ach nichts."
"Wir haben auf dich gewartet.", erklärte ich kurzerhand und wollte somit auch schnell das Thema wechseln. Verwirrt drehte sich Manu zu mir um und ignorierte Michael damit komplett. "Michael hat auf mich gewartet? Sind wir nicht mehr im Krieg?" Seufzend konnte ich genau erkennen, wie Micha schwer schluckte und immer noch mit den Schuldgefühlen zu kämpfen hatte. "Manu, das ist jetzt echt nicht das Thema. Du hast uns gestern einfach mit Nela und Tiana alleine gelassen! Was ist passiert und wo ist Patrick geblieben?", konfrontierte ich ihn direkt mit der Wahrheit. "Ich war müde und bin dann nach Hause. Sorry, Jungs. Es passiert nie wieder.", versuchte Manu sich herauszureden, während man genau die Ironie in seiner Stimme heraushören konnte. "Ach, lass die Lügen. So bist du doch gar nicht." "Und ausgerechnet du weißt wie ich bin?", hakte Manu nochmal wütend nach und würdigte ihm dabei keinen Blick. Seufzend schaute Micha sofort zu Boden. "Du weißt doch was er meint. Erzähl uns doch einfach, was gestern passiert ist oder du sagst es nur mir. Es hat doch bestimmt mit Patrick zutun. Habt ihr euch gestritten?", versuchte ich noch eine Stufe höher zu gehen und Manu damit dazu zu bringen mindestens mit mir zu reden. Nachdenklich sah Manuel mich an und kämpfte wahrscheinlich gerade mit sich selbst. Und als er den Mund öffnete und ich dachte er würde es mir wirklich erzählen, schloss er ihn sofort wieder und schaute geschockt an mir vorbei. Verwirrt blickte ich zu Micha, der genauso da stand, weshalb ich mich schnell umdrehte, um zu sehen was hier gerade geschah.
Geschockt fiel mir sofort Patrick ins Auge, der ein komplett neuer Mensch zu sein schien. Besonders cool lief er durch die Gänge und das mit einem neuen teuren Outfit und einer schicken schwarzen Sonnenbrille. Aber nicht das neue Outfit ließ mich geschockt schlucken, sondern dass er freudig strahlend wieder Alessa im Arm hielt und er uns beim Vorbeigehen keinen Blick würdigte. Außerdem lief noch die halbe Fußballmannschaft hinter ihm her, die sofort belustigt Michael zu sich riefen. Doch dieser blieb vorerst wie angewurzelt bei uns stehen. "Das kann doch nicht wahr sein."
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Erde, Wasser, Luft und Feuer | Kürbistumor & Zomdado
FanfictionDie Welt. Vier Elemente, die das Gleichgewicht halten. Erde, Wasser, Luft und Feuer. Doch was hatte das mit vier komplett verschiedenen Jugendlichen zu tun, die sich eine Woche lang wegen eines Schulprojektes jeden Morgen im Wald treffen mussten? "N...