85.

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PoV. Michael

"Wer ist hier ein schwaches Mädchen?", kam es spöttisch von Nela, während ihr Vater nur genervt schnaubte und kurzerhand von ein paar Zauberern abgeführt wurde, was mich nur siegessicher grinsen ließ. Es war nun vorbei und wir konnten endlich aufatmen, hoffentlich für eine etwas längere Zeit. Mit leichten Tränen in den Augen drehte Nela sich nun schließlich zu ihrem Bruder um, was dafür sorgte, dass sich ein zufriedenes Lächeln auf meine Lippen schlich. Die Geschwister hatten sich für eine so lange Zeit nicht mehr gesehen und mussten nun auch noch mit ansehen, wie ihr Vater daran Schuld gewesen war. Aber heute war endlich der Tag gekommen, auf den beide schon so lange gewartet hatten: Sie konnten sich wieder in die Arme schließen. 
Fest schlossen sie sich also in eine emotionale Umarmung und es war so, als würden sie sich nie wieder loslassen wollen. Die letzten Jahre mussten schließlich wieder aufgeholt werden. "Wusstest du es?", flüsterte sie ihm etwas leiser ins Ohr, sodass ich nur geradeso verstehen konnte, was sie gesagt hatte. "Ich habe es nur vermutet." Nach ein paar weiteren Sekunden der Stille lösten sie sich aber wieder voneinander und lächelten sich nur voller Freude an. Es war schön, sie endlich vereint sehen zu können, nachdem man nur immer mal gehört hatte, wie sehr sie sich gegenseitig vermissten. Es war so, als würde nun endlich alles so sein, wie es sich schon immer gehört hatte. "Das hier ist dein Verdienst, Nela. Wir alle wissen, dass du die wahre Heldin bist.", kam es lächelnd von Josh, der nicht stolzer auf seine kleine Schwester sein konnte, die es wirklich geschafft hatte, gegen ihren Vater anzukommen und damit unser Winsen gerettet hatte.

Während die Geschwister sich noch weiter unterhielten, wendete ich schließlich meinen Blick von ihnen ab und blickte zu Maurice herüber, der sich immer noch mit seiner Hand die Schulter hielt, weswegen ich mich rasch daran erinnerte, dass er noch verletzt war. Entschlossen schob ich Maurice also etwas näher zu uns und tippte Nela an, die sofort besorgt zu uns schaute. "Könnt ihr vielleicht irgendwie helfen?", hakte ich freundlich nach, weshalb sie nur lächelnd nickte und mit einer leichten Handbewegung, wie auch einem kleinen leisen Spruch, dafür sorgte, dass Maurice' Wunde etwas besser aussah und nicht mehr so sehr schmerzte. Vielleicht würde aber trotzdem eine kleine Narbe bleiben, die ihn an diesen Tag und seinen überaus großen Mut erinnern würde.
Gerade als Nela sich wieder zu ihrem Bruder drehen wollte, meldete sich nun Manu zu Wort. "Was genau passiert jetzt mit ihm?", erkundigte er sich bei den beiden Geschwistern, während wir alle nochmal zu dem Zauberrat blickten, der immer noch wild zu diskutieren schien. Der Mann war schließlich ziemlich hoch angesehen in ihrer Gesellschaft, aber trotzdem hatte er etwas sichtlich Unrechtes getan und musste dafür bestraft werden. Es konnte nicht sein, dass manche Menschen nicht für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen wurden, nur weil sie privilegiert oder eine machtvolle Person waren, so durfte diese Welt keinesfalls bleiben. "Ich weiß es ganz ehrlich nicht. Wenn wir Glück haben, werden ihm seine Kräfte entzogen." 

Nachdenklich beobachtete ich die ganzen Zauberer noch ein wenig weiter, bis einer plötzlich wieder dafür sorgte, dass dieses schreckliche Geräusch zurückkehrte. Dieses Mal schien es aber nicht so lang zu sein und die Erde fühlte sich rasch wieder ganz normal an, sodass die Bäume sich wieder bewegten und auch die Tiere ihren Weg fortführten. Die Zeit schien also erneut zu laufen, was dafür sorgte, dass ich mich etwas umsah. Und als mein Blick auf Tiana stehen blieb, die zwar nicht mehr weinte, aber trotzdem noch zusammengekauert auf dem kalten Boden saß, kam ein mulmiges Gefühl in mir auf. Sie hatte zwar schreckliche Dinge tun wollen, aber im Endeffekt wurde sie selbst nur ausgenutzt und manipuliert. Sie wurde völlig gebrochen und es war grausam, das mit anzusehen. Josh hatte wohl recht gehabt. Wäre das alles nie geschehen, dann wäre sie schon so weit gekommen in ihrem Leben. Sie war ein unglaublich kluger und mutiger Mensch und scheute nicht davor, zu sagen, was sie dachte und irgendwie wollte ich ihr dabei helfen, das wiederzufinden. Schließlich war sie nicht immer grausam gewesen und wenn ich ehrlich war, hatte mir das Herbstfest sogar ziemlich viel Spaß gemacht. Ohne sie wären Maurice und ich wohl auch nicht so weit gekommen, zumindest jetzt noch nicht. Etwas unsicher blickte ich nun auch zu Maurice, der meinen Blick bemerkt hatte und mir nur lächelnd zunickte. Es war unglaublich, wie er verstand, was ich wollte, ohne dass ich es ihm sagen musste. 

Erde, Wasser, Luft und Feuer | Kürbistumor & ZomdadoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt