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PoV. Michael

"Halt das mal.", befiel Tiana mir urplötzlich, als wäre ich ihr kleines Schoßhündchen. Sofort dachte ich daran, wieder umzudrehen und einfach nicht hinzugehen. Dann könnte ich das viel zu enge Hemd auch endlich wieder ausziehen, das meine Mutter mir vor Freude gleich ausgesucht hatte. Sie freute sich viel mehr darüber, dass ich mit jemandem aufs Fest ging, als ich. Am liebsten würde ich jetzt mit einer riesigen Chipstüte auf der Couch sitzen und einen schlechten Film mit meiner kleinen Schwester schauen, wie wir es so oft am Wochenende taten. Da ich nicht reagiert hatte, drückte Tiana mir ihre kleine Tasche einfach in die Hand und fummelte an ihrem schicken schwarzen Blazer herum, der eigentlich ziemlich gut zu ihr passte. "Bin ich etwa dein Packesel?", hakte ich empört nach, weshalb sie nur mit dem Kopf schüttelte. "Weniger reden, mehr halten." Tief seufzte ich, als sie mir auch noch eine ihrer Haarspangen in die Hand drückte und sich weiter um ihren Blazer kümmerte. Als sie fertig war, nahm sie mir schnell wieder die Sachen aus der Hand und atmete erleichtert auf. Ich wusste wirklich nicht, was sie getan hatte, aber es sah so aus, als wäre irgendetwas unangenehm verrutscht gewesen. Langsam bewegten wir uns also endlich in die riesige Turnhalle, die extra für uns aufgehübscht worden war und konnte kaum fassen, wie viel Mühe sich die Schule für uns gegeben hatte. Es sah nämlich unglaublich aus. Überall wurden die typisch herbstlichen Farben genutzt und trotzdem sah es nicht aus, wie auf dem Erntedankfest. Es war viel moderner und voll mit leckeren Snacks und alkoholfreien Getränken. Die Tanzfläche war riesig und zu meiner Verwunderung hatten sie dieses Mal sogar Geld für einen DJ ausgegeben.

Da noch nicht viele Menschen da waren und ich so viel Zeit wie möglich ohne Tiana verbringen wollte, begab ich mich schnell zu den Getränken. Sofort schaute ich mich einmal kurz um und nahm schließlich, als die Luft rein war, mein kleines Fläschchen heraus, in dem ich ein wenig Alkohol eingeschleust hatte und schüttete ein paar Tropfen in meinen Becher. Mit einem Schluck hatte ich das kühle Getränk ausgetrunken und fühlte mich schon viel besser. Anders konnte ich den Abend mit dem verrückten Mädchen nicht überleben, das gerade in Sichtweite gelangweilt auf ihrem Smartphone herumtippte. Und plötzlich fiel mein Blick auf die Menschen, die dafür sorgten, dass ich am liebsten noch drei Drinks mehr trinken wollte. Maurice und Zofia hatten den Raum betreten und schauten sich genauso überrascht um, wie ich es eben noch getan hatte. Ein wenig musste ich schmunzeln, als ich bemerkte, dass sie ihre Outfits aufeinander abgestimmt hatten. Zofias blaues Kleid strahlte förmlich und wirkte für mich eher wie ein schlechter Abklatsch von Cinderrella. Maurice hingegen, schien mit seinem hellblauen Hemd und seiner süßen dunkelblauen Fliege alles richtig gemacht zu haben, weswegen ich mir peinlich berührt auf der Unterlippe herumbiss. Mein Blick war starr auf ihn gerichtet und erst als Tiana mir auf die Schulter tippte, konnte ich mich von seinem Anblick lösen. "Auf die bist du wirklich so eifersüchtig? Es gibt schönere Mädchen, viel schönere." Genervt blickte ich sie an und versuchte ihren belustigten Unterton zu ignorieren, der sich still und leise über mich lustig machte. Schnell landete mein Blick wieder auf Maurice, der sich mit dem nervigen Mädchen gut zu amüsieren schien. Fröhlich lachten sie zusammen, was meine unaufhaltsame Wut wieder aufkochen ließ.

"Na komm, lass uns tanzen.", schlug Tiana fröhlich vor, als sie meinen stechenden Blick wohl bemerkt hatte. "Nicht in der Stimmung." "Michael, vom Rumstehen machst du niemanden eifersüchtig.", hauchte sie mir nur provokant ins Ohr, während sie mich hinter sich her zog, bis wir auf der Tanzfläche angekommen waren, die sich schon ein wenig gefühlt hatte. Peinlich berührt schaute ich ihr dabei zu, wie sie ihre Hüften zum Takt der Musik schwang und sich anscheinend dabei ziemlich wohl fühlte. Ich hingegen, ging das Ganze langsam an, während ich wieder an die Stelle schaute, an der Maurice und Zofia eben noch gestanden hatten und als ich bemerkte, dass sie verschwunden waren, suchte ich den Raum schnell nach ihnen ab. Nach wenigen Sekunden erkannte ich sie ein Stück von uns entfernt, tanzend auf der Tanzfläche. Kurz sah ich mich auch nach Patrick und Manuel um, von denen aber noch keine Spur war. "Hey Maurice! Schön euch zu sehen, ihr seid wirklich ein tolles Paar!", redete Tiana mit einem sarkastischen Unterton los, weshalb ich jetzt erst bemerkte, dass sie plötzlich genau neben uns tanzten. Maurice' Blick traf sofort meinen und er schien nicht so ganz begeistert davon zu sein, dass Tiana sie angesprochen hatte. Aber sie war nicht mein Eigentum und konnte machen, was sie wollte, weshalb ich nur mit den Schultern zuckte. "Gleichfalls.", kam es nur von Maurice, der immer noch nur mich ansah. "Schön, dass du dich schon so wohl bei uns fühlst, Tiana." "Oh, Zofia. Wenn man einen so tollen Menschen, wie Michael um sich hat, geht das ganz schnell!", antwortete Tiana ihr übertrieben und legte auf einmal einen Arm um mich. Etwas erschrocken zuckte ich zuerst zusammen, aber spielte ihr Spiel dann voll und ganz mit. Maurice' Gesichtsausdruck verdunkelte sich schleunigst, weswegen er auch schnell einen Arm um Zofia legte, was mich leise schmunzeln ließ. "Diese eine Person haben wir doch alle!"

Während ich mich darauf konzentrieren musste, nicht zu brechen, wurde plötzlich ein langsamer Song gespielt, was Tiana sofort dazu brachte, mich an sich zu ziehen und ihre Arme um meinen Körper zu schlingen. "Ich liebe diesen Song!", rief sie auf einmal fröhlich und ich konnte an ihrem Gesichtsausdruck erkennen, dass das eine dreiste Lüge gewesen war. Maurice und Zofia taten es uns kurzerhand gleich und legten auch die Arme umeinander, wie es sich bei langsamen Liedern gehörte. "Sein Gesichtsausdruck war Gold wert!", flüsterte sie mir ins Ohr, während ich nur starr Maurice beobachtete. Mir gefiel ganz und gar nicht, wie nah sie sich gerade waren, was mich innerlich zum Toben brachte. Als ihre glücklichen Gesichter sich auch noch plötzlich immer näher kamen, konnte ich mich nicht mehr beherrschen und tat das, was mir als erstes einfiel. "Michael?", hörte ich Tianas fragende Stimme noch, bevor ich mich langsam konzentrierte und den Boden unter Zofia und Maurice leicht zum Beben machte. Das Training der letzten Wochen hatte sich ausgezahlt und nun konnte ich schon viel kontrollierter damit umgehen, weshalb es keine große Gefahr für sie war. Erschrocken fuhren sie auseinander und Zofia blickte schnell verwirrt zu Boden, während Maurice wütend zu mir herüberschielte.


Genervt blickte ich wieder zu Tiana, die mich belustigt beäugte. "Das ist doch nicht dein Ernst! Du bist ja richtig verschossen in ihn!", kam es grinsend von ihr, weshalb ich nur mit der Stirn runzelte. Der langsame Song endete schließlich und die Musik wurde wieder ein wenig schneller, weshalb wir uns lösten und ich nur nachdenklich auf der Tanzfläche stehen blieb. Warum konnte ich diese verrückte Behauptung von ihr nicht einmal mehr abstreiten?

Erde, Wasser, Luft und Feuer | Kürbistumor & ZomdadoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt