5.

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PoV. Patrick

Still schweigend lief ich neben meiner Freundin her und hatte den Blick starr auf den Boden gerichtet. Diese ganze Party war mal wieder einer meiner dummen Ideen gewesen, die mir nur Probleme bereiteten. Micha war einer meiner engsten Freunde und ich hätte auf das hören sollen, was er mir gesagt hatte, so wie es jeder jedes Jahr tat. Gerade war das Einzige, was ich wollte, endlich in mein Zimmer zu kommen, um mich dort einzuschließen und im Erdboden versinken zu können. Montag werde ich das alles sowieso mit ihm klären müssen, damit das Projekt ein wenig ruhiger ablaufen konnte und bis dahin wollte ich niemanden mehr sehen, der meine Stimmung nur noch mehr vermiesen könnte. "Pat, ich hatte es dir doch gesagt.", unterbrach Alessa diese unangenehme Stille zwischen uns, während ich nur schwer seufzen musste. Diesen Satz wollte man doch am wenigsten hören, wenn man einen Fehler gemacht hatte und ich war ganz bestimmt nicht in der Stimmung, mir jetzt so etwas anzuhören. "Das hilft mir nun auch nicht weiter."
Abrupt blieb Alessa stehen und hielt mich plötzlich am Handgelenk fest, damit ich nicht weitergehen konnte und sie ansehen musste. "Schatz, ich meine ja nur, dass...", fing sie vorsichtig an, doch ich unterbrach sie sofort, da ich sowieso schon wusste, was sie mir sagen wollte. "Ich habe es verstanden, Alessa! Hast du nichts Besseres zu tun, als auf mir herumzuhacken?!", rief ich nun ein wenig zu laut, weshalb sie kurz erschrocken zusammenzuckte und mich danach entsetzt beäugte, während sie mein Handgelenk ruckartig losließ. "Du bist so ein Egoist! Ich wollte dir nur helfen!", schrie sie nun zurück, bevor sie sich langsam umdrehte und mich einfach dort stehen ließ. Etwas verwirrt blieb ich wie angewurzelt stehen und sah ihr noch nach, bis sie um die nächste Ecke gebogen war und ich meinen Weg letztendlich genervt fortsetzte. Die Wut über dieses Gespräch kochte immer weiter hoch, weswegen ich unterbewusst meine Hände zu Fäusten ballte und wahrscheinlich hätte ich jedem, der an mir vorbeikam, sofort ins Gesicht schlagen können. Ich war kein Egoist und das würde ich auch niemals sein. Meine Laune war einfach nur im Keller gewesen und ich wünschte, sie hätte das akzeptiert.

Mädchen waren so anstrengend.


(...)


Das ganze Wochenende über hatte ich eigentlich nur gezockt, geschlafen und gegessen. Jetzt war es aber leider schon Montagmorgen und das hieß, dass heute unser Projekt anfangen würde und eine neue Woche startete, in der ich vielleicht mal nicht alles falsch machen musste. "Patrick, du bist am Leben. Gott sei dank, Kind.", freute sich meine Mutter über meine Anwesenheit, nachdem ich die letzten Tage in meinem Zimmer abgetaucht bin und stellte mir nebenbei etwas zum Frühstücken hin. "Muss wohl so sein.", antwortete ich ihr übermüdet, während meine Mutter mich mit einem fragenden Blick musterte. "So schlimm, mein Schatz?" "Das ist nicht wichtig. Heute beginnt unser Projekt und ich habe keine Ahnung, wann wir anfangen.", erklärte ich meiner Mutter verzweifelt und konnte kaum glauben, in was für einer Situation ich wieder gelandet war. "Sag jetzt nicht, du hast immer noch mit Michael Streit?", hakte meine Mutter ungläubig nach, während genüsslich von meinem leckeren Brot abbiss. Kurz nickte ich zustimmend, bevor ich das Brotstück schnell herunterschluckte und mich fragte, ob dieser Streit überhaupt noch enden würde. Ich hatte ihm über das Wochenende öfter einmal eine Nachricht geschrieben, die er aber alle gekonnt ignoriert hatte. "Frag doch jemand anderen aus deiner Gruppe." Kurz dachte ich darüber nach und mir wurde klar, dass ich wohl oder übel Manuel anschreiben musste. Er war mir zwar sympathisch und ich hatte kein Problem mit ihm, aber ich mochte es nicht irgendwelche Menschen einfach so anzuschreiben, besonders nicht Manu, weil wir ja eigentlich kaum Kontakt hatten. "Okay." Meine Mutter lächelte leicht und verabschiedete sich dann ein paar Minuten später von mir, da sie arbeiten gehen musste. Gleich danach schaute ich auf mein Smartphone und suchte Manuels Nummer heraus. Schnell hatte ich sie glücklicherweise gefunden und schrieb ihm daraufhin sofort eine knappe Nachricht.
"Hey Manuel, wann treffen wir uns eigentlich heute für das Projekt?"

Gleich bildete sich ein komisches Gefühl in meinem Körper aus, weil mir das irgendwie unangenehm war. Schließlich kam es nur zu dieser Nachricht, da ich mich gegenüber Michael schlecht verhalten hatte. Trotzdem kam er sofort online und schrieb mir schnell zurück, sodass ich erleichtert ausatmen konnte. "Weiß nicht? Seit wann fragst du mich?", las ich etwas belustigt seine kurze Nachricht durch. "Ich habe mit Micha Streit und kenne Maurice kaum. Deswegen." Gleich kam wieder eine Nachricht zurück. "Streit mit Michael? Mein Beileid..." Kurz musste ich leicht schmunzeln. Vielleicht würde der Tag doch nicht so schlimm werden, wie ich es gedacht hatte. Manuel war eine humorvolle Person, was mir vorher noch nie so aufgefallen war, was das heute aber immens erleichtern könnte. "Ja...ich komme dann in einer halben Stunde vorbei und dann holen wir die anderen beiden ab, okay?" "Der große Patrick weiß also, wo ich wohne? Ich fühle mich geehrt! Bis dann." Lachend stand ich auf und schaltete mein Handy aus, um mich schließlich fertigmachen zu können.

Mir war selbst nie aufgefallen, dass ich noch so viel über ihn wusste, obwohl wir schon so lange keinen richtigen Kontakt mehr hatten. Plötzlich kam mir aber wieder mein Geburtstag in den Sinn und das Foto, das ich am Freitag heraussuchen wollte. Schnell stürmte ich die Treppen hinauf und suchte die Kiste heraus, in der die verschiedensten Fotos aus meiner Kindheit verstaut waren. Auf einem Bild erblickte ich mich mit neun Jahren im Skiurlaub mit meinen Eltern. Kurz zog sich alles in mir zusammen, als ich sah, wie komisch ich dort eigentlich ausgesehen hatte. Eine ganze Weile suchte ich nach meinen Geburtstagsfotos, bis ich sie schließlich fand und leicht lächeln musste. Das Foto war ein Gruppenbild vor der Bowlingbahn, bei der ich damals gefeiert hatte. Wir standen Arm in Arm dort und lächelten fröhlich in die Kamera. Auf dem Bild erkannte ich mich glücklich in der Mitte mit so einer dummen Geburtstagskrone auf dem Kopf, während Sebastian neben mir stand, der auf jeden meiner Geburtstage gewesen war. Außerdem waren noch viele Freunde von mir dort, zu denen ich keinen Kontakt mehr hatte, da sie weggezogen waren oder wir einfach nicht mehr miteinander redeten, weil wir uns auseinander gelebt hatten.
Und dann sah ich ihn. Der Junge mit den stechenden grünen Augen und den schulterlangen braunen Haaren. Das war Manuel. Er stand neben Sebastian und grinste auch lieb in die Kamera. Wir waren eigentlich mal so gute Freunde gewesen und jetzt war das alles vorbei, obwohl ich nicht mal genau wusste warum. Wahrscheinlich weil ich einfach immer beliebter und er immer unbeliebter gewesen worden war. Kopfschüttelnd legte ich die Bilder wieder hinein und stellte die Kiste schließlich weg. Dabei merkte ich nicht, wie eines der Bilder zu Boden fiel.


(...)


Eine halbe Stunde später stand ich endlich vor Manuels Haustür und wartete darauf, dass mir jemand aufmachen würde. Eine freundlich aussehende Frau öffnete mir schließlich die große Tür und sah mich erwartend an, während ich darüber nachdachte, wie sehr Manus Mutter sich verändert hatte. "Hallo, ich bin Patrick. Ist Manuel schon fertig?", hakte ich höflich nach und stellte mich noch einmal vor, falls sie mich vergessen hatte, was ich ihr nicht verübeln konnte. Ich war einfach seit Ewigkeiten nicht mehr hier gewesen. Bevor sie mir aber antworten konnte, sprintete Manuel die Treppe herunter und unterbrach unser kleines Gespräch, bevor es überhaupt beginnen konnte. "Du bist ja schon da. Ähm...okay bis später, Mama.", verabschiedete er sich von ihr und stieg aus der Tür heraus. Manuel hatte seine langen Haare zu einem Zopf gebunden, was ich nur ein paar Mal im Sportunterricht bei ihm gesehen hatte. Es stand ihm gut, besonders in der Verbindung zu seinem komplett schwarzen Hoodie. "Ist er das wirklich, Manu? Du bist so groß geworden, Patrick", meinte sie belustigt und schaute mich dabei lächelnd an. Es überraschte mich wirklich sehr, dass sie sich an mich erinnern konnte, während Manu nur geschockt in ihre Richtung schaute und die Röte ihm ins Gesicht stieg. "Mama! Klar, habe ich dir doch erzählt. Wir machen das Schulprojekt zusammen.", antwortete er ihr schnell und schlug die Tür schon zu, bevor seine Mutter überhaupt antworten konnte. Danach drehte er sich zu mir und blickte mich entschuldigend an. "Dann gehen wir jetzt wohl zu Maurice.", meinte Manu nur schulterzuckend und lief sofort los, ohne mich nochmal anzusehen. "Manuel, warte mal!"

Verwirrt drehte er sich nur um und blickte mich fragend an. "Ähh...bitte halte dich heute etwas zurück wegen Micha. Er ist bestimmt sowieso nicht gut gelaunt.", erklärte ich ihm bittend, weshalb Manuel nur etwas überfordert schaute. "Ich versuche es, solange er mir nicht blöd kommt und du kannst mich übrigens 'Manu' nennen." Dankend sah ich zu ihm und musste kurz lächeln. "Dann nenn du mich doch gerne 'Pat' oder so."



"Na schön", entgegnete er mir grinsend. "Na schön", flüsterte ich eher zu mir, bevor wir unseren Weg schweigend fortsetzten.

Erde, Wasser, Luft und Feuer | Kürbistumor & ZomdadoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt